Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Michel Brandt, Dr. André Hahn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15714 – Situation von Schutzsuchenden im Niger V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Dafür, dass jährlich Tausende Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken , gibt es in Europa ein gewisses Bewusstsein. Das ist aus Sicht der Fragestellenden auch ein Verdienst von Initiativen wie „Watch the Med-Alarm Phone“ und den Seenotrettungs-NGOs (Nichtregierungsorganisationen), die regelmäßig über das Sterben im Mittelmeer berichten und eine andere Politik fordern. Weniger bekannt ist, dass auch auf dem Weg von Niger nach Libyen in der nigrischen Wüste jährlich Tausende Menschen ihr Leben verlieren. Seit im Niger 2015 auf Drängen der EU mit dem Gesetz 036/2015 die Reisefreiheit massiv eingeschränkt wurde, sind Flüchtende gezwungen, auf gefährlichere Routen durch unerschlossenes Gebiet auszuweichen. Die nigrische Armee stationiert seit 2016 gezielt Einheiten an Wasserstellen auf dem Weg durch die Sahara, um gegen Fahrer von Schutzsuchenden vorzugehen. Immer wieder werden Flüchtende von Menschenschmugglern aus Angst vor Festnahmen und Strafverfolgung in der Wüste zurückgelassen. Wer Schutzsuchende gegen Geld befördert, muss im Niger mit bis zu 30 Jahren Haft rechnen (https://ta z.de/Kanzlerin-auf-Afrika-Tour/!5591993/). Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt, dass die Zahl derer, die in der nigrischen Wüste ums Leben kommen, mindestens doppelt so hoch ist wie die Zahl der Toten im Mittelmeer. Über 30.000 Menschen sind nach Schätzungen der Organisation zwischen 2014 und 2018 in der Wüste verschwunden (www.spiegel.de/poli tik/ausland/alarmphone-sahara-wie-private-retter-versuchen-migranten-aus-de r-todeszone-zu-holen-a-1282608.html). Gefährdet sind nicht nur Flüchtende, die sich selbst auf den Weg Richtung Norden durch die nigrische Wüste machen, sondern auch Menschen, die die algerischen Sicherheitskräfte nach Niger abschieben. Solche Abschiebungen finden nach Kenntnis der Fragestellenden in der Regel zweimal wöchentlich statt; betroffen sind auch besonders vulnerable Personen, etwa Kinder, Schwangere und alte Menschen. Während nigrische Staatsangehörige in der grenznahen Stadt Assamaka oder in Agadez den nigrischen Behörden übergeben werden, setzt das algerische Militär Menschen anderer Nationalität einfach an der Grenze in der Wüste aus. Dieser Ort ist 15 Kilometer von Assamaka entfernt, und immer wieder verlaufen sich Menschen, weil es kaum Deutscher Bundestag Drucksache 19/16660 19. Wahlperiode 21.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 17. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Orientierungspunkte gibt („Die Wüste wurde gefährlich gemacht“, taz vom 8. November 2019). Im Sommer 2018 berichtete die Nachrichtenagentur AP, dass algerische Behörden in den vorangegangenen 14 Monaten 13.000 Menschen wenige Kilometer vor der nigrischen Grenze ohne Wasser und Nahrung in der Wüste aussetzten, nachdem sie sie zuvor teilweise geschlagen und beraubt hatten. Viele Flüchtlinge verdursteten auf dem erzwungenen Fußweg durch die Wüste. Dem Bericht zufolge forcierte Algerien die Massenabschiebungen ab Oktober 2017, nachdem die EU den Druck auf nordafrikanische Staaten erhöht hatte, Schutzsuchende von der Flucht nach Europa abzuhalten (http://gleft.de/3jv). Um gegen das Massensterben in der Wüste vorzugehen, haben Aktivistinnen und Aktivisten Anfang 2017 begonnen, ein Netzwerk von Helfern entlang der Migrationsrouten Richtung Algerien und Libyen aufzubauen, das „Alarm Phone Sahara“ (http://gleft.de/3j0). Die Initiative verfolgt u. a. das Ziel, Flüchtenden nützliche Informationen für die Durchquerung der Wüste zur Verfügung zu stellen, die Situation auf den Wüstenrouten zu dokumentieren und Rettungseinsätze zu initiieren bzw. selbst durchzuführen (http://gleft.de/3jw). Die IOM führt in Koordination mit lokalen Behörden im Norden von Niger, auch nahe der Grenze zu Algerien, Such- und Rettungsoperationen durch (Antwort des Staatsministers Niels Annen auf die Schriftliche Frage 28 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 19/3288). Sie betreibt im Niger ferner mehrere Migrationszentren, die von der EU und der Bundesregierung finanziert werden. Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ist fraglich, ob in diesen Zentren Menschenrechtsstandards eingehalten werden. So hätten nigrische Sicherheitskräfte im Migrationszentrum Agadez im Mai 2018 eine Gruppe sudanesischer Flüchtlinge willkürlich verhaftet, nach Libyen abgeschoben und damit gegen das Verbot des Refoulement verstoßen (http://gleft.de/3jI). Die Maßnahmen zur Abwehr von Migration in Algerien und Niger sind aus Sicht der Fragestellenden ein direkter Effekt der Vorverlagerung der europäischen Grenzpolitik bis weit in den afrikanischen Kontinent hinein. Indem die EU-Staaten die nigrischen Sicherheitskräfte systematisch aufrüsten und die Schließung von Migrationsrouten erzwingen, tragen sie eine zentrale Verantwortung für den Tod Zehntausender in der nigrischen Wüste. Albert Chaibou, Journalist aus Niger, drückt das so aus: „Unser Land ist im Dienst Europas zum Friedhof verkommen.“ (http://gleft.de/3jy). Gefragt wird im Folgenden nicht nur nach eigenen Kenntnissen der Bundesregierung , sondern auch nach Kenntnissen, die auf Angaben Dritter basieren. 1. Wie viele Flüchtende sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 in der nigrischen Wüste ums Leben gekommen (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? 2. Wie viele Flüchtende sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 in der nigrischen Wüste gerettet worden (bitte nach Jahren aufschlüsseln, angeben , durch wen die Menschen gerettet wurden und nach Möglichkeit zusätzlich nähere Angaben zu den Geretteten machen, etwa zu den wichtigsten Herkunftsländern, Geschlecht und zu minderjährigen Geretteten)? 3. Wie viele Flüchtende haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 die Sahara von Niger Richtung Libyen und Algerien durchquert (bitte nach Routen differenzieren und nach Jahren aufschlüsseln)? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine belastbaren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Drucksache 19/16660 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wie viele mutmaßliche sogenannte Menschenschmuggler wurden im Niger bislang nach Kenntnis der Bundesregierung auf Grundlage des Gesetzes 036/2015 festgenommen, und wie viele Fahrzeuge wurden beschlagnahmt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Gegen wie viele nigrische Polizeibeamte oder sonstige Sicherheitskräfte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Ermittlungen wegen eines Korruptionsverdachts im Zusammenhang mit Menschenschmuggel eingeleitet , und welches Ergebnis hatten die Ermittlungsverfahren? Statistische Erhebungen oder Übersichten im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor. 5. Welche Aufgaben übernimmt das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) nach Kenntnis der Bundesregierung im Niger? Mit welchen nationalen und internationalen Stellen bzw. Organisationen arbeitet der UNHCR im Niger zusammen? Tätigkeitsfelder und involvierte Stellen sind auf der Website des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) unter http://reporting.unhcr.org/n iger aufgeführt. 6. Welche Aufgaben übernimmt die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung im Niger? Mit welchen nationalen und internationalen Stellen bzw. Organisationen arbeitet sie in dem Land zusammen? Auf die Webseite der internationalen Organisation für Migration (IOM) wird verwiesen: www.iom.int/countries/niger. 7. Was genau sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Aufgaben der „Immigration and Border Management Unit“ der IOM (http://gleft.de/ 3iW)? Auf die Website der IOM wird verwiesen: www.iom.int/immigration-and-bord er-management-2. 8. Welche Aufnahme- bzw. Transitzentren, Versorgungsstellen und Migrationszentren betreibt die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung seit wann im Niger (www.iom.int/countries/niger, bitte differenzieren)? IOM hatte nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2015 vier Anlaufstellen in Niger, heute befinden sich acht Anlaufstellen im Land. a) Wie viele Schutzsuchende sind dort nach Kenntnis der Bundesregierung untergebracht, und inwieweit besteht dort Zugang zu Obdach, Nahrung und medizinischer Versorgung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16660 b) Inwieweit wird eine solche Versorgung nach Kenntnis der Bundesregierung an die Bedingung geknüpft, dass Schutzsuchende sich bereit erklären, „freiwillig“ in ihr Herkunftsland zurückzukehren (http://glef t.de/3jz)? Nach Kenntnis der Bundesregierung bietet IOM Menschen Versorgung und Migrationsberatung unabhängig von einer Rückkehr in ihr Herkunftsland. c) Inwiefern ist die Einhaltung von Menschenrechten in den nigrischen Migrationszentren nach Kenntnis der Bundesregierung gewährleistet (http://gleft.de/3jI)? Nach Kenntnis der Bundesregierung erfüllt die IOM in ihrer Arbeit Menschenrechtsstandards . d) Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass nigrische Sicherheitskräfte im Mai 2018 eine Gruppe sudanesischer Flüchtlinge in dem von der IOM betriebenen und von der EU und Deutschland finanzierten Migrationszentrum in Agadez verhaftet und nach Libyen abgeschoben haben (http://gleft.de/3jI), und welche Konsequenzen zieht sie ggf. daraus? Zu den von den Fragestellern geschilderten Umständen liegen der Bundesregierung keine eigenen belastbaren Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung thematisiert Migrationsmanagement regelmäßig in Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der nigrischen Regierung. e) Was ist der Bundesregierung über „Ghettos“ von Schutzsuchenden am Stadtrand von Agadez bekannt, und welche Konsequenzen zieht sie daraus (https://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5602720/)? Der Bundesregierung sind Berichte von wissenschaftlichen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen zu den genannten Einrichtungen bekannt. Sie verfolgt die Lage in den auch unter dem Begriff „safe houses“ bekannten Sammelorten für irreguläre Migrantinnen und Migranten aufmerksam. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 8d verwiesen.  9. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die IOM in Assamaka tätig? Wie sind sie ausgebildet, und welche Ausrüstung (etwa Autos, Lastwagen , Motorräder) steht ihnen zur Verfügung, um beispielsweise Suchund Rettungsoperationen in der Wüste durchzuführen? 10. Welche weiteren internationalen, Nichtregierungs- und humanitären Organisationen außer der IOM sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der Grenzstadt Assamaka tätig, und welche Aufgaben übernehmen sie? Zu den Fragen 9 und 10 liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 11. Inwieweit ist die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung am Aufbau und der Restrukturierung von Grenzposten im Niger beteiligt (http://glef t.de/3iZ, S. 16)? Eine Beteiligung im Sinne der Fragestellung ist der Bundesregierung nicht bekannt . Drucksache 19/16660 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Welche Projekte im Bereich Migration und Grenzsicherung werden aktuell nach Kenntnis der Bundesregierung von der IOM ggf. gemeinsam mit welchen Partnern im Niger durchgeführt bzw. unterstützt? Informationen hierzu sind auf der Internetseite www.iom.int/countries/niger abrufbar . 13. In welchen Regionen und mit welcher Regelmäßigkeit führt die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung im Niger Such- und Rettungsoperationen in der Wüste durch? Wie viele Such- und Rettungsaktionen hat die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung bislang insgesamt in der nigrischen Wüste durchgeführt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 14. Wie viel Geld steht der IOM zur Verfügung, um Such- und Rettungsoperationen in der Wüste durchzuführen, und wie hat sich das entsprechende Budget seit 2015 entwickelt? Die Fragen 13 und 14 werden zusammengefasst beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 15. Was geschieht nach Kenntnis der Bundesregierung mit Schutzsuchenden, nachdem sie von der IOM gefunden bzw. aufgegriffen wurden? a) Auf welche Weise beschafft die IOM nach Kenntnis der Bundesregierung für Menschen, die über keine Papiere verfügen, Reisedokumente für die Rückkehr in ihre Herkunftsländer (http://gleft.de/ 3iY)? b) Inwieweit werden die Schutzsuchenden, die an der „freiwilligen“ Rückkehr teilnehmen, nach Kenntnis der Bundesregierung nach der Ankunft in ihren Herkunftsstaaten unterstützt (bitte ausführen)? c) Wie viele Schutzsuchende sind 2018 und im bisherigen Jahr 2019 mit Hilfe der IOM „freiwillig“ in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? d) Wie wird damit umgegangen, wenn gerettete Menschen nicht bereit sind, in ihr Herkunftsland zurückzukehren? e) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, dass Schutzsuchende, nachdem sie von der IOM aufgegriffen und nach Assamaka gebracht wurden, erneut versuchen, nach Algerien bzw. Libyen zu gelangen? Die Fragen 15 bis 15e werden gemeinsam beantwortet. Die Zahl der Migrantinnen und Migranten, die mit Unterstützung der IOM 2018 freiwillig aus Niger in ihre Heimatländer zurückreisten, betrug knapp 16.400 Personen (Quelle: IOM). Für die Jahre 2016 bis 2019 liegt die Zahl bei insgesamt 48.077 (Stand: Herbst 2019, Quelle: IOM). Weitere Einzelheiten sind unter auf www.iom.int/assisted-voluntary-return-and-reintegration verfügbar. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine weitergehenden Informationen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16660 16. Welche anderen Akteure führen nach Kenntnis der Bundesregierung Such- und Rettungsaktionen in der nigrischen Wüste durch? Was ist der Bundesregierung über die Regelmäßigkeit solcher Einsätze bekannt? Inwieweit werden Menschen, die von anderen Akteuren als der IOM in der Wüste aufgegriffen bzw. gerettet werden, der IOM übergeben? 17. Welche staatlichen und nichtstaatlichen Akteure bzw. Gruppierungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in der nigrischen Wüste und in den angrenzenden Sahel-Staaten aktiv? 18. Auf welchen Daten basiert nach Kenntnis der Bundesregierung die von der IOM erstellte „Displacement Tracking Matrix”, und welche weiteren Akteure sind an der Erstellung ggf. beteiligt (www.globaldtm.info/ni ger/)? Die Fragen 16 bis 18 werden zusammengefasst beantwortet. Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Informationen im Sinne der Fragestellung. 19. Wie viel Geld hat die EU dem Niger im Rahmen welcher Programme im Bereich Bekämpfung der „illegalen“ Migration und Grenzschutz seit 2015 zukommen lassen (bitte nach Jahren aufschlüsseln und angeben, in welche Projekte die Mittel jeweils geflossen sind)? Welche Zentren für Flüchtlinge und Migranten werden zumindest teilweise durch die EU bzw. die Bundesregierung finanziert (bitte differenzieren )? Auf die Website des EU Trust Fonds wird verwiesen: https://ec.europa.eu/trustf undforafrica/region/sahel-lake-chad/niger. Es bestehen derzeit zwölf nationale und 17 regionale Vorhaben für Niger. Da der Trust Fund auch aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) gespeist ist, finanzieren alle EU-Mitgliedstaaten alle Vorhaben mit. 20. Welche Abkommen im Bereich Migration wurden seit 2017 von Seiten der Bundesregierung und/oder der EU mit dem Niger abgeschlossen, und was beinhalten sie? Die Bundesregierung hat keine solchen Abkommen geschlossen. 21. Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen von EU Capacity Building Mission (EUCAP) Sahel im Bereich Grenzschutz und Migrationskontrolle durchgeführt (https://taz.de/Aus-Le -Monde-diplomatique/!5602720/)? Die zivile GSVP-Mission EUCAP Sahel Niger unterstützt auf Grundlage eines nicht-exekutiven Mandats die nigrischen Sicherheitsbehörden durch Beratung, Ausbildung und Ausstattung auch im Bereich Grenzschutz und Migrationskontrolle . Hierzu zählt auch die Ausbildung im Einrichten und Betreiben von Kontrollstellen. Die Mission organisiert und unterstützt zudem Workshops zu einzelnen polizeilichen Themengebieten (wie zur Stärkung der Strafrechtskette oder zur verbesserten Interaktion von Sicherheitskräften und Zivilgesellschaft) und trägt damit zu Kompetenzbildung wie zur Vernetzung der lokalen und internationalen Akteure vor Ort bei. Drucksache 19/16660 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Was geschieht nach Kenntnis der Bundesregierung mit Schutzsuchenden, die von der nigrischen mobilen Grenzüberwachungseinheit aufgegriffen werden, die der nigrischen Nationalpolizei unterstellt ist (https://taz.de/K anzlerin-auf-Afrika-Tour/!5591993/)? Von den nigrischen Sicherheitskräften aufgegriffene Migrantinnen und Migranten werden nach Kenntnis der Bundesregierung an Zentren der IOM übergeben. Die der nigrischen Nationalpolizei zugehörigen mobilen Grenzüberwachungseinheiten sind nur im Süden des Landes tätig, wo der Aufenthalt von Angehörigen der ECOWAS-Mitgliedstaaten mit Pass legal ist und dementsprechend kaum Aufgriffe erfolgen. Schwerpunkt der mobilen Grenzüberwachungseinheiten ist der Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität. Schutzsuchende nigerianische und malische Flüchtlinge siedeln in der Regel in Grenznähe in oder bei Gemeinden gleicher ethnischer Zugehörigkeit und werden dabei vom nigrischen Staat, etwa durch Landzuweisungen, von den aufnehmenden Gemeinden und von den internationalen Organisationen des VN- Systems unterstützt. Personen anderer Herkunftsstaaten mit Asylbegehren werden UNHCR zugeführt. 23. Sind unerlaubte Einreise und unerlaubter Aufenthalt nach Kenntnis der Bundesregierung im Niger als Straftatbestände normiert, und in welchem Umfang werden eventuelle Verstöße verfolgt? Der Bundesregierung liegen zur rechtlichen Qualifizierung von unerlaubter Einreise und Aufenthalt in Niger und zum ggfs. damit verbundenen Strafmaß keine belastbaren Informationen vor, ebenso wenig zum Umfang der Strafverfolgung . 24. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über willkürliche Verhaftungen Schutzsuchender durch nigrische Sicherheitskräfte (bitte ausführen)? Nein, hierzu hat die Bundesregierung keine Kenntnisse. 25. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragestellerinnen und Fragesteller, dass die Anwendung des Gesetzes 036/2015 Schutzsuchende auf gefährlichere Routen zwingt, wodurch es zu mehr Todesfällen in der Wüste kommt (siehe Vorbemerkung)? Welche Konsequenzen sieht sie ggf. daraus? Aufgrund fehlender Zahlen kann die Bundesregierung keinen Vergleich zu früheren Jahren ziehen. 26. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die Anwendung des Gesetzes 036/2015 die Korruption im Niger befeuert sowie zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit und infolgedessen einer Zunahme an Bandentätigkeit , Drogenhandel und für einen Zulauf zu bewaffneten Gruppen geführt hat (https://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5602720/, bitte ausführen)? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind Aktivitäten im illegalen Migrationssektor in Agadez aufgrund des Gesetzes 036/2015 stark zurückgegangen. Erkenntnisse , die den Schluss zulassen, dass hierdurch Korruption und der Zulauf Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16660 zu bewaffneten Gruppen, Drogenhandel und Bandenkriminalität befördert werden , liegen der Bundesregierung nicht vor. 27. Wie viele Anträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des über den EU-Treuhandfonds für Afrika finanzierten „Aktionsplan für rasche ökonomische Verbesserung in Agadez“, mit dem ehemalige Fahrer bzw. Fluchthelfer unterstützt werden sollen, bisher gestellt , bearbeitet, bewilligt und abgelehnt (https://taz.de/Aus-Le-Monde-d iplomatique/!5602720/)? Wie lange dauert das Prüfverfahren nach Kenntnis der Bundesregierung durchschnittlich, und welche Stelle bzw. Behörde ist dafür zuständig? Auf die Antwort zu Frage 19 wird verwiesen. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. 28. Welche ausgewählten Gemeinden und Regionen werden im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und kofinanziert vom EU-Treuhandfonds für Afrika (EUTF) unterstützt , und was genau beinhaltet die Unterstützung (http://gleft.de/3jG)? Im Rahmen des vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und EUTF kofinanzierten Vorhabens „Management der Migrationsherausforderungen in Niger“ werden die drei Regionen Agadez, Tahoua und Zinder sowie 18 Gemeinden begleitet (Abalak, Aderbissinat, Agadez, Arlit, Badaguichiri, Dan Barto, Daouché, Dirkou, Illéla, Kantché, Kao, Kourni, Matameye, Tabelot, Tahoua, Tchintabaraden, Tsaouni und Yaouri). Das Vorhaben unterstützt diese Gemeinden und Regionen bei der Bewältigung von Migrationsfolgen. In diesem Zusammenhang werden insbesondere kommunale Basisinfrastrukturen (z. B. Rehabilitierung von Gesundheitsstationen, Trinkwasser ), Sensibilisierungsveranstaltungen (zu Themen wie Auswirkungen von Migration auf lokale Entwicklung, Konfliktprävention) und Fortbildungen (z. B. im Bereich lokale Einkommensförderung und Beschäftigung) umgesetzt. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 29. Welche Projekte werden von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Rahmen welcher Programme im Niger durchgeführt? Welche weiteren Akteure sind daran beteiligt, und inwieweit haben diese Migration oder Grenzsicherung zum Schwerpunkt? Welche Ziele werden damit verfolgt? Für eine Übersicht aller in Niger durchgeführten entwicklungspolitischen Projekte wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 20 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/13332, einschließlich Anlage 2 verwiesen. Alle Projekte werden mit nigrischen Partnern durchgeführt , das Projekt „Management der Migrationsherausforderungen in Niger“ wird durch den EUTF ko-finanziert. Keines dieser entwicklungspolitischen Projekte hat Migration oder Grenzsicherung zum Schwerpunkt. Für die entwicklungspolitischen Projekte, die im Zusammenhang mit Herausforderungen der Migration stehen wird auf die Antworten zu den Fragen 28, 30 und 31 verwiesen . Drucksache 19/16660 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Als Teil des Engagements der Bundesregierung im Bereich Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge führt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Niger länderspezifische Maßnahmen im Rahmen regionaler Programme in den Bereichen Polizeiaufbau und Grenzmanagement durch. Durch das Grenzmanagementvorhaben wird vor allem die Afrikanische Union (AU) darin unterstützt, ihr Ziel, Grenzen in Afrika zu demarkieren und falls erforderlich zu korrigieren, umzusetzen. Rechtsklarheit, Transparenz und Einverständnis der jeweiligen Anrainerstaaten in Fragen der Grenzziehung soll zu Konfliktlösung, Befriedung und Stabilisierung beitragen. Im Bereich des Polizei-aufbaus unterstützt die GIZ die G5-Staaten bei der Verbesserung der regionalen, grenzüberschreitenden Kooperation und bei der Erstellung standardisierter grenzpolizeilicher Ausbildungsmodule. 30. Wie haben sich die Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Bereich Flucht und Migration konkret in der Sahel-Region in den letzten drei Jahren verändert? Welche Folgen hatte das nach Kenntnis der Bundesregierung für die Menschen vor Ort? Die mit den Partnern vereinbarten Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) in der Sahel-Region haben sich in den letzten drei Jahren nicht verändert. Seit 2016 hat die deutsche EZ im Rahmen der EU-Migrationspartnerschaften zusätzliche Mittel in der Sahel-Region bereitgestellt und umgesetzt . Die Schwerpunkte liegen weiterhin auf der Stärkung von Gemeinden und in der Schaffung von Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten, insbesondere in Transitgemeinden. Die lokale Bevölkerung profitiert von diesem Engagement etwa durch Beschäftigungsmöglichkeiten , Ausbildungsangebote und durch den Ausbau der Infrastruktur . 31. Was beinhaltet die mit 3 Mio. Euro finanzierte „migrationspolitische Beratung “, die die GIZ GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Niger durchführt, und was kennzeichnet eine „menschenrechtsbasierte und kohärente Migrationspolitik “ (http://gleft.de/3iX)? Bestimmte Gemeinden in Niger sind besonders von Transitmigration betroffen. Das von der GIZ durchgeführte und vom BMZ finanzierte Projekt „Migrationspolitische Beratung in Niger“ berät die nigrische Regierung bei der Bewältigung von Migrationsherausforderungen und bei der Erarbeitung einer nationalen Migrationspolitik, die den menschenrechtlichen Verpflichtungen des Landes und internationalen, regionalen und subregionalen Menschenrechtsstandards entspricht. Dies umfasst insbesondere die Abstimmung der Politik zwischen allen mit Migrationsthemen befassten Ministerien. 32. In welcher Höhe hat die Bundesregierung seit 2016 Rüstungsexporte nach Niger genehmigt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Es liegen noch keine endgültigen Zahlen für die Jahre 2019 und 2020 vor. Ausgewertet wurden Daten bis zum Stichtag 15. Januar 2020. Die derzeit vorliegenden Angaben können sich durch Fehlerkorrekturen oder Nachmeldungen noch verändern. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16660 Bei der Bewertung der vorliegenden Zahlen ist folgender Tatbestand von besonderer Bedeutung: Im Rüstungsexportbericht wird bereits darauf hingewiesen , dass die Summe der Genehmigungswerte eines Berichtszeitraums allein kein tauglicher Gradmesser für eine bestimmte Rüstungsexportpolitik ist. Vielmehr sind die Art der Güter und der jeweilige Verwendungszweck bei der Bewertung zu berücksichtigen. Auch schwanken die Werte in den jeweiligen Berichtsperioden. Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik . Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung sowie die am 26. Juni 2019 in geschärfter Form verabschiedeten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“, der „Gemeinsame Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ in der Fassung vom 16. September 2019 und der Vertrag über den Waffenhandel („Arms Trade Treaty“). Die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland spielt bei der Entscheidungsfindung eine hervorgehobene Rolle. Die Genehmigungswerte bis zum 15. Januar 2020 ergeben sich aus der nachstehenden Tabelle. Sie betrafen überwiegend Genehmigungen zum Schutz internationaler Organisationen und Genehmigungen im Rahmen der Ertüchtigungsinitiative der Bundesregierung. Jahr Wert der Genehmigungen in Euro 2016 660.000 2017 1.800 2018 3.609.910 2019 1.443.110 2020 – 33. Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im bisherigen Jahr aus Algerien nach Niger abgeschoben (bitte auch Angaben zu den wichtigsten Staatsangehörigkeiten machen)? Iinwiefern war die IOM hieran beteiligt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Informationen vor. Drucksache 19/16660 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 34. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die IOM in enger Zusammenarbeit mit den Regierungen von Algerien und Niger am 15. Oktober 2019 166 nigrische Staatsangehörige mit einem Charterflug von Tamanrasset nach Niamey abgeschoben hat (http://gleft.de/3jH)? a) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wer diese Charterabschiebung initiiert hat? b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Behörde bzw. welche Stellen die Zuführung der nigrischen Staatsangehörigen zu der Charterabschiebung organisiert hat bzw. haben? Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Betroffenen vor der Abschiebung Opfer willkürlicher Verhaftungen durch algerische Sicherheitskräfte wurden (http://gleft.de/3jI)? c) Inwieweit haben sich die abgeschobenen Personen nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Rückkehr einverstanden erklärt, und teilt die Bundesregierung die Auffassung der IOM, dass es sich um einen „humanitären Flug“ handelte (http://gleft.de/3jH)? d) Welche weiteren Charterabschiebungen der IOM von Algerien nach Niger haben nach Kenntnis der Bundesregierung im bisherigen Jahr 2019 stattgefunden (bitte auch angeben, wie viele Personen jeweils abgeschoben wurden)? Was ist der Bundesregierung über die Planung weiterer Charterabschiebungen von Algerien nach Niger durch die IOM bekannt? Die Fragen 34 bis 34d werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung ist über diese Maßnahme nichts bekannt. 35. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung ggf. gemeinsam mit anderen EU-Staaten unternommen, um auf die algerische Regierung einzuwirken , dass sie die völkerrechtswidrigen Zurückschiebungen in die nigrische Wüste unterlässt? Die Bundesregierung thematisiert Migrationsfragen, einschließlich Rückführungen , im EU-Kreis, mit internationalen Organisationen und gegenüber der algerischen Regierung. 36. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, dass die nigrischen Behörden aus Algerien zurück- bzw. abgeschobene Menschen teilweise nicht einreisen lassen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? 37. Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2017, 2018 und im bisherigen Jahr 2019 aus dem Niger abgeschoben (bitte nach Jahren aufschlüsseln und auch Angaben zu den wichtigsten Zielstaaten machen)? Inwieweit war die IOM hieran beteiligt? Zu den Fragen 36 und 37 hat die Bundesregierung keine Kenntnisse. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/16660 38. Wie viele Menschen sind in den Jahren 2017, 2018 und im bisherigen Jahr 2019 nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer finanziellen Förderung freiwillig aus dem Niger in ihr Herkunftsland zurückgekehrt, und inwiefern war die IOM hieran beteiligt (bitte nach Jahren aufschlüsseln und auch Angaben zu den wichtigsten Zielstaaten machen)? Auf die Antwort zu Frage 15 wird verwiesen. Drucksache 19/16660 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333