Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16289 – Verfahrensdauer bei der Billigung von Wertpapierprospekten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Werden Wertpapiere öffentlich angeboten oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen, ist grundsätzlich eine Billigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über einen entsprechenden Wertpapierprospekt erforderlich. Die BaFin prüft dabei, ob der Prospekt alle gesetzlich geforderten Mindestangaben enthält und verständlich abgefasst worden ist. Zudem wird sichergestellt, dass der Prospekt keine widersprüchlichen Aussagen aufweist. Die BaFin überwacht jedoch weder die Seriosität des Emittenten noch kontrolliert sie das Anlageprodukt. Auch die inhaltliche Richtigkeit des Prospekts wird von der BaFin nicht überprüft. Jedoch sind später Haftungsansprüche gegen den Emittenten der Wertpapiere möglich, wenn der Prospekt unvollständig oder fehlerhaft ist (vgl. www.bafin.de/DE/Aufsicht/Prospekte/ Wertpapiere/ErstellungBilligung/erstellung_billigung_node.html). Marktteilnehmer berichteten in Gesprächen mit den Fragenstellern, organisatorische Umstrukturierungsmaßnahmen bei der BaFin hätten dazu geführt, dass die Genehmigungsdauer für Wertpapierprospekte in der Praxis von insgesamt sechs auf zehn Wochen angestiegen sei. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (EU-Prospektverordnung) darf ein Prospekt erst veröffentlicht werden, wenn die jeweils zuständige Behörde (sic. in Deutschland die BaFin) ihn oder alle seine Bestandteile gemäß Artikel 10 gebilligt hat. Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung besagt, dass „die zuständige Behörde (…) dem Emittenten, dem Anbieter oder der die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragenden Person innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Vorlage des Prospektentwurfs ihre Entscheidung hinsichtlich der Billigung des Prospekts mit(teilt)“. Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung ergänzt hierzu, dass sich die eben genannte Frist „auf 20 Arbeitstage verlängert, wenn das öffentliche Angebot Wertpapiere eines Emittenten betrifft, dessen Wertpapiere noch nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und der zuvor keine Wertpapiere öffentlich angeboten hat“. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16629 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Erhebt die BaFin Zahlen, Daten, Statistiken etc. darüber, ob die Fristverlängerung nach Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften eingehalten wird, wonach die BaFin als zuständige Behörde dem Emittenten, dem Anbieter oder der die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragenden Person innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Vorlage des Prospektentwurfs ihre Entscheidung hinsichtlich der Billigung des Prospekts mitteilen sollte? Die BaFin führt eine Fristenliste zur Einhaltung der Fristen gemäß Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 und Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung. a) Wenn nein, aus welchen Gründen verzichtet die BaFin auf eine Erhebung zur Einhaltung der Zehn-Tage-Frist nach Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung? Eine Fristenliste wird geführt. b) Wenn ja, wie viele Billigungsverfahren nach Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften wurden seit 2009 durchgeführt (bitte nach Jahren gesondert angeben)? Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich auf die jeweilige Gesamtzahl an Billigungen (ohne Nachträge). Getrennte Statistiken zu den jeweils zugrundeliegenden Prüfungsfristen nach Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 bzw. Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung werden seitens der BaFin nicht erhoben. Billigungen (ohne Nachträge) für den Zeitraum 2009 bis 2019¹ Jahr Prospekte² Registrierungsformulare Summe 2009 433 28 461 2010 452 32 484 2011 423 31 454 2012 412 28 440 2013 466 33 499 2014 453 34 487 2015 527 32 559 2016 535 33 568 2017³ 301 38 339 2018 303 35 338 2019 291 41 332 1 Quelle: Für 2009 bis 2018 sind die Angaben den veröffentlichten Jahresberichten der BaFin entnommen . Die Angaben für 2019 basieren auf einer internen Erhebung; es sind vorläufige und bislang unveröffentlichte Zahlen. 2 Einschließlich Basisprospekte und mehrteiliger Basisprospekte. 3 Der starke Rückgang bei den Prospekten im Jahr 2017 und den Folgejahren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist auf die Änderung der Erhebungsmethode zurückzuführen. Durch die Änderung der Erhebungsmethodik wurden Mehrfachzählungen bei Prospekten, die unterschiedliche Wertpapierarten, wie etwa klassische Schuldverschreibungen und derivative Produkte zum Gegenstand hatten, eliminiert. Damit sind die Zahlen ab dem Jahr 2017 nur sehr bedingt mit früheren Zahlen vergleichbar. Registrierungsformulare sind von der Änderung der Erhebungsmethode nicht betroffen. Drucksache 19/16629 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) In wie vielen Fällen wurde seit 2009 die in Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften vorgesehene Fristvorgabe eingehalten, und in wie vielen Fällen wurde diese Vorgabe nicht eingehalten (bitte beide Werte nach Jahren gesondert ausweisen)? Die gesetzlichen Fristen werden durch die BaFin in allen Fällen eingehalten. 2. Erhebt die BaFin Zahlen, Daten, Statistiken etc. darüber, ob die Fristverlängerung nach Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung eingehalten wird, wonach die BaFin als zuständige Behörde dem Emittenten , dem Anbieter oder der die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragenden Person innerhalb von 20 Arbeitstagen nach Vorlage des Prospektentwurfs ihre Entscheidung hinsichtlich der Billigung des Prospekts mitteilen sollte, wenn das öffentliche Angebot Wertpapiere eines Emittenten betrifft, dessen Wertpapiere noch nicht zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind und der zuvor keine Wertpapiere öffentlich angeboten hat? a) Wenn nein, aus welchen Gründen verzichtet die BaFin auf eine Erhebung zur Einhaltung der 20-Tage-Frist nach Artikel 20 Absatz 2 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften ? b) Wenn ja, wie viele Billigungsverfahren nach Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften wurden seit 2009 durchgeführt (bitte nach Jahren gesondert angeben)? c) In wie vielen Fällen wurde seit 2009 die in Artikel 20 Absatz 3 Satz 1 der EU-Prospektverordnung bzw. entsprechender Vorgängervorschriften vorgesehene Fristvorgabe eingehalten, und in wie vielen Fällen wurde diese Vorgabe nicht eingehalten (bitte beide Werte nach Jahren gesondert ausweisen)? Die Fragen 2 bis 2c werden gemeinsam beantwortet. Die gesetzlichen Fristen werden durch die BaFin in allen Fällen eingehalten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Trifft es zu, dass sich die Dauer des Billigungsprozesses von Wertpapierprospekten bei der BaFin von insgesamt ca. sechs auf ca. zehn Wochen verlängert hat? Wenn ja, trifft es zu, dass Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb der BaFin für die Verlängerung des Billigungsprozesses mitursächlich sind? Diese Einschätzung trifft nicht zu. Mit der Anwendung der EU- Prospektverordnung zum 21. Juli 2019 haben sich die Rechtsgrundlagen für die Erstellung und Prüfung von Prospekten verändert. Seitdem beträgt die durchschnittliche Prüfungsdauer rund sechs bis sieben Wochen. Vor der Anwendung der EU-Prospektverordnung betrug die Prüfungsdauer rund vier bis fünf Wochen. Die Verlängerung der Prüfungsdauer ist nach erster Einschätzung der BaFin wohl darauf zurückzuführen, dass sich Emittenten/Anbieter noch teilweise an die neuen Anforderungen der EU-Prospektverordnung an die Verständlichkeit des Prospektes und die Darstellung der emittenten- wie wertpapierbezogenen Risikofaktoren anpassen müssen. Beide Neuerungen dienen dem Anlegerschutz. Außerdem reagieren Emittenten sensibler auf Marktentwicklun- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16629 gen, was den Aufwand für Prospektprüfungsverfahren auf allen Seiten erhöht. Die BaFin geht davon aus, dass es sich bei der Verlängerung der Verfahrensdauer im Wesentlichen um einen Anpassungseffekt handelt. 4. Welche Referate innerhalb der BaFin sind mit der Billigung von Wertpapierprospekten betraut? Die Prüfung und Billigung von Wertpapierprospekten erfolgt durch die Referate WA 52 und WA 53. a) Wie viele Personen bzw. Bedienstete sind in diesen Referaten mit der Billigung von Wertpapierprospekten betraut? Per 1. Januar 2020 waren in den Referaten WA 52 und WA 53 insgesamt 28 Personen hauptsächlich mit der Prüfung von Wertpapierprospekten betraut. b) Wie viele personelle Abgänge haben die mit der Billigung von Wertpapierprospekten betrauten Referate in den vergangenen zwei Jahren zu verzeichnen gehabt, und wo liegen Daten vor, wohin die jeweiligen Abgänge gewechselt sind (bitte nach Monaten gesondert ausweisen)? In den Jahren 2018 und 2019 hatten die Referate WA 52 und WA 53 insg. sieben Abgänge von mit der Prospektprüfung betrauten Personen zu verzeichnen: • März 2018: Wechsel innerhalb der BaFin • April 2018: Wechsel innerhalb der BaFin • Juli 2018: Wechsel innerhalb der BaFin • Oktober 2018: Aus dem Dienst ausgeschieden • Dezember 2018: Aus dem Dienst ausgeschieden • Juni 2019: Wechsel innerhalb der BaFin • September 2019: Abordnung zu einer externen Stelle Im gleichen Zeitraum verzeichneten die Referate WA 52 und WA 53 acht Zugänge . 5. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie lange die Billigungsprozesse für Wertpapierprospekte in einigen, vielen oder gar allen Mitgliedstaaten jeweils dauern? Wenn ja, wie lange dauern diese jeweils (bitte nach Mitgliedstaaten gesondert ausweisen)? Eigene Erkenntnisse liegen hierzu nicht vor. Im Rahmen eines ESMA Peer Reviews erfolgte für den Zeitraum 2013 bis 2014 eine Erhebung, welche u. a. auch die durchschnittliche Dauer bei Prospektbilligungsverfahren und Anzahl von Anhörungen umfasste. Die Ergebnisse wurden im Peer Review Report vom 30. Juni 2016 (ESMA/2016/1055) veröffentlicht (siehe dort insbesondere Abschnitt 4.8 und Annex V), wo insoweit zwischen IPO-Prospekten, sonstigen Aktienprospekten, Prospekten für Nichtdividendenwerten und Basisprospekten unterschieden wurde. Aus dem ESMA Peer Review ergaben sich keine gesonderten Feststellungen hinsichtlich der Dauer der Billigungsprozesse bei der BaFin. Der Peer Review Report ist unter folgendem Link abrufbar: www.esma.europ a.eu/sites/default/files/library/2016-1055_peer_review_report.pdf Drucksache 19/16629 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Neuere Erhebungen, welche insbesondere auch die seit Juli 2019 geltenden Änderungen auf Grund der EU-Prospektverordnung widerspiegeln, liegen nicht vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16629 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333