Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Hessel, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16005 – Zeitnahe Betriebsprüfungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Betriebsprüfungsordnung aus dem Jahre 2000 wurde mit einer Ergänzung zu zeitnahen Betriebsprüfungen im Jahre 2004 erweitert und bedarf nach Ansicht der Fragesteller dringend einer Reform. Zurzeit nehmen Betriebsprüfungen Jahre in Anspruch. Insbesondere die Zeit zwischen der Steuererklärung und dem bestandskräftigen Steuerbescheid ist sehr lang. Dies führt zu signifikanter Planungs- und Rechtsunsicherheit bei Unternehmen , was gerade im internationalen Wettbewerb aus Sicht der Fragesteller zu erheblichen Standortnachteilen für Deutschland führt. Zudem werden unternehmerische und staatliche Ressourcen für ausufernde und langwierige Außenprüfungen aufgewendet. Hohe Rückstellungen über einen längeren Zeitraum sowie hohe Nachzahlungszinsen erschweren die betriebliche Praxis zusätzlich. Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet ist aus Sicht der Fragesteller eine Auswertung und Koordination der Betriebsprüfungen notwendig. 1. Liegen der Bundesregierung Schätzungen dazu vor, welche Ressourcen (finanziell, personell, administrativ etc.) der Finanzverwaltung für Betriebsprüfungen gebunden werden? 2. Hat die Bundesregierung Daten über die durchschnittliche Dauer von Betriebsprüfungen (von der Abgabe der Steuererklärung bis hin zum bestandskräftigen Steuerbescheid)? a) Wie lauten die Schätzungen für Großbetriebe? b) Wie lauten die Schätzungen für Mittelbetriebe? c) Wie lauten die Schätzungen für Kleinbetriebe? d) Wie lauten die Schätzungen für Kleinstbetriebe? Deutscher Bundestag Drucksache 19/16305 19. Wahlperiode 03.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 2. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 3. Liegen der Bundesregierung Schätzungen zur Dauer der Übermittlung von Berichten nach den Schlussbesprechungen vor, und wenn ja, welche? Die Fragen 1 bis 3 werden gemeinsam beantwortet. Der Vollzug der Steuergesetze obliegt grundsätzlich den Landesfinanzbehörden (Artikel 108 Absatz 2 GG). Die Bundesregierung verfügt über keine der Fragestellung entsprechenden Schätzungen. 4. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen des aktuellen Betriebsprüfungsmodells auf den Wirtschaftsstandort Deutschland – insbesondere im Hinblick auf Nachbarländer (z. B. Österreich), in dem es die Möglichkeit einer sog. begleitenden Kontrolle als Alternative zur klassischen Außenprüfung gibt? Der Bundesregierung ist bewusst, dass spät einsetzende und lang andauernde Betriebsprüfungen bei Unternehmen und Verwaltung finanzielle und personelle Kapazitäten binden und Rechtssicherheit für die Beteiligten verzögern. Im Sinne des Wirtschaftsstandortes Deutschland sind möglichst viele zeitnahe Betriebsprüfungen wünschenswert. Die Bundesregierung begrüßt daher eine zeitnähere Durchführung von Betriebsprüfungen . Um über die bereits unternommenen Anstrengungen zur Verbesserungen der Zeitnähe bei Außenprüfungen (§ 4a BpO) hinaus weitere Fortschritte zu erzielen, sieht sich eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe die unterschiedlichen Modelle der anderen Staaten an und prüft eine mögliche Umsetzung ausgewählter Aspekte einschließlich von rechtlich zulässigen Elementen der begleitenden Betriebsprüfung in deutsches Recht. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet mit Blick auf die oben genannten Ziele daran, das bestehende Verfahren zu überprüfen. Die Überlegungen der anderen Staaten, sowie deren Erfahrungen bei der Umsetzung, werden dabei berücksichtigt. 5. Welche Schätzungen hat die Bundesregierung zur flächendeckenden Verbreitung und Anwendung der zeitnahen Betriebsprüfung in Deutschland? Das heißt, gibt es geografische Unterschiede hinsichtlich der zeitnahen Betriebsprüfung? Wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen hierüber keine Schätzungen vor. Um eine bundeseinheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten, wird derzeit mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder über mögliche grundsätzliche Anpassungen diskutiert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 4 verwiesen. 6. Plant die Bundesregierung die Zeitdauer der Betriebsprüfung zu reformieren ? Wenn ja, wie? 7. Plant die Bundesregierung, alternative Modelle der Betriebsprüfung, z. B. in der Art einer begleitenden Kontrolle (Vorbild Österreich) oder eines anderen Modells veranlagungsbegleitender Außenprüfungen einzuführen? Drucksache 19/16305 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Plant die Bundesregierung Pilotprojekte, um alternative zeiteffizientere Betriebsprüfungsmodelle auszuwerten und für Reformen in Betracht zu ziehen? 9. Plant die Bundesregierung, die Fristen der Steuerfestsetzung und/oder der Ablaufhemmung zu verkürzen? Die Fragen 6 bis 9 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 10. Plant die Bundesregierung, die sog. Joint Audits (also gemeinsame, staatenübergreifende Betriebsprüfungen) auszubauen? Joint Audits haben sich als eine sinnvolle und sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verwaltung effektive Möglichkeit für die steuerliche Prüfung grenzüberschreitender Aktivitäten herausgestellt. In den letzten Jahren wurde bereits einiges dafür getan, um die Nutzung von Joint Audits weiter auszubauen , unter anderem durch die Herausgabe eines BMF Schreibens zu den koordinierten steuerlichen Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete im Jahr 2017 (IV B 6 – S 1315/16/10016:002; DOK 2016/0996151) sowie durch die Aufstockung personeller Kapazitäten im BZSt. Im Jahr 2018 hat eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe im Rahmen einer Evaluierung weitere Verbesserungspotentiale sowohl bei den rechtlichen Grundlagen als auch bei der verfahrensmäßigen Durchführung von Joint Audits aufgezeigt. Auf dieser Basis beabsichtigt die Bundesregierung die Voraussetzungen für die Nutzung von Joint Audits weiter zu entwickeln. 11. Welche Schätzungen hat die Bundesregierung über Verständigungsverfahren mit anderen Staaten zur Vermeidung von internationalen Besteuerungskonflikten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten infolge langwieriger Betriebsprüfungen? Die Bundesregierung verfügt über keine der Fragestellung entsprechenden Schätzungen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Dauer von Betriebsprüfungen insbesondere von der Qualität der Mitwirkung der Steuerpflichtigen bestimmt wird und regelmäßig nicht die Ursache, sondern gegebenenfalls die Folge drohender oder bestehender zwischenstaatlicher Besteuerungskonflikte ist, die zur Beantragung und Einleitung von Verständigungsverfahren führen. 12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zusammenarbeit bei Außenprüfungen , an denen Bundes- und Landesbehörden mitwirken (Fälle des § 5 Absatz 1 Nummer 1 i. V. m. § 19 des Finanzverwaltungsgesetzes – FVG)? Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Abstimmung zwischen Bundes- und Landesebene in diesen Fällen effizienter zu gestalten ? Die Zusammenarbeit der Prüfungsdienste der Landesfinanzverwaltungen mit dem Bundeszentralamt für Steuern wird als gut bewertet. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder arbeiten gleichwohl daran, die Zusammenarbeit bei Außenprüfungen zu verbessern. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16305 13. Hat die Bundesregierung Schätzungen über die Anzahl nachträglicher Korrekturen von Festsetzungsbescheiden im Rahmen von Betriebsprüfungen , und wenn ja, welche? Die Bundesregierung verfügt über keine der Fragestellung entsprechenden Schätzungen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 14. Hat die Bundesregierung Schätzungen darüber, wie viele verbindliche Auskünfte nach § 89 der Abgabenordnung (AO) abgegeben werden? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die Anzahl der Anträge auf Erteilung verbindlicher Auskünfte nach § 89 Absatz 2 AO vor. 15. Hat die Bundesregierung Schätzungen darüber, wie viele verbindliche Zusagen nach § 204 AO gegeben werden? Die Bundesregierung verfügt über keine der Fragestellung entsprechenden Schätzungen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 16. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die Zusammenarbeit auf Bundes- und Länderebene weiter zu verbessern (Prüfungshandlungen, zeitliche und administrative Abstimmung, Kommunikation etc.)? Im Rahmen der derzeitigen Erörterungen werden auch Möglichkeiten geprüft, um die Zusammenarbeit auf Bundes- und Länderebene weiter zu verbessern. 17. Hat die Bundesregierung Schätzungen zur Anzahl von Prüfungsunterbrechungen bei Außenprüfungen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Schätzungen vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 18. Plant die Bundesregierung, den sachlichen Anwendungsbereich von Betriebsprüfungen mithilfe einer gesetzlichen Regelung auf Schwerpunkte zu fokussieren? Die Möglichkeit, dass die Finanzbehörde vorab bestimmte Prüffelder benennen kann, wird als sinnvoll erachtet und in die derzeitigen Erörterungen miteinbezogen . des verfassungsrechtlichen Verifikationsprinzips kann jedoch eine Betriebsprüfung nicht gesetzlich nur auf bestimmte Bereiche beschränkt werden . Drucksache 19/16305 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333