Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Dr. Marcel Klinge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16346 – Deutsch-Französische Kooperation zur Batteriezellenfertigung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Rahmen der Industrialisierung 4.0, in Zeiten globaler Handelskriege und immer schneller voranschreitenden technischen Fortschritts ist es essentiell, dass Deutschland seine Position als Innovationsmotor verteidigt und weiter ausbaut. Eine europäische Kooperation zur Fertigung für mobile und stationäre Energiespeicher wäre hierbei aus Sicht der Fragesteller ein wichtiger Schritt. Das hierfür von der Bundesregierung geforderte Mittel eines „Important Project of Common European Interest“ (IPCEI) könnte nach Auffassung der Fragesteller jedoch der falsche Weg sein. Ein IPCEI stellt aus Sicht der Fragesteller einen enormen Eingriff in die freie Marktwirtschaft dar. Öffentliche Fördergelder verzerren den innereuropäischen Standortwettbewerb. Nicht umsonst stellt die Europäische Kommission hohe Hürden für die Erteilung dieser Form der Staatshilfe auf (www.eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52014XC0620(01)&f rom=EN). Das so geförderte Projekt muss unter anderem einen hohen Einfluss auf die gesamteuropäische Wettbewerbsfähigkeit aufweisen und sollte nicht nur für die beteiligten Parteien von Vorteil sein. Unter keinen Umständen darf ein ohnehin geplantes Unterfangen subventioniert oder ein normales Geschäftsrisiko kompensiert werden. Im Haushaltsgesetz 2020 (Bundestagsdrucksache 19/11800; Kap. 60 92 Tit. 893 04: Industrielle Fertigung für mobile und stationäre Energiespeicher) scheint die Ermöglichung einer risikofreien Projektplanung aus Sicht der Fragesteller jedoch bislang der Hauptaspekt zu sein. Den Erläuterungen zu diesem Haushaltstitel ist weiterhin zu entnehmen, dass 41 Projektvorschläge mit nachgefragten Zuwendungshöhen über insgesamt 4 Mrd. Euro eingereicht wurden. Vorgesehen ist die Förderung von mindestens zwei Konsortien. Am „Summer“-IPCEI, das von Frankreich koordiniert wird, sind unter anderem Saft, PSA und Opel beteiligt. Die Genehmigung des Projektes durch die Europäische Kommission erfolgte am 9. Dezember 2019 (www.ec.europa.eu/ger many/news/20191209batterien_de). Mittelfristig soll ein „Autumn“-IPCEI folgen, für das Deutschland federführend ist. Presseberichten zufolge sollen unter anderem die Unternehmen BMW, BASF, Varta und BMZ beteiligt sein (www.handelsblatt.com/politik/deutschland/eu-industriepolitik-zweites-grossp Deutscher Bundestag Drucksache 19/16630 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 17. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. rojekt-fuer-batteriezellfertigung-steht-vier-deutsche-konzerne-dabei/24986594 .html?ticket=ST-19466123-XTvFPlWBl0SECrSbSaSg-ap6). Während europäische Hersteller ihre Investitionen in fortschrittliche Batterietechnologie in Erwartung einer hohen Einzelprojektförderung durch den Bund planen, gehen US-amerikanische Hersteller andere Wege. Am 12. November 2019 gab der Hersteller Tesla bekannt, im brandenburgischen Grünheide eine „Gigafactory“ zur Produktion von Batterien und Elektrofahrzeugen errichten zu wollen. Die geplanten Investitionen betragen bis zu 4 Mrd. Euro. Das Werk soll bereits 2021 seinen Betrieb aufnehmen. Zusätzlich soll in Berlin ein Ingenieurs- und Designzentrum der Marke entstehen (www.handelsblatt.com/ dpa/wirtschaft-handel-und-finanzen-elektroautobauer-tesla-plant-bis-zu-viermilliarden -euro-fuer-deutsche-fabrik/25237704.html?ticket=ST-28507530-eE xnNYayFfaJ1X2Odtwg-ap6). Eine Woche später, am 19. November 2019, wurden Pläne des Batterieherstellers Microvast bekannt, der ebenfalls in Brandenburg , bei Ludwigsfelde, Batteriesysteme für Transporter, Lkw, Sportwagen und Geländewagen fertigen will. Die ersten Produkte sollen dort bereits im Januar 2021 gefertigt werden. Die Investitionen sollen im dreistelligen Millionenbereich liegen (www.manager-magazin.de/digitales/it/batteriehersteller-mi crovast-kommt-wie-tesla-nach-brandenburg-a-1297290.html). Der chinesische Hersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) wird ebenfalls in Deutschland in eine große Batteriezellenfertigung investieren. In den kommenden fünf Jahren sind Investitionen von bis zu 1,8 Mrd. Euro geplant . CATL soll unter anderem für BMW Batteriezellen fertigen (vgl. „CATL sorgt für die bisher größte Investition am Erfurter Kreuz“; Thüringer Allgemeine vom 19. Oktober 2019). Unterdessen hat der Volkswagen-Konzern zusammen mit dem schwedischen Unternehmen Northvolt bereits eine Pilotfertigung von Batteriezellen in Salzgitter begonnen (www.manager-magazin.de/un ternehmen/autoindustrie/volkswagen-ag-startet-in-salzgitter-mit-produktion-v on-batteriezellen-a-1288170.html). Die gemeinsam von VW und Northvolt gegründete European Battery Union hofft für die Zukunft auf eine Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (www.volkswagen-n ewsroom.com/de/pressemitteilungen/volkswagen-gruendet-european-battery-u nion-mit-northvolt-4773). Die Fragesteller sind der Ansicht, dass batteriebasierte Elektromobilität nicht das Allheilmittel der Mobilitätswende ist. Die geplanten Eingriffe in den Wettbewerb durch gezielte Subventionen sind aus Sicht der Fragesteller ordnungspolitisch falsch. Grundsätzlich sollte aber auch darauf geachtet werden, eine möglichst diverse Mischung aus Energieträgern und Energiespeicherformen zu verwenden und zu fördern. Andernfalls läuft Deutschland Gefahr, sich von einzelnen Ressourcen und Wertschöpfungsketten abhängig zu machen und wichtige technologische Entwicklungen zu verpassen. Teil einer solchen Diversifizierung , die das aktuell auf Zustimmung durch die EU-Kommission wartende Batteriezellenkonsortium vollkommen außer Acht lässt, ist die Umwandlung überschüssiger Energie, insbesondere aus erneuerbaren Quellen, in Wasserstoff und die Förderung von Brennstoffzellen und synthetischer Kraftstoffe . 1. Wann wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Notifizierung des „Autumn“-IPCEI bei der Europäischen Kommission beantragen ? Die Gruppe europäischer Unternehmen im Rahmen des „Autumn-IPCEI“ mit Namen „EUBatIn (European Battery Innovation)“ wird derzeit bei der Europäischen Kommission pränotifiziert. Nach Abschluss der Pränotifizierung dürfte die Notifizierung bei der Europäischen Kommission erfolgen. Drucksache 19/16630 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Inwieweit ergänzen sich „Summer“-IPCEI und „Autumn“-IPCEI? Die Aufteilung in Summer und Autumn IPCEI ist aus prozeduralen Gründen erfolgt und impliziert keine unterschiedlichen thematischen Fokuspunkte. Gleichwohl kommt es darauf an, dass beim Aufbau neuer Wertschöpfung alle EU-Mitgliedstaaten die Chance auf eine Teilnahme mit ihren europäischen Unternehmen bekommen. Dem trägt Deutschland als koordinierende Mitglied Rechnung, so dass am zweiten Autumn IPCEI „EuBatIn“ inzwischen zwölf Länder teilnehmen. Die darin verankerten Projekte decken die gesamte Wertschöpfungskette ab. Zudem zielen die herzustellenden Batteriezellen auf unterschiedliche Anwendungsfelder. 3. Welche weiteren Projektteilnehmer aus Deutschland wurden neben Opel, einer Tochter des französischen Automobilkonzerns Groupe PSA, bei 41 Anfragen aus der gesamten Wertschöpfungskette für das „Summer“-IPCEI (vgl. Erläuterungen des Bundesministeriums der Finanzen zum Haushaltsentwurf 2020 – Energie- und Klimafonds –, Absatz 1, siehe Vorbemerkung ) ausgewählt? Die EU-beihilferechtliche Genehmigung des Summer IPCEI durch die Europäische Kommission erstreckt sich für den deutschen Standort auf Opel/PSA, sowie auf den Zellhersteller Varta GmbH, den Automobilhersteller BMW AG sowie auf die beiden Materialhersteller BASF SE und Umicore AG. 4. Welche Summe wird nach Kenntnis der Bundesregierung von den beteiligten Staaten zu welchen Zeitpunkten an die jeweiligen Partner ausgezahlt ? Die Förderbescheide werden derzeit erstellt. Die Förderhöhe steht daher noch nicht abschließend fest. 5. Welche Standorte sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell für das „Summer“-IPCEI geplant? Wenn mehrere in Planung sind, ist bereits jetzt ersichtlich, dass alle Standorte benötigt werden? Jedes Unternehmen bringt mit seinen Projekten spezifische Elemente der Wertschöpfung von Batteriezellen sowie seine Abnehmer mit. Die zu erwartende Nachfrage nach Batteriezellen in Deutschland, Europa und weltweit liegt weit über den derzeit verfügbaren Batteriezellkapazitäten. Die Varta AG plant den Ausbau ihrer Standorte für Zellfertigungen in Ellwangen (Baden-Württemberg) sowie in Nördlingen (Bayern). Zellen von PSA/Opel/Saft werden in Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz) gefertigt werden. Die BASF SE plant in Schwarzheide (Brandenburg) eine Produktion für Batteriematerialien, die Umicore AG will in Hanau (Hessen) eine Pilotanlage für das Batterierecycling errichten und die BMW AG in München (Bayern) ihre Forschungsanlagen für Batteriezellen ausbauen . 6. Existieren nach Kenntnis der Bundesregierung bereits feste Verträge und/ oder Zusagen? Siehe die Antwort zu Frage 4. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16630 7. Wie kam die Zusammenarbeit zwischen beteiligten Ländern und Partnern nach Kenntnis der Bundesregierung zustande? Die Unternehmen haben ihre Partner aus den beteiligten EU-Mitgliedstaaten benannt. Die Teilnahme der Mitgliedstaaten an dem Summer-IPCEI richtet sich nach ihrer Bereitschaft, ihre teilnehmenden Unternehmen über diesen Beihilferechtsrahmen finanziell zu fördern. 8. Welche weiteren europäischen Partner sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in die beiden Batteriekonsortien eingebunden? Eine Aussage kann nur für das bereits beihilferechtlich genehmigte Summer- IPCEI getroffen werden. Hier besteht eine Teilnahme von folgenden europäischen Unternehmen, zusätzlich zu den bei der Antwort zu Frage 3 aufgeführten : Elemental Holding SA, Endurance SpA, Enel X Srl, Eneris, FAAM (Seri Industrial SpA), Fortum Waste Solutions Oy, Kaitek SRL, Keliber Oy, Nanocyl SA, SEEL AB, Solvay SA und Terrafame Oy. 9. Ist es aus Sicht der Bundesregierung möglich, die gemeinsamen europäischen Projekte zur Batteriezellenfertigung ohne staatliche Förderung im Rahmen eines IPCEI durchzuführen? Wenn nein, warum nicht? In einer sozialen Marktwirtschaft ist es die Aufgabe privater Unternehmen, neue Technologien zu entwickeln, aufzubauen und marktfähig zu machen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie schafft hierfür die notwendigen Rahmenbedingungen und ist bereit, zeitlich begrenzte Anschubhilfe im Rahmen des EU-Beihilferechts zu leisten. Entscheidend ist, dass Unternehmen in Deutschland zusätzlich zur Förderung selber investieren. Bei der Zellfertigung handelt sich um kostenintensive Investitionen. Hierzu wurden schon seit einigen Jahren Gespräche mit der deutschen Industrie geführt . Die bereits in Deutschland ansässigen Zellhersteller fertigen bisher nur in kleinen Stückzahlen für spezialisierte Anwendungen. Im Rahmen der Energieund Verkehrswende wird ein deutlich größerer Bedarf an Batteriezellen erkennbar . Es ist wichtig, dass im Zuge der Energie- und Verkehrswende nicht nur Wettbewerber aus Drittländern, sondern auch europäische Unternehmen innovative Energiespeicher fertigen können, auf der Basis eigenen Wissens. 10. Steht die Bundesregierung im direkten Kontakt mit den Elektromobilitätsunternehmen Tesla, Microvast und CATL über die Förderung deren jeweiliger Investitionsvorhaben in Ostdeutschland? Wenn ja, welche Arten von Förderung durch den Bund kommen in Frage? Wenn nein, warum nicht? Für die Ansiedlung von Unternehmen sind die Bundesländer zuständig. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat im Februar 2019 eine Förderbekanntmachung zu Innovationen in Batteriezellen publiziert. Am Standort ansässige Unternehmen hatten die Möglichkeit auf der Basis des Grundsatzes der Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte zu bewerben. Drucksache 19/16630 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Inwieweit plant die Bundesregierung, Tesla, Microvast und CATL in die strategischen Planungen für eine Batteriezellenfertigung in Europa einzubeziehen ? Die Unternehmen können ihre Aktivitäten am Standort fortsetzen und werden in die Überlegungen der Bundesregierung mit einbezogen. Letztlich treffen in einer sozialen Marktwirtschaft Unternehmen wirtschaftliche Entscheidungen. 12. Unter welchen Voraussetzungen wäre eine Förderung des Gemeinschaftsprojektes von VW und Northvolt durch den Bund denkbar? Welche Gespräche wurden hierzu bereits mit Vertretern der Unternehmen geführt? Siehe die Antwort zu Frage 10. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16630 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333