Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16192 – Chancen der Gebärmuttertransplantation V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im März und im Mai 2019 wurden in Deutschland die ersten beiden Kinder nach einer erfolgreichen Gebärmuttertransplantation im Tübinger Universitätsklinikum geboren. Zuvor wurde bereits 2014 im schwedischen Göteborg ein gesundes Kind auf diese Weise zur Welt gebracht. Die Gebärmuttertransplantation ist gegenwärtig die einzige Möglichkeit für Frauen mit absoluter uteriner Infertilität, ein biologisch eigenes Kind selbst auszutragen. Laut Berichten des „Deutschen Ärzteblatts“ (www.aerzteblatt.de/ nachrichten/72429/Uniklinikum-erhaelt-viele-Anfragen-nach-Gebaermuttert ransplantation) und des Deutschlandfunks (www.deutschlandfunk.de/gebaer mutter-transplantation-riskante-operation-auf-rezept.676.de.html?dram:article _id=378504) könnte allein in Deutschland so bis zu 15.000 Frauen geholfen werden, die beispielsweise im Rahmen einer Krebstherapie ihre Gebärmutter verloren haben oder die am Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) leiden. Unter der Voraussetzung einer entsprechenden, umfassenden Aufklärung der Spenderin und der Empfängerin über die Risiken, die mit einer Transplantation einhergehen können, besteht die Möglichkeit, dass die Gebärmuttertransplantation zukünftig eine Chance für oben genannte Frauen bietet, ihren dringenden Kinderwunsch zu erfüllen. Da es sich bei der Gebärmuttertransplantation um eine Spende und daran anschließende Verpflanzung eines Organs handelt, stellt sich die Frage nach der Betrachtung im Kontext der dem Bund obliegenden Transplantationsgesetzgebung . Hinzu kommt die Abwägung zwischen der Möglichkeit einer Kinderwunschbehandlung auf der einen, und möglichen medizinischen Bedenken auf der anderen Seite, wobei der Bund insoweit den Rechtsrahmen für Kinderwunschbehandlungen und die dazu erlaubten Verfahren festlegt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Gebärmuttertransplantation als eine moderne Methode der Transplantations - und Fortpflanzungsmedizin eröffnet Frauen, die an einer seltenen Erkrankung leiden und die entweder mit funktionsfähigen Eierstöcken, aber ohne Ge- Deutscher Bundestag Drucksache 19/16623 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 16. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. bärmutter geboren worden sind, oder deren Gebärmutter aufgrund einer Erkrankung entfernt werden musste, die Möglichkeit, selbst eine Schwangerschaft auszutragen und gibt damit betroffenen Paaren Hoffnung auf ein leibliches Kind. Die Gebärmuttertransplantation befindet sich in Deutschland derzeit in einem noch frühen klinischen Stadium. Nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft ist die Entscheidung über eine Gebärmuttertransplantation eine Einzelfallentscheidung, die sorgfältig unter Abwägung sämtlicher Risiken für die Spenderin und die Empfängerin im Rahmen eines Heilversuchs getroffen wird. Der rechtliche Rahmen für die Durchführung einer Gebärmuttertransplantation wird durch das Transplantationsgesetz (TPG) gesetzt. Die Gebärmutter ist ein Organ im Sinne des § 1a Nummer 1 TPG, so dass die Spende und die Entnahme sowie die Übertragung einer Gebärmutter vom Anwendungsbereich des TPG erfasst ist.  1. Wie bewertet die Bundesregierung das Potenzial der Gebärmuttertransplantation , ungewollt kinderlosen Frauen ihren Kinderwunsch zu erfüllen ? Die Entscheidung über eine Gebärmuttertransplantation ist nach gegenwärtigem Stand der Erkenntnisse eine medizinische Einzelfallentscheidung, die im Rahmen eines Heilversuches getroffen wird. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung , medizinische Verfahren im Einzelnen zu bewerten.  2. Sieht die Bundesregierung in der Gebärmuttertransplantation eine mögliche Alternative zur in Deutschland gegenwärtig unzulässigen Leihmutterschaft ? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.  3. Wie viele Gebärmuttertransplantationen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland bereits durchgeführt worden? a) Wie viele davon waren erfolgreich? b) Wie viele davon waren nicht erfolgreich? Der Bundesregierung sind Presseberichte über Gebärmuttertransplantationen bekannt. Der Bundesregierung liegen jedoch weder weitergehende Erkenntnisse über die Gesamtzahl noch über die Ergebnisse der in Deutschland durchgeführten Gebärmuttertransplantationen vor.  4. Hat die Bundesregierung eine Bewertung der Gebärmuttertransplantation mit Blick auf eine mögliche Lebendspende vorgenommen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Die Durchführung einer Gebärmuttertransplantation richtet sich nach den Vorschriften des TPG. Erfolgt eine Gebärmuttertransplantation nach einer Organlebendspende , darf die Entnahme und Übertragung des Organs nach § 9 i. V. m. § 10 TPG grundsätzlich nur in einem dafür nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) oder anderen gesetzlichen Bestimmungen zugelassenen Transplantationszentrum durchgeführt werden. Für eine Lebendspende müssen zudem die Voraussetzungen für die Entnahme von Organen bei lebenden Spendern nach § 8 TPG erfüllt sein. Die Zulassung einer Klinik als Transplantationszentrum für die Durchführung von Gebärmuttertransplantationen so- Drucksache 19/16623 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode wie die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des TPG fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der Länder. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Lebendspende nach § 8 TPG im Einzelfall gegeben sind, ist durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt vorzunehmen.  5. Welche Möglichkeiten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung für Empfängerinnen, die Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung tragen zu lassen? Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Krankenbehandlung , wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern . Davon umfasst sind nach § 27 Absatz 1 Satz 5 SGB V ausdrücklich auch Leistungen zur Herstellung der Zeugnis- und Empfängnisfähigkeit. Ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung vorliegen, wird im Einzelfall von der Krankenkasse geprüft.  6. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung möglich, dass ein bereits transplantierter Uterus nach erfolgter Austragung eines Kindes durch die Empfängerin wiederholt gespendet wird? Der Bundesregierung vermag nicht zu bewerten, ob eine wiederholte Spende medizinisch möglich und vertretbar ist.  7. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass hinsichtlich der Durchführung einer Gebärmuttertransplantation hinreichende Rechtssicherheit für Spenderinnen, transplantierende Ärzte und Empfängerinnen besteht? a) Wenn ja, welche Rechtsnormen dienen als Grundlage dieser Auffassung ? b) Wenn nein, welche Gründe führen zu dieser Auffassung? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das TPG in seiner geltenden Fassung grundsätzlich einen verlässlichen Rechtsrahmen für Gebärmuttertransplantationen setzt. Die Gebärmuttertransplantation ist sowohl nach Lebendorganspende als auch nach postmortaler Organspende möglich. Soll eine Gebärmuttertransplantation nach einer Organlebendspende erfolgen, darf die Entnahme und Übertragung des Organs nach § 9 i. V. m. § 10 TPG nur in einem dafür nach § 108 SGB V oder anderen gesetzlichen Bestimmungen zugelassenem Transplantationszentrum durchgeführt werden. Für eine Lebendspende müssen zudem die Voraussetzungen für die Entnahme von Organen bei lebenden Spendern nach § 8 TPG erfüllt sein. Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Eine Gebärmuttertransplantation ist auch nach einer postmortalen Organspende möglich, wobei in diesen Fällen nicht über die gleichen Erfolge berichtet wurde . Die Entnahme des postmortal gespendeten Organs darf nach § 9 Absatz 1 i. V. m. § 9a TPG nur in einem Entnahmekrankenhaus erfolgen. Einer besonderen Prüfung bedarf die Frage, ob eine Einwilligung der postmortalen Organspenderin nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 TPG vorliegt. Bestehen Zweifel an dem Inhalt und Umfang der Organspendeerklärung oder liegt eine solche Erklärung nicht vor, sieht § 4 TPG vor, dass die nächsten Angehörigen zu befragen sind und die Möglichkeit einer Gebärmutterspende ausführlich besprochen wird, um den mutmaßlichen Willen der möglichen Organspenderin zu dieser konkreten Spende zu ermitteln. Ebenso wie bei der Lebendspende darf die Übertragung nach § 9 i. V. m. § 10 TPG grundsätzlich nur in einem dafür nach § 108 SGB V oder anderen gesetzlichen Bestimmungen zugelassenen Trans- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16623 plantationszentren durchgeführt werden. Die Benennung der Entnahmekrankenhäuser sowie Zulassung einer Klinik als Transplantationszentrum für die Durchführung von Gebärmuttertransplantationen sowie die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des TPG fällt allein in die Zuständigkeit der Länder . Die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Lebendspende oder postmortalen Organspende im Einzelfall gegeben sind, ist durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt vorzunehmen.  8. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Gebärmuttertransplantation im Zusammenhang stehende Forschung in Deutschland gegenwärtig gefördert? a) Wenn ja, wie, und durch wen? b) Wenn nein, ist eine entsprechende Förderung beabsichtigt? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Förderung der mit der Gebärmuttertransplantation in Zusammenhang stehenden Forschung in Deutschland vor. Die Bundesregierung fördert keine Forschungsvorhaben zu diesem Thema. Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit auch nicht, Forschung zu diesem Thema zu fördern.  9. Befindet sich Deutschland aus Sicht der Bundesregierung unter den Staaten , die auf dem Gebiet der Forschung zur Gebärmuttertransplantation führend sind? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forschung in diesem Bereich vor. 10. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund ihrer Beantwortung der vorangegangenen Fragen für sich Handlungsbedarf? Nach Auffassung der Bundesregierung bestehen derzeit keine Regelungslücken und damit auch kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf im Transplantationsgesetz . Drucksache 19/16623 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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