Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16156 – Hawala V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Via Hawala-Finanzsystem wird Geld informell und ohne Mitwirkung von Banken transferiert. Die Transaktion wird dabei nicht elektronisch erfasst. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kann allerdings eine Genehmigung für Hawala erteilen. Im November 2019 gab es eine Reihe an Razzien gegen ein Hawala-Netzwerk, welches illegal über 200 Mio. Euro in die Türkei geschleust haben soll (www.tagesschau.de/inland/grossrazzia-hawa la-101.html). 1. Wie viele Hawala-Anbieter haben nach Kenntnis der Bundesregierung eine Genehmigung von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht? Hat die Bundesregierung darüber hinaus Schätzungen, ob und wie viele illegale Hawala-Anbieter in Deutschland tätig sind? Das sogenannte Hawala-System beschreibt keine festumrissene Methode des Geldtransfers und ist auch nicht gesetzlich definiert. Unter dem Begriff „Hawala“ werden daher informelle, auf Vertrauen basierende Geldtransfersysteme verstanden, die in Deutschland nicht als Finanztransferdienstleister zugelassen sind. Die Tätigkeit zugelassener Finanztransferdienstleister ist daher nach dem bestehenden Verständnis nicht zu Hawala- oder Hawala vergleichbaren Systemen zu rechnen. Vielmehr unterliegen die zugelassenen und damit erlaubt tätigen Unternehmen der laufenden staatlichen Aufsicht. Über den Verbreitungsgrad der illegal tätigen Hawala-Anbieter in Deutschland liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor, da diese Systeme an den staatlich regulierten Aufsichtsmechanismen vorbei agieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geht im Rahmen der Durchsetzung des gesetzlichen Erlaubnisvorbehalts für Finanztransferdienstleistungen und in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden (Bundeskriminalamt , Landeskriminalämter, Zoll und Staatsanwaltschaften) und dem Bundesamt für Verfassungsschutz gegen die Tätigkeit der Geldtransfersysteme vor. Hieraus lassen sich jedoch keine über den jeweils konkreten Einzelfall Deutscher Bundestag Drucksache 19/16621 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. hinausgehenden belastbaren Aussagen über die Verbreitung der informellen Geldtransfers ableiten. 2. Wie viele Personen nutzen nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich legal das Hawala-System in Deutschland? Hat die Bundesregierung darüber hinaus Schätzungen, ob und wie viele Personen illegal das Hawala-System in Deutschland nutzen? 3. Wie viel Geld wird nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich legal mit dem Hawala-System in Deutschland transferiert? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, in welche Länder und zu welchem Zweck das Geld primär transferiert wird? b) Hat die Bundesregierung Schätzungen, wie viel Geld jährlich über nicht lizensierte Hawala-Anbieter in Deutschland transferiert wird? Die Fragen 2 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Über den Umfang der Nutzung derartiger Systeme und die möglicherweise dabei bewegten Summen liegen keine belastbaren Informationen vor. Zur Zulässigkeit der Nutzung des Hawala-Systems wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zur Höhe der Schätzungen des weltweiten Geldtransfers via Hawala wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 4. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung via Hawala-System? Nach einer der Bundesregierung zur Kenntnis gelangten Einschätzung von Strafverfolgungsbehörden spielen Hawala- und vergleichbare Systeme überwiegend in bargeldaffinen Deliktsbereichen wie zum Beispiel der Betäubungsmittel - und der Waffenkriminalität oder des Menschenhandels eine Rolle. Diese Delikte sind auch Vortaten der Geldwäsche. Die nicht ordnungsgemäß registrierten und beaufsichtigten Hawaladare zeichnen sich durch die Vermeidung einer Papierspur aus. Damit ist ein hohes Risiko verbunden, das Hawala-System zu missbrauchen. Unterstützer und Mitglieder von Terrororganisationen nutzen verschiedene Möglichkeiten zum Transfer von Finanzmitteln. Neben Bargeldkurieren und lizensierten Finanztransferdienstleistern kommen dabei auch informelle Finanztransfersysteme zum Einsatz, wie z. B. Hawala-Banking. a) Wie viele Anzeigen bzw. Verdachtsmeldungen mit Hawala-Bezug werden jährlich gestellt? Im Jahr 2018 gingen bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) elf Verdachtsmeldungen nach § 43 Absatz 1 des Geldwäschegesetzes ein, bei denen von Verpflichteten aus dem Finanzsektor ein Bezug zum Hawala-Banking hergestellt wurde. Drucksache 19/16621 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie viele Stellen bei der BaFin, bei der FIU (Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ) bzw. bei anderen Bundes-behörden sind speziell mit Hawala betraut? Die FIU verfügt über keine Stelle, die sich ausschließlich mit der Hawala- Thematik befasst. Im Rahmen ihrer Analysearbeit ist die FIU jedoch auch mit der Bewertung von Informationen/Sachverhalten mit Bezug zum Hawala- Banking betraut. Die hierfür insbesondere zuständigen Arbeitsbereiche/Fachgebiete verfügen über insgesamt 40 Stellen. Mit der Verfolgung unerlaubter Finanztransfergeschäfte sind bei der BaFin vier Beschäftigte neben weiteren Aufgaben betraut. c) Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um Geldwäsche mit Hawala- Bezug verstärkt zu bekämpfen? Wenn ja, welche? Bei Verdacht des Vorliegens illegaler Hawala- und vergleichbarer Systeme werden von den Strafverfolgungsbehörden Strafverfahren gegen die Betreiber eingeleitet . Die BaFin hat die Verfolgung des unerlaubten Finanztransfergeschäfts zu einem Aufsichtsschwerpunkt gemacht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 4b verwiesen. 5. Liegen der Bundesregierung Schätzungen über den weltweiten Geldtransfer via Hawala sowie über die Anzahl der weltweit operierenden Hawala- Anbieter vor? Gibt es Bemühungen seitens der Bundesregierung, international (etwa via Financial Action Task Force) Geldwäsche via Hawala zu bekämpfen? Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Informationen über den Umfang des weltweiten Geldtransfers via Hawala und die Anzahl der weltweit operierenden Hawala-Anbieter vor. Es liegen hingegen Erkenntnisse vor, dass das Hawala-System international genutzt wird und sich nicht auf ein Land beschränkt . Damit ergeben sich im Rahmen von Ermittlungsverfahren zwangsläufig internationale Bezüge bei der Bekämpfung von Geldwäsche über Hawala-Systeme. Im Rahmen der vom BMF im Oktober 2019 veröffentlichten Nationalen Risikoanalyse wurde von beteiligten Sicherheitsbehörden eine Schätzung vorgenommen , dass über solche Systeme jährlich weltweit ca. 200 Mrd. US-Dollar transferiert würden. Es sei allerdings davon auszugehen, dass der allergrößte Teil der Gelder nicht in die Terrorismusfinanzierung fließt. Zur Anzahl der weltweit operierenden Hawala-Anbieter liegen keine belastbaren Schätzungen vor. Nach Empfehlung 14 der von der Financial Action Task Force (FATF) herausgegebenen „Internationalen Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung von Terrorismusfinanzierung und Proliferation“ sind die Mitgliedstaaten der FATF dazu verpflichtet, Anbieter von Finanztransferdienstleistungen entweder einer Genehmigungs- oder aber einer Registrierungspflicht sowie einer Beaufsichtigung zu unterwerfen, die die Einhaltung der Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sicherstellt. Zielsetzung ist, dass unregulierte und unbeaufsichtigte Finanztransfergeschäfte wie das Hawala-Banking unterbunden werden. Deutschland hat die Empfehlungen der FATF zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferation umgesetzt. Darüber hinaus ist Deutschland sehr engagiert, welt- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16621 weit die konsistente Umsetzung der FATF Empfehlungen zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferation zu fördern. Drucksache 19/16621 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333