Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten, Andrej Hunko, Heike Hänsel, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15692 – Bewaffneter Angriff auf das deutsche Seenotrettungsschiff „Alan Kurdi“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 26. Oktober 2019 haben bewaffnete libysche Milizen das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ bei einem Einsatz angegriffen. Die Besatzung von zwei Schnellbooten mit libyschem Hoheitszeichen hatten die Seenotretter des deutschen Vereins „Sea Eye“ sowie auf Booten und im Wasser befindliche Geflüchtete außerhalb der Zwölfmeilenzone bedroht und Schüsse in die Luft und auf das Wasser abgegeben. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt jetzt die deutsche Bundespolizei „See“ in dem Fall. Medienberichten zufolge gehören die libyschen Angreifer zur Seepolizei Zuwara („Ermittlungen zu Angriff auf ‚Alan Kurdi‘„, www.mittelbayerische.de vom 8. November 2019). Mit der Seepolizei beschrieb das Auswärtige Amt in Antworten auf parlamentarische Initiativen in der Vergangenheit die libysche Polizeiküstenwache (General Administration for Coastal Security, GACS; vgl. Bundestagsdrucksachen 19/4421, 18/11953 und 19/3047). Mit der GACS sowie der Küstenwache und Hafensicherheit (Libyan Coast Guard and Port Security, LCGPS) existieren in Libyen zwei Behörden mit überlappenden Funktionen (http://gleft.de/3jp). Die Polizeiküstenwache des Innenministeriums ist eine Strafverfolgungsbehörde, die innerhalb der Zwölfmeilenzone und entlang der Küste tätig ist. Die Küstenwache des Verteidigungsministeriums ist hingegen für die Hoheitsgewässer zuständig. In einer „Meeresstrategie“ will die libysche Einheitsregierung in Tripolis die Verantwortungsbereiche der LCGPS und der GACS nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller neu ordnen. Kern der Reform ist die Verfolgung von Schleusung und irregulärer Migration auf hoher See, die von der LCGPS übernommen wird. Für die Strafverfolgung ist aber die GACS zuständig. Ein weiterer Streitpunkt ist die Hafensicherheit, die von beiden Behörden übernommen wird. Die deutschen Seenotretter könnten aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller zwischen die Fronten der maritimen Sicherheitssektorreform in Libyen, in der zwei konkurrierende Akteure von der EU unterstützt werden, geraten sein. Das Innenministerium sowie das Verteidigungsministerium in Libyen werden bei dieser Sicherheitssektorreform von der Europäischen Union unterstützt. Zentrale Akteure sind die EU-Militärmission EUNAVFOR MED, die mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeitet. In der Polizeimission EUBAM Deutscher Bundestag Drucksache 19/16596 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 16. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Libyen, an der auch die deutsche Bundespolizei teilnimmt (Bundestagsdrucksache 17/14417), kooperiert die EU mit dem libyschen Innenministerium. Verschiedene Organe der Europäischen Union engagieren sich außerdem in einer „Maritime Sub-Working Group on Libya“ („Maritime Sub-Working Group Kick-Off Meeting“, EUBAM Libyen vom 16. April 2018). 1. Über welche neuen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung zum Angriff bewaffneter libyscher Milizen auf das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“ (Schriftliche Frage 56 des Abgeordneten Andrej Hunko, vom 7. November 2019, Schriftliche Frage 63 der Abgeordneten Cornelia Möhring auf Bundestagsdrucksache 19/14931, Schriftliche Frage 41 des Abgeordneten Dr. Diether Dehm auf Bundestagsdrucksache 19/15250)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 16 bis 16b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/15746 wird verwiesen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1a verwiesen. a) Wer ermittelt in Deutschland, Libyen und/oder Italien zu dem Vorfall? Durch die Bundespolizei wurden polizeiliche Vorermittlungen geführt. Der Vorgang wurde am 5. Dezember 2019 an die Staatsanwaltschaft Hamburg zur weiteren Entscheidung abgegeben. Erkenntnisse zu Ermittlungen in Libyen oder Italien liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Auf welche Weise hat die Bundesregierung die Europäische Union bzw. ihre Agenturen in die Aufklärung des Vorfalls eingebunden? Auf die Antwort zu Frage 1a wird verwiesen. Seitens der Bundespolizei erfolgte keine Einbindung der Europäischen Union oder ihrer Agenturen. c) Trifft es zu, dass ein Anfangsverdacht gegen die Seepolizei in Zuwara besteht („Ermittlungen zu Angriff auf ‚Alan Kurdi‘„, www.mittelbaye rische.de vom 8. November 2019)? Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 1a wird verwiesen. 2. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt geworden, inwiefern der Angriff auf das deutsche Rettungsschiff „Alan Kurdi“, wie berichtet, von einem Aufklärungsflugzeug der EU-Militärmission EUNAVFOR MED beobachtet wurde (https://twitter.com/tilleymarc/status/119574077092755 0 4 6 4 ? s =11), und wie wurde dies in den zuständigen EU- Ratsarbeitsgruppen behandelt? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung bei der libyschen Seepolizei um die Polizeiküstenwache bzw. Einheiten der General Administration for Coastal Security (GACS)? Nach Informationen der Bundesregierung handelt es sich bei der libyschen Seepolizei um die „General Administration for Coastal Security“ (GACS). Drucksache 19/16596 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wo befindet sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Hauptquartier der GACS, und wo ist deren operatives Zentrum, bzw. welche Änderungen haben sich zur Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/3047 ergeben? a) Wie viele Angehörige hat die GACS nach Kenntnis der Bundesregierung , und wie viele davon wurden nach der Revolution ab 2012 aus kämpfenden Milizen übernommen? b) Aus welchen (auch früheren) Milizen besteht die Truppe hauptsächlich ? c) Inwiefern übernehmen diese Milizen die Kontrolle nur bestimmter Sektoren oder Häfen entlang der Küste? d) Über wie viele Patrouillenschiffe, Patrouillenboote, Schnellboote und Fiberglasboote verfügt die GACS nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit, und welche früheren oder zukünftigen Lieferungen hat die italienische Regierung in den zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppen bekannt gemacht? e) An welchen Standorten befinden sich diese Boote? Die Beantwortung der Fragen 4 bis 4e kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Die erbetenen Auskünfte sind besonders schutzwürdig, da eine Offenlegung für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein kann. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und separat übermittelt .* 5. Über welche Sektoren im Osten des Landes übt die GACS nach Kenntnis der Bundesregierung keine Kontrolle aus? Nach Informationen der Bundesregierung ist die GACS auch im Osten des Landes aktiv, besonders im Sektor Tobruk. a) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die GACS die landseitige Küste bis zu 30 Kilometer weit ins Landesinnere kontrolliert , für diese Aufgaben aber kaum Fahrzeuge hat (http://gleft.de/ 3jp)? Nach Kenntnis der Bundesregierung reicht das Mandat der GACS 30 Kilometer ins Landesinnere hinein. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung, wie den Fragestellerinnen und Fragestellern bekannt, zu, dass bei Kämpfen 2017 große Teile der Ausstattung der GACS zerstört wurden und auch viele Mitarbeiter des Hauptquartiers die Behörde verlassen haben? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist zumindest die Aussage zu einem teilweisen Verlust von Ausstattung zutreffend. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16596 c) Wer hat die GACS bis dahin geführt, und wer übernahm anschließend die Kontrolle? Seit Mitte August 2019 wird die GACS von Brigadegeneral Mohammed Al- Nuwaisiri geführt. Zuvor wurde sie von Bashir Bennur Suleiman geführt. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. 6. Sind der Bundesregierung Vorwürfe bekannt, wonach die GACS an Schleusungen beteiligt ist („Libyan Coast Security Chief denies reports of involvement in human trafficking“, www.libyaobserver.ly vom 8. Februar 2018), und falls ja, wer ermittelt hierzu? Der Bundesregierung sind entsprechende Medienberichte bekannt, darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen ihr nicht vor. a) Befürwortet die Bundesregierung, die GACS und ihre Handlungen mit einem Monitoring and Advising-Mechanismus zu beobachten, und falls ja, wer könnte diese Beobachtung aus ihrer Sicht übernehmen? Eine Thematisierung im Sinne der Fragestellung findet derzeit weder innerhalb der EU noch innerhalb der Bundesregierung statt. b) Ist die libysche Polizeiküstenwache nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin Teil des europäischen Coast Guard Cooperation Networks , das von Frontex 2016 gegründet wurde (Bundestagsdrucksache 19/3047, Antwort zu Frage 21)? Die libysche Küstenwache ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit nicht in das genannte Netzwerk eingebunden. 7. Welche Trainings hat das italienische Innenministerium nach Kenntnis der Bundesregierung für Angehörige der GACS durchgeführt, und was hat die italienische Regierung in den zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppen hierzu bekannt gemacht? a) Welche Zusammenarbeitsformen der Europäischen Union oder einzelner Mitgliedstaaten mit der GACS werden vom italienischen Innenministerium geleitet? Die Fragen 7 und 7a werden gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat die EU-Mission EUBAM Libyen in Zusammenarbeit mit dem italienischen Innenministerium Anfang 2019 einen dreiwöchigen Ausbildungskurs für die GACS in Rom organisiert. Die EU-Mitgliedstaaten wurden darüber im Rahmen des Sechsmonatsberichts der Mission für den Zeitraum Dezember 2018 bis Mai 2019 informiert. Weitere Informationen zur bilateralen Zusammenarbeit zwischen dem italienischen Innenministerium oder einzelnen Mitgliedstaaten und der GACS liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Inwiefern arbeitet die GACS im „Gemeinsamen Operationellen Raum zur Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Schmuggel“ mit, und inwiefern erhält diese Initiative Mittel im Rahmen des Nothilfe Treuhandfonds der EU für Afrika (EUTF)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 19/16596 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Wo befindet sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Hauptquartier der LCGPS, und wo ist deren operatives Zentrum, bzw. welche Änderungen haben sich zur Antwort zu Bundestagsdrucksache 19/3047 ergeben? Die Beantwortung der Frage 8 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Die erbetenen Auskünfte sind besonders schutzwürdig, da eine Offenlegung für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein kann. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und separat übermittelt .* a) Wie viele Angehörige hat die LCGPS, und wie viele davon wurden nach der Revolution ab 2012 aus kämpfenden Milizen übernommen? Nach der Bundesregierung vorliegenden Informationen hat die „Libyan Coast Guard and Port Security“ (LCGPS) ca. 3.300 Angehörige. Weitere Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. b) Aus welchen (auch früheren) Milizen besteht die Truppe hauptsächlich ? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. c) Inwiefern übernehmen diese Milizen die Kontrolle nur bestimmter Sektoren oder Häfen entlang der Küste? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. d) Über wie viele Patrouillenschiffe, Patrouillenboote, Schnellboote und Fiberglasboote verfügt die LCGPS nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit, und welche früheren oder zukünftigen Lieferungen hat die italienische Regierung in den zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppen bekannt gemacht? e) An welchen Standorten befinden sich diese Boote? Die Beantwortung der Fragen 8d und 8e kann nicht offen erfolgen, da zugrunde liegende EU-Bezugsdokumente als „EU-RESTRICTED“ eingestuft wurden und die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartner des Geheimschutz- Übereinkommens mit der EU verpflichtet ist, bei der Verwendung der Daten einen vergleichbaren Geheimhaltungsgrad festzulegen. Daher sind diese Informationen „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und werden gesondert übermittelt.* 9. Übernimmt die LCGPS nach Kenntnis der Bundesregierung alle mit dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen verbundenen Vereinbarungen und setzt diese um? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10b wird verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16596 a) Übernimmt die LCGPS außerhalb der Zwölfmeilenzone die Grenzund Fischereikontrolle und verfolgt Umweltverschmutzung, oder ist ihre Tätigkeit hauptsächlich auf die Seenotrettung beschränkt? Laut Kenntnis der Bundesregierung beansprucht die LCGPS die genannten Zuständigkeiten für sich, führt aber außerhalb des libyschen Küstenmeeres hauptsächlich Seenotrettungseinsätze durch. b) Über welche Sektoren im Osten des Landes übt die LCGPS keine Kontrolle aus? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Worin bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche der GACS und der Küstenwache und Hafensicherheit (Libyan Coast Guard and Port Security, LCGPS)? a) Wo überlappen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Funktionen der GACS und der LCGPS? b) Welche maritime Behörde ist nach Kenntnis der Bundesregierung für die Verfolgung von Schleusung und irregulärer Migration auf hoher See zuständig, und welche Behörde für die Hafensicherheit? Die Fragen 10 und 10a bis 10b werden gemeinsam beantwortet. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung nimmt die libysche Küstenwache („Libyan Coast Guard and Port Security“/LCGPS) alle Zuständigkeiten einer Küstenwache hinsichtlich des Internationalen Übereinkommens zur Seenotrettung (SAR-Abkommen) von 1979 und des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) von 1974 wahr. GACS ist im Wesentlichen eine Strafverfolgungsbehörde, die für Strafverfolgung innerhalb des libyschen Küstenmeeres (und an Land) zuständig ist, während jenseits davon nur LCGPS agiert. c) Welche gemeinsamen Zentren betreiben die GACS und die LCGPS? Nach Kenntnis der Bundesregierung betreiben die libysche Küstenwache und die libysche Seepolizei einen gemeinsamen „Operations Room“ in Tripolis. 11. Was ist der Bundesregierung über eine „Meeresstrategie“ der libyschen Einheitsregierung in Tripolis bekannt, in der diese nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller die Verantwortungsbereiche der LCGPS und der GACS neu ordnen will? a) Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung an dieser „Meeresstrategie “ bzw. an anderen Initiativen der libyschen Reform des maritimen Sicherheitssektors? b) Inwiefern nimmt die Bundesregierung an der „Maritime Sub- Working Group on Libya“ teil, und welche Akteure werden hierzu nach ihrer Kenntnis eingeladen? Die Fragen 11, 11a und 11b werden gemeinsam beantwortet. Die EU-Mission EUBAM Libyen unterstützt die libyschen Behörden bei der Erarbeitung einer Strategie für ein integriertes Grenzmanagement, die auch eine maritime Strategie enthalten soll, mit deren Erarbeitung die libyschen Behörden eine Arbeitsgruppe („Maritime Sub-Working Group“) betraut haben. An Drucksache 19/16596 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der genannten Arbeitsgruppe nehmen keine Bundesbehörden teil, so dass darüber hinaus der Bundesregierung keine Erkenntnisse vorliegen. 12. Über welche neueren Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung über Abd al Rahman Salem Ibrahim al-Milad („al-Bija“), der als Mitglied oder auch Kommandant der libyschen Küstenwache beschrieben wird und der in der Sanktionsliste des VN-Sicherheitsrates erfasst ist (Bundestagsdrucksache 19/12116)? a) Welcher Küstenwache gehört oder gehörte al-Milad an, in welchem Hafen ist diese stationiert, und welche Gebiete werden von dieser kontrolliert? b) Was ist der Bundesregierung aus ihrer Beteiligung an EU-Missionen im Mittelmeer, den zuständigen EU-Ratsarbeitsgruppen oder sonstigen , von der Tageszeitung „Guardian“ berichteten Zusammenarbeitsformen darüber bekannt, an welchen Treffen des italienischen Innenministeriums al-Milad im Jahr 2017 und darüber hinaus teilgenommen hat („Human trafficker was at meeting in Italy to discuss Libya migration“, www.theguardian.com vom 4. Oktober 2019)? c) Welche eigenen Nachforschungen stellt die Bundesregierung nach der Meldung des „Guardian“ und weiteren Medienberichten („Qual è il ruolo dell’Italia nelle operazioni della guardia costiera libica?“, www.internazionale.it vom 13. November 2019) an, inwiefern al- Milad tatsächlich für Menschenhandel und Schleusungen oder auch Angriffe auf Seenotrettungsmissionen verantwortlich ist? d) Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der vorübergehend suspendierte al-Milad vom libyschen Verteidigungsministerium am 15. Oktober 2019 rehabilitiert wurde und seitdem wieder leitender Kommandant der Küstenwache in Zawiya ist („Chi è Bija, tra petrolio e schiavi un uomo al centro del sistema“, http://espresso.repubblic a.it/ vom 25. Oktober 2019)? Die Fragen 12 und 12a bis 12d werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen gegenüber ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12116 keine neueren Erkenntnisse vor. 13. In welchen Projekten bzw. Trainingseinheiten wurden die LCGPS oder die GACS nach Kenntnis der Bundesregierung von der EU-Polizeimission EUBAM Libyen oder der Militärmission EUNAVFOR MED sowie von Frontex ausgebildet? EUNAVFOR MED Operation SOPHIA beteiligt sich an der Ausbildung der libyschen Küstenwache und Marine. In Bezug auf die Ausbildungsinhalte der Operation wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/9965 verwiesen . Zu EUBAM Libyen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/15746 verwiesen. Ergänzend wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13153 verwiesen. Zur Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (FRONTEX) wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 15a der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/15746 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16596 a) Wie viele Angehörige der GACS wurden in EUNAVFOR MED oder EUBAM Libyen sowie von Frontex ausgebildet, und was ist der Bundesregierung über Adressaten eines neuen Trainingspaketes bekannt ? b) Wer leitete die jeweiligen Maßnahmen? Die Fragen 13a und 13b werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 13 sowie auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 31 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 19/14665 wird verwiesen. c) Welche Maßnahmen für die LCGPS und die GACS werden oder wurden aus dem EUTF gefördert? Nach Kenntnisstand der Bundesregierung fördert der European Union Emergency Trust Fund (EUTF) ausschließlich im Rahmen des Projekts „Support to the Integrated Border and Migration Management in Libya“ (SIBMMIL) Maßnahmen zur Unterstützung der LCGPS und GACS. Informationen zu den Maßnahmen sind auf der Internetseite des EUTF abrufbar: https://ec.europa.eu/trust fund forafrica/region/north-africa/libya/support-integrated-border-and-migratio n-management-libya-first-phase_en d) Wie haben die Internationale Organisation für Migration und der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen die Maßnahmen unterstützt ? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 14. Inwiefern ist die Bundesregierung nach dem Abzug der Bundeswehr aus dem Einsatz in EUNAVFOR MED am 30. Juni 2019 („Bundeswehr zieht letzte Soldaten von Flüchtlingsmission ‚Sophia‘ ab“, RND vom 1. Juli 2019) weiterhin in die strategische Planung oder den Informationsaustausch der Mission eingebunden? a) Welche über die in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen hinausgehenden Informationen erhält die Bundesregierung, und woher stammen diese (etwa dem Operationshauptquartier in Rom)? Die Fragen 14 und 14a werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung ist nach dem Abzug der Bundeswehr aus EUNAVFOR MED Operation SOPHIA über die Brüsseler EU-Gremien in die strategische Planung und damit nur indirekt in den Informationsaustausch der Mission eingebunden . b) Wie bewertet die Bundesregierung die Militärmission EUNAVFOR MED zum Ende ihrer Beteiligung hinsichtlich des Erreichens der drei Missionsziele (Schleuserbekämpfung, Unterstützung der libyschen Küstenwache, Aufklärung von Waffenschmuggel), und welche Einschränkungen sieht sie diesbezüglich? c) Welche Voraussetzungen müssen aus Sicht der Bundesregierung erfüllt sein, bevor sie den Deutschen Bundestag um die Zustimmung zu einer erneuten Beteiligung der Bundeswehr an EUNAVFOR MED bittet? Die Fragen 14b und 14c werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 51 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 19/11401 sowie ihre Drucksache 19/16596 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Antwort auf die Schriftliche Frage 36 der Abgeordneten Kathrin Vogler auf Bundestagsdrucksache 19/9553 wird verwiesen. 15. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wie das EU-Projekt „Unterstützung des integrierten Grenz- und Migrationsmanagements in Libyen“ (SIBMMIL) die Flotten der GACS und der LCGPS und deren Überwachungskapazitäten stärken will (http://gleft.de/3js)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 16. Welche libyschen Stellen haben die 5 Mio. Euro, die die Bundesregierung der Internationalen Organisation für Migration zur „Registrierung von Schutzbedürftigen“ zur Verfügung stellt, nach Kenntnis der Bundesregierung abgerufen bzw. sind davon begünstigt (Bundestagsdrucksache 19/13414, Antwort zu Frage 6)? Kann die Bundesregierung präzisieren, welche libysche Küstenwache das von ihr finanzierte Registrierungssystem nutzt bzw. ob auch die GACS Zugang dazu hat? Libysche Behörden erhalten keine Mittel der humanitären Hilfe. Die Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 19/14910 bezieht sich entsprechend der Fragestellung auf die Mittelausstattung des Notevakuierungsmechanismus ‘ („Evacuation and Transit Mechanism“/ETM) und des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), das in Libyen auch Flüchtlinge registriert und besonders schutzbedürftige Flüchtlinge für Evakuierung und Resettlement identifiziert. Nach Informationen der Bundesregierung hat die LCGPS Zugang zu diesen Informationen. 17. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Frontex im Rahmen des Europäischen Grenzüberwachungssystems EUROSUR die libysche Küste mittels Satelliten- und Luftbildern beobachtet und diese Informationen den libyschen Behörden zur Verfügung stellt (Ratsdokument 11471/18)? Der Bundesregierung liegen keine über das Ratsdokument 11471/18 hinausgehenden Informationen vor. a) Richtet Libyen ein nationales Koordinationszentrum (NCC), in dem alle an der Grenzverwaltung beteiligten libyschen Agenturen zusammenarbeiten und kommunizieren, für den Empfang der Daten ein? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. b) Soll diese Kontaktstelle den Plänen zufolge an das europäische Kommunikationsnetzwerk „Seepferdchen Mittelmeer“ verbunden werden? c) Welche libyschen Behörden nutzen die Informationen? Die Fragen 17b und 17c werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16596 18. Haben italienische Ministerien oder Behörden in den zuständigen EU- Ratsarbeitsgruppen nach Kenntnis der Bundesregierung einen Zeitplan für den Anschluss Libyens an „Seepferdchen Mittelmeer“ bekannt gemacht ? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagdrucksache 19/10495 verwiesen. 19. Was ist der Bundesregierung über den Standort und die Ausrüstung eines libyschen Schiffskoordinationszentrums (Vessel Traffic Coordination Center, VTC) für den internationalen Seeverkehr bekannt, und welche Ministerien bzw. Behörden sind dort beteiligt? Der Bundesregierung liegen keine Informationen im Sinne der Fragestellung vor. 20. Was ist der Bundesregierung über Projekte und Adressaten im Rahmen der Initiative „EU4Border Security“ in Libyen bekannt (http://gleft.de/ 3jt)? Die Unterstützung von Trainingsprojekten im Rahmen von EUBAM Libyen wird bei Frontex unter der Initiative „EU4Border Security“ geführt. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/15746 verwiesen . 21. Welche nicht zur Europäischen Union gehörenden Staaten nehmen nach Kenntnis der Bundesregierung an dem Europäischen Forum für Küstenwachdienste (ECGFF), dessen Vorsitz die Bundespolizei innehatte, und dem Forum für Küstenwachdienste im Mittelmeerraum (MedCGFF) teil (Bundestagsdrucksache 19/4092, Antwort zu Frage 8; Ratsdokument 10494/18)? Im Rahmen des deutschen Vorsitzes im ECGFF („Europan Coast Guard Functions Forum“) erfolgte die Einbindung der türkischen Küstenwache mit Gaststatus . Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 22. Ist der Bundesregierung ein Zeitplan bekannt, wann die Europäische Union die Flotten der LCGPS sowie der GACS mit „Seenotrettungsschiffen “ ausrüsten will („Further development of the capacity and the integration of the LCGPS and GACS fleets by supply of new SAR vessels “, http://gleft.de/3kz), und inwiefern soll dies aus EUTF-Mitteln umgesetzt werden? Nach Informationen der Bundesregierung befindet sich die Europäische Kommission in Verhandlungen zur Umsetzung des in der Frage zitierten Dokuments . Nach Kenntnis der Bundesregierung sind noch keine entsprechenden Verträge gezeichnet, zu den Verhandlungen liegen der Bundesregierung keine weitergehenden Informationen vor. Drucksache 19/16596 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Inwiefern sieht die Bundesregierung Probleme bei der gleichzeitigen Unterstützung der GACS und der LCGPS durch die Europäische Union, etwa indem bei der Neuordnung von Verantwortungsbereichen Konflikte zwischen dort konkurrierenden Milizen ausgelöst oder begünstigt werden ? Nach Kenntnis der Bundesregierung unterstehen sowohl die GACS als auch die libysche Küstenwache und Marine der libyschen Regierung des Nationalen Einvernehmens. Die Bundesregierung befürwortet den Ansatz der Europäischen Union, die libysche Regierung des Nationalen Einvernehmens beim Ausbau der Kapazitäten der Küstenwache zu unterstützen. 24. Was ist der Bundesregierung über den aktuellen Zeitplan der Fertigstellung einer Rettungsleitstelle (MRCC) in Libyen bekannt (Bundestagsdrucksache 19/10495, Antwort zu Frage 17), und wie bewertet sie den Umstand, dass diese unter militärischem Kommando angesiedelt wird (http://gleft.de/3kz)? Aufgrund der Sicherheitslage vor Ort fungiert das LCGPS-Hauptquartier derzeit als Rettungsleitstelle. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 25. Welche Häfen entlang der libyschen Küste (auch jene, die nicht von der LCGPS oder der GACS kontrolliert werden) sind aus Sicht der Bundesregierung keine „sicheren Orte“ gemäß dem Internationalen Übereinkommen von 1979 über den Such- und Rettungsdienst auf See und dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (Bundestagsdrucksachen 19/1146, Antwort zu Frage 5 sowie 19/571, Antwort zu Frage 4)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4092 wird verwiesen. 26. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung aus ihrer Beteiligung an EU-Missionen im Mittelmeer oder den zuständigen EU- Ratsarbeitsgruppen zu den Vorwürfen gegenüber Behörden in Malta, die die lybische Küstenwache angewiesen haben sollen, Schutzsuchende, die sich auf einem Boot befunden haben, nach Libyen zu bringen, obwohl sich diese bereits in einer europäischen Seenotrettungszone befunden haben („Rückführung nach Libyen – schwere Vorwürfe gegen Malta“, www.spiegel.de vom 23. Oktober 2019)? Welche konkreten Kenntnisse hat die Bundesregierung zu Vereinbarungen zwischen Malta und Libyen, Schutzsuchende in libysches Hoheitsgebiet zurückzubringen („Exposed: Malta’s secret migrant deal with Libya“, https://timesofmalta.com vom 10. November 2019)? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 46 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 19/14931 wird verwiesen. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/16596 27. Wie arbeitet die Bundesregierung daran, die nach Ansicht der Fragesteller bestehende „Lücke“ hinsichtlich einer europäischen Seenotrettung „zu schließen“, oder ist sie der Ansicht, dass es genügt, die vorhandenen Seenotrettungskapazitäten zu nutzen und Seenotrettung nicht zu kriminalisieren oder auf sonstige Weise zu behindern, wie sie es in der Antwort auf die vom 11. November 2019 auf die Schriftliche Frage 41 des Abgeordneten Dr. Diether Dehm auf Bundestagsdrucksache 19/15250 mitgeteilt hat? Die Bundesregierung verweist auf ihre Antworten auf die Schriftlichen Fragen 56 des Abgeordneten Andrej Hunko und 63 der Abgeordneten Cornelia Möhring auf Bundestagsdrucksache 19/14931. Darüber hinaus hält es die Bundesregierung für wesentlich, dass die vorhandenen Seenotrettungskapazitäten genutzt werden können. Seenotrettung darf deshalb nicht kriminalisiert oder auf sonstige Weise behindert werden. Drucksache 19/16596 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333