Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Otto Fricke, Christian Dürr, Christoph Meyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15922 – Umgang mit dem Guthaben auf dem Kontrollkonto der Schuldenbremse V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem Haushaltsjahr 2011 wird die Verschuldungsregel auf den Bundeshaushalt angewendet. Die sogenannte Schuldenbremse in Artikel 115 des Grundgesetzes (GG) begrenzt nach einer Übergangsphase seit 2016 die strukturelle Nettokreditaufnahme auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Um die Einhaltung der Schuldenbremse auch im Haushaltsvollzug sicherzustellen , wurde ein Kontrollkonto eingerichtet, das mit einer Ausgleichspflicht versehen ist. Auf dem Kontrollkonto werden die Abweichungen der tatsächlichen strukturellen Nettokreditaufnahme nach Ablauf des Haushaltsjahres von der maximal zulässigen strukturellen Nettokreditaufnahme für dieses Jahr erfasst. Übersteigt die tatsächliche Nettokreditaufnahme die maximal zulässige, wird das Kontrollkonto in Höhe der Differenz negativ belastet. Unterschreitet die tatsächliche strukturelle Nettokreditaufnahme den maximal zulässigen Wert, wird die Differenz dem Konto gutgeschrieben. Dabei soll der negative Saldo des Kontrollkontos einen Schwellenwert von 1,5 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Zum Ende des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2015 wurde der kumulierte Saldo auf dem Kontrollkonto gelöscht. Nach abschließender Abrechnung der Schuldenbremse im Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen vom September 2019 wurden dem Kontrollkonto für 2018 weitere 18,3 Mrd. Euro gutgeschrieben. Damit stieg das Guthaben auf dem Kontrollkonto auf 37,2 Mrd. Euro an (vgl. § 7 und § 9 des Gesetzes zur Ausführung von Artikel 115 des Grundgesetzes – Artikel 115-Gesetz – G 115). 1. Plant die Bundesregierung, das Kontrollkonto noch einmal auf null zu setzen? Die Löschung des über die Haushaltsjahre 2011 bis 2015 kumulierten Saldos des Kontrollkontos erfolgte gemäß § 9 Absatz 3 des Gesetzes zur Ausführung von Artikel 115 des Grundgesetzes (Artikel 115-Gesetz). Eine Löschung des Saldos zu einem späteren Zeitpunkt ist nicht vorgesehen, eine diesbezügliche Gesetzesänderung ist nicht geplant. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16466 19. Wahlperiode 14.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Gibt es ein maximal zulässiges Guthaben des Kontrollkontos, das nicht überschritten werden kann? Die Bestimmungen zum Kontrollkonto sind im § 7 des Artikel 115-Gesetzes enthalten. Kumulierte Salden, die auf dem Kontrollkonto verbucht werden, stellen kein „Guthaben“ dar, sondern dokumentieren lediglich Abweichungen der tatsächlichen Nettokreditaufnahme in der Definition der Schuldenregel von der in § 2 des Artikel 115-Gesetzes definierten Obergrenze für die Nettokreditaufnahme . Eine maximale Obergrenze für positive kumulierte Salden besteht nicht. 3. Da in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 die Schuldenregel im Haushaltsvollzug übererfüllt wurde, indem die Nettoneuverschuldung deutlich unterhalb der zulässigen Nettoneuverschuldung lag und positive Guthaben auf das Kontrollkonto gebucht wurden, hat die Bundesregierung eine Haltung zu der Frage, ob diese Überfüllung der Schuldenbremse aufgrund einer strukturellen Konsolidierungspolitik oder aufgrund konjunktureller Effekte zustande kam? Bei der in Artikel 115 GG definierten Grenze der möglichen Aufnahme von Krediten zur Finanzierung von Ausgaben handelt es sich um eine Obergrenze. Eine Unterschreitung dieser Grenze ist nicht nur zulässig, sondern sie ist auch politisch mit dem Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung gewollt und im geltenden Finanzplan vorgesehen. In der Schuldenregel des Bundes wird die Nettokreditaufnahme um konjunkturelle Effekte bereinigt. Die kumulierten Salden auf dem Kontrollkonto stellen daher strukturelle Abweichungen in der Definition der Schuldenregel dar. Die verwendete Methode der Konjunkturbereinigung steht in Übereinstimmung mit dem im Rahmen des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes angewandten Verfahren. 4. Welche konkreten Konsequenzen und Verpflichtungen ergeben sich aus einem Überschreiten der maximal zulässigen Nettokreditaufnahme während des Vollzugs eines Haushaltsjahres für die kommenden Haushaltsjahre und die Haushaltspolitik der Bundesregierung? Falls bei der Abrechnung der Schuldenregel festgestellt wird, dass die tatsächliche strukturelle Nettokreditaufnahme über der Obergrenze nach § 2 des Artikel 115-Gesetzes gelegen hat, wird die Abweichung auf dem Kontrollkonto als negativer Betrag verbucht. Der Betrag des negativen kumulierten Saldos des Kontrollkontos soll einen Schwellenwert von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht überschreiten. Falls der kumulierte negative Saldo des Kontrollkontos 1 Prozent des BIP überschreitet, verringert sich die Kreditermächtigung für das nächste Jahr gemäß § 7 Absatz 3 des Artikel 115-Gesetzes um den überschießenden Betrag, höchstens aber um 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes . Diese Regelung kommt solange zur Anwendung, bis der Betrag des kumulierten negativen Saldos wieder unter 1 Prozent des BIP gesunken ist. Die Verringerung der Kreditermächtigung wird nur wirksam in Jahren mit positiver Veränderung der Produktionslücke. Mit dieser Regelung wird grundsätzlich sichergestellt , dass ein Überschreiten des maximal zulässigen negativen Saldos auf dem Kontrollkonto vermieden wird. Drucksache 19/16466 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass im Falle eines schweren konjunkturellen Einbruchs in einem laufenden Haushaltsjahr, der zu einem deutlichen Anstieg der Ausgaben im Bereich der Sozialausgaben und nach Ablauf des Haushaltsjahres zu einer deutlichen Überschreitung der maximal zulässigen Nettokreditaufnahme von bis zu 37 Mrd. Euro führt, sich daraus keine weiteren Tilgungsverpflichtungen für das Kontrollkonto ergeben würden? In der Schuldenregel des Bundes werden die Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung (Artikel 115 Absatz 2 Satz 3 GG; § 2 Absatz 2 und § 5 des Artikel 115-Gesetzes) durch die Konjunkturkomponente berücksichtigt. Zur Rückführung eines etwaigen negativen Saldos auf dem Kontrollkonto wird auf die Antworten zu den Fragen 4 und 6 verwiesen . 6. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung zulässig, im Falle eines deutlichen Konjunktureinbruchs, ohne dass eine Ausnahmesituation nach Artikel 115 Absatz 2 GG vorliegt, einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, der die maximal zulässige Nettokreditaufnahme überschreitet? Die maximal zulässige Nettokreditaufnahme darf mit keinem Haushaltsgesetz überschritten werden. Zur Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. § 8 des Artikel 115-Gesetzes sieht für Nachtragshaushalte eine Sonderregelung vor, wonach die maximal zulässige Nettokreditaufnahme nach der Schuldenregel für den Fall eines Nachtragshaushaltes die nach § 2 des Artikel 115-Gesetzes ermittelte zulässige Nettokreditaufnahme um bis zu 3 Prozent der veranschlagten Steuereinnahmen übersteigen darf. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass der Bund auch in unerwartet schwierigen konjunkturellen Situationen unterjährig in die Lage versetzt werden kann, seinen Rechtsverpflichtungen nachzukommen. Da in diesen Nachträgen keine neuen Maßnahmen veranschlagt werden dürfen, die zu Mehrausgaben oder Mindereinnahmen führen, ist sichergestellt, dass diese zusätzliche Kreditermächtigung nicht zur Finanzierung neuer Vorhaben genutzt werden kann. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16466 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333