Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Ingrid Nestle, Dr. Julia Verlinden, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/15924 – Verlängerung der Frist für die Umsetzung der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit dem Energiesammelgesetz (EnSaG) hat der Gesetzgeber die verpflichtende Einführung einer bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) für alle Windenergieanlagen (WEA) mit Frist zum 1. Juli 2020 festgeschrieben. Ziel war es, das nächtliche Dauerblinken von WEA zeitnah zu beenden. Infolge dieser gesetzlichen Regelung muss die Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen entsprechend angepasst werden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat nunmehr einen entsprechenden Entwurf der AVV vorgelegt und das Anhörungsverfahren für Verbände und Länder durchgeführt. Parallel dazu hat die zuständige Bundesnetzagentur (BNetzA) eine Entscheidung der 6. Beschlusskammer herbeigeführt, der die absehbar nicht einzuhaltende Fristsetzung für die Realisierung der BNK für zunächst ein Jahr bis Juli 2021 verlängert hat – und implizit eine weitere Verlängerung dieser Frist nicht ausgeschlossen (www.bundesnetzagentur.de/DE/Service-Funktionen/Be schlusskammern/1_GZ/BK6-GZ/2019/BK6-19-142/BK6-19-142_beschluss_2 019_10_22.pdf?__blob=publicationFile&v=2). Laut einem Energate-Artikel vom 24. Oktober 2019 begründet die BNetzA die Fristverlängerung mit dem fehlenden Angebot: „Die derzeit am Markt aktiven Hersteller seien nicht in der Lage, alle Neu- und Bestandsanlagen mit einem luftverkehrsrechtlich zugelassenen BNK-System auszustatten. Ganz konkret rügt die Behörde die rechtliche Unsicherheit hinsichtlich der technischen Anforderungen , die die Systeme erfüllen müssen.“ Weiter wird in dem Artikel der Bundesregierung vorgeworfen, nicht die notwendige Klarheit bei der technischen Umsetzung geschaffen zu haben (www.energate-messenger.de/news/1 96121/windparks-bekommen-mehr-zeit-zum-umruesten). Vor diesem Hintergrund hat sich eine Verunsicherung in der Branche ergeben, die dazu führt, dass aktuell kaum BNK-Projekte realisiert werden. Im Mittelpunkt steht dabei die ungeklärte Frage der luftsicherheitstechnischen Voraussetzungen für die Genehmigung der BNK und die Umsetzung der im Gesetz erwähnten transpondergestützten Systeme. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16253 19. Wahlperiode 30.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra struktur vom 20. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN hat sich bereits in den Bundestagsdrucksachen 17/7579, 19/6199 und 19/9850 für eine technologieoffene genehmigungsfähige Lösung ausgesprochen und in diesem Zusammenhang auf die besondere Dringlichkeit und den technisch komplizierten Sachverhalt verwiesen . 1. Zu welchem Zeitpunkt plant die Bundesregierung, die AVV in das Bundeskabinett und in den Bundesrat einzubringen? Die Befassung des Kabinetts ist für Januar 2020 vorgesehen, im Anschluss erfolgt die Weiterleitung des Kabinettbeschlusses an den Bundesrat. 2. Wird in der neuen AVV eine Regelung für die transpondergestützte BNK enthalten sein? Ja. 3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Stellungnahme der Verkehrsministerkonferenz vom 9./10. Oktober 2019 zum Entwurf der AVV, wonach einer Änderung von Anhang 6 der AVV mit dem Ziel der Zulassung einer transpondergestützten BNK erst zugestimmt werden kann, wenn davon ausgehende negative Auswirkungen auf die Sicherheit des Luftverkehrs ausgeschlossen werden können (www.verkehrsminis terkonferenz.de/VMK/DE/termine/sitzungen/19-10-09-10-vmk/19-10-09- 10-beschluss.pdf?__blob=publicationFile&v=3)? 4. Wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Ergebnisse der gutachterlichen Stellungnahme von AVIACERT zur Einschätzung der dem AVV-Entwurf zugrunde liegenden Risikobewertung „Identifizierung und Bewertung der durch die Einführung der transponderbasierten bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung (BNK) entstehenden flugbetrieblichen Risiken und Beschreibung von Risikominimierungsmaßnahmen “ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – BMWi (vgl. www.dirkshof.de/fileadmin/Dateien/Passivradar_Infos/BNK-Stellun gnahme_Parasol_zur_AVV-AEnderung-20190930_online.pdf; www.bmw i.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/transponderbasierte-bedarfsge steuerte-nachtkennzeichnung.html)? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) haben die Erstellung des flugbetrieblichen Gutachtens begleitet. Das flugbetriebliche Gutachten hat in hinreichender Weise die Gleichwertigkeit der Transponder-BNK (Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung) mit anderen bekannten technischen Lösungen aufgezeigt . Drucksache 19/16253 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Soll nach Kenntnis der Bundesregierung die Transponderlösung laut ICAO-Konferenz (ICAO = Internationale Zivilluftfahrtorganisation) als BNK-Option zugelassen werden? Wenn ja, mit welchen Auflagen, und steht diese Bewertung aus Sicht der Bundesregierung im Gegensatz zu den Ergebnissen der Verkehrsministerkonferenz vom 9/10. Oktober 2019? Bei der genannten International Civil Aviation Organization (ICAO) – Konferenz handelt es sich um die Tagung einer Arbeitsgruppe des Aerodrome Design and Operation Panels in Madrid. Innerhalb dieser Arbeitsgruppen werden Standards , Empfehlungen und Hilfsmaterialien (guidance material) erarbeitet, die durch die Gremien der zuständigen Panel und der Air Navigation Konferenz (ANC) bestätigt werden müssen. Auf der Konferenz in Madrid wurde im Zusammenhang mit BNK Systemen über guidance material beraten. Die Arbeitsgruppe hat festgestellt, dass durch den Einsatz von transponderaktivierten Nachtkennzeichnungen kein signifikant erhöhtes Risiko entsteht. Aufgrund der vorgesehenen Einordnung als guidance material wird es keine Vorgaben oder Auflagen geben. Es werden Erwägungsgründe formuliert, aufgrund derer im Einzelfall der Einsatz einer transponderbasierten BNK beurteilt werden kann. 6. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die zeitnahe Zustimmung aller relevanten Stakeholder, inklusive der Verkehrsminister zu erlangen? Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens der AVV haben Länder und Verbände die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Im Bundesrat werden die Länder die AVV beraten. 7. Zieht die Bundesregierung in Betracht, den Anhang 6 der alten AVV vorerst weiter zu verwenden und ggf. mit Hilfe der Erstellung einer erneuten Risikountersuchung eine Neufassung des AVV-Entwurfs anzufertigen? Wenn ja, wird die Bundesregierung die Frist zur einer verpflichtenden Einführung von BNK-Systemen erneut verschieben? Der Entwurf der AVV sieht einen Anhang 6 in neuer Fassung vor. 8. Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung durch die fortdauernden Verzögerungen bei der verpflichtenden Einführung einer BNK, und wie bewertet sie vor diesem Hintergrund die Fragestellung, dass eine im Gesetz festgeschriebene Technologie nach einem Jahr noch nicht sicherheitsrechtlich zugelassen ist (vgl. Bundestagsdrucksache 19/6199, Frage 10)? Es wurden die Ergebnisse des flugbetrieblichen Gutachtens abgewartet. 9. Plant die Bundesregierung eine Anpassung der BNK-Pflicht bei WEA auf eine Gesamthöhe von 150 m in Einklang mit den ICAO-Regeln, festgehalten im Annex 14 (Aerodrome Design and Construction) Abschnitt 4.3.2, und wenn nein, warum nicht? Nein, eine Anpassung ist nicht notwendig. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16253 10. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele bereits geplante oder in der Umsetzung befindliche BNK-Projekte zwischenzeitlich aufgrund der Festlegung im EnSaG ausgesetzt wurden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. 11. Wird die Bundesregierung sicherstellen, dass Luftfahrzeuge in sehr weiter Entfernung nicht erfasst werden, und zieht die Bundesregierung in Betracht, eine Pflicht zur Positionsbestimmung für Transpondersysteme einzuführen, um so potentiell unnötige Aktivierungen der Flugbefeuerung zu vermeiden? Die AVV legt sich nicht auf eine der technischen Optionen zur Reduzierung der Aktivierung der Befeuerung auf ein Mindestmaß fest. Es ist davon auszugehen, dass die Windbranche und damit insbesondere Windparkbetreiber sowie Lieferanten von BNK-Systemen aus Akzeptanzsicht eine möglichst geringe Aktivierungsrate anstreben werden. 12. Welche Auswirkungen auf die Fauna sind der Bundesregierung bekannt, die durch die verpflichtende Einführung eines Infrarotfeuers für alle WEA entstehen könnten? Der Bundesregierung sind keine Auswirkungen bekannt. 13. Warum wird die Verpflichtung zur Einrichtung von Infrarotfeuern auch auf die bisher anerkannten radargestützten BNK-Anlagen ausgeweitet? Das flugbetriebliche Gutachten hat ergeben, dass aus allen bekannten BNK- Technologien flugbetriebliche Risiken entstehen könnten. Diese Risiken werden durch eine Infrarot Kennzeichnung minimiert. 14. Was sind die Gründe für die Verschärfung der Vorschriften für bereits anerkannte BNK-Systeme (Festlegung der Radarrückstrahlfläche von 4 qm auf 1 qm, Forderung nach einer Detektion des gesamten Wirkungsraumes bis zum Boden) im Entwurf der AVV (vgl. www.bdew.de/service/st ellungnahmen/stellungnahme-zum-referentenentwurf-der-allgemeinen-ve rwaltungsvorschrift-zur-kennzeichnung-von-luftfahrthindernissen-vom-1 0-september-2019/ ; https://ec.europa.eu/growth/tools-data-bases/tris/en/i ndex.cfm/search/?trisaction=search.detail&year=2019&num=555&dLan g=DE)? Das flugbetriebliche Gutachten hat ergeben, dass das flugbetriebliche Risiko von Primärradar gestützten BNK-Systemen stärker berücksichtigt werden soll. 15. Erwägt die Bundesregierung, beim Einsatz der Radar-Technologie über die bisherigen Anforderungen hinausgehende einzuführen? Wenn ja, um welche Anforderungen handelt es sich? Durch die Konkretisierung des Wirkraums und die damit geforderte Erfassung von Luftfahrzeugen im Höhenband zwischen 0 – 500 ft muss zukünftig auch für Primärradarsysteme der Nachweis über die Erfüllung dieser Anforderung erbracht werden. Drucksache 19/16253 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Wie plant die Bundesregierung sicherzustellen, dass bereits vorgenommene freiwillige Investitionen in BNK-Systeme Bestandsschutz genießen und weiter genutzt werden können? Installierte BNK-Systeme behalten ihre Zulassung. Bereits bestehende Anerkennungen von Neuinstallationen von BNK-Systemen sind noch fünf Jahre ab Inkrafttreten der AVV n. F. gültig. 17. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, damit die Einführung der BNK schnellstens und flächendeckend in Deutschland umgesetzt wird? Das BMWi plant, die Länder über die gemeinsame Bund-Länder-Initiative Windenergie an Land zu informieren. 18. Welche Pläne hat die Bundesregierung, um die zeitnahe Genehmigung der innerhalb kürzester Zeit zu erwartenden, zahlreichen Anträge für BNK-Systeme sicherzustellen, so dass insbesondere das ungeklärte baurechtliche Genehmigungsverfahren nicht zu weiteren Verzögerungen führt? Um Verzögerungen zu vermeiden, setzt die Bundesregierung für die BNK- Systeme auf das Prinzip der Baumusterprüfung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16253 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333