Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Roman Müller-Böhm, Stephan Thomae, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16323 – Berufszugangshindernisse durch die Patentanwaltsausbildung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Unternehmen sind Motoren der deutschen Wirtschaft. Technischer Fortschritt wird erst durch Innovation ermöglicht. Dabei ist es von einer Idee bis hin zum wirtschaftlichen Erfolg ein langer Weg. Ein entscheidender Faktor in diesem Prozess ist der Schutz von geistigem Eigentum. Diesen Schutz gewährleisten Patente. Neben Patentämtern und Patentanmeldern sind Patentanwälte, Naturwissenschaftler oder Techniker mit einer rechtlichen Ausbildung, die zentralen Akteure im Bereich des Patentschutzes. Die Zulassung ist durch die Patentanwaltsordnung , die Ausbildung durch die Patentanwaltsausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt. Nach dem Abschluss der Ausbildung ist ein sogenanntes Amtsjahr zu absolvieren, ein achtmonatiger Ausbildungsabschnitt beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und beim Bundespatentgericht in München. Dabei müssen zwei Monate beim DPMA und sechs Monate am Bundespatentgericht absolviert werden (www.dpma.de/docs/dpma/patenta nwalt/patentanwaltsausbildung.pdf). Die Station beim Patent- und Markenamt sieht die Mitarbeit bei diesem vor, etwa in einer Prüfungsstelle, bei der sich die Tätigkeit auf beispielsweise Recherchen und Prüfbescheide beläuft. Die Station beim Bundespatentgericht sieht eine Mitarbeit am Gericht vor, etwa beim Technischen Beschwerdesenat, bei welchem beispielsweise Voten erstellt werden. Parallel zu beiden Stationen müssen Patentanwaltsauszubildende Vorlesungen und Vorträge besuchen, die patentrechtliche Thematiken, wie beispielsweise die Patentverwaltung, behandeln und es müssen während des Amtsjahrs eine Reihe von Klausuren absolviert werden (vgl. www.jobvector.de/karriere-ratgeber/berufsbilder/patentanw alt/; siehe auch: www.pdfspeicher.de/AJ/EB/EB_2008-2009.pdf). Das Amtsjahr ist für eine vollständige Ausbildung unumgänglich und findet allein in München statt. Teilweise machen die Tätigkeiten eine Präsenz vor Ort unabdingbar, jedoch kann ein Teil der Arbeit beim DPMA und bei Gericht auch im Homeoffice erledigt werden, wie aus Auszubildendenberichten (vgl. www.jobvector.de/karriere-ratgeber/berufsbilder/patentanwalt/; siehe auch: www.pdfspeicher.de/AJ/EB/EB_2008-2009.pdf) hervorgeht. Es können 16 Tage Urlaub genommen werden, davon maximal fünf Tage beim DPMA. Bei den Vorlesungen werden Anwesenheitslisten geführt. Virtuelle Vorträge und Vorlesungen werden nicht angeboten. Es stellt sich nach Ansicht der Fra- Deutscher Bundestag Drucksache 19/16677 19. Wahlperiode 21.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher schutz vom 20. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. gesteller die Frage, ob insbesondere das Präsenzerfordernis in München eine ungerechtfertigte Belastung für einen Teil der Patentanwaltsauszubildenden darstellt. Unter den Umständen, die das Amtsjahr mit sich bringt, scheint ein Aufenthalt in München für alle Patentanwaltsauszubildenden nach Ansicht der Fragesteller unvermeidbar. Dass für Kandidaten, die nicht aus der Stadt selbst oder dem Einzugsgebiet kommen, Nachteile entstehen können, erscheint nach Ansicht der Fragesteller naheliegend. Insbesondere in Zeiten des digitalen Wandels scheint es nach Ansicht der Fragesteller Möglichkeiten zu geben, dieses verpflichtende Jahr für Patentanwaltsauszubildende aus dem gesamten Bundesgebiet logistisch angenehmer zu gestalten und Nachteile durch die erzwungene Präsenz in der bayerischen Landeshauptstadt so gering wie möglich zu halten. 1. Welche Überlegungen bestehen seitens der Bundesregierung zu der für das Amtsjahr im Rahmen der Ausbildung zum Patentanwalt notwendigen Präsenz in München im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Erfordernisse der Berufsausbildung mit Familie und Kindern? Das sogenannte Amtsjahr, das die Ausbildungsabschnitte zwei und drei der Ausbildung zur Patentanwältin oder zum Patentanwalt bezeichnet, dauert anders als früher, als es ein Jahr betrug, nur noch acht Monate. In dieser Zeit können seit der am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Neufassung der Patentanwaltsausbildungs- und -prüfungsverordnung (PatAnwAPrV) 20 Tage Erholungsurlaub genommen werden (§ 11 Absatz 2 PatAnwAPrV). Die Bundesregierung hält die in dieser Zeit notwendige Präsenz der Patentanwaltskandidatinnen und -kandidaten in München mit deren familiären Belangen für vereinbar. 2. Welche Überlegungen bestehen seitens der Bundesregierung zu der für das Amtsjahr im Rahmen der Ausbildung zum Patentanwalt notwendigen Präsenz in München im Hinblick auf Patentanwaltsauszubildende ohne ausreichendes Einkommen für den Wohnungsmarkt in München? Nach § 31 PatAnwAPrV können die Kandidatinnen und Kandidaten während des Amtsjahrs Nebentätigkeiten ausüben. In der Regel machen die Kandidatinnen und Kandidaten von dieser Möglichkeit Gebrauch, indem sie während des Amtsjahrs bei ihrer ausbildenden Patentanwaltskanzlei tätig sind. Patentanwaltskanndidaten ohne hinreichendes Einkommen können ein Unterhaltsdarlehen nach den §§ 57 ff. PatAnwAPrV in Anspruch nehmen. 3. Verursacht das Präsenzerfordernis in München für Patentanwaltsauszubildende nach Kenntnis der Bundesregierung einen ungleichen Zugang zur Berufsausbildung zum Patentanwalt? a) Wenn ja, wie gedenkt sie dieses Problem hinsichtlich der Vereinbarkeit des Präsenzerfordernisses der Berufsausbildung mit Familie und Kindern zu lösen? b) Wenn ja, wie gedenkt sie dieses Problem im Hinblick auf Patentanwaltsauszubildende ohne ausreichendes Einkommen für den Wohnungsmarkt in München zu lösen? Die Fragen 3 bis 3b werden gemeinsam beantwortet. Das Präsenzerfordernis führt aus Sicht der Bundesregierung nicht zu ungleichen Zugangsvoraussetzungen. Zur Begründung wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Drucksache 19/16677 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Welche Überlegungen bestehen innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich der Notwendigkeit und praktischen Umsetzbarkeit einer Umstrukturierung des Amtsjahrs, insbesondere bezüglich a) der Möglichkeit, durch ein virtuelles Angebot für akademische Inhalte , wie Vorlesungen und Vorträge, eine physische Anwesenheit von Patentanwaltsauszubildenden entbehrlich zu machen, b) der Möglichkeit, Klausuren in über das Bundesgebiet verteilten Prüfungsräumlichkeiten zu absolvieren, sodass Klausuren nicht nur in München absolviert werden müssen, c) der Möglichkeit, Tätigkeiten von Patentanwaltsauszubildenden für das Deutsche Patent- und Markenamt oder das Patentgericht ganz oder teilweise im Homeoffice zu absolvieren, sodass die Mitarbeit auch außerhalb von München erfolgen kann? 5. Plant die Bundesregierung die Digitalisierung der Arbeitswege beim DPMA und beim Bundespatentgericht, insbesondere die Einrichtung von sicheren Übermittlungswegen über das Internet bzw. elektronische Akten, sodass die Tätigkeit von Kandidaten für das DPMA oder das Patentgericht nicht schwerpunktmäßig in München, sondern von einem beliebigen Standort aus erfolgen kann? 6. Plant die Bundesregierung eine digitalisierte Ausgestaltung des Amtsjahrs, insbesondere hinsichtlich der Vermittlung von Inhalten per Online- Vorlesung oder Online-Vortrag? Die Fragen 4 bis 6 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine Umstrukturierung des Amtsjahrs ist aus Sicht der Bundesregierung nicht angezeigt. Das Amtsjahr soll den Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit geben, die Arbeits- und Funktionsweise des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) und des Bundespatentgerichts im Hinblick auf ihre spätere Berufspraxis kennenzulernen. Der Ausbildungsabschnitt beim DPMA umfasst je einen Monat in der Hauptabteilung Patente/Gebrauchsmuster und der Hauptabteilung Marken/Designs; in diesem Zeitraum gibt es unter anderem Präsenzzeiten bei einer Patentprüferin oder einem Patentprüfer sowie einer Markenprüferin oder einem Markenprüfer. Im Ausbildungsabschnitt beim Bundespatentgericht ist die Teilnahme der Kandidatinnen und Kandidaten an den Sitzungen und Beratungen der einzelnen Senate das prägendste Element. Um den beabsichtigten Ausbildungserfolg zu erreichen, ist es daher unabdingbar, dass die Kandidatinnen und Kandidaten während des Amtsjahrs zumindest zu großen Teilen vor Ort präsent sind. Eine Möglichkeit, einzelne Teile der Ausbildung virtuell oder im Homeoffice zu absolvieren, berührt daher die grundsätzliche Präsenzpflicht nicht und bietet den Kandidatinnen und Kandidaten somit keine übermäßigen Vorteile. Die Erstellung eines geeigneten virtuellen Angebots für akademische Inhalte wäre demgegenüber mit einem erheblichen Aufwand für die Entwicklung, Realisierung , Pflege und Aktualisierung verbunden. Dieser hohe Aufwand stände in keinem Verhältnis zu den möglichen Vorteilen für die Kandidatinnen und Kandidaten. Ein solches Angebot könnte zudem auf individuelle Bedürfnisse und Schwerpunkte der Kandidatinnen und Kandidaten nicht eingehen; seine Wahrnehmung könnte auch nur schwer überprüft werden. Das Bundespatentgericht hat bereits 2016 eine Möglichkeit geschaffen, mit der Kandidatinnen und Kandidaten unter Einhaltung der Anforderungen der IT- Sicherheit vom heimischen Arbeitsplatz aus vom Inhalt zu bearbeitender Akten elektronisch Kenntnis nehmen können. Beim DPMA wäre die Schaffung digitaler Zugänge für Homeoffices der bundesweit ansässigen Kandidatinnen und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16677 Kandidaten dagegen wegen der strengen Vorgaben für die elektronische Aktenbearbeitung im Bereich der IT-Sicherheit und des Daten- und Geheimschutzes mit einem derart großen finanziellen und personellen Aufwand verbunden, der gerade auch in Anbetracht der nur zwei Monate dauernden Ausbildungszeit beim DPMA in keinem Verhältnis zu eventuellen Vorteilen für die Kandidatinnen und Kandidaten stände. 7. Plant die Bundesregierung die Schaffung weiterer Ausbildungsstandorte für die akademischen Ausbildungsinhalte von Patentgericht und Patentund Markenamt im Bundesgebiet? Die Schaffung weiterer Ausbildungsstandorte wäre mit einem hohen Raumund Personalaufwand verbunden, der aus den bereits zuvor genannten Gründen in keinem Verhältnis zu möglichen geringen Vorteilen stände. 8. Wie gedenkt die Bundesregierung bezüglich einer digitalisierten Ausgestaltung des Amtsjahrs und der Schaffung weiterer Ausbildungsstellen von Patentgericht und Patent- und Markenamt im Rahmen einer Reformierung der Ausbildung zum Patentanwalt vorzugehen? Die Bundesregierung plant derzeit aus den in den Antworten zu den Fragen 4 bis 7 genannten Gründen keine weiteren Änderungen. Drucksache 19/16677 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333