Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anna Christmann, Kai Gehring, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/15911 – Künstliche Intelligenz – Stand der Umsetzung der Vorschläge der High-Level Expert Group in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Bereits im April 2018 hat die Europäische Kommission ihre KI-Strategie (KI = künstliche Intelligenz) vorgelegt, die auf den drei Pfeilern der Erhöhung öffentlicher und privater Investitionen in die KI, der Vorbereitung auf sozioökonomische Veränderungen und der Gewährleistung eines geeigneten ethischen und rechtlichen Rahmens beruht (vgl. https://ec.europa.eu/transparency/ regdoc/rep/1/2018/DE/COM-2018-237-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF). Dieser KI-Strategie folgte im Dezember 2018 der mit den Mitgliedstaaten koordinierte Plan für künstliche Intelligenz (vgl. https://ec.europa.eu/digital-single-mark et/en/news/coordinated-plan-artificial-intelligence). Die im Juni 2018 von der Europäischen Kommission eingesetzte High-Level Expert Group (HLEG) zu KI hat im April 2019 ihre Ethikleitlinien vorgelegt (vgl. https://ec.europa.eu/di gital-single-market/en/news/ethics-guidelines-trustworthy-ai). Aufbauend auf diesem ersten Ergebnis legte die Expertinnen- bzw. Expertengruppe im Juni dieses Jahres 33 Empfehlungen für politische Maßnahmen und Investitionen vor (vgl. https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/policy-and-invest ment-recommendations-trustworthy-artificial-intelligence). Die Empfehlungen fokussieren grundsätzlich auf die Bereiche der Verbesserung individueller und gesellschaftlicher Befähigung und der verantwortungsvollen Entwicklung einer nützlichen KI, auf der Gestaltung des Privatsektors in Europa, auf der Unterstützung des öffentlichen Sektors bei der Nutzung von KI und auf dem Aufbau einer erstklassigen KI-Forschungsbasis in der EU. Diese Empfehlungen sollen unter anderem der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten helfen, Ende 2019 den koordinierten Plan zu aktualisieren . Die Leitlinien der High-Level Expert Group (HLEG) bilden das Fundament dessen, wie „KI made in Europe“ in den nächsten Jahren konkret ausgestaltet wird. Bis Anfang 2020 soll zunächst durch eine Pilotphase überprüft werden, wie sich diese Empfehlungen in die Praxis umsetzen lassen, um anschließend die Basis für weitere Entscheidungen der Europäischen Kommission zu sein. Inwiefern die Empfehlungen auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten durchgesetzt werden, liegt in der Priorisierung der Bundesregierung. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16460 19. Wahlperiode 13.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 10. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung den Empfehlungen der HLEG für die Förderung und Entwicklung von künstlicher Intelligenz in Deutschland bei, und wer ist innerhalb der Bundesregierung mit der Prüfung und Umsetzung der Empfehlungen der HLEG beauftragt? 2. Plant die Bundesregierung eine Aktualisierung der Nationalen KI- Strategie, wenn ja, wann, und inwiefern werden die Empfehlungen der HLEG dafür eine Grundlage sein? 3. Welche der im Bericht aufgeführten Empfehlungen sollten nach Bewertung der Bundesregierung essenzieller Bestandteil der zukünftigen Arbeit der Kommission werden, und welche Empfehlung sollten nach Priorisierung der Bundesregierung unmittelbar in die Umsetzung nationaler Maßnahmen einbezogen werden? Die Fragen 1 bis 3 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Europäische Kommission hat im Juni 2018 eine hochrangige Expertengruppe für Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt. Deren erster Bericht „Ethische Leitlinien für vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz“ umfasst im Kern einen Fragekatalog, der sich an Unternehmen richtet, die KI entwickeln oder einsetzen. Die Europäische Kommission wird in einer Pilotphase die Anwendung der „Assessment List“ beobachten und prüfen. Der zweite Bericht spricht Empfehlungen an die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung der jeweiligen Maßnahmen im Bereich der KI aus. Die KI-Strategie der Bundesregierung stimmt in der thematischen Schwerpunktsetzung und den Maßnahmen weit überwiegend mit den Empfehlungen überein. Bei der für das Jahr 2020 geplanten Fortschreibung der nationalen KI-Strategie wird die Bundesregierung die neuesten Entwicklungen und Bedarfe prüfen und die Strategie je nach Diskussionsstand und Erfordernissen weiterentwickeln. Dazu gehören auch die Empfehlungen der High-Level Expert Group (HLEG). 4. Gibt es Empfehlungen der Expertengruppe, die die Bundesregierung grundsätzlich ablehnt, wenn ja, welche, und warum? Die Bundesregierung begrüßt die Empfehlungen der Expertengruppe als wichtigen Debattenbeitrag. 5. Welche Bestrebungen verfolgt die Bundesregierung, um digitale Kompetenz durch Kurse (z. B. MOOCs, ElementsofAI) zu verbessern, in denen grundlegende KI-Schulungen angeboten werden, wie es beispielsweise in Finnland der Fall ist (Förderung des Verständnisses von KI-Systemen im Allgemeinen, Sensibilisierung für Datenschutzrechte, Wichtigkeit von Fairness, Erklärbarkeit, Transparenz von KI-Systemen) (Empfehlung 1.1, AI HLEG Policy and Investment Recommendations, www.ec.europa.eu/di gital-single-market/en/news/policy-and-investment-recommendations-trus tworthy-artificial-intelligence)? 6. Wie kann nach Einschätzung der Bundesregierung sichergestellt werden, dass diese Kurse unterschiedlichen Bildungsabschlüssen zugänglich sind und damit der digitalen Kluft besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird (Empfehlung 1.1)? Die Fragen 5 und 6 werden im Zusammenhang beantwortet. Drucksache 19/16460 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung will Deutschland zu einem führenden KI-Standort machen und so zur Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit des Landes beitragen . Die Nachfrage nach KI-Experten für komplexe Datenanalyse übersteigt bei Weitem das Angebot, das die Hochschulen in den nächsten Jahren generieren können. Deshalb hat die Bundesregierung im November 2018 die KI- Strategie auf den Weg gebracht. Damit sollen insbesondere die Forschungsund Lehrkapazitäten der Hochschulen im Bereich KI gestärkt und der Transfer von KI-Forschungsergebnissen in die wirtschaftliche Anwendung verbessert werden. Gute digitale Bildung basiert unter anderem auf einem gleichberechtigten Zugang und zielt darauf ab, eine digitale Spaltung der Bevölkerung zu verhindern. Das digitale Bereitstellen von Lerninhalten erhöht das Bildungsangebot und schafft zugleich Möglichkeiten für zeit- und ortsunabhängiges Lernen. Angesichts seiner großen Innovationsdynamik kommt dem Bereich E-Learning ein hoher Stellenwert bei der Sicherung des gleichberechtigten Zugangs zu Bildung zu. Aufgrund der steigenden Anzahl und Heterogenität digitaler Lernangebote ist davon auszugehen, dass diese künftig verstärkt von Lernenden mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Bildungsabschlüssen genutzt werden können. Entscheidend ist für die Bundesregierung dabei vor allem auch die Qualität der Angebote. Für den bereits in Finnland sehr erfolgreich angelaufenen Online-Kurs „Elements of AI“ hat die DIHK-Bildungs-GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des Deutschen Industrie- und Handelskammertags e. V. (DIHK e. V.), die Lizenzrechte für Deutschland erworben. Die Einführung des in die deutsche Sprache übersetzten und für die Nutzer kostenlosen Lehrgangs erfolgte am 17. Dezember 2019. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist Schirmherr dieses Kurses und setzt sich dafür ein, möglichst viele Unternehmen und ihre Beschäftigten mit KI-Kompetenzen zu befähigen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen Unterstützung beim Zugang zu Daten, Experten und Know-How. Der Kurs „Elements of AI“ kann dafür einen ersten Impuls geben und Unternehmen und deren Beschäftigte unterstützen, die Chancen der Digitalisierung besser zu nutzen und Vorbehalte gegenüber KI abzubauen. 7. Inwiefern schafft die Bundesregierung Bewusstsein und Verständnis durch öffentlich finanzierte oder subventionierte Bildungsprogramme zu künstlicher Intelligenz mittels Medien und sozialer Netzwerke, und in welcher Hinsicht können nichtformale Bildungseinrichtungen, die Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen in Bezug auf Datenschutz, Coding, Robotik und Daten anbieten durch die Bundesregierung unterstützt werden (Empfehlung 1.5)? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat das Wissenschaftsjahr 2019 unter das Thema Künstliche Intelligenz gestellt. Mit Ausstellungen , Diskussionsveranstaltungen, Online- und Bildungsangeboten stärkt das BMBF das Verständnis und öffentliche Bewusstsein für KI. Rund 75.000 Besucher haben die KI-Ausstellung auf der MS-Wissenschaft besucht. Seit Februar 2019 haben sich über 200.000 Bürger auf www.wissenschaftsjahr.de zu Forschungsthemen rund um KI informiert. Auf den angeschlossenen Social Media- Kanälen (Facebook, Twitter, Instagram) wurde der Dialog mit den Bürgern zu gesellschaftlichen Aspekten der KI-Entwicklung geführt und es wurden bisher über 10 Mio. Impressionen erreicht. Gemeinsam mit der Deutschen Telekom-Stiftung hat das BMBF das Lernspiel „Mensch, Maschine“ sowie pädagogische Materialien zu Maschinellem Lernen herausgegeben. Diese wurden bisher von über 2.000 Bildungseinrichtungen bestellt; ihr Einsatz wird aktuell Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16460 evaluiert. Das BMBF wird den im Wissenschaftsjahr angestoßenen Dialog auch 2020 fortführen. Das BMBF fördert zudem diverse technologiefeldspezifische Maßnahmen zur Fachkräfteausbildung im MINT-Bereich und hat im Februar 2019 den MINT- Aktionsplan aufgesetzt. Eine von vier neuen Initiativen ist der deutschlandweite Ausbau der MINT-Nachmittagsangebote für Kinder und Jugendliche durch regionale MINT-Cluster. Derzeit läuft ein entsprechender Förderwettbewerb. Ziel hierbei ist auch, über geeignete Strukturen (z. B. über nichtformale Bildungseinrichtungen ) für Kinder und Jugendliche Gelegenheiten zum Kennenlernen von MINT und Berührungspunkte zu naturwissenschaftlich-technischen Themen zu schaffen, um unterschiedliche Techniken (wie z. B. AR- und VR- Techniken, 3D-Druck, Robotik, etc.) kennenzulernen und kreativ damit umzugehen . Dies kann die Grundlage für eine spätere berufliche Orientierung in einem MINT-Beruf oder Studienfach legen. 8. Inwiefern hat die Bundesregierung bereits ein Konzept zum Monitoring der Digitalkompetenzen der Gesamtbevölkerung erarbeitet, und wie sieht dieses aus? Im Rahmen des vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekts Digitales Deutschland des JFF – Institut für Medienpädagogik wird derzeit ein Rahmenkonzept zu Kompetenzen für die digitale Gesellschaft erarbeitet, das auch die Grundlage für ein dauerhaftes Monitoring von Digitalkompetenzen legen soll. Ausgangspunkt dafür ist die Feststellung, dass es bisher in Deutschland keinen systematischen Überblick über die für ein souveränes Leben angesichts der Digitalisierung notwendigen Kompetenzen unterschiedlicher Zielgruppen gibt. Das aktuell erarbeitete Rahmenkonzept soll nun systematische und theoretische Grundlagen schaffen, bestehende Studien und Konzepte einordnen und aufbereiten sowie bestehende Leerstellen und Handlungsbedarfe aufzeigen. Aktuelle Projektergebnisse sind auf der Webseite https://digid.jff.de abrufbar. Auch die Nationale Weiterbildungsstrategie hat zum Ziel, die Instrumente für eine strategische Vorausschau weiterzuentwickeln, um der zunehmenden Bedeutung digitaler Kompetenzen in der Arbeitswelt gerecht zu werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) baut seine Initiativen zur Erfassung und zum Monitoring von Kompetenzen, das Fachkräftemonitoring und den Kompetenz-Kompass aus und ist gemeinsam mit dem BMBF an der PIAAC-Studie der OECD beteiligt, die adaptive Problemlösungskompetenzen, mathematisch-technische Kompetenzen und Lese- und Schreibkompetenzen untersucht. 9. Inwiefern geht die Bundesregierung der Empfehlung der HLEG nach, insbesondere KI-Innovationen zu fördern, die auf die Herausforderungen der Nachhaltigkeit gerichtet sind, und wie ist in dem Zusammenhang der aktuelle Stand bei der Förderung der 50 KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen (Empfehlung 2.5)? Die Bundesregierung misst KI als Schlüsseltechnologie für die Bearbeitung und Lösung ökologischer Herausforderungen eine grundlegende Bedeutung und ein hohes Potenzial bei. Aus diesem Grund wurde in der KI-Strategie als wesentliches Ziel festgeschrieben, die Potenziale von KI für die nachhaltige Entwicklung zu nutzen und damit einen Beitrag zum Erreichen der Agenda 2030 zu leisten, die mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie für die Politik der Bundesregierung für verbindlich erklärt wurde. Der Empfehlung der HLEG Drucksache 19/16460 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zur Stärkung von KI-Innovationen, die auf Herausforderungen der Nachhaltigkeit gerichtet sind, wird darüber hinaus auch bei der Fortschreibung der KI- Strategie Rechnung getragen werden. Als konkretes Umsetzungsinstrument hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit am 21. August 2019 die Förderinformation „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ veröffentlicht. Gesucht wurden Projekte, die mittels KI einen Beitrag zur Lösung ökologischer Herausforderungen leisten. Für die beiden Förderlinien (Förderlinie 1: Call for Participation „KI für den Umweltschutz“ und Förderlinie 2: „Anwendungsorientierung und -fundierung“) gingen bis zur Frist Ende September 2019 insgesamt rund 300 Ideen ein. Im vierten Quartal 2019 erfolgte die fachliche Bewertung und Auswahl der Projekte, die sich aktuell in der Bewilligungsphase befinden . Mit den ersten Bewilligungen ist voraussichtlich im ersten Quartal 2020 zu rechnen. Auch das BMBF fördert unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte zum Einsatz von digitalen Innovationen, unter anderem auch von KI- Anwendungen, zur Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft und hat im Dezember 2019 seinen Aktionsplan „Natürlich.Digital.Nachhaltig.“ vorgestellt. 10. Wie bewertet die Bundesregierung die Einrichtung eines Europäischen Übergangsfonds für KI, um die Transformation (insbesondere der Arbeitswelt ) sozial verantwortlich zu gestalten (Empfehlung 3.5, 3.6)? Die sozial verantwortliche Gestaltung von KI, insbesondere in der Arbeitswelt, wird als elementar wichtig bewertet. Dazu arbeitet die Bundesregierung, wie in der KI-Strategie angekündigt, an einem Programm zur deutschlandweiten Ausweitung der Zukunftszentren, die zunächst in Ostdeutschland eingerichtet wurden , mit dem Ziel, KMU bei der partizipativen Einführung digitaler Technologien und auf KI-basierten Systemen zu unterstützen und diese gemeinsam mit den Beschäftigten zu gestalten. 11. Inwiefern ermutigt die Bundesregierung die Entwicklung von KI-Tools und KI-Anwendungen, die speziell darauf abzielen, benachteiligten Bevölkerungsgruppen zugute zu kommen, und wie bewertet die Bundesregierung die Einrichtung eines jährlichen KI-Preises für die Förderung weniger marktfähig, aber dennoch (im Sinne bestimmter Bevölkerungsgruppen und damit des Gemeinwohls) wünschenswerter Anwendungen (Empfehlung 4.2)? Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass die Potenziale der Digitalisierung und der KI dem Gemeinwohl und allen Bevölkerungsgruppen zugutekommen müssen, insbesondere vulnerablen und von Diskriminierung betroffenen und bedrohten Gruppen. Im Rahmen eines Zukunftsfonds als Teil der KI- Strategie wird die Unterstützung gemeinwohlorientierter KI-Anwendungen ab 2020 eine besondere Rolle einnehmen. Das Projekt „KI.ASSIST – Assistenzdienste und Künstliche Intelligenz für Menschen mit Schwerbehinderung in der beruflichen Rehabilitation – Monitoring-Exploration-Transformation“ erprobt seit April 2019 mit der Förderung des BMAS aus Mitteln des Ausgleichsfonds in unterschiedlichen Lernund Experimentierszenarien bundesweit, wie KI und Assistenzdienste die Teilhabechancen von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt verbessern können. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16460 Darüber hinaus entwickelt das BMAS im Rahmen des Modellprojekts civic tech in engem Austausch mit den jeweiligen Akteuren ein Förderprogramm für gemeinwohlorientierte, innovative Anwendungen im Bereich Arbeit und Soziales. Das BMBF fördert u. a. Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Anwendung von KI-Systemen in Szenarien mit individuellem und gesellschaftlichem Nutzen für den Menschen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Nutzung durch Pflegebedürftige. Das BMBF fördert hier adaptive und lernende Systeme für Pflegebedürftige, Angehörige, professionell und informell Pflegende und das pflegerische und medizinische Fachpersonal. 12. Inwiefern wird die (von der HLEG geforderte) Etablierung von Überwachungsmechanismen gesellschaftlicher Auswirkungen der KI (auf nationaler Ebene) Aufgabe des neu geschaffenen KI-Observatoriums sein, und zu welchem Zeitpunkt kann nach aktuellen Planungen mit einem ersten Monitoring durch diese neu geschaffene Institution gerechnet werden (Empfehlung 5.3)? Im Rahmen des deutschen KI-Observatoriums wird eine systematische Folgenabschätzung der Auswirkungen von KI auf Arbeit und Gesellschaft erfolgen. Die ersten Ergebnisse werden voraussichtlich im Laufe des Jahres 2020 erwartet. 13. Wie sorgt die Bundesregierung momentan und zukünftig dafür, dass jeder Person, die von einer mittels KI-informierter Entscheidung im öffentlichen Sektor betroffen ist, Informationen über die Logik des Algorithmus und über die zugrunde liegenden Daten, zugänglich gemacht werden ? Erfolgt diese Information automatisch oder auf Nachfrage (Empfehlung 12.2)? Fragen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind grundsätzlich bei der in jedem Einzelfall erforderlichen Bewertung des Einsatzes von KI in der Verwaltung zu berücksichtigen. Bei der Dienstekonsolidierung sind KI-relevante Themen vorwiegend in den IT-Maßnahmen „Analytics in der Bundesverwaltung“ und „Chatbots für die Bundesverwaltung“ verortet. Von diesen Evaluationsmaßnahmen wurden bisher keine IT-Lösungen bereitgestellt. Im Rahmen der Evaluation wird die Fragestellung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Empfehlungen von Systemen zur Entscheidungsunterstützung berücksichtigt. 14. Wie stellen sich die Ausgaben der Bundesregierung für eine langfristige Forschungsfinanzierung im Bereich von KI (sowohl für Grundlagenforschung als auch für zweckgebundene, anwendungsorientieret KI- Forschung) im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten dar (Empfehlung 14.1, 31.4)? Zahlreiche Maßnahmen zur Forschungsförderung der Bundesregierung zielen auf eine langfristige Stärkung des Forschungsstandortes Deutschland. Dazu zählen unter anderem der Ausbau der Kompetenzzentren für KI-Forschung und die Förderung zusätzlicher KI-Professuren in Deutschland. Zudem nehmen die vier außeruniversitären Forschungsorganisationen, die von Bund und Ländern gemeinsam finanziert werden, wichtige Positionen in der deutschen KI- Forschungslandschaft ein. Die Intensivierung der KI-Forschungsförderung der Drucksache 19/16460 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bundesregierung der vergangenen Jahre steht im Einklang mit ähnlichen Bemühungen anderer EU-Mitgliedstaaten. 15. Wie viele der 100 zusätzlich geplanten Professuren für Künstliche Intelligenz wurden bisher an Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet (bitte einzelne Institutionen nennen), und wann ist mit der Besetzung der anderen Professuren zu rechnen? 16. Welche Kriterien werden bei der Auswahl der Professuren angelegt, und wie wird dabei gewährleistet, dass die 100 neuen Professuren möglichst interdisziplinär verteilt sind (Empfehlung 15)? Die Fragen 15 und 16 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Förderung der Einrichtung neuer KI-Professuren durch das BMBF besteht aus drei Komponenten: der Gewinnung von Expertinnen und Experten aus dem Ausland mit Unterstützung der Alexander von Humboldt-Stiftung, dem Ausbau der Lehre an den Kompetenzzentren für KI-Forschung und einer verstärkten Nachwuchsförderung. Ziel ist es, langfristig wissenschaftliche Expertise am Standort Deutschland zu sichern. Alle drei Komponenten befinden sich in der Umsetzung. Das neue Programm der Alexander von Humboldt-Stiftung zur Gewinnung weltweit führender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der KI aus dem Ausland ist am 8. August 2019 gestartet. Die offizielle Verleihung der ersten Alexander von Humboldt-Professuren für KI wird voraussichtlich im Mai 2020 erfolgen. Weitere KI-Professuren werden im Rahmen des geplanten Ausbaus der Kompetenzzentren für KI-Forschung entstehen. Das BMBF steht darüber im Austausch mit den Sitzländern der Zentren. Zudem verstärkt das BMBF seine Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland. Im Juni 2019 wurde eine Initiative zur gezielten Förderung von KI-Nachwuchswissenschaftlerinnen veröffentlicht. Die Alexander von Humboldt-Professur für KI ist thematisch breit angelegt und umfasst neben mathematischen, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Aspekten von KI auch geisteswissenschaftliche Disziplinen. Ihre Vergabe erfolgt im wettbewerblichen Verfahren. Für die Einrichtung, Denomination und Besetzung von Professuren sind die Hochschulen und die sie tragenden Länder zuständig. 17. Inwiefern stärkt die Bundesregierung momentan die Kooperation in europäischen KI-Forschungsprojekten (u. a. mit Frankreich und Schweden )? 18. Wie hat sich die Zusammenarbeit im deutsch-französischen Forschungsund Innovationsnetzwerk („virtuelles Zentrum“) bisher etabliert (Empfehlung 16)? Die Fragen 17 und 18 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Kompetenzzentren für KI-Forschung in Deutschland unterhalten vielfältige internationale wissenschaftlichen Kooperationen, auch mit Forschungseinrichtungen und KI-Instituten in Schweden und Frankreich, die im Zuge des Ausbaus der Zentren weiter intensiviert werden. Darüber hinaus steht auch die Bundesregierung mit der schwedischen Regierung in engem Austausch, nachdem die auf der Hannover-Messe im April 2019 unterzeichnete Deutsch-Schwedische Innovationspartnerschaft u. a. auf das Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16460 Themenfeld KI erweitert wurde. Seitdem hat es beidseitig Delegationsreisen gegeben, die unter anderem dazu dienten, relevante Akteure miteinander in Kontakt zu bringen. Zur Förderung des Aufbaus des gemeinsamen Forschungs- und Innovationsnetzwerks für KI haben das BMBF und das BMWi gemeinsam mit den französischen Ministerien für Wirtschaft und Finanzen (MEF) sowie für Hochschulbildung , Forschung und Innovation (MESRI) eine gemeinsame KI-Roadmap entworfen , die im Rahmen des deutsch-französischen Ministerrates am 16. Oktober 2019 unterzeichnet wurde. Diese Roadmap setzt die Grundpfeiler der Kooperation im Rahmen des gemeinsamen KI-Netzwerks. 19. Welche Prioritäten setzt die Bundesregierung zur Gestaltung der Rahmenbedingungen attraktiver Arbeitsbedingungen für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, um langfristig ein lebendiges Forschungsumfeld in Deutschland zu etablieren und eine kritische Masse exzellenter Wissenschaftler an deutsche Standorte zu binden (Empfehlung 15)? Die Fördermaßnahmen des BMBF sind sowohl auf eine gute sächliche und personelle Ausstattung von Forschungsgruppen als auch auf deren kooperative Vernetzung ausgerichtet, um sie eng in ein attraktives und international sichtbares akademisches Umfeld einzubinden. 20. Inwiefern schafft die Bundesregierung Anreize zum Datensharing (Datenpooling und Datenaustausch) in der Industrie und unterstützt sie die Erforschung und die Entwicklung von Lösungen zu schnellem, sicherem und rechtskonformem Austausch von Industriedaten, und welche Rolle spielt dabei die bestehende Datenplattform International Data Space und das gerade vorgestellte Gaia-X-Projekt (Empfehlung 18.4)? Ziel von GAIA-X ist es, eine Infrastruktur aufzubauen, die den sicheren Datenaustausch und -handel nicht nur innerhalb einer Domäne, sondern auch sektorenübergreifend insbesondere für Industriedaten ermöglicht. Ziel der International Data Space-Initiative (IDS) ist die Schaffung eines sicheren Datenraums, der Unternehmen verschiedener Branchen und aller Größen die souveräne Bewirtschaftung ihrer Datengüter ermöglicht. Im Mittelpunkt steht dabei die Entwicklung einer skalierbaren und sicheren Referenzarchitektur . Die IDS ist in den GAIA-X-Prozess eng eingebunden. Mit dem Forschungsprojekt „Recht-Testbed Industrie 4.0“ unterstützt die Bundesregierung den Aufbau einer Versuchsumgebung, die es Unternehmen ermöglicht , sichere Geschäftsprozesse zu entwickeln und umfangreich zu testen. Damit soll das Angebot (mittelständischer) Industrie-4.0-Leistungen langfristig steigen. 21. Welche Versuche sollten nach Ansicht der Bundesregierung unternommen werden, damit bis 2030 50 Prozent weibliche Talente in den MINT- Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) eingeschrieben sind, wie es die HLEG empfiehlt (Empfehlung 21.4, 21.5)? Die Bundesregierung setzt Anreize, um Mädchen und Frauen für MINT-Berufe zu begeistern und den Anteil an Studentinnen in MINT-Fächern, insbesondere in Informatik und Elektrotechnik, zu erhöhen. Aus diesem Grund ist die Förderung von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich eines der zentralen Hand- Drucksache 19/16460 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode lungsfelder des MINT-Aktionsplans des BMBF. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Das BMBF setzt mit dem Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen – „Komm, mach MINT.“ gemeinsam mit 330 Partnern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien verschiedene Maßnahmen um, um deutlich mehr junge Frauen für die Zukunftsberufe in den MINT-Fächern zu gewinnen. Mit der Förderlinie „Erfolg mit MINT – Neue Chancen für Frauen“ stärkt das BMBF die Zielerreichung des MINT-Paktes. Mit den Projekten dieser Förderlinie sollen junge Frauen verstärkt für innovations- und zukunftsträchtige Berufe im MINT-Bereich gewonnen und ein Kulturwandel in Wissenschaft und Unternehmen in diesem Feld angeregt werden. Schwerpunkte sind hierbei der Fachbereich „Informatik“ sowie die regionale Vernetzung von bereits bestehenden Informations- und Erprobungsangeboten für junge Frauen. Zugleich engagiert sich das BMBF mit der Förderlinie für hochqualifizierte weibliche Nachwuchskräfte in akademischen MINT-Berufen. Um stereotype Geschlechterrollen zu überwinden, hat das BMBF die „Initiative Klischeefrei – Nationale Kooperationen zur Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees“ gestartet. Der Mädchen-Zukunftstag „Girls’ Day“ der Bundesregierung wirkt sich zudem positiv auf das Interesse von Mädchen an MINT-Berufen aus. 22. Inwiefern hält die Bundesregierung Bemühungen zur Implementierung von interdisziplinären Doktorandenschulen und Postdoc-Programmen im Bereich der KI (einschließlich Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Philosophie) an deutschen Universitäten, die eng mit europäischen KI- Forschungszentren zusammenarbeiten, für erstrebenswert, um eine bestimmte Qualität in Europa zu gewährleisten (Empfehlung 22.2)? Die Bundesregierung unterstützt die Einrichtung interdisziplinärer Doktorandenschulen und Postdoc-Programme im Bereich der KI für den nationalen sowie den internationalen Austausch, u. a. gemeinsam mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst und im Rahmen des Ausbaus der Kompetenzzentren für KI-Forschung. 23. Wie will die Bundesregierung der Forderung der HLEG gerecht werden, den Anteil weiblicher Talente in den Bereichen KI-Hochschulbildung, KI- Belegschaft und KI-Ökosysteme zu erhöhen? Das BMBF hat unter anderem ein Programm zur Förderung von weiblichen KI-Nachwuchswissenschaftlerinnen gestartet und stellt damit die Weichen für eine weitere Erhöhung des Anteils von Frauen in der KI-Hochschulbildung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. 24. Inwiefern sind aus Perspektive der Bundesregiering, abgesehen von Förderprogrammen und Stipendien, auch KI-Networking, KI-Coaching und KI-Mentoren-Programme für Frauen in Forschung und Technologie einzurichten und zu finanzieren, um dieses Ziel zu erreichen (Empfehlung 23.1, 23.2, 23.3)? Die genannten Ansätze zur Unterstützung der Netzwerkbildung unter Frauen sowie Coaching- und Mentoringangebote für Frauen haben sich für die MINT- Fächer im Allgemeinen bewährt und sind zielführend (vgl. Antwort zu Frage 21). Aus Sicht der Bundesregierung ist es daher sinnvoll, entsprechende Angebote zu unterbreiten, um der Unterrepräsentanz von Frauen auch für den Be- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16460 reich der KI entgegenzuwirken und so die Teilhabe von Frauen in diesem Technologiefeld noch stärker zu fördern. 25. Welchen gesetzgeberischen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung, um Unternehmen zu unterstützen, die aufgrund der Nutzung neuer Daten und KI-Anwendungen strategische Um- und Weiterbildungspläne (im Sinne einer Befähigung zur KI) für bestehendes Personal entwickeln (Empfehlung 24.1, 24.3)? Der insbesondere durch Digitalisierung getriebene Strukturwandel stellt für Unternehmen und Beschäftigte eine große Herausforderung dar. Um sie für diesen Prozess zu wappnen, prüft die Bundesregierung daher, zusätzliche Anreize für die Qualifizierung von Beschäftigten zu setzen und bestehende Unterstützungsmöglichkeiten auszuweiten. Erste Prüfaufträge und konkrete Maßnahmen wurden auch im Strategiepapier der Nationalen Weiterbildungsstrategie, das im Juni 2019 veröffentlicht wurde, festgehalten. 26. Welche Projekte werden aktuell in Form von „Reallaboren“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Zusammenhang mit KI gefördert (Empfehlung 29.2, 32.2)? Unter Reallaboren werden in der Praxis teils unterschiedliche Ansätze des Experimentierens und Testens verstanden. Die BMWi-Strategie zu Reallaboren unterstützt themenübergreifend – nicht nur im Bereich KI – Reallabore im Sinne von Testräumen für Innovation und Regulierung . Sie sieht dabei keine finanzielle Förderung von Unternehmen vor. Vielmehr leistet das BMWi konkrete Unterstützung dadurch, dass bestehende Informationsdefizite in der Praxis abgebaut („Handbuch Reallabore“), Möglichkeiten der Vernetzung der unterschiedlichen Akteure angeboten („Netzwerk Reallabore “), guten Reallaboren Sichtbarkeit verschafft und Synergien erschlossen werden („Innovationspreis Reallabore“) und Spielräume für die Erprobung – beispielsweise in Form von Experimentierklauseln in Gesetzen – gestärkt werden. Die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durch das BMBF umfasst regelmäßig auch die Erprobung neuer Technologien im praxisnahen Umfeld. 27. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Empfehlung der HLEG, weitere Förderung für europäische Verbundforschung zu schaffen, anstatt sich nur auf einzelne Projekte ohne globale Kohärenz zu konzentrieren? Wie ist der Zustand einzuschätzen, dass es derzeit keine Maßnahme gibt, durch die hochrangige, gemeinsame Grundlagenforschung auf europäischer Ebene durchgeführt wird (Empfehlung 31.5)? Forschung zu Spitzentechnologien wie KI ist immer international angelegt. Durch internationale Konferenzen und Fachzeitschriften wird die globale Kohärenz von Forschungsvorhaben sichergestellt, die zugleich immer auch notwendige Voraussetzung jeder nationalen Forschungsförderung ist. Die europäische Verbundforschung liefert darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Stärkung wissenschaftlicher Kooperationen. Die Ausschreibung der EU- Kommission zur Vernetzung europäischer KI-Kompetenzzentren ist aus Sicht der Bundesregierung ein wichtiger Schritt für eine wirkungsvolle europäische Verbundforschung zur KI. Drucksache 19/16460 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333