Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Friesen, Armin-Paulus Hampel, Dr. Roland Hartwig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/16224 – Deutschlands Mitgliedschaft in der Asian Infrastructure Investment Bank V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) nahm 2016 ihren operativen Betrieb auf und umfasst eigenen Angaben zufolge 93 Mitgliedsländer (Stand Ende 2018; www.aiib.org/en/news-events/annual-report/2018/_common/pdf/2 018-aiib-annual-report-and-financials.pdf). An der AIIB halten die „regionalen “ Staaten knapp 74 Prozent der Stimmrechte und die „nichtregionalen“ Staaten 26 Prozent der Stimmrechte. China verfügt mit gut einem Viertel der Stimmrechte zwar über ein Vetorecht, allerdings nicht über eine absolute Mehrheit (www.aiib.org/en/about-aiib/governance/members-of-bank/index .html). Auch viele westliche Staaten wie Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind der AIIB beigetreten bzw. haben jene Bank mitgegründet (www.faz.net/a ktuell/wirtschaft/wie-viel-multilateralismus-erlaubt-china-in-der-aiib-1613380 0.html). Die Bundesrepublik Deutschland ist mit knapp 4,5 Mrd. US-Dollar und einem Stimmgewicht von gut 4 Prozent an der AIIB beteiligt. Damit ist Deutschland größter nichtregionaler Anteilseigner und steht nach China, Indien und Russland an vierter Stelle der größten Anteilseigner (www.bundesfi nanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2016/02/Inhalte/Kapitel-3-A nalysen/3-3-asiatische-infrastruktur-investitionsbank.html). Enge Partner der Bundesrepublik Deutschland wie Japan oder die USA traten der AIIB hingegen bislang nicht bei (vgl. www.aiib.org/en/about-aiib/governance/members-o f-bank/index.html). Das Investitionsvolumen ist noch relativ gering, die AIIB ist jedoch kontinuierlich dabei, ihre Aktivitäten zu erhöhen. Nach Angaben des Jahresberichts 2018 stieg das Fördervolumen vom ersten Geschäftsjahr 2016 von 1,7 Mrd. US-Dollar auf 7,5 Mrd. Euro im Jahr 2018. Auch die Anzahl der Projekte stieg in diesem Zeitraum von acht auf über 35 (www.aiib.org/en/news-events/ annual-report/2018/_common/pdf/2018-aiib-annual-report-and-financi als.pdf). Deutscher Bundestag Drucksache 19/16515 19. Wahlperiode 15.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Wie bewertet die Bundesregierung bislang die Arbeit der AIIB, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Finanz-, Beschaffungs-, Sozial-, Menschenrechts- und Umweltstandards? Die Bundesregierung bewertet die Arbeit der AIIB grundsätzlich positiv: Seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Januar 2016 hat die Bank Projekte im Umfang von 12 Mrd. US-Dollar unternommen und wichtige Meilensteine bei der Integration in die internationale Finanzarchitektur (z. B. Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen, Null-Risiko-Gewichtung des Basler Bankenausschusses ) erreicht. Hierbei finden internationale Standards Anwendung: • Die AIIB-Finanzstandards entsprechen denen anderer multilateraler Institutionen . Dies wird auch durch Bestnoten der drei großen Ratingagenturen (kontinuierliches AAA-Rating seit 2017 durch Moody’s, Standard and Poor’s und Fitch) bestätigt. • Die Beschaffungsstandards der AIIB beruhen auf den vom Direktorium der Bank indossierten „Procurement Policies“ und richten sich nach denen anderer Entwicklungsbanken. Ebenso wie diese veröffentlicht die AIIB ihre Ausschreibungen auch auf den Internetseiten der Vereinten Nationen. • Hinsichtlich der Vergleichbarkeit der AIIB-Sozial-, Menschenrechts- und Umweltstandards ist auf die Analyse der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags vom 4. Juli 2016 „Die Sozial- und Menschenrechtsstandards der Weltbank und der Asian Infrastructure Investment Bank (Aktenzeichen : WD 2 – 3000 – 091/16) zu verweisen. Diese stellen fest, dass die Vorschriften der AIIB zum Umwelt- und Sozialschutz (das sogenannte Environmental and Social Framework, ESF) denen der Weltbank und anderer internationaler Entwicklungsbanken entsprechen.  2. Welche Projekte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2016 durch die AIIB finanziert (bitte nach Projekttitel, Fördervolumen und Projektstandort aufschlüsseln)? Die seit Beginn der Geschäftstätigkeit durch die AIIB finanzierten Projekte werden von der Bank unter folgendem Link veröffentlicht: www.aiib.org/en/ projects/approved/.  3. Inwiefern erachtet die Bundesregierung die Kontrollmöglichkeiten des Verwaltungsrates der AIIB als ausreichend? Die Bundesregierung erachtet die Kontrollmöglichkeiten des Verwaltungsrates als ausreichend: • Die Governance-Strukturen der AIIB, inkl. Aufgaben und Kompetenzen des Verwaltungsrates/Direktoriums, entsprechen grundsätzlich denen anderer multilateraler Entwicklungsbanken. • Auch Dank des entsprechenden Einsatzes von Deutschland im AIIB- Direktorium konnten in das sog. „Accountability Framework“, welches Verantwortlichkeiten und Rechenschaftspflichten im Sinne einer modernen Governance regelt, wichtige weitere Kontrollelemente bei der Projektgenehmigung aufgenommen werden. Hierzu gehört insbesondere die Möglichkeit, Projekte, die der Genehmigungspflicht des AIIB-Präsidenten unterliegen, auf Veranlassung nur eines Direktors (sogenannte One-Director-Rule) zur Abstimmung in das Direktorium zu holen. • Deutschland ist (entweder als Direktor/-in oder stellvertretende Direktor/-in der Eurozonen-Stimmrechtsgruppe) stets im Direktorium der Bank vertre- Drucksache 19/16515 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ten. Zudem ist der deutsche Vertreter/die Vertreterin in Peking an der Deutschen Botschaft tätig. Damit ist auch bei der Konstellation des sog. Non- Resident Board der AIIB ein enger Kontakt zum Management und Personal der Bank gewährleistet. Dieses Modell hat sich bewährt und wird auch von anderen AIIB-Mitgliedstaaten angewendet.  4. Inwiefern erachtet die Bundesregierung die Transparenz bzw. den Zugang zu Informationen im Hinblick auf die AIIB als ausreichend? Nach Auffassung der Bundesregierung entsprechen Transparenz und Zugang zu Informationen gängiger Praxis internationaler Finanzinstitutionen: Die AIIB veröffentlicht alle wesentlichen Dokumente, z. B. Projektdokumentationen, Projektvorschläge und Dokumente zu den Geschäftspolitiken. Die projektbezogenen Dokumente werden nach Analyse der Bundesregierung entlang ähnlicher Fristen wie bei anderen Entwicklungsbanken auch veröffentlicht. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass diese Fristen auch in das Regelwerk der Bank übernommen werden.  5. Inwiefern erachtet die Bundesregierung den „Project-Affected People’s Mechanism“ (PPM) als ausreichendes Beschwerdeinstrument für Menschen , die von den Projekten der AIIB betroffen sind (www.aiib.org/en/p olicies-strategies/operational-policies/policy-on-the-project-affectedmechanism .html)? Der Project-Affected People’s Mechanism orientiert sich an Streitschlichtungsverfahren anderer multilateraler Entwicklungsbanken und ermöglicht von Projekten betroffenen Personen die Beschwerdeführung. Die Bundesregierung hatte sich, wie andere Anteilseigner auch, erfolgreich für möglichst niedrige Zugangsbarrieren (z. B. Mehrsprachigkeit) eingesetzt.  6. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich in Asien bis 2030 (bitte ggf. Quellen angeben)? Die Bundesregierung geht von erheblichen Investitionsbedarfen in Asien aus. Zum Beispiel schätzt die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) den Investitionsbedarf im Infrastrukturbereich in Asien bis 2030 auf rund 1,7 Billionen US- Dollar pro Jahr (siehe www.adb.org/publications/asia-infrastructure-needs). Diese Größe ist wie alle Schätzungen abhängig von den zugrundeliegenden Annahmen .  7. Inwiefern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seitens der AIIB Überlegungen, die Kapitalausstattung aufzustocken? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist keine Kapitalerhöhung der AIIB geplant.  8. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen seitens der AIIB, einen Nebensitz der Bank in Deutschland zu eröffnen? Überlegungen zu einer derartigen Aktivität entziehen sich der Kenntnis der Bundesregierung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16515  9. Tritt die Bundesregierung gegenüber ihren japanischen und USamerikanischen Partnern dafür ein, dass jene Staaten der AIIB beitreten (bitte begründen)? Der Beitrittsentschluss obliegt der souveränen Entscheidung jedes einzelnen potentiellen Mitgliedes. Die Bundesregierung kommentiert diese nicht. 10. Welche Schlussfolgerungen für ihr eigenes Handeln zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung der Heinrich-Böll-Stiftung, dass sich China mit der AIIB ein multilaterales Instrument geschaffen hat, „das dazu geeignet ist, vor allem chinesische Interessen zu fördern und internationale Regeln der Infrastrukturfinanzierung zu umgehen“ (www.boell.de/ de/2019/04/09/asian-infrastructure-investment-bank-aiib-multilateral-ban k-where-china-sets-rules)? Um zu gewährleisten, dass die Arbeit der AIIB durch die kritische Öffentlichkeit begleitet werden kann, sind für die Bundesregierung Einbindung von und Austausch mit zivilgesellschaftlichen Organisationen von besonderer Bedeutung . Hierzu führen Vertreter der Bundesregierung und der Regierungen anderer AIIB-Mitglieder regelmäßig Gespräche mit Vertretern dieser Organisationen , auch im Rahmen von Veranstaltungen wie z. B. Tagungen und Konferenzen . Die Einschätzung, dass die AIIB als Instrument Chinas gehandhabt wird zur Umgehung internationaler Regeln, teilt die Bundesregierung nicht (siehe auch Antwort zu den Fragen 1 und 3). Drucksache 19/16515 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333