Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Bauer, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15910 – Erschließung alternativer Eiweißquellen mittels Insektenproteinen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bedarf an Proteinfutter ist in Deutschland wesentlich höher als die Produktion . Um den Engpass zu decken, werden vornehmlich Sojaerzeugnisse importiert. Alternative Eiweißquellen werden auch angesichts der weltweit rasant steigenden Weltbevölkerung dringend gesucht. Innovative Unternehmen verbinden die Produktion von wertvollem tierischem Eiweiß aus Insektenlarven mit Reststoffen, die sonst lediglich als Abfälle entsorgt würden – und stellen so ein weiteres Glied in der Kreislaufwirtschaft dar. Für eine bessere Klimabilanz und einen besseren Versorgungsgrad mit heimischen Rohstoffen wäre es aus Sicht der Fragesteller zielführend, auch hierzulande Insektenmehl zu produzieren und als Futtermittelkomponente zu verwenden. 1. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung hinsichtlich der Produktionsmengen von Insektenproteinen in der Bundesrepublik Deutschland vor? Der Bundesregierung liegen keine Zahlen hinsichtlich der Produktionsmengen von Insektenproteinen vor. 2. Welchen Mehrnutzen sieht die Bundesregierung darin, Insekten als Eiweißquellen für die Nutz- und Haustierfütterung zu nutzen insbesondere im Hinblick auf die deutsche CO2-Bilanz und das Pariser Klimaabkommen ? Für die Abschätzung des möglichen Mehrnutzens der Verwendung von aus Nutzinsekten gewonnenem Protein für die Fütterung von Nutztieren ist es verfrüht . Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die Verwendung von Insekten als Lebens- und Futtermittel umweltbedingte Vorteile haben kann. Hochwertiges Futtersubstrat wird von Insekten effizient verwertet. Es wird in einzelnen Publikationen derzeit davon ausgegangen, dass bei der Erzeugung von tierischem Protein aus Insekten ein geringerer Flächen- sowie Wasserbedarf als bei der Erzeugung von tierischem Protein im Rahmen der konventio- Deutscher Bundestag Drucksache 19/16442 19. Wahlperiode 10.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 8. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. nellen Tierhaltungsverfahren bestehen würde. Zu den mit der Insektenzucht verbundenen Treibhausgasemissionen liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. Bisherige Untersuchungen weisen darauf hin, dass große Unterschiede zwischen unterschiedlichen Insektenarten, sowie aufgrund der eingesetzten Aufzuchtmethoden bestehen. Vor einer umfangreicheren Verwendung von Insekten als Futtermittel sollten die unterschiedlichen Auswirkungen der Aufzucht unterschiedlicher Insektenarten auch mit Blick auf die Treibhausgasemissionen eingehender untersucht werden. Es wird daran geforscht, ob die Nutzung von Insekten als Eiweißquelle das Potential hat, pflanzliche Eiweißfuttermittel zu substituieren.1 Wenn diese pflanzlichen Eiweißfuttermittel aus Importen stammen, kann mit der Substitution auch eine CO2-Einsparung durch kürzere Transportwege sowie ein geringerer Bedarf landwirtschaftlicher Nutzfläche für die Eiweißerzeugung in Drittländern einhergehen. Zur Rechtslage bezüglich der Verfütterung von verarbeitetem tierischen Protein aus Insekten wird auf die Antwort zu den Fragen 7 und 8 verwiesen. 3. Welche Umwelteffekte sieht die Bundesregierung bei der Produktion von Insektenproteinen insbesondere im Vergleich zur Produktion von pflanzlichem Eiweiß? Heimische Eiweißpflanzen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für eine umweltgerechte und ressourcenschonende Landbewirtschaftung. Sie erweitern das Fruchtartenspektrum und lockern Fruchtfolgen auf. Weiter gestellte Fruchtfolgen tragen zum integrierten Pflanzenschutz und zur Reduzierung des Risikos von Resistenzbildungen gegen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bei. Das kann zu einer Reduzierung der Pflanzenschutzmittelanwendungen führen. Insbesondere reichern sie Nährstoffe (z. B. Stickstoffbindung) im Boden an und verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Darüber hinaus erhöhen Eiweißpflanzen die biologische Vielfalt in Agrarökosystemen, was vielfältige, positive Effekte auf die Flora und Fauna in agrarischen Hauptkulturen nach sich zieht. Beispielsweise bieten blühende Leguminosen eine Nahrungsgrundlage für nektarsammelnde, bestäubende Insekten. Heimische Eiweißpflanzen können innerbetrieblich als hochwertiges Futtermittel eingesetzt werden, so dass auch hier keine Transportwege anfallen. 1 Prof. Theuvsen (Uni Göttingen): Sustainability Transitions in der Lebensmittelproduktion: „Alternative Proteinquellen in soziotechnischer Perspektive“, Pressemitteilung zum Projekt. https://vet-magazin.de/wissensch aft/tier-ernaehrung/Insekten-Algen-Soja-Ersatz-Futtermittel.html, letzter Zugriff: 20.12.2019. Drucksache 19/16442 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Umwelteffekte aufgrund der Produktion von Insektenprotein sind wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht. Erste Forschungsergebnisse2 zeigen jedoch, dass die Produktion von Insektenprotein den Bedarf an importierten Eiweißfuttermitteln (insb. des Sojaextraktionsschrotes im Futter für Mastschweine und Geflügel) für die Nutztierproduktion senken, bzw. sogar ersetzen können. Es ist darauf hinzuweisen, dass für die Fütterung der Insekten zunächst ebenfalls Eiweiß benötigt wird. Die dezentrale Herstellung von Insektenprotein würde zu geringeren CO2-Emissionen im Vergleich zu importierten Eiweißfuttermittel führen. Der Bedarf an landwirtschaftlicher Nutzfläche im Ausland für die Eiweißfuttermittelproduktion (insb. Sojaextraktionsschrot) könnte so reduziert werden.3 Jedoch können auch negative Umwelteffekte mit der Nutzung von Insektenprotein einhergehen. Die Verarbeitung ganzer Insekten (d. h. inklusive des Darminhaltes) kann zu einer Verbreitung von (humanpathogenen) Keimen führen , wenn die verarbeiteten Insekten mikrobiell belastet sind. In diesem Fall würden Insekten als Vektoren von Zoonosen agieren.4 Zudem können Insekten aus den Anlagen entweichen und als invasive Arten die Umwelt gefährden. Unklar ist auch die Allergensituation bei den in der Produktion arbeitenden Menschen. 4. Welche Forschungsprojekte hat die Bundesregierung zu dem Thema „Insektenproteine“ gefördert insbesondere bei welchen die Auswirkungen der Fütterung von Insektenmehl auf Nutztiere und Konsumenten besser erforscht werden (bitte Projekttitel, Projektnummer und Fördersumme nennen )? Die von der Bundesregierung derzeit zur Produktion von Insekten geförderten Projekte sind der Anlage 1 zu entnehmen. 5. Welche Forschungsprojekte hat die Bundesregierung zum Einsatz von Insektenmehl zur humanen Ernährung gefördert, und welche gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung? Die von der Bundesregierung geförderten Forschungsprojekte zum Einsatz von Insektenmehl zur humanen Ernährung sind der Anlage 2 zu entnehmen. 6. Welche Haushaltsmittel stellt die Bundesregierung für die Forschung an Insektenproteinen im Haushaltsentwurf 2020 zur Verfügung? Die Bundesregierung plant, im Jahr 2020 Mittel in Höhe von circa 5 Mio. Euro für Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit Bezug zu Insektenproteinen auszugeben. 2 Velten und Liebert (2018): Larven der schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens) als potentieller Proteinlieferant in der Schweine- und Geflügelernährung. Georg-August-Universität Göttingen. www.proteinmark t.de/fachartikel/kw31-larven-der-schwarzen-soldatenfliege-hermetia-illucens-als-potentieller-proteinlieferan t-in-der-schweine-und-gefluegelernaehrung. 3 Neumann, C. , Velten, S. and Liebert, F. (2018) Improving the Dietary Protein Quality by Amino Acid Fortification with a High Inclusion Level of Micro Algae (Spirulina platensis) or Insect Meal (Hermetia illucens) in Meat Type Chicken Diets. Open Journal of Animal Sciences, 8, 12-26. doi: 10.4236/ojas.2018.81002. 4 DFG: Nahrungsmittel Insekten – Superfood oder Hype? www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil /gremien/ senat/lebensmittel/artikel_nahrungsmittel_insekten.pdf. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16442 7. Für welche Nutztierarten sind bereits heute nach Kenntnissen der Bundesregierung auf Insekten basierende Futtermittel zugelassen, und auf welcher Rechtsnorm basiert diese Zulassung? Nach Artikel 7 Absatz 3 in Verbindung mit Anhang IV Kapitel II Buchstabe c Ziffer ii der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 ist die Fütterung von Tieren in Aquakultur mit verarbeitetem tierischem Protein aus Nutzinsekten und solches verarbeitete tierische Protein enthaltenden Mischfuttermitteln zulässig. 8. Was unternimmt die Bundesregierung, insbesondere auf EU-Ebene, um die Verwendung von Insektenmehl als Futtermittel rechtssicher zu gestalten ? Die Bestimmungen für die Verwendung von Insektenmehl als Futtermittel sind im Europäischen Recht geregelt. Den Mitgliedstaaten liegt der Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Änderung von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 vor, nach dem die Ausnahmeregelungen vom Verfütterungsverbot nach Artikel 7 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 ausgeweitet werden. Es ist unter anderem vorgesehen, künftig die Fütterung von Geflügel mit verarbeitetem tierischem Protein von Nutzinsekten zuzulassen. Die Bundesregierung beteiligt sich konstruktiv an den Beratungen auf EU- Ebene über diesbezügliche Änderungen der Rechtsvorschriften. Dabei werden auch die Erkenntnisse einbezogen, die seit der Zulassung der Verfütterung von verarbeitetem tierischem Protein von Nutzinsekten an Tiere in Aquakultur gewonnenen wurden. Drucksache 19/16442 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16442 Drucksache 19/16442 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16442 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333