Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15849 – Haltung der Bundesregierung zur Gülen-Bewegung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ein Festakt, bei dem u. a. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller und die Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat , Anne Katrin Bohle, sprachen, bildete am 16. September 2019 den offiziellen Auftakt für die Bauarbeiten des House of One in Berlin. In diesem „Bet- und Lehrhaus“, das von einem muslimischen Verein, einem Rabbinerseminar und einer evangelischen Kirchengemeinde getragen wird, sollen eine Kirche, eine Synagoge und eine Moschee Platz finden. Die Bundesregierung hat im November 2018 10 Mio. Euro für den Bau des Bet- und Lehrhauses bewilligt , der Berliner Senat stimmte der Vergabe von Mitteln in gleicher Höhe zu (www.tagesspiegel.de/berlin/house-of-one-in-berlin-bauarbeiten-fuer-mehr religionenhaus-beginnen/25018540.html; www.de.qantara.de/content/gruendu ngsarbeiten-fuer-house-of-one-abgeschlossen). Während die Fragestellerinnen und Fragesteller den Dialog zwischen den Religionen ausdrücklich begrüßen, wirft das führend am House of One beteiligte Forum Dialog aufgrund seiner Zugehörigkeit zur umstrittenen Gülen- Bewegung (Hizmet-Bewegung) Fragen auf. Das Forum Dialog (vormals Forum für interkulturellen Dialog) wurde nach eigenen Angaben von „deutschen Muslimen mit überwiegend türkischer Migrationsgeschichte, deren Inspiration auf die Lehren und die Werte des muslimischen Gelehrten Fethullah Gülen zurückgeht , gegründet“ (www.forumdialog.org/ueber-uns/). Die türkische Regierung sieht die Gülen-Bewegung, die sie als Fethullah- Terror-Organisation (FETÖ) bezeichnet, als Drahtzieherin des gescheiterten Militärputsches im Juli 2016 an. Oppositionsparteien in der Türkei beschuldigten die Gülen-Bewegung darüber hinaus, bereits während ihres bis zum Jahr 2013 andauernden engen Bündnisses mit der Regierungspartei AKP, ihren damaligen Einfluss auf Polizei und Justiz zur massenhaften Inhaftierung politischer Gegnerinnen und Gegner genutzt und dazu Ermittlungsverfahren manipuliert, Beweise gefälscht und ihre Medien zur politischen Diffamierung missbraucht zu haben (www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/studie n/2013_S23_srt.pdf; www.nzz.ch/feuilleton/medien/die-psychische-belastungwar -enorm-1.18582876; www.spiegel.de/politik/ausland/guelen-bewegung-inder -tuerkei-die-unheimlichemacht-desimam-a-754909.html). Deutscher Bundestag Drucksache 19/16663 19. Wahlperiode 21.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 17. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Mit der Beteiligung am House of One verfolgt die Gülen-Bewegung nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller primär das Ziel, ihr angeschlagenes Image in der Öffentlichkeit aufzupolieren und von ihrer politischen Agenda abzulenken. Aufgrund der – insbesondere nach dem Putschversuch in 2016 – isolierten Stellung der Gülen-Gemeinde selbst im türkisch-islamischen Spektrum wird sich nach Ansicht der Fragesteller die Masse der Muslime in Deutschland nicht im House of One wiederfinden können (www.spiegel.de/po litik/deutschland/deutschland-kritisiert-guelen-bewegung-scharf-foerdert-sie-tr otzdem-mit-millionen-a-1240830.html). Das sogenannte House of One wurde nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller immer wieder in den Staatlichen Museen zu Berlin wie dem Bode Museum und dem Museum für Islamische Kunst beworben. Während der Präsident des Bundesnachrichtendienstes , Bruno Kahl, die Gülen-Bewegung noch im März 2017 als „zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung“ bezeichnete, heißt es laut Presseberichten (s. Frage 3) in einem internen Papier der Deutschen Botschaft in Ankara vom Februar 2018, alle Quellen seien sich einig, dass die Gülen-Bewegung seit Jahrzehnten eine „gezielte Unterwanderung staatlicher Institutionen“ in der Türkei betreibe. „Der konspirative Teil der Bewegung zeichnet sich durch strikte Hierarchien aus und erinnert in seiner Struktur an Erscheinungsformen organisierter Kriminalität“, zitieren die Diplomaten ihre Informanten, der „Anspruch der Bewegung auf die Loyalität ihrer Mitglieder“ sei „absolut“. Derweil häufen sich Hinweise, wonach Deutschland, wohin zahlreiche zum Teil führende Mitglieder der Gülen-Bewegung angesichts der scharfen Verfolgung in der Türkei geflohen sind, zum neuen Zentrum der Gülen-Bewegung wird (www.de.qantara.de/content/gruendungsarbeiten-fuerhouse -of-one-abgeschlossen; www.spiegel.de/politik/deutschland/deutsch land-kritisiert-guelen-bewegung-scharf-foerdert-sie-trotzdem-mit-millionen-a- 1240830.html). 1. Welche Kontakte und Treffen zwischen der Bundesregierung bzw. Bundesbehörden und der Hizmet- bzw. Gülen-Bewegung zugerechneten Personen , Institutionen, Vereinigungen und Medien (wie z. B. Stiftung Dialog und Bildung, Forum Dialog, Bund deutscher Dialoginstitute, Bundesverband der Unternehmervereinigungen, Stockholm Center for Freedom etc., bitte jeweils einzeln benennen) gab es wann und zu welchem Anlass seit dem Jahr 2017 (bitte gegebenenfalls – siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 19/3397 – zwischen Kooperationen im nachrichtendienstlichen Bereich und sonstigen Kooperationen unterscheiden ; für den Fall, dass ein Teil der angefragten Informationen aus Sicht der Bundesregierung schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berührt , bitte begründen, welche Interessen im Einzelnen davon betroffen sind, und die nicht darunter fallenden Informationen angeben)? Aus dem Jahr 2017 ist zu den in der Anfrage bezeichneten Einrichtungen eine Anfrage des „Bundesverbandes der Unternehmervereinigungen“ beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) aktenkundig, die mit einem Hinweis auf die mangelnde Zuständigkeit beantwortet wurde. Diese Angabe erfolgt auf Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Kontakte besteht nicht, und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt. Darüber hinaus sind Kontakte am Rande von Veranstaltungen insbesondere auf Arbeitsebene nicht auszuschließen , zumal die Bundesregierung über keine abschließenden Erkenntnisse über der Gülen-Bewegung zuzurechnende Organisationen oder Personen verfügt. Die Fragen 1 und 2 werden ergänzend unter dem Hinweis beantwortet, dass Gegenstand der Fragen solche Informationen sind, die in besonderem Maße die Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste berühren und daher in einer zur Veröffentlichung vorgesehenen Fassung nicht behandelt werden können. Das ver- Drucksache 19/16663 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode fassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch gleichfalls Verfassungsrecht genießende schutzwürdige Interessen wie das Staatswohl begrenzt. Eine Offenlegung der angefragten Informationen birgt die Gefahr, dass Einzelheiten zur konkreten Methodik und zu im hohen Maße schutzwürdigen spezifischen nachrichtendienstlichen Verbindungen der Nachrichtendienste des Bundes bekannt würden. Infolgedessen könnten sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure Rückschlüsse auf spezifische Vorgehensweisen und Fähigkeiten der Nachrichtendienste des Bundes gewinnen. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag der Nachrichtendienste des Bundes nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des Bundes nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben die Fähigkeiten und Arbeitsweisen der Nachrichtendienste des Bundes so detailliert, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern ihrem Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann. Bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Information wäre kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Nachrichtendienste zurückstehen. 2. Welche Kooperationen zwischen der Bundesregierung bzw. den Bundesbehörden und der Hizmet- bzw. Gülen-Bewegung zugerechneten Personen , Institutionen, Vereinigungen und Medien (wie z. B. Stiftung Dialog und Bildung, Forum Dialog, Forum für Interkulturellen Dialog, Bund deutscher Dialoginstitute, Bundesverband der Unternehmervereinigungen, Stockholm Center for Freedom etc., bitte jeweils einzeln benennen) gab es wann und zu welchem Anlass seit dem Jahr 2017, und in welcher Höhe wurden dafür gegebenenfalls Bundesmittel zu welchem Zweck bereitgestellt (bitte gegebenenfalls – siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 19/3397 – zwischen Kooperationen im nachrichtendienstlichen Bereich und sonstigen Kooperationen unterscheiden ; für den Fall, dass ein Teil der angefragten Informationen aus Sicht der Bundesregierung schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berührt, bitte begründen, welche Interessen im Einzelnen davon betroffen sind und die nicht darunter fallenden Informationen angeben)? Inwieweit sind entsprechende Kooperationen mit Bundesmitteln in welcher Höhe für die Zukunft geplant? Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 7 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16663 3. Inwieweit hat sich die Bundesregierung die in einem internen Papier des Auswärtigen Amts vom Februar 2018 genannten Einschätzungen zu eigen gemacht, wonach sich alle Quellen der Deutschen Botschaft in Ankara einig seien, dass die Gülen-Bewegung seit Jahrzehnten eine gezielte Unterwanderung staatlicher Institutionen in der Türkei betreibe, sich der konspirative Teil der Bewegung durch strikte Hierarchien auszeichne, in seiner Struktur an Erscheinungsformen organisierter Kriminalität erinnere und der Anspruch der Bewegung auf die Loyalität ihrer Mitglieder absolut sei (www.spiegel.de/politik/deutschland/deutschland-kritisiert-guelen-bewegu ng-scharf-foerdert-sie-trotzdem-mit-millionen-a-1240830.html)? a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Einschätzung für ihren Umgang mit der Hizmet-Bewegung (Gülen- Bewegung), und wie hat sich dieser Umgang gegebenenfalls verändert ? Die Fragen 3 und 3a werden aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zu internen Papieren und Arbeitsunterlagen äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht. Berichte der Auslandsvertretungen dienen der internen Meinungsbildung in der Bundesregierung und betreffen damit den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Die Gülen-Bewegung ist in Deutschland nicht als terroristische Vereinigung eingestuft. b) Inwieweit sieht die Bundesregierung in dieser Einschätzung eine Differenz zur früheren Einschätzung des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes , Bruno Kahl, wonach es sich bei der Gülen-Bewegung um eine „zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung“ handele (www.de.qantara.de/content/hinweise-auf-deutschland-als-neu es-zentrum-der-islamischen-guelen-bewegung)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 2 des Abgeordneten Özcan Mutlu auf Bundestagsdrucksache 18/11947, die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagdrucksache 18/12498 sowie die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3397 verwiesen. 4. Inwieweit und aus welcher Quelle verfügt die Bundesregierung inzwischen über Kenntnisse bezüglich einer Beteiligung oder Mit-Beteiligung der Gülen-Bewegung bzw. von Teilen der Bewegung oder Personen aus der Bewegung am Putschversuch gegen die türkische Regierung im Juli 2016, und welche Schlussfolgerungen für ihre Haltung gegenüber der Gülen-Bewegung zieht sie gegebenenfalls daraus? Bei offiziellen Gesprächen von Vertretern der Bundesregierung mit türkischen Regierungsvertretern hat die türkischer Seite wiederholt ihre Sicht auf die Beteiligung der Gülen-Bewegung am gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 vorgetragen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 3 und 3a verwiesen. Drucksache 19/16663 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Kenntnisse aus welcher Quelle hat die Bundesregierung über die Stellung und das Ansehen der Gülen-Bewegung innerhalb der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland? a) Inwieweit waren und sind nach Kenntnis der Bundesregierung Vereine , Institutionen oder Persönlichkeiten, die der Hizmet- bzw. Gülen- Bewegung zugerechnet werden, an Islamverbänden oder größeren Zusammenschlüssen von muslimischen Verbänden wie Islam- oder Schura-Räten beteiligt? b) Inwieweit waren und sind nach Kenntnis der Bundesregierung Vereine , Institutionen oder Persönlichkeiten, die der Hizmet- bzw. Gülen- Bewegung zugerechnet werden, an der Deutschen Islamkonferenz beteiligt ? c) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Verhältnis zwischen der Gülen-Bewegung und anderen türkisch-islamischen Verbänden wie DITIB, ATIB und Milli Görüs? d) Welche Stellung nimmt die Gülen-Bewegung nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der türkeistämmigen Muslime in Deutschland ein? Die Fragen 5 bis 5d werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Die Gülen-Bewegung ist kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden . Kenntnisse der Bundesregierung über Gülen-Anhänger und deren Aktivitäten in Deutschland speisen sich aus öffentlich zugängigen Quellen wie allgemeinen wissenschaftlichen Studien, Medienberichten und Konferenzen. Die Bundesregierung verfügt über keine abschließenden Erkenntnisse über der Gülen-Bewegung zuzurechnende Organisationen oder Personen. Insbesondere nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 hat sich auch in Deutschland die Situation der Gülen-Bewegung verändert, da bestehende Konflikte in der Türkei sich auch auf die türkeistämmige Bevölkerung in Deutschland auswirkten. Dies betrifft auch das Verhältnis zu Dachverbänden von Moscheegemeinden . Laut Pressemeldungen aus dem Jahr 2016 erwog ein Vertreter der Gülen-Bewegung daher, eigene Moscheen zu gründen. Die Bundesregierung verfügt über keine Erkenntnisse, dass Institutionen oder Persönlichkeiten, die der Hizmet- bzw. Gülen-Bewegung zugerechnet werden, in Dachverbänden von Moscheegemeinden maßgeblich beteiligt sind. Institutionen oder Personen, die der Gülen-Bewegung zugerechnet werden können, waren und sind nicht Mitglied der Deutschen Islam Konferenz. Mitwirkungen auf Arbeitsebene oder im Rahmen von Veranstaltungen der Deutschen Islam Konferenz kann es punktuell gegeben haben. 6. Inwieweit werden sich nach Ansicht der Bundesregierung Muslime in Deutschland, insbesondere türkeistämmige Muslime, durch das Forum Dialog und die Gülen-Bewegung im Projekt des House of One wiederfinden ? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 5d verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16663 7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Zugehörigkeit des am House of One beteiligten Forum Dialog zur Gülen-Bewegung, und welche Stellung nimmt dieser Verein nach ihrer Kenntnis gegebenenfalls innerhalb der Gülen-Bewegung ein? Das Forum Dialog bzw. seine Vorgängerorganisation ist nach eigenen Angaben ein Zusammenschluss von Personen, die sich an Fethullah Gülen orientieren. Das Forum Dialog ist Mitgliedorganisation im Bund Deutscher Dialog Institutionen , einem Zusammenschluss von Organisationen, die im Bereich Dialog aktiv sind und sich auf Fethullah Gülen beziehen. a) Seit wann, zu welchem Anlass, und in welcher Form besteht ein Kontakt zwischen der Bundesregierung und dem Forum Dialog bzw. dessen Vorgängerverein Forum für interkulturellen Dialog oder Vertretern dieser Vereinigungen? Ein unmittelbarer Kontakt mit dem Forum Dialog bzw. vormals dem Forum für interkulturellen Dialog besteht nicht. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 und die Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/8502 verwiesen. b) Welche Kooperationen zwischen der Bundesregierung und dem Forum Dialog bzw. Projekten, an denen das Forum Dialog beteiligt ist, gibt es seit wann, und in welchem Bereich, und auf wessen Initiative hin, und wie viele Bundesmittel aus welchem Etat wurden und werden gegebenenfalls dafür verwendet? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/15116 verwiesen. Seit 1. Juli 2015 fördert das BMI im Rahmen der Förderung von Projekten des interreligiösen Dialogs Projekte der Stiftung „House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin“ (ehem. Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin e.V.). Folgende Projektfördersummen sind aus Kapitel 0601 Titel 685 19 geflossen: 2015: 18.340,00 Euro 2016: 55.882,00 Euro 2017: 59.000,00 Euro 2018: 94.927,01 Euro 2019: 116.069,76 Euro Der Verein „Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin e.V.“ wurde von 2012 bis zur Gründung der Stiftung „House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin“ durch das BMI auf Arbeitsebene in Form der Mitwirkung im Kuratorium des Vereins fachlich beraten. Die Initiative zum Projekt „House of One“ ging von der Evangelischen Gemeinde St. Petri – St. Marien in Berlin aus. c) Bestand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von Bundestagsdrucksache 19/3397 im Juli 2018 bereits eine Kooperation mit dem Forum Dialog bezüglich des House of One, und wenn ja, warum hat die Bundesregierung diese nicht in ihrer Antwort zu Frage 17 angegeben, und welche schutzbedürftigen Geheimhaltungsinteressen wären durch eine Nennung einer solchen Kooperation berührt worden? Auf die Antwort zu Frage 7b wird verwiesen. Anders als in Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 19/3397 wird in Frage 7b der vorliegenden Kleinen Anfrage ergänzend nach Projekten gefragt, an denen das Forum Dialog beteiligt ist. Drucksache 19/16663 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Inwieweit wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das House of One und die Beteiligung des Forum Dialog daran sowie die Förderung dieses Projektes durch den Bund von Seiten der türkischen Regierung, Politikerinnen und Politiker der türkischen Regierungspartei AKP oder ihr nahestehender Medien thematisiert? Der Bundesregierung sind Berichte türkischer Medien und Äußerungen türkischer Regierungsvertreter und Politiker bekannt, die sich mit dem House of One, dessen Förderung und den beteiligten Projektpartner befassen. 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die derzeitige Situation von Anhängerinnen und Anhängern der Gülen-Bewegung in der Türkei? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/2599 verwiesen. a) Wie viele mutmaßliche Gülen-Anhängerinnen und Gülen-Anhänger wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Ende 2013 festgenommen , verhaftet, angeklagt oder verurteilt, und wie viele wurden wieder aus der Untersuchungshaft entlassen? b) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über Misshandlungen und Folterungen von Gülen-Anhängerinnen und Gülen-Anhängern durch türkische Sicherheitskräfte? c) Wie viele mutmaßliche Gülen-Anhängerinnen und Gülen-Anhänger wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei aus dem öffentlichen Dienst, der Justiz, der Polizei, dem Bildungswesen, der Armee etc. entlassen oder suspendiert, und in wie vielen Fällen wurden Entlassungen oder Suspendierungen wieder rückgängig gemacht? Die Fragen 9a bis 9c werden gemeinsam beantwortet. Zahlen zu Personen, die wegen Vorwürfen, die im Zusammenhang mit der Gülen-Bewegung stehen, festgenommen, verhaftet, angeklagt und verurteilt wurden, liegen der Bundesregierung nur für die Zeit nach dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 vor. Nach Kenntnis der Bundesregierung befinden sich über 30.000 mutmaßliche Anhängerinnen und Anhänger der Gülen-Bewegung im Gefängnis, entweder wegen einer rechtskräftigen Haftstrafe oder in Untersuchungshaft. Über 125.000 öffentlich Bedienstete wurden nach Angaben der türkischen Regierung entlassen. Eine Notstandskommission hat bisher 84.300 Fälle der per Dekret angeordneten Entlassungen und Suspendierungen überprüft (Stand: August 2019); dabei wurden 7,9 Prozent der Betroffenen formal rehabilitiert. Nichtregierungsorganisationen berichten über Fälle von Misshandlungen im Gewahrsam türkischer Sicherheitsbehörden bei Verdacht der Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung. So dokumentierte etwa die Ankaraner Anwaltskammer im Mai 2019 Folter an mindestens fünf mutmaßlichen Gülen-Anhängern. Eigene Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Wie viele, und welche dem Gülen-Netzwerk zugerechnete Institutionen , Medien, Bildungseinrichtungen und Verbände wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2013 in der Türkei geschlossen, verboten, enteignet oder unter Zwangsverwaltung gestellt? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden über 2.300 private Bildungseinrichtungen geschlossen, darunter 15 Universitäten. Im Übrigen wird auf die Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16663 Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 4 und 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3397 verwiesen. 10. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, dass Anhängerinnen und Anhänger der Gülen-Bewegung aus der Türkei nach Deutschland fliehen und politisches Asyl beantragen, und inwieweit wird diesen Asylgesuchen stattgegeben? 11. Wie viele Asylsuchende haben gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mitgeteilt, dass sie aufgrund ihrer (vermeintlichen ) Zugehörigkeit zur Gülen-Bewegung aus der Türkei geflüchtet sind? a) Wie wurde darüber entschieden? b) Wie viele der Asylsuchenden waren jeweils Unternehmer, Soldaten, Polizisten, Lehrkräfte, Diplomaten und Akademiker? Die Fragen 10 bis 11b werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine statistischen Informationen im Sinne der Fragestellungen vor, da vorgetragene Asylgründe und berufliche Tätigkeiten in der Asylstatistik nicht erfasst werden. Demzufolge kann die Bundesregierung auch nicht angeben, wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über diese Asylanträge entschieden hat. Dem BAMF liegen nach Erfahrungswerten Erkenntnisse vor, dass Anhängerinnen und Anhänger der Gülen- Bewegung aus der Türkei nach Deutschland fliehen und internationalen Schutz beantragen. 12. Wie viele Menschen mit deutscher und türkischer Staatsbürgerschaft und türkische Staatsbürger mit deutschem Aufenthaltstitel befinden sich seit wann unter dem Vorwurf der Unterstützung oder Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung bzw. der Fethullah-Terrororganisation (FETÖ) in türkischer Untersuchungshaft oder haben aufgrund laufender diesbezüglicher Ermittlungsverfahren ein Ausreiseverbot erhalten oder wurden bereits verurteilt und befinden sich in türkischer Strafhaft (bitte jeweils einzeln benennen)? Die Bundesregierung hat Kenntnis von drei deutschen Staatsangehörigen, die aufgrund von Vorwürfen im Sinne der Fragestellung in der Türkei inhaftiert sind. Davon befinden sich zwei Personen in Strafhaft und eine Person in Untersuchungshaft . Daneben hat die Bundesregierung Kenntnis von zwölf deutschen Staatsangehörigen, die wegen Vorwürfen im Sinne der Fragestellung eine Ausreisesperre erhalten haben. Davon haben drei Personen die deutsche und die türkische Staatsangehörigkeit. Der konsularische Auftrag bezieht sich auf die Betreuung deutscher Staatsangehöriger . Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung zu türkischen Staatsangehörigen mit deutschem Aufenthaltstitel vor. 13. Inwieweit, aufgrund welcher Überlegungen und mit welchen Mitteln wurde und wird das House of One nach Kenntnis der Bundesregierung in Ausstellungen der Staatlichen Museen zu Berlin beworben? Im Jahr 2015 war das House of One mit einer dreiteiligen Gesprächsreihe im Bode-Museum zu Gast, und zwar im Rahmen der dortigen Ausstellung „EIN GOTT – Abrahams Erben am Nil“. Die Kooperation bot sich aufgrund des Ausstellungsthemas „Monotheismus“ an. Die Staatlichen Museen zu Berlin ha- Drucksache 19/16663 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode ben auf diese Gesprächsreihe im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen . 14. Kann die Bundesregierung beim House of One eine besondere Dominanz der Gülen-Bewegung erkennen, und falls ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie diesbezüglich bezüglich der Bewerbung dieses Projektes in Ausstellungen der Staatlichen Museen zu Berlin? Das Vorhaben „House of One – Bet- und Lehrhaus Berlin“ wird durch die Initiatoren des Projektes, die Jüdische Gemeinde zu Berlin und das Abraham Geiger Kolleg (als jüdische Partner), das Forum für Interkulturellen Dialog e.V. bzw. Forum Dialog e.V. (als muslimischer Partner), die Evangelische Kirchengemeinde St. Petri – St. Marien und den Evangelischen Kirchenkreis Berlin- Stadtmitte (als christliche Partner) gemeinsam getragen. Die Initiative ging dabei von der Evangelischen Kirchengemeinde St. Petri – St. Marien aus. Vor diesem Hintergrund kann keine Dominanz des muslimischen Partners in dem Projekt festgestellt werden. 15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine Kooperation staatlicher Museen mit Vereinen der Gülen Bewegung und den Islamverbänden DITIB, ATIB und Milli Görüs im Rahmen von Bildungsprogrammen und Ausstellungen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Seitens des Museums für Islamische Kunst als Teil der Staatlichen Museen zu Berlin in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gibt es auf Projektebene lose Kontakte zu allen genannten Organisationen, um die Inhalte und Angebote des Museums in Bildungsangebote dieser Organisationen einzubringen. Eine institutionalisierte Kooperation in Form von Vereinbarungen/Verträgen gibt es jedoch nicht. Ebenso wenig wurden Fördermittel an die genannten Organisationen weitergegeben oder besondere Begünstigungen gewährt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16663 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333