Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/16104 – Treffen mit externen Dritten und Lobbyisten zum Thema Glyphosat V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung hat nach Auffassung der Fragesteller auch auf Nachfrage bisher nicht vollständig auf die Kleinen Anfragen der fragestellenden Fraktion auf den Bundestagsdrucksachen 19/13247 und 19/12868 geantwortet, die u. a. die dienstlichen Gespräche der Fach- und Arbeitsebene des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), also Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des BMEL unterhalb der Leitungsebene, mit externen Personen zum Thema Glyphosat betreffen. Die Leitungsebene des BMEL hat sich in der wichtigen Phase der Zulassung von Glyphosat, die nach eigenen Angaben der Bundesregierung zwischen dem 12. Dezember 2015 und dem 12. Dezember 2017 liegt (vgl. Bundestagsdrucksache 19/12120, Antwort zu Frage 73, Seite 54), nur vereinzelt mit externen Dritten getroffen. In der Zeit zwischen der Abstimmung über Glyphosat auf EU-Ebene am 9. November 2017, die noch gegen die Zulassung ausfiel, und der entscheidenden Abstimmung für die Zulassung im Berufungsausschuss am 27. November 2017 hat sich die Leitungsebene des BMEL nach eigenen Angaben kein einziges Mal mit den in den Kleinen Anfragen aufgeführten Unternehmen und Verbänden aus der Agrar- und Chemiebranche getroffen (vgl. Bundestagsdrucksache 19/12868, Antwort zu Frage 4). Nach Pressedarstellungen empfahl das zuständige Fachreferat für Pflanzenschutz dem damaligen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt (CSU) bereits am 7. Juli 2017 zu prüfen, ob ohne das Einverständnis des SPD-geführten Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit dem Vorschlag der EU-Kommission „eigenverantwortlich “ zugestimmt werden könne (vgl. www.sueddeutsche.de/politik/streitum -unkrautvernichter-minister-schmidt-hat-glyphosat-alleingang-monatelanggeplant -1.3769947). Wenige Wochen später bat danach die Fachabteilung die Leitungsebene des Bundesministeriums darum, bei der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel eine Weisung zu erwirken. Dadurch sollte ermöglicht werden , dass das Landwirtschafts- ohne Rücksicht auf das Umweltministerium der Verlängerung der Glyphosat-Zulassung in Brüssel zustimmen kann (vgl. ebd.). Die frühere Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks hatte nach Presseangaben gefordert, es solle dem Agrarressort die Zuständigkeit für Pflanzenschutzmittel entzogen werden, um den Einfluss von Lobbyisten ein- Deutscher Bundestag Drucksache 19/16302 19. Wahlperiode 02.01.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 27. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. zudämmen (vgl. www.zeit.de/politik/deutschland/2017-11/glyphosat-entschei dung-merkel-ruegt-alleingang-von-csu-agrarminister). Es stellt sich nach Ansicht der Fragesteller die Frage, ob, und wenn ja, welche Treffen mit externen Dritten und Lobbyisten die fachlich für die Zulassung von Glyphosat bzw. für Pflanzenschutz zuständige Arbeits- und Fachebene des BMEL in der fraglichen Zeit durchgeführt hat. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Anknüpfend an die umfangreiche Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Beziehungen der Bundesregierung zur Agrarwirtschaft “ auf Bundestagsdrucksache 19/12868 und die Antwort der Bundesregierung auf die als Nachfrage betitelte Kleine Anfrage „Beziehungen der Bundesregierung zur Agrarwirtschaft“ auf Bundestagsdrucksache 19/14457 werden in der o. g. Kleinen Anfrage erneut detaillierte Fragen zu bestehenden dienstlichen Kontakten einzelner Beschäftigter der Arbeitsebene des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gestellt. Der Fokus liegt nunmehr auf dienstlichen Kontakten mit externen Dritten im Zusammenhang mit dem Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat bzw. dessen Wiederzulassung . Die Bundesregierung weist darauf hin, dass das aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes abgeleitete Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages als politisches Kontrollrecht auf das Verhalten der Bundesregierung gerichtet ist (vgl. auch BVerfGE 67, 100 [140]). Die Hausleitung (bzw. die Leitungsebene) eines jeden Ressorts trägt die politische Verantwortung für ihren Bereich und die Tätigkeiten ihrer Beschäftigten. Die politische Kontrolle durch den Deutschen Bundestag beinhaltet nach Auffassung der Bundesregierung daher die Kontrolle dieser politisch verantwortlichen Handlungsträger, da die einzelnen Arbeitsschritte der Administrative und Handlungen der Beschäftigten auf Arbeitsebene als verwaltungsinterne Handlungen der politischen Gesamtverantwortung der Ministerin/des Ministers unterliegen . Da also eine umfassende, lückenlose politische Kontrolle der Exekutive gewährleistet ist, ist eine auf einzelne Arbeitsschritte und Handlungen auf Arbeitsebene ausgedehnte Kontrolle nur ausnahmsweise, etwa bei Hinweisen auf rechtswidriges Verhalten einzelner Beschäftigter, notwendig. Soweit das Verhalten einzelner Beschäftigter auf der Arbeitsebene überhaupt Gegenstand der parlamentarischen Kontrolle sein kann, ist gerade vor dem Hintergrund , dass alle dienstlichen Kontakte mit externen Dritten erfragt werden, ein spezifisches Kontrollinteresse an der Offenlegung dieser Kontakte auf Arbeitsebene nicht ersichtlich. Die Bundesregierung ist bestrebt, Regierungshandeln transparent und damit für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar zu gestalten. Aus Sicht der Bundesregierung wird der von den Fragestellern angedeuteten abstrakten Korruptionsgefahr durch die bestehenden Regelungen zur Korruptionsprävention und zur Vermeidung von Interessenkonflikten ausreichend vorgebeugt. Für die Bundesregierung ist nicht zu erkennen, dass seitens der Fragesteller Hinweise auf ein Fehlverhalten einzelner Beschäftigter thematisiert werden. Eine Nennung von Kontakten der Arbeitsebene ist auch daher nicht veranlasst. Die Verantwortung der Regierung gegenüber Parlament und Volk setzt angesichts des Gefüges der grundgesetzlichen Zuordnung staatlicher Aufgaben zu bestimmten Funktionen und Trägern die Gewährleistung einer funktionsgerechten und organadäquaten Aufgabenwahrnehmung voraus (BVerfGE 143, 101, 138). Die parlamentarische Kontrolle der Regierung ist einerseits gerade dazu bestimmt, eine demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen- Drucksache 19/16302 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode de Ausübung der Regierungsfunktion sicherzustellen, kann andererseits aber diese Funktion auch stören und bedarf daher der Begrenzung auf ein funktionsverträgliches Maß (vgl. BVerfGE 110, 199 [219]; 124, 78 [122]; 137, 185 [250]). Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass weder eine gesetzliche Verpflichtung zur vollständigen Erfassung dienstlicher Kontakte von Beschäftigten besteht, noch ist es im Sinne einer effizienten öffentlichen Verwaltung leistbar, entsprechende Informationen und Daten vollständig zu erfassen oder entsprechende Dokumentationen vorzuhalten und zu pflegen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in den Antworten auf die Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksachen 19/12868 und 19/14457 verwiesen. 1. Welches ist das „zuständige Fachreferat für Pflanzenschutz“, das den früheren Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bereits am 7. Juli 2017 bat zu prüfen, ob ohne das Einverständnis des SPD-geführten Bundesumweltministeriums dem Vorschlag der EU-Kommission eigenverantwortlich zugestimmt werden könne (vgl. www.sueddeutsche.de/politik/ streit-um-unkrautvernichter-minister-schmidt-hat-glyphosat-alleingangmonatelang -geplant-1.3769947)? Die Zuständigkeiten der Fachreferate innerhalb des BMEL können dem auf der Internetseite des BMEL veröffentlichten Organisationsplan entnommen werden . Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12868 verwiesen. 2. Welche dienstlichen Kontakte gab es seitens der Beschäftigten bzw. Vertreterinnen und Vertreter des in der Antwort zu Frage 1 benannten, für Pflanzenschutz zuständigen Fachreferats des BMEL mit externen Dritten, also natürlichen Personen oder Vertreterinnen und Vertretern von juristischen Personen im Zuge der Wiederzulassung von oder sonst im Zusammenhang mit dem Thema Glyphosat (bitte alle dokumentierten dienstlichen Treffen und Gespräche etc. mit Bezug zum Thema Glyphosat vom 12. Dezember 2015 bis zum 12. Dezember 2017 mit Datum und Angabe der externen Personen aufführen)? Auf die Vorbemerkung der Bunderegierung wird verwiesen. 3. Welche dienstlichen Kontakte gab es seitens der sonstigen Vertreterinnen und Vertreter des BMEL im Zuge der Wiederzulassung von oder sonst im Zusammenhang mit dem Thema Glyphosat (bitte alle dokumentierten dienstlichen Treffen und Gespräche mit Bezug zum Thema Glyphosat vom 12. Dezember 2015 bis zum 12. Dezember 2017 mit Angabe des Datums und Angabe der externen Personen aufführen)? Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher dienstlicher Kontakte – Gespräche und auch Kommunikation in anderen Formen (schriftlich, elektronisch, telefonisch ) besteht nicht, und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt (siehe dazu die Vorbemerkung der Bundesregierung zu dieser Kleinen Anfrage sowie in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/12868). Die nachfolgenden Ausführungen bzw. aufgeführten Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Diesbezügliche Daten sind somit möglicherweise nicht vollständig. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16302 Termine zu Einzelgesprächen, Runden Tischen oder Verbändegesprächen mit Unternehmen oder Verbänden der Agrarwirtschaft im Zusammenhang mit dem Pflanzenschutzmittel-wirkstoff Glyphosat in den Jahren 2015 bis 2017 sind der Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12868 zu entnehmen. 4. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von möglichen Interessenkonflikten (etwa durch entsprechend der Richtlinie der Bundesregierung zur Korruptionsprävention in der Bundesverwaltung oder nach den §§ 97 bis 105 des Bundesbeamtengesetzes – BBG – dokumentierte Kontakte) von Beschäftigten bzw. Vertreterinnen und Vertretern des in der Antwort zu Frage 1 benannten Fachreferats oder anderer mit dem Thema Glyphosat oder der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln befasster Fachreferate des BMEL? Die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und seine nachgeordneten Behörden pflegen in jeder Wahlperiode im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung dienstliche Kontakte mit einer Vielzahl von Akteuren aus dem Bereich der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft sowie der Fischerei. Hinweise auf mögliche Interessenskonflikte liegen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12868 verwiesen . 5. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der nach Presseangaben erfolgten Anregung der früheren Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks gezogen, die Zuständigkeit für Pflanzenschutzmittel dem Agrarressort zu entziehen (bitte begründen, vgl. www.zeit.de/politik/deutschland/2017-11/glyphosat-entscheidung-merkelruegt -alleingang-von-csu-agrarminister)? Die die Bundesregierung tragenden Parteien CDU, CSU und SPD haben sich im Koalitionsvertrag zur 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages neben einem Regierungsprogramm auch auf die Anzahl und die Zuständigkeitsbereiche der Bundesministerien verständigt. Drucksache 19/16302 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333