Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Dr. Marcel Klinge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16158 – Überarbeitung der Industriestrategie 2030 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier im Februar 2019 vorgestellte „Nationale Industriestrategie 2030 (www.bmwi.de/Redakt ion/DE/Publikationen/Industrie/nationale-industriestrategie-2030.pdf?__blob= publicationFile&v=26) ist von Wirtschaft (vgl. z. B. www.sueddeutsche.de/wi rtschaft/altmaier-kritik-industriestrategie-1.4400963) und Wissenschaft (vgl. z. B. www.welt.de/wirtschaft/article191324253/Peter-Altmaiers-eigene-Berate r-halten-Industriestrategie-fuer-falsch.html) massiv kritisiert worden. Am 29. November 2019 hat er daher eine überarbeitete Fassung der Strategie vorgelegt (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/industriestrat egie-2030.html), die einigen Kritikpunkten Rechnung trägt. Insbesondere findet die mittelständische Wirtschaft, deren Verbandsvertreter besonders deutlich gegen die Strategie protestiert hatten, nun Berücksichtigung. Außerdem wird ein stärkerer Fokus auf Innovation und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland gelegt. Dies hatten auch die Fragesteller wiederholt gefordert (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 19/14030). Zahlreiche Maßnahmen, die in der überarbeiteten Strategie enthalten sind, sehen die Fragesteller jedoch weiterhin kritisch, beispielsweise die Fokussierung auf „industrielle Champions“ bzw. „große industrielle Systemhäuser“ (S. 10), die Schwächung der Fusionskontrolle (S. 19, S. 31), die „Nationale Rückgriffsoption “(S. 28) und Subventionen im Rahmen von IPCEI (Important Projects of Common European Interest; S. 32). Diese konnten auch durch die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fragesteller (Bundestagsdrucksachen 19/8917 und 19/9657) nicht ausgeräumt werden. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16453 19. Wahlperiode 13.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 9. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Ist ein Beschluss der Industriestrategie durch das Bundeskabinett geplant, wie noch in der ersten Fassung der Strategie angekündigt (S. 16)? Wenn nein, warum nicht? Wann ja, wann? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wird die in der Strategie formulierten industrierelevanten Vorhaben innerhalb der Bundesregierung in den nächsten Wochen und Monaten erörtern und geeignete Umsetzungsschritte abstimmen. 2. Warum zählt der Deutsche Bundestag nicht zu den politisch relevanten Akteuren, die am industriepolitischen Dialog und Monitoring (S. 34 f.) beteiligt werden sollen? Die Fraktionen des Deutschen Bundestages waren in den industriepolitischen Dialogprozess eingebunden, insbesondere durch Einladung von Fraktionsmitgliedern zu den Industriekongressen am 6. Mai 2019 und 24. September 2019 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. 3. Wie kommt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu der Einschätzung, dass Industriestrategie und Mittelstandsstrategie parallel entstanden seien (S. 10), obwohl zwischen der Erstellung der beiden Papiere mehr als sieben Monate liegen, in denen die Industriestrategie insbesondere auch dafür kritisiert wurde, dass der Mittelstand eben nicht berücksichtigt wurde? Die Mittelstandsstrategie wurde am 1. Oktober 2019 und die Industriestrategie am 29. November 2019 vorgelegt. Beiden Strategien ist ein intensiver Dialogprozess mit den Stakeholdern vorausgegangen. 4. Warum hat sich das Bundeswirtschaftsministerium dazu entschlossen, nicht mehr von einer „nationalen“ Strategie zu sprechen? Zentrales Ziel der Industriestrategie ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in ihrer gesamten Breite in Deutschland und Europa nachhaltig zu stärken. Viele Fragen können und müssen dabei auf europäischer Ebene beantwortet werden. Insofern versteht das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die vorliegende Strategie auch als einen Beitrag für eine gesamteuropäische Strategie. Vor diesem Hintergrund hat sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie entschlossen, die Strategie in Industriestrategie 2030 umzubenennen. 5. Warum ist der in der ersten Fassung vorgeschlagene europäische Rat der Industrieminister (S. 15) nicht mehr Gegenstand der Strategie? Auch die Industriestrategie 2030 enthält entsprechende Vorschläge, die sich auf den Wettbewerbsfähigkeitsrat beziehen, der eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Europäischen Industriestrategie einnehmen sollte (Seite 33). Drucksache 19/16453 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Bis zu welchem Volumen soll die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ermächtigt werden, Beteiligungen an deutschen Unternehmen zu erwerben ? 7. Warum verfolgt das Bundeswirtschaftsministerium jetzt statt einer „Beteiligungsfazilität “ die Idee einer „Nationalen Rückgriffsoption“ durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau? 8. Welche Bundesministerien sollten an einem Ständigen Ausschuss „Nationale Rückgriffsoption“ beteiligt sein? 9. Warum ist keine Beteiligung des Deutschen Bundestages, insbesondere des Haushaltsausschusses, vorgesehen? 10. Wie lange sollen Unternehmensbeteiligungen, die durch die KfW erworben werden, maximal gehalten werden? 11. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die jährlichen Kosten (z. B. Steuern , Transaktionskosten etc.) je Milliarde Euro Unternehmensbeteiligung ? Die Fragen 6 bis 11 werden gemeinsam beantwortet. Bei dem Begriff der „Beteiligungsfazilität“ handelte es sich um eine vorläufige Bezeichnung einer Maßnahme zum Schutz der technologischen Souveränität im Entwurf der Industriestrategie. Auf der Grundlage des Dialogs mit der Wirtschaft , den Gewerkschaften, der Wissenschaft und der Politik hat Bundesminister Peter Altmaier in der am 29. November 2019 vorgestellten Industriestrategie die „Nationale Rückgriffsoption“ als eine Maßnahme zum Schutz der technologischen Souveränität als „Ultima Ratio“ vorgeschlagen. Ausgestaltung und Umsetzung der Rückgriffsoption werden derzeit erarbeitet und abgestimmt. 12. Sieht die Bundesregierung zusätzlichen Spielraum für kurz- und mittelfristige steuerliche Entlastungen der Unternehmen, wie in der Industriestrategie 2030 (S. 13) gefordert? Die Bundesregierung überprüft das Unternehmensteuerrecht laufend auf bestehenden Änderungsbedarf. So wurden zuletzt die Rahmenbedingungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung durch die Einführung einer steuerlichen Forschungszulage zum 1. Januar 2020 erheblich verbessert. Konkrete Entscheidungen zu weiteren Maßnahmen sind noch nicht gefallen. 13. Welchen konkreten Bedarf zur Optimierung des Instruments „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischen Interesse“ (IPCEI) sieht die Bundesregierung? Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der öffentlich zugänglichen Stellungnahme zur Konsultation zur Eignungsprüfung des EU-Beihilferechts („Fitness Check“) dafür ausgesprochen, dass bei einer Überarbeitung der Mitteilung der Europäischen Kommission zu wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse das Augenmerk auf der Handhabbarkeit und der erfolgreichen und schnellen Anwendung der Mitteilung in der Praxis liegen müsse. Zu diesem Zweck sollten Erfahrungen aus den ersten Anwendungsfällen mit den beteiligten Akteuren aus Wirtschaft und den Mitgliedstaaten diskutiert werden und in die Überarbeitung der Mitteilung für die Zeit nach 2022 einfließen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16453 14. Warum waren die in der überarbeiteten Industriestrategie 2030 vorgeschlagenen Maßnahmen zum Bürokratieabbau nicht Gegenstand des kürzlich vom Deutschen Bundestag beschlossenen Dritten Bürokratieentlastungsgesetzes ? Die Willensbildung der Bundesregierung ist im Hinblick auf die in der überarbeiteten Industriestrategie 2030 vorgeschlagenen Maßnahmen zum Bürokratieabbau noch nicht abgeschlossen. Die Umsetzung in einem nationalen Gesetz ist aus formalen Gründen nicht möglich, soweit es um eine Anpassung europäischer Vorgaben geht. 15. Wann wird die Bundesregierung, wie vom Deutschen Bundestag insbesondere auf Betreiben der Koalitionsfraktionen gefordert, ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz vorlegen (Bundestagsdrucksache 19/14421 (neu), S. 6)? Mit dem Dritten Bürokratieentlastungsgesetz, das größtenteils am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, wird die Wirtschaft insgesamt um mehr als 1,1 Mrd. Euro entlastet werden. Es besteht zum jetzigen Zeitpunkt noch kein konkreter Zeitplan für ein weiteres Bürokratieentlastungsgesetz. 16. Warum ist die im deutsch-französischen Manifest zur Industriepolitik vom 19. Februar 2019 (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/F/franc o-german-manifesto-for-a-european-industrial-policy.pdf?__blob=public ationFile&v=2) geforderte Prüfung einer Widerspruchsmöglichkeit des Europäischen Rates gegen Fusionsentscheidungen der Europäischen Kommission nicht Gegenstand der Industriestrategie 2030? Das deutsch-französische Manifest zur Industriepolitik nennt die Möglichkeit einer Prüfung eines Widerspruchsrechts des Europäischen Rates in begründeten Fällen. Das nachfolgende und somit aktuellere deutsch-französisch-polnische Papier vom 4. Juli 2019 (www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/moder nising-eu-competition-policy.pdf) verfolgt diese Option nicht weiter. Die Industriestrategie 2030 bezieht sich auf das aktuellere deutsch-französischpolnische Papier, welches konkrete Vorschläge zur Modernisierung des EU- Wettbewerbsrahmens enthält. Drucksache 19/16453 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333