Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sandra Weeser, Michael Theurer, Reinhard Houben, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15802 – Reform der Netzentgelte V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Energiewende-bedingte Umbau des Energiesystems von einer zentralen zu einer dezentralen Versorgung hat auch erhebliche Auswirkungen auf den Bau und Betrieb der Stromnetze sowie dessen Finanzierung. Die Netzentgelte haben mittlerweile die EEG-Umlage (EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz) als größter einzelner Preisbestandteil beim Strom abgelöst (vgl. z. B. BDEW- Strompreisanalyse – BDEW = Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft – Juli 2019). Laut dem Vergleichsportal Verivox hat für das kommende Jahr die Mehrheit der Netzbetreiber in Deutschland Erhöhungen der Stromnetzgebühren von durchschnittlich rund 6 Prozent angekündigt. Der Anstieg ist regional stark unterschiedlich verteilt. (vgl. Verivox, Pressemitteilung vom 16. November 2019: „Stromkosten steigen 2020 auf Rekordniveau“). Seit langem wird daher über eine umfassende Reform der Netzentgelte diskutiert. So hatte u. a. die Monopolkommission in ihrem sechsten Sondergutachten Energie vom 6. Oktober 2017 ausführliche Empfehlungen für eine Reform der Netzentgelte vorgelegt („Energie 2017: Gezielt vorgehen, Stückwerk vermeiden “). Die Große Koalition hat eine Reform der Netzentgelte als ein Schwerpunktvorhaben im Bereich Energie für diese Legislaturperiode angekündigt. Demnach sollen „die Kosten verursachergerecht und unter angemessener Berücksichtigung der Netzdienlichkeit“ verteilt und „bei Stromverbrauchern unter Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit mehr Flexibilität“ ermöglicht werden (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 19. Legislaturperiode vom 12. März 2018, S. 72, Z. 3291 ff.). Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) u. a. die Studie „Optionen zur Weiterentwicklung der Netzentgeltsystematik für eine sichere, umweltgerechte und kosteneffiziente Energiewende“ in Auftrag gegeben, die am 11. Juni 2018 veröffentlicht wurde. In der „Bestandsaufnahme über die Umsetzung des Koalitionsvertrages durch die Bundesregierung“ vom 5. November 2019 taucht die Reform der Netzentgelte hingegen nicht mehr auf. Die bestehende Architektur der Netzentgeltsystematik wirkt sich nach Ansicht der Fragesteller teilweise kontraproduktiv auf die Umsetzung der Energiewende aus, indem sich netzdienliches und energieeffizientes Verhalten für Verbraucher nicht bezahlt macht. So kann beispielsweise die Entnahme von Deutscher Bundestag Drucksache 19/16417 19. Wahlperiode 08.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 23. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Strom zu Zeiten von Überangebot (z. B. hohe regenerative Stromproduktion) netzentgeltwirksame Leistungsspitzen verursachen, was die Flexibilität bei Letztverbrauchern und somit die Integration erneuerbarer Energien hemmen kann. Dies gilt insbesondere für Entnahmen aus den für die industrielle Energieversorgung relevanten Netz- und Umspannebenen ab Mittelspannung. Eine im Sinne der Energiewende gewollte sinnvolle Energienutzung wird somit nach Ansicht der Fragesteller ausgebremst. Der zu erwartende Anstieg der Netzentgelte im weiteren Verlauf der Energiewende droht nach Ansicht der Fragesteller Verbraucherinnen und Verbraucher beim Strompreis weiter zu belasten sowie die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der energieintensiven Industrien weiter zu gefährden. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ empfiehlt daher u. a. einen jährlichen Bundeszuschuss von 2 Mrd. Euro zu den Übertragungsnetzentgelten ab 2023 (vgl. S. 66 des Abschlussberichts vom 25. Januar 2019). 1. Wie haben sich die Netzentgelte nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland regional entwickelt (bitte nach Region und Spannungsebene aufschlüsseln)? Für die nachfolgende Betrachtung des durchschnittlichen Netzentgeltniveaus in Deutschland werden die Datenmeldungen der Stromlieferanten zu den einzelnen Preisbestandteilen im jährlichen Monitoring der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes zugrunde gelegt. Die Stromlieferanten übermitteln für vorgegebene Abnahmefälle verschiedener Vertragskategorien die durchschnittlichen Nettonetzentgelte ihrer jeweiligen Kunden an die Bundesnetzagentur. Dabei werden folgende Abnahmefälle betrachtet: • Haushaltskunde: Seit dem Jahr 2016 wird bei diesem Abnahmefall ein an das Niederspannungsnetz angeschlossener Kunde mit einem Jahresverbrauch zwischen 2.500 kWh und 5.000 kWh betrachtet. In den Jahren vor 2016 wurde ein Niederspannungskunde mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh zugrunde gelegt. • Gewerbekunde: Für diesen Abnahmefall wird ein Niederspannungskunde mit einem Jahresverbrauch von 50 MWh, einer Jahreshöchstlast von 50 kW sowie einer Jahresbenutzungsdauer von 1.000 Stunden betrachtet. • Industriekunde: Für diesen Abnahmefall wird ein an die Mittelspannung (10 oder 20 kV) angeschlossener Kunde mit Leistungsmessung und einem Jahresverbrauch von 24 GWh, einer Jahreshöchstlast von 4.000 kW sowie einer Jahresbenutzungsdauer von 6.000 Stunden betrachtet. Individuelle Netzentgelte nach § 19 StromNEV bleiben bei dieser Darstellung unberücksichtigt . Im Monitoringbericht der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes wird die bundesweite Netzentgeltentwicklung regelmäßig anhand der drei erläuterten Abnahmefälle dargestellt. Anhand der Angaben der Stromlieferanten wird ein durchschnittliches Netzentgelt je Abnahmefall für das gesamte Bundesgebiet gebildet. Für Haushaltskunden wird das Netzentgelt mengengewichtet. Für Gewerbe- und Industriekunden wurde bis 2013 ebenfalls mengengewichtet, ab 2014 wird der Durchschnitt arithmetisch ermittelt. Drucksache 19/16417 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Entwicklung der durchschnittlichen Netzentgelte (inkl. Messtellenbetrieb) je erläutertem Abnahmefall ist nachfolgend dargestellt (in Cent/kWh): Regionalisierte Daten liegen erst ab dem Jahr 2017 vor. Für die einzelnen Bundesländer ergeben sich für den Zeitraum von 2017 bis 2019 im gewichteten Mittel die in der folgenden Tabelle dargestellten Werte (in Cent/kWh). Als Gewichtungsgrundlage wurde die Anzahl der Zählpunkte der Netzbetreiber in den jeweiligen Netzgebieten verwendet. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16417 Drucksache 19/16417 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Grundpreise und die Arbeitspreise in den letzten zehn Jahren in Deutschland entwickelt (bitte nach Regionen aufschlüsseln)? Grundpreise gibt es typischerweise für Kunden in der Niederspannung ohne Leistungsmessung. Die Entwicklung der Grund- und Arbeitspreise bei den Netzentgelten für diese Kunden kann der folgenden Tabelle entnommen werden . Die Werte sind gewichtete arithmetische Mittelwerte für von der Bundesnetzagentur regulierte Netzbetreiber. Gewichtet bedeutet, dass die Preisgestaltung großer Verteilernetzbetreiber in den Mittelwerten im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eingeflossen ist. 3. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung Maßnahmen zum Engpassmanagement und zur Stabilisierung der Stromnetze seit dem Jahr 2009 auf die Höhe der Netzentgelte ausgewirkt (bitte nach Regionen differenzieren )? Die Gesamtkosten für das Engpassmanagement können der folgenden Tabelle entnommen werden, die auf Daten aus dem jährlichen Monitoring der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes beruht. Eine Quantifizierung des Effekts der Änderungen bei den Kosten für das Engpassmanagement auf die Höhe der Netzentgelte liegt nicht vor. Zu beachten ist, dass neben diesen Kosten auch eine Anpassung bei der Anreizregulierung, bei der von einer Ist- auf eine Plankostenbetrachtung umgestellt wurde, in den Jahren 2017 und 2018 einen Einfluss auf die Höhe der Netzentgelte hatte. Es liegen lediglich ab 2015 Kosten differenziert nach den verschiedenen Maßnahmen zum Engpassmanagement und zur Stabilisierung der Stromnetze vor. Eine Aufteilung auf die Regionen liegt nicht vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16417 4. Welchen prozentualen Anteil an der Summe der jährlich in Deutschland erhobenen Netzentgelte haben nach Kenntnis der Bundesregierung Haushalte , Gewerbe/Handel/Dienstleistungen und Industrie in den letzten zehn Jahren bezahlt (bitte nach Jahr und Verbrauchergruppe aufschlüsseln)? Es liegen keine präzisen Daten darüber vor, welchen Anteil die verschiedenen Verbrauchergruppen am jährlichen Netzentgeltaufkommen haben. 5. Welchen prozentualen Anteil an den Stromkosten der in Frage 3 genannten Verbrauchergruppen hatten nach Kenntnis der Bundesregierung die Netzentgelte in den vergangenen zehn Jahren (bitte nach Jahr und Verbrauchergruppe aufschlüsseln)? Der prozentuale Anteil der Netzentgelte an den Stromkosten ist für definierte Haushalts-, Gewerbe- sowie Industriekunden in der folgenden Tabelle aufgeführt , die auf Daten der Bundesnetzagentur beruht: 6. Was sind nach Ansicht der Bundesregierung die wesentlichen Gründe und Preistreiber für die Entwicklung der Netzentgelte? Die Netzentgeltsteigerungen haben sehr unterschiedliche Gründe, die oft in den Spezifika der einzelnen Netzbetreiber und entsprechenden regionalen Besonderheiten zu suchen sind. Soweit Verallgemeinerungen möglich sind, ergeben sich die Kosten- bzw. Entgeltsteigerungen aus dem Ausbau der Netze sowie aus dem Engpassmanagement. Letzteres betrifft Einspeisemanagement, Redispatch und Netzreserve. Auch die vermiedenen Netzentgelte sind ein Treiber der Netzentgelte . Sie werden mit dem Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) schrittweise reduziert. Grundsätzlich haben auch die Offshore-Kosten den Strompreis beeinflusst: Die Kosten der Offshore-Netzanbindungen sind bis 2018 in die Netzentgelte einge- Drucksache 19/16417 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode flossen. Zum 1. Januar 2019 wurde die bis dahin bestehende Offshore- Haftungsumlage in die Offshore-Netzumlage überführt, die neben der Haftung für etwaige Schäden nunmehr auch die Kosten für die Netzanbindung von Offshore-Windparks erfasst. Allerdings ist diese Umlage von 2019 auf 2020 konstant geblieben. 7. Was hat die Bundesregierung bislang unternommen, um einem Anstieg der Netzentgelte entgegenzuwirken? Die Bundesregierung hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den energiewendebedingten Anstieg bei den Netzkosten zu bremsen. Die bessere Integration flexibler Lasten kann zu einer Reduktion des Netzausbaubedarfs und damit der Netzkosten beitragen. Die Weiterentwicklung des § 14a EnWG kann hier zukünftig auf Niederspannungsebene einen wesentlichen Beitrag leisten. Zudem wurde eine gesetzliche Regelung zur Spitzenkappung im Erneuerbaren- Energien-Gesetz eingeführt. Die Innovationsausschreibungsverordnung sieht darüber hinaus ab 2020 die Förderung von Anlagenkombinationen aus fluktuierenden und nicht fluktuierenden erneuerbaren Energien, z. B. Windkraft und Biomasse oder Photovoltaik und Speicher vor. Solche Projekte können dazu beitragen, die Einspeisung und damit auch das Stromnetz zu stabilisieren. Im Juli 2017 trat das Netzentgeltmodernisierungsgesetz (NEMoG) in Kraft. Mit dem Gesetz wurde die Kostenbelastung der Netznutzer aus der Zahlung vermiedener Netzentgelte reduziert. Dies hat in den Jahren 2018 und 2019 bereits zu einer Entlastung geführt. 8. Bis wann möchte die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform der Netzentgelte umsetzen? 9. Warum wird die Reform der Netzentgelte in der Bestandsaufnahme zur Umsetzung des Koalitionsvertrags vom 5. November 2019 nicht als Vorhaben für die zweite Hälfte der Legislaturperiode genannt, und wird die Reform der Netzentgelte Gegenstand der weiteren Evaluierung des Koalitionsvertrags sein? 10. Welche Vorarbeiten zur Reform der Netzentgelte laufen aktuell oder wurden in dieser Legislaturperiode bereits durchgeführt bzw. extern beauftragt (bitte nach Studien bzw. Gutachten sowie Workshops bzw. Fachgesprächen bzw. Veranstaltungen inklusive Teilnehmer aufschlüsseln)? 11. Welche Bundesministerien, Bundesbehörden und ggf. Landesbehörden sind in den Reformprozess eingebunden, und welches Bundesministerium führt den Reformprozess? 12. Wie viele Mitarbeiter sind derzeit in den Bundesministerien und nachgeordneten Behörden in die Vorbereitungen der Netzentgeltreform eingebunden (bitte nach Referaten aufschlüsseln)? Die Fragen 8 bis 12 werden gemeinsam beantwortet. Die Netzentgeltsystematik bestimmt, nach welchen Regeln die Netzkosten auf die Stromverbraucher verteilt werden. Sie nimmt somit keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der zu verteilenden Netzkosten. Die Frage wird dahingehend verstanden, dass Überlegungen zur Änderung der systematischen Grundlagen der Netzentgelte erfragt werden, nicht deren Ergänzung durch Sonderund Ausnahmeregelungen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16417 In Vorbereitung auf eine Reform der Netzentgeltsystematik wurden die folgenden Gutachten beauftragt, zu denen in dieser Legislatur Veröffentlichungen erfolgten : Titel Forschungsnehmer Veröffentlichungsdatum „Optionen zur Weiterentwicklung der Netzentgeltsystematik für eine sichere, umweltgerechte und kosteneffiziente Energiewende“ Consentec in Kooperation mit Fraunhofer-Institut für Systemund Innovationsforschung ISI Juni 2018 „Regulierung, Flexibilisierung und Sektorkopplung “ (Topthema 2 des BMWi- Projekts „Digitalisierung der Energiewende : Barometer und Topthemen“) Büro für Energiewirtschaft und technische Planung GmbH (BET) und der Ernst & Young GmbH (EY) August 2019 Ein weiteres vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beauftragtes Gutachten, das sich nicht primär mit der Netzentgeltsystematik befasst, jedoch Aussagen dazu enthält, ist: Titel Forschungsnehmer Veröffentlichungsdatum „Energiewende in der Industrie – Potenziale , Kosten und Wechselwirkung mit dem Energiesektor“ – Arbeitspaket 2b: „Identifikation neuer Anforderungen aus zukünftigem Strommarktdesign – Flexibilität und Eigenerzeugung“ Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH, Navigant Energy Germany GmbH, Institut für Energiewiertschaft und Rationelle Energieanwendung IER der Universität Stuttgart noch nicht veröffentlicht Innerhalb der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit sind umfassende Angaben zu den Workshops, Fachgesprächen oder Veranstaltungen , die zu dem genannten Thema stattgefunden haben, nicht möglich. Die nachfolgenden Angaben sind in der zur Verfügung stehenden Zeit möglich. Generell ist anzumerken, dass eine inhaltliche Vorbereitung nicht allein über entsprechende Veranstaltungen stattfindet. Die Abschlussveranstaltung zu der Studie „Optionen zur Weiterentwicklung der Netzentgeltsystematik für eine sichere, umweltgerechte und kosteneffiziente Energiewende“ fand am 10. September 2018 statt. Fragen der Netzentgeltsystematik im Kontext des § 14a EnWG wurden neben weiteren Themen in der AG Intelligente Netze und Zähler der Plattform Energienetze diskutiert. Auf Basis des veröffentlichten Gutachtens von Ernst & Young und BET sowie der darauf aufbauenden, Ende September 2019 vorgelegten Diskussionspunkte, wird dort und in ergänzenden Workshops nun in einem breiten Stakeholderprozess erörtert, ob und wie die gutachterlichen Vorschläge umgesetzt werden. Die AG Intelligente Netze und Zähler tagte in dieser Legislaturperiode an den folgenden Tagen: 7. November 2017, 18. April 2018, 19. März 2019, 24. Mai 2019, 2. September 2019, 14. Oktober 2019. Am 17. Dezember 2019 fand zudem ein Workshop mit dem Titel „Genaue Ausgestaltung des § 14a EnWG“ statt. Drucksache 19/16417 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bei den einzelnen Sitzungen erfolgte keine Erfassung der Teilnehmer. Die aktuellen Mitglieder der AG Intelligente Netze und Zähler sind in der folgenden Tabelle aufgeführt: Die Federführung für eine Reform der Netzentgeltsystematik liegt als Teil des Energiewirtschaftsrechts beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Es ist geplant, unter Einbeziehung der Ergebnisse der Gutachten und weiterer relevanter Aspekte, Ansätze zur Anpassung der Netzentgeltsystematik für Strom zu entwickeln. Ein Rechtssetzungsverfahren gibt es bislang nicht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine für das Jahr 2020 erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wichtige Wei- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16417 chenstellungen enthalten wird, welche Regelungsbefugnisse der Gesetz- und Verordnungsgeber gerade auch im Bereich der Netzentgeltsystematik im Verhältnis zu den Gestaltungskompetenzen der Regulierungsbehörde hat. Im Rahmen der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben des EU- Legislativpakets „Saubere Energie für alle Europäer“ wird zudem zu bewerten sein, welche Auswirkungen die Netzentgeltregelungen der zum 1. Januar 2020 in Kraft tretenden neuen Strommarktverordnung haben. Vor diesem Hintergrund ist über das weitere Vorgehen bei einer Umsetzung der Reform der Netzentgeltsystematik noch zu entscheiden. Im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie befassen sich in der Abteilung III „Energiepolitik – Strom und Netze“ derzeit fünf Mitarbeiter mit Fragen , die u. a. auch die generelle Netzentgeltsystematik betreffen. Zuständig ist die Unterabteilung IIIC „Netze“. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund der vielfältigen Aufgaben der betroffenen Einheiten kein Mitarbeiter ausschließlich mit diesen Fragen befasst; der Befassungsumfang ist unterschiedlich . 13. Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung hinsichtlich eines Bundeszuschusses zu den Übertragungsnetzentgelten? Die Bundesregierung begrüßt die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Die Bundesregierung wird hierzu im Rahmen des Entwurfs für ein Kohleausstiegsgesetz ihre Position darlegen. 14. Ist ein Bundeszuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten nach Ansicht der Bundesregierung mit europäischem Beihilferecht vereinbar, und hat die Bundesregierung dazu bereits Gespräche mit der Europäischen Kommission geführt? Wenn nein, sind solche Gespräche geplant? Die Bundesregierung hat frühzeitig nach Veröffentlichung der Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ den Dialog mit der Europäischen Kommission begonnen, um auszuloten, inwieweit deren Umsetzung aus beihilferechtlicher Sicht möglich ist. Diese Gespräche dauern noch an und werden mit hoher Priorität fortgesetzt. 15. Wie bewertet die Bundesregierung eine Senkung der Netzentgelte aus Bundesmitteln hinsichtlich der Kostenverantwortung der Netzbetreiber bzw. der Anreizwirkung für Kostensenkungen? Ein Bundeszuschuss auf die Netzkosten hätte keinen Einfluss auf die Verfahren zu deren Ermittlung und Anerkennung. Er käme erst bei der Kalkulation der Netzentgelte zum Tragen, indem er den Betrag der dabei zu berücksichtigenden Netzkosten absenken und somit geringere Netzentgelte ermöglichen würde. Daher würden den Netzbetreibern die gleichen Anreize für Kostensenkungen gesetzt, die auch ohne die Gewährung eines Bundeszuschusses bestehen. Drucksache 19/16417 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung zutreffend, dass Netzentgelte häufig in erzeugernahen ländlichen Regionen höher sind (vgl. u. a. BMWi-Vorhaben „Netzentgelte“: Auswertung von Referenzstudien und Szenarioanalysen zur zukünftigen Entwicklung der Netzentgelte für Elektrizität – Bericht vom 4. Oktober 2018), und falls ja, wie bewertet die Bundesregierung dies insbesondere im Hinblick auf die Akzeptanz der Energiewende in den betroffenen Gebieten? Bezüglich der regionalen Aufteilung der Netzentgelte wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Darstellung dort zeigt, dass die Höhe der Netzentgelte regional sehr unterschiedlich ist. Die Streuung der Entgelthöhe wird jedoch durch die bis 2023 abgeschlossene Vereinheitlichung der Übertragungsnetzentgelte verringert werden. Soweit in ländlichen Regionen höhere Netzentgelte zu verzeichnen sind, liegt dies häufig zunächst daran, dass sich die Netzkosten gegebenenfalls auf eine geringere Stromentnahme verteilen. Hinzu kommt teilweise ein durch volatile Einspeisungen bedingter Ausbaubedarf auch der Verteilernetze . Schließlich werden dezentrale Anlagen oftmals nicht verbrauchernah errichtet. In der Vergangenheit war der Anstieg der Netzkosten auch bedingt durch die Zahlung vermiedener Netzentgelte an eine zunehmende Anzahl volatiler, dezentraler Einspeiser. Da auf Grundlage des Netzentgeltmodernisierungsgesetzes (NEMoG) aus dem Jahr 2017 ab dem Jahr 2018 keine vermiedenen Netzentgelte mehr an Neuanlagen der volatilen Erzeugung gezahlt werden und dies ab dem Jahr 2023 auch für alle anderen neuen Erzeugungsanlagen gelten wird, wird diese Steigerung zukünftig nicht mehr auftreten. Zur Auswirkung von etwaigen höheren Netzentgelten in erzeugernahen ländlichen Regionen auf die Akzeptanz der Energiewende liegen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie keine Erkenntnisse vor. 17. Wie bewertet die Bundesregierung ein erzeugerseitiges Netzentgelt für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien? Die durch den Zubau von Erzeugungsanlagen verursachten Netzkosten, die insbesondere aufgrund eines damit einhergehenden Netzausbaus anfallen können, werden nach der derzeitigen Systematik allein von den Letztverbrauchern getragen . Dies erfolgt bisher in erster Linie über die Netzentgelte. Die Betreiber von Stromerzeugungsanlagen haben somit aktuell keinen Anreiz, bei Standortentscheidungen den jeweils notwendigen Netzausbau zu berücksichtigen. Mit welchen Maßnahmen darauf Einfluss genommen werden kann, ist noch weiter zu diskutieren. 18. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit, über Änderungen bei der Konzessionsvergabe für Netzbetreiber Einfluss auf die Höhe der Netzentgelte zu nehmen? Die Höhe der Netzentgelte leitet sich aus den jeweiligen, von den Regulierungsbehörden anerkannten Netzkosten ab. Die Höhe der bundesweit insgesamt über die Netzentgelte zu refinanzierenden Netzkosten ist nicht Gegenstand des Konzessionsvergaberechts. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/16417 19. Wie bewertet die Bundesregierung die Netzentgeltsystematik hinsichtlich der möglichen Problematik, dass systemdienliche Flexibilitätsbeiträge sich derzeit nachteilig auf Art und Höhe der zu entrichtenden Netzentgelte auswirken können und Unternehmen dadurch auf die Anwendung verzichten ? 20. Welche Maßnahmen zur Anpassung der Netzentgeltsystematik will die Bundesregierung ergreifen, um Flexibilitätshemmnissen entgegenzuwirken ? Die Fragen 19 und 20 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung prüft diese Zusammenhänge und mögliche Maßnahmen. Eine Maßnahme für Verbraucher am Niederspannungsnetz soll Ergebnis des aktuell stattfindenden Diskussionsprozesses zur Weiterentwicklung des § 14a EnWG sein. 21. Bis wann wird die Bundesregierung eine Verordnung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vorlegen, die reduzierte Netzentgelte für eine netzdienliche Steuerung von Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung ermöglicht? Mit der Weiterentwicklung des § 14a EnWG könnte die Netzintegration neuartiger , flexibler Verbraucher (z. B. privater Ladeeinrichtungen) in die Verteilernetze unterstützt und ein ineffizienter Netzausbau auf der Niederspannungsebene vermieden werden. Bessere Auslastung der bestehenden Netze ist eine wichtige Voraussetzung, damit Stromnetze nicht zum Flaschenhals beim Hochlauf der Elektromobilität werden. Mit dem bereits veröffentlichten Gutachten „Regulierung , Flexibilisierung und Sektorkopplung“ von Ernst & Young und BET sowie mit darauf aufbauenden, Ende September 2019 vorgelegten Diskussionspunkten wurde ein breiter Stakeholderprozess unter dem Dach der AG Intelligente Netze und Zähler der Plattform Energienetze eingeleitet und strukturiert. Dieser Prozess soll ergebnisoffen darüber geführt werden, ob und wie die gutachterlichen Vorschläge umgesetzt werden. Ein Entwurf für eine eventuell erforderliche Rechtssetzung wird gegebenenfalls im Laufe des Jahres 2020 vorgelegt werden. 22. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um systemdienliche Flexibilitätsbeiträge wie etwa von der Industrie entwickelte „virtuelle Speicher“ (vgl. www.trimet.eu/de/ueber_trimet/energiewende/virtuel le-batterie) für die Energiewende nutzbar zu machen? Für den stabilen Netzbetrieb wird der Bedarf an systemdienlicher Flexibilität sowohl auf Verbraucher- als auch auf Erzeugerseite mit wachsendem Anteil an fluktuierender Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen zunehmen. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, welche Anforderungen der Systembetrieb an die Erbringung solcher Systemdienstleistungen stellt. Auf der Basis können Akteure, die entsprechende Präqualifikationskriterien erfüllen, im Wettbewerb miteinander dazu beitragen, sofern die Sicherstellung der jeweiligen Systemdienstleistung durch marktliche Beschaffung erfolgt. Soweit es zur Deckung dieses Bedarfs erforderlich ist, sind die jeweiligen Ausschreibungsbedingungen anzupassen. Dies ist ein ständiger Prozess. Bezüglich auf der Niederspannungsebene angeschlossener Speicher und Verbrauchseinrichtungen kann die derzeit diskutierte Weiterentwicklung des § 14a EnWG Anreize bringen. Drucksache 19/16417 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Wie bewertet die Bundesregierung ein durch steigende Netzentgelte bedingtes bzw. verstärktes Carbon-Leakage-Risiko? 24. Inwiefern will die Bundesregierung den Schutz vor Carbon Leakage im Falle einer Reform der Netzentgelte berücksichtigen? Die Fragen 23 und 24 werden gemeinsam beantwortet. Carbon Leakage bezeichnet die Abwanderung von Wertschöpfung, Investitionen und Arbeitsplätzen durch Wettbewerbsnachteile aufgrund des unterschiedlichen Umfangs klimapolitischer Maßnahmen in den verschiedenen Staaten. Insbesondere auch Strompreissteigerungen aufgrund energie- und klimapolitischer Maßnahmen können ein Carbon-Leakage-Risiko auslösen, wenn Unternehmen nicht in der Lage sind, Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben und die internationale Konkurrenz ausreichend hoch ist. Wie sich das Carbon-Leakage-Risiko aufgrund einzelner Maßnahmen ändert, kann durch die Bundesregierung nicht quantifiziert werden. Ob Änderungen der Netzentgeltsystematik mittelbar Auswirkungen auf das Carbon-Leakage-Risiko haben könnten, wird gegebenenfalls zu diskutieren sein. 25. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um potenziellen Investoren einen hinreichend verlässlichen Rahmen zur Entwicklung der Energiekosten bereitzustellen? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die Abwanderung von Wertschöpfung , Investitionen und Arbeitsplätzen durch Wettbewerbsnachteile aufgrund des unterschiedlichen Umfangs klimapolitischer Maßnahmen in den verschiedenen Staaten („Carbon Leakage“) zu vermeiden. Dazu gehört neben der Bezahlbarkeit der Energiekosten auch die Verlässlichkeit des Rahmens zu deren Entwicklung. Hierzu leisten bereits die bestehenden Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen einen wichtigen Beitrag. Die Bundesregierung hat sich im Zuge der Reform des Europäischen Emissionshandels für die vierte Handelsperiode 2021 bis 2030 erfolgreich dafür eingesetzt , dass die Strompreiskompensation auf nationaler Ebene fortgesetzt werden kann. In den Gesprächen mit der EU-Kommission zur Überarbeitung der einschlägigen Beihilfeleitlinien setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die Liste der Sektoren und Teilsektoren, die für eine Strompreiskompensation in Frage kommen, das Carbon-Leakage-Risiko auch weiterhin adäquat abbildet. Auch im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (Verordnungsermächtigung gemäß § 11 BEHG) wird die Bundesregierung Maßnahmen für den Schutz vor Carbon Leakage ergreifen. Auch die Industrie übermittelt regelmäßig Vorschläge, wie das Entlastungsinstrumentarium , mit dem die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gewährleistet werden soll, weiterentwickelt werden könnte. Diese Vorschläge prüft die Bundesregierung. Neben rechtlichen, insbesondere auch beihilferechtlichen Restriktionen müssen dabei das effiziente Funktionieren der Märkte und die Kosteneffizienz von Maßnahmen zur Emissionsvermeidung sowie die Auswirkungen auf alle Verbraucher im Blick behalten werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/16417 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333