Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Schneider, Norbert Kleinwächter, Jürgen Pohl, René Springer und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/15994 – Erfolgskontrolle des Sozialen Arbeitsmarktes V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahr 2019 wurde mit § 16e des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) und § 16i SGB II von der Bundesregierung das Teilhabechancengesetz mit neuen Instrumenten zu den Regelungen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt geschaffen . Eine weitere Bezeichnung dafür ist „Sozialer Arbeitsmarkt“ (www.b mas.de/DE/Schwerpunkte/Sozialer-Arbeitsmarkt/ueberblick-fuer-arbeitgeberund -langzeitarbeitslose.html). Bereits in der Vergangenheit gab es in Deutschland mit den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) ein staatliches Instrument, um Arbeitslose in Arbeit zu bringen. Staatliche ABM-Gesellschaften beschäftigten vor allem in den 1990er-Jahren bis zu 237.000 arbeitslose Personen, die kaum mehr Chancen auf eine reguläre Beschäftigung hatten (www.manager-magazin.de/politik/deu tschland/hartz-iv-sozialer-arbeitsmarkt-ist-ein-irrweg-a-1200887.html). Dort wird außerdem berichtet: „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen waren das wohl schädlichste aller Ost-Programme. Nur selten fanden ABM-Beschäftigten wieder normale Jobs, auf dem normalen Arbeitsmarkt galten sie als stigmatisiert . Wenn es schlecht lief, verrichteten sie sinnlose Tätigkeiten, die kaum jemand brauchte, zum Beispiel indem sie sich an Dorfverschönerungsaktionen beteiligten, die keine eigentliche Wirtschaftstätigkeit darstellten, sondern eigentlich Sache von Ehrenamtlichen hätten sein sollen. Wenn es gut lief, erledigten sie Arbeiten, die eigentlich reguläre Unternehmen hätten ausführen sollen, Bauarbeiten etwa oder Grünflächenpflege. Zudem schuf ABM kaum kontrollierbare kommunale Nebenhaushalte, die viel Raum für finanzielle Mauscheleien boten“. In Österreich wurde 2018 mit der „Aktion 20.000“ ebenfalls ein Sozialer Arbeitsmarkt installiert, der aber wegen Erfolglosigkeit im Juni 2019 auslief (www.derstandard.at/story/2000108902106/was-von-der-aktion-20-000-bl eibt). Vor den genannten Hintergründen ist eine Erfolgskontrolle des Sozialen Arbeitsmarktes nach Ansicht der Fragesteller dringend angeraten. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16301 19. Wahlperiode 02.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 30. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Arbeitsbeschaffungsmaßnamen (ABM) verfolgten insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit das Ziel, entsprechend den Problemschwerpunkten der regionalen und beruflichen Teilarbeitsmärkte Arbeitslosigkeit abzubauen und arbeitslosen Menschen zur Erhaltung oder Wiedererlangung der Beschäftigungsfähigkeit zumindest vorübergehend eine Beschäftigung zu ermöglichen. Daher wurden im Rahmen von ABM lediglich zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten gefördert. Aufgrund der anhaltend guten Arbeitsmarktlage wurde in den vergangenen Jahren eine deutliche Senkung der Arbeitslosenzahlen, auch im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit, erreicht. Aufgrund dieser stark veränderten Rahmenbedingungen bedurfte es neuer Beschäftigungsoptionen für sehr arbeitsmarktferne Menschen, die trotz der guten Arbeitsmarktlage bisher aber nicht den Weg auf den Arbeitsmarkt finden konnten. Die Förderungen des Teilhabechancengesetzes (§§ 16e und 16i des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II) stehen daher allen Arbeitgebern offen. Die Kriterien Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse und Wettbewerbsneutralität finden für die Beschäftigungen keine Anwendung, denn gerade die Ausübung wertschöpfender Tätigkeiten stellt neben der ganzheitlichen beschäftigungsbegleitenden Betreuung einen wichtigen Baustein der beiden neuen Instrumente dar und fördert den Übergang in eine sich anschließende ungeförderte Beschäftigung. Die neu geschaffenen Fördermöglichkeiten des Teilhabechancengesetzes sind daher nicht mit dem Instrument der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, das 2012 abgeschafft wurde, vergleichbar. 1. Überprüft die Bundesregierung in regelmäßigen Zeitabständen die Wirksamkeit des Teilhabechancengesetzes? Die Untersuchung der Wirkungen der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Arbeitsförderung sind Schwerpunkt der im Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III) geregelten Arbeitsmarkt - und Berufsforschung und damit ständige Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit (BA). Der Einsatz der mit dem Teilhabechancengesetz eingeführten Regelinstrumente „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ und „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ wird daher in der Wirkungsforschung nach § 55 SGB II schwerpunktmäßig berücksichtigt. a) Wenn ja, in welchen Zeitabständen bzw. zu welchen Zeitpunkten wird die Wirksamkeit des Teilhabechancengesetzes seitens der Bundesregierung überprüft? Das Untersuchungskonzept des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BA (IAB) beinhaltet acht Projekte in vier Forschungsmodulen. Diese greifen teils unmittelbar ineinander oder bauen inhaltlich bzw. methodisch aufeinander auf. Entsprechend sind gestaffelte Laufzeiten, teilweise in mehrfache Wellen, in den Jahren 2019 bis 2025 vorgesehen. Näheres kann der auf der Internetseite des IAB veröffentlichten Zusammenfassung des IAB-Untersuchungskonzepts entnommen werden (http://doku.iab.de/projekte/Evaluation_ der_Regelinstrumente_nach_§16e_und_§16i_SGB_II.pdf). b) Wenn ja, anhand welcher Kriterien wird die Wirksamkeit des Teilhabechancengesetzes seitens der Bundesregierung überprüft? Die Evaluation untersucht die institutionelle Umsetzung beider Instrumente in den Jobcentern, ihren betrieblichen Einsatz sowie ihre Wirkungen auf die Drucksache 19/16301 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Geförderten. Dabei stehen insbesondere die Genauigkeit der Auswahl von Teilnehmenden (Vermeidung von Lock-in-Effekten), eine mögliche Verdrängung von nicht-geförderten Arbeitgebern, eine mögliche Mitnahme durch geförderte Arbeitgeber sowie die Effekte auf die Beschäftigungsfähigkeit, die Arbeitsmarktchancen und die soziale Teilhabe der Geförderten im Fokus. c) Wenn ja, welche Vereinbarungen zur Erweiterung bzw. Verfeinerung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden seitens der Bundesregierung mit der BA getroffen, um die Verfügbarkeit geeigneter Daten sicherzustellen? Auf Grundlage operativ erfasster Daten haben sich bei Einführung der neuen Instrumente die Statistik der BA und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zu den zu berichtenden Merkmalen und Merkmalsausprägungen abgestimmt. d) Wenn ja, wann liegen gemäß der seitens der Bundesregierung getroffenen Vereinbarungen erstmals Daten zum Teilhabechancengesetz vor, die zur Überprüfung der Wirksamkeit hinreichend geeignet sind? Das IAB legt dem BMAS zum 31. Dezember 2020 und zum 31. Dezember 2023 jeweils einen Bericht zur Umsetzung und Wirkung der §§ 16e und 16i SGB II vor. e) Wenn ja, welche Ausprägung gemäß Frage 1b erwartet die Bundesregierung (bitte für die erste und die folgenden Überprüfungen aufschlüsseln )? Die Bundesregierung erwartet insgesamt positive Wirkungen des Teilhabechancengesetzes . In die Konzeption der beiden neuen gesetzlichen Förderinstrumente sind langjährige Erfahrungen mit unterschiedlichen Instrumenten und Bundesprogrammen eingeflossen. Insbesondere die Förderansätze aus dem ESF-Bundesprogramm zur Eingliederung langzeitarbeitsloser Leistungsberechtigter nach dem SGB II (ESF-LZA) sowie dem Bundesprogramm „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ dienten als Grundlage und wurden für die neuen Instrumente des Teilhabechancengesetzes weiterentwickelt. Die wissenschaftlichen Evaluationen beider Programme haben positive Wirkungen der Förderungen festgestellt. f) Wenn ja, welche Ausprägung der Daten gemäß Frage 1b würde die Bundesregierung dahingehend bewerten, dass das Teilhabechancengesetz erfolgreich ist (bitte für die erste und die folgenden Überprüfungen aufschlüsseln)? Die Bundesregierung würde das Teilhabechancengesetz als erfolgreich bewerten , wenn die Wirkungsforschung zu dem Ergebnis käme, dass die richtigen Teilnehmenden gefördert werden, keine Verdrängung von nicht-geförderten Arbeitgebern erfolgt, Mitnahmeeffekte gering sind und sich die soziale Teilhabe der Geförderten erhöht. 2. Wenn nein, welche Gründe kann die Bundesregierung dazu vorbringen? Die Bundesregierung überprüft die Wirksamkeit des Teilhabechancengesetzes. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1a bis 1f verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16301 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333