Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martin Sichert, René Springer, Jörg Schneider und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/16097 – Reformierung des Ausbildungswesens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ausweislich des im April 2019 von Seiten der Bundesregierung veröffentlichten „Berufsbildungsberichts 2019“ (abrufbar unter: www.bmbf.de/upload_file store/pub/Berufsbildungsbericht_2019.pdf) war im Jahr 2018 mit insgesamt 57.656 unbesetzten Ausbildungsstellen für zahlreiche Berufsbranchen ein erheblicher Mangel an Auszubildenden zu verzeichnen (Seite 34 des „Berufsbildungsberichts 2019“). Auf diesen Mangel an Auszubildenden und – daraus resultierend – an Arbeitskräften in den betreffenden Berufsbranchen ist für den Bereich der Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialberufe – sog. GES-Berufe – mit einer starken Expansion des Ausbildungsbereiches (Seite 13 des „Berufsbildungsberichts 2019“) und für den Bereich der Pflegeberufe mit einer Reformierung der betreffenden Ausbildungsgänge reagiert worden (Seite 94 und 157 des „Berufsbildungsberichts 2019“). Gegenüber der steigenden Anzahl an unbesetzten Ausbildungsstellen ist eine immer höhere Anzahl an Schulabgängern mit einer Hochschulzugangsberechtigung zu verzeichnen, deren tendenzielle Präferenz auf die Absolvierung eines Hochschulstudiums anstelle einer Berufsausbildung gerichtet ist (Seite 11, 22 sowie 29 und 30 des „Berufsbildungsberichts 2019“). Als Ursachen für diese Tendenz wird innerhalb des Berufsbildungsberichts angeführt: „Für die wahrgenommene soziale Anerkennung erscheint es jungen Menschen besonders wichtig, nicht ‚ungebildet‘ zu wirken. Dies bedeutet nach den Befragungsergebnissen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) auch, nicht in Berufen tätig zu sein, in denen der Hauptschüleranteil hoch ist. Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Nachfrage der Jugendlichen nach bestimmten Berufen zu stärken, dürfen sich somit nicht nur darauf beschränken, das Interesse an der Tätigkeit zu wecken. Die bisherigen Ergebnisse des BIBB- Forschungsprojektes zeigen, dass es ebenso wichtig ist, die durch den Beruf eröffneten Möglichkeiten in Bezug auf Einkommen, gute Arbeitsmarkt- und Aufstiegschancen und soziale Anerkennung in den Blick zu nehmen, vermeintliche oder reale Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Berufen zu verringern und diese Veränderungen den Jugendlichen und ihren Eltern bewusst zu machen.“ (Seite 30 des „Berufsbildungsberichts 2019“). Deutscher Bundestag Drucksache 19/16657 19. Wahlperiode 20.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 16. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Für welche Ausbildungsberufe im Einzelnen sind auf Seiten der Bundesregierung – wie für den Bereich der GES-Berufe und der Pflegeausbildung bereits initiiert – Ausweitungen oder Reformierungen der betreffenden Ausbildungsgänge und Ausbildungsinhalte zur Steigerung der Attraktivität der betreffenden Ausbildungsgänge beabsichtigt (bitte nach einzelnen Ausbildungsberufen sowie der Art der Ausweitungen und Reformierungen jeweils gesondert darstellen)? Welche Kosten werden die auf Seiten der Bundesregierung beabsichtigten Ausweitungen oder Reformierungen der betreffenden Ausbildungsgänge und Ausbildungsinhalte (vgl. Frage 1) nach Ansicht der Bundesregierung verursachen (bitte nach einzelnen Ausbildungsberufen sowie der Art der Ausweitungen und Reformierungen jeweils gesondert darstellen)? 2. Für welche Ausbildungsberufe im Einzelnen sind auf Seiten der Bundesregierung – wie für den Bereich der GES-Berufe und der Pflegeausbildung bereits initiiert (Seite 13, 94 und 157 des „Berufsbildungsberichts 2019“) – Ausweitungen oder Reformierungen der betreffenden Ausbildungsgänge und Ausbildungsinhalte zur Steigerung der Attraktivität der betreffenden Ausbildungsgänge innerhalb der letzten zehn Jahre bereits ergriffen worden (bitte nach Jahreszahlen, einzelnen Ausbildungsberufen sowie der Art der Ausweitungen und Reformierungen jeweils gesondert darstellen)? Welche Kosten haben die innerhalb der letzten zehn Jahre bereits ergriffenen Ausweitungen oder Reformierungen der betreffenden Ausbildungsgänge und Ausbildungsinhalte bisher verursacht (bitte nach Jahreszahlen, einzelnen Ausbildungsberufen sowie Art der Ausweitungen und Reformierungen jeweils gesondert darstellen)? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Ausbildungsordnungen bilden die bundeseinheitliche Grundlage für die berufliche Ausbildung im System der beruflichen Bildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO). Sie werden unter maßgeblicher Beteiligung der Sozialpartner und unter Einbindung erfahrener Praktiker entwickelt. Somit ist sichergestellt, dass die Ausbildungs - und Prüfungsinhalte dem nachhaltigen Bedarf der Betriebe und der Arbeitnehmer entsprechen. Ausbildungsordnungen setzen bundeseinheitliche Standards für die vielfältigen Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung jedes Einzelnen und leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherung des Fachkräftebedarfs und damit zum Erfolg der deutschen Wirtschaft. Die rund 330 Ausbildungsordnungen unterliegen einem kontinuierlichen Modernisierungs- und Qualitätssicherungsprozess, der eng an den Anforderungen der Arbeitswelt ausgerichtet ist. Dabei werden insbesondere fachressortübergreifende und einheitliche Bildungsstandards gewahrt und weitere Themen (z. B. Digitalisierung, Nachhaltigkeit) berücksichtigt. Diesem Prozess immanent ist eine Steigerung der Attraktivität der einzelnen Ausbildungsberufe. Die seit 2009 neu geordneten bzw. modernisierten Ausbildungsberufe samt Erfüllungsaufwand für die Neuordnung bzw. Modernisierung, soweit verfügbar , können der Anlage 1 entnommen werden. Derzeit befinden sich weitere 41 Ausbildungsberufe im Neuordnungs-/Modernisierungsverfahren. Für den Bund und die Länder entsteht durch die Modernisierung von Ausbildungsordnungen nach dem BBiG und der HwO regelmäßig kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Änderungen im Hinblick auf den Erfüllungsaufwand sind bei Ausbildungsordnungen durch geänderte Prüfungsabläufe bedingt. Da die Prüfungskosten auf die Wirtschaft umgelegt werden, haben die Veränderungen regelmäßig keine Auswirkungen auf den jährlichen Erfüllungsaufwand der Ver- Drucksache 19/16657 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode waltung. Bei der Modernisierung der Ausbildungsordnungen wird darauf geachtet , die Prüfungsabläufe – unter Beibehaltung des hohen inhaltlichen Niveaus – zu optimieren, so dass sich der Aufwand für die Prüfungsdurchführung und damit der jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft regelmäßig verringert . 3. Welche Ausbildungsberufe im Einzelnen, in denen ein Mangel an Auszubildenden und Arbeitskräften besteht, beabsichtigt die Bundesregierung zur Steigerung der Attraktivität der betreffenden Ausbildungsgänge zu Studienfächern umzuwandeln (bitte nach einzelnen Ausbildungsberufen jeweils gesondert darstellen)? Welche Kosten werden die auf Seiten der Bundesregierung beabsichtigten Umwandlungen von Ausbildungsgängen in Studienfächer nach Ansicht der Bundesregierung verursachen (bitte nach einzelnen Ausbildungsberufen jeweils gesondert darstellen)? Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, für duale Ausbildungsberufe, in denen ein Mangel an Auszubildenden und Arbeitskräften besteht, Ausbildungsgänge zu Studienfächern umzuwandeln. Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung liegt die Zuständigkeit für die Regelung von Studienfächern in diesem Bereich bei den Ländern. 4. Welche Maßnahmen im Einzelnen sind von Seiten der Bundesregierung geplant, um in Deutschland ansässige Personen aus einem nichteuropäischen Asylzuzugsland in Berufssparten mit einem Übermaß an unbesetzten Arbeitsstellen – sog. Mangelberufe – zu vermitteln? Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter haben durch Vermittlung darauf hinzuwirken, dass Arbeitsuchende eine Arbeitsstelle und Arbeitgeber geeignete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten. Sie haben dabei Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit der Arbeitsuchenden sowie die Anforderungen der angebotenen Stellen zu berücksichtigen. Dies gilt grundsätzlich unabhängig von der Staatsangehörigkeit der arbeitsuchenden Person. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen können Förderleistungen zur beruflichen Eingliederung nach dem Dritten bzw. Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III bzw. SGB II) erbracht werden. 5. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die nach Ansicht der Fragesteller in den vergangenen Jahren fortgeschrittene Absenkung der Leistungsanforderungen für die Erlangung der allgemeinen Hochschulreife (vgl. hierzu: Wolfgang Harnischfeger, „Der steigende Notenschnitt ist nicht das Problem“, abrufbar über: www.tagesspiegel.de/berlin/abitur-in-berlin-dersteigende -notenschn%20itt-ist-nicht-das-problem/19717250.html; Thomas Vitzthum/Céline Lauer, „Die gefährliche Entwertung des deutschen Abiturs “, abrufbar über: www.welt.de/politik/deutschland/article129189233/D ie-gefaehrliche%20-Entwertung-des-deutschen-Abiturs.html; Ulrike Bäuerlein, „Weniger Wissen bei gleichen Noten: Wird das Abitur immer leichter?“, abrufbar über: www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/Wenig er-Wissen-bei-gleichen-Noten-Wird-das-Abitur-immer-leichter;art417930, 10202958) als ursächlich für das zunehmend geringer ausfallende Ansehen von Ausbildungsberufen auf Seiten von Schulabgängern und potentiellen Auszubildenden anzusehen? Es handelt sich um unterschiedliche Themenfelder, die nicht derart miteinander zusammenhängen. Vielmehr ist nach Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) ein Anstieg der Zahl der Personen mit einer Studienberech- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16657 tigung in einer Berufsausbildung nach BBiG und HwO zu verzeichnen (2009: 112.032 bzw. 20,4 Prozent; 2018: 151.107 bzw. 29,6 Prozent, siehe Anlage 2). 6. Welche Maßnahmen im Einzelnen sind von Seiten der Bundesregierung geplant, um das Ansehen von Ausbildungsberufen auf Seiten von Schulabgängern zu steigern? Die Bundesregierung trägt mit zahlreichen Initiativen zur Stärkung der beruflichen Bildung bei. Durch die Novelle des BBiG und die Modernisierung des Aufstiegs-BAföG nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) werden die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst, um die berufliche Bildung sowohl für potenzielle Bewerber als auch für Betriebe noch attraktiver zu gestalten. Mit der neuen Allianz für Aus- und Weiterbildung 2019 bis 2021 zielt die Bundesregierung darauf, möglichst alle Menschen zu einem qualifizierten Berufsabschluss zu bringen. Mit dem DigitalPakt Schule stellt die Bundesregierung von 2019 bis 2024 insgesamt fünf Milliarden Euro für eine verbesserte digitale Ausstattung an allen Schulen, auch an Berufsschulen, zur Verfügung. Daneben unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) mit jährlich 30 Mio. Euro dabei, neue digitale Technologien für die Ausbildung der Fachkräfte zu beschaffen und neue Konzepte zur Qualifizierung der Auszubildenden sowie des Ausbildungspersonals zu entwickeln. Zudem unterstützt das BMBF seit 2008 Jugendliche mit dem Berufsorientierungsprogramm bei der Entwicklung ihrer Berufswahlkompetenz ab der siebten Jahrgangsstufe, wobei die Berufsorientierung angesichts des Fachkräftebedarfs verstärkt auf Gymnasien ausgeweitet wird. Ferner beraten seit 2016 Expertinnen und Experten für Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Informationskampagne „Du + Deine Ausbildung = Praktisch unschlagbar!“ an Berufs- und Ausbildungsmessen, Schulen und Ausbildungsbetrieben zu den Karriereaussichten in der beruflichen Bildung. Drucksache 19/16657 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16657 Drucksache 19/16657 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16657 Drucksache 19/16657 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16657 Drucksache 19/16657 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/16657 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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