Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Gabelmann, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/16315 – Negative Auswirkungen von Lieferengpässen bei Arzneimitteln V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die zunehmende Zahl an nicht lieferbaren Medikamenten hat eine Reihe an negativen Auswirkung („Die Anzahl der nicht verfügbaren Rabattarzneimittel hat sich von 4,7 (2017) auf 9,3 (2018) Mio. Packungen verdoppelt“ laut www. abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Faktenblaetter/Faktenblatt_Lieferengpa esse.pdf, siehe auch www.aerzteblatt.de/nachrichten/106658/Zahl-der-Liefere ngpaesse-bei-Arzneimitteln-deutlich-angewachsen). Unter anderem führen Lieferengpässe dazu, dass eine steigende Zahl von Arzneimitteln ausgetauscht und – falls möglich – durch lieferbare wirkstoffgleiche Präparate ersetzt werden müssen. Doch ein solcher Austausch ist oft nicht unproblematisch und ohne Folgen: – Negative gesundheitliche Folgen können auf die Patientinnen und Patienten aufgrund der Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln zukommen, falls keine Behandlungsalternativen existieren. – Negative gesundheitliche Folgen können sich auch einstellen, wenn die Therapietreue der Patientin bzw. des Patienten aufgrund des durch den Lieferengpass erzwungenen Austausches des Medikaments abnimmt. – Negative gesundheitliche Folgen können auch entstehen, wenn das Austauschpräparat zwar den gleichen Wirkstoff enthält, sich aber in der Wirkung bei einzelnen Patientinnen oder Patienten dennoch unterscheidet. – Durch den Austausch eines Arzneimittels können Mehrkosten für Patientinnen und Patienten durch erhöhte Aufzahlungen entstehen, die entrichtet werden müssen, wenn das ursprünglich verordnete, aber nicht lieferbare Medikament zum Festbetrag abgegeben wird, der Preis des abgegebenen Medikaments jedoch über dem Festbetrag liegt. – Insbesondere können die Patientinnen und Patienten zu höheren Zuzahlungen und Aufzahlungen gezwungen werden, wenn das verordnete, aber nicht lieferbare Medikament unter einen Rabattvertrag fällt, das Austauschpräparat aber nicht. – Apotheken haben zu befürchten, dass sie auf den Kosten der ausgetauschten Medikamente sitzenbleiben und diese nicht von der Krankenkasse erstattet bekommen, wenn nicht lückenlos nachgewiesen werden kann, dass Deutscher Bundestag Drucksache 19/16701 19. Wahlperiode 22.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. genau zum Zeitpunkt der Vorlage des Rezepts in der Apotheke eben jenes verordnete Medikament nicht lieferbar war. – Krankenkassen können Mehrausgaben zu tragen haben, wenn gegen ein teureres Präparat unter dem Festbetrag ausgetauscht wurde und wenn sie etwa bei Rabattarzneimitteln mit dem Hersteller keinerlei Strafzahlungen bei Lieferunfähigkeit vorgesehen haben. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Lieferengpässe bei Arzneimitteln haben sehr unterschiedliche Ursachen. Globale Lieferketten mit einer Konzentration auf wenige Herstellungsstätten für Arzneimittel und Wirkstoffe können ein Grund für Lieferengpässe sein, aber z. B. auch Qualitätsmängel bei der Herstellung, Produktions- und Lieferverzögerungen bei Rohstoffen, Entscheidungen der Hersteller wie Produktionseinstellungen oder Marktrücknahmen von Arzneimitteln aus verschiedenen Gründen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlicht auf seiner Internetseite die ihm gemeldeten Lieferengpässe bei Arzneimitteln. Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind nicht mit therapeutisch relevanten Versorgungsengpässen für Patientinnen und Patienten gleichzusetzen. Oftmals stehen alternative Arzneimittel zur Verfügung, weshalb ein Lieferengpass nicht unbedingt zum Versorgungsengpass führen muss. Daher ist hinsichtlich der Bedeutung einzelner Lieferengpässe für die Versorgung mit Arzneimitteln eine differenzierte Betrachtung erforderlich, um mit den jeweils geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Neben dem Ziel, Lieferengpässe zu vermeiden, ist es ebenso wichtig Abläufe zu etablieren, die dabei helfen, mit auftretenden Lieferengpässen bestmöglich umzugehen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat daher als Ergebnis des Pharmadialoges einen Jour Fixe zu Lieferengpässen eingerichtet. In dessen Rahmen erörtern Vertreter der Industrieverbände, des Großhandels, der Ärzteund Apothekerschaft sowie Vertreter des BMG und der zuständigen Bundesoberbehörden , welche Maßnahmen geeignet sind, um Lieferengpässe zu vermeiden oder deren Auswirkungen abzumildern. In der Vergangenheit konnten durch frühzeitige Kommunikation und Transparenz zwischen allen Beteiligten entscheidende Voraussetzungen dafür geschaffen werden, kritische Situationen bezüglich der Versorgung mit bestimmten Arzneimitteln zu vermeiden. Durch entsprechende Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften zur indikationsbezogenen Einschränkung der Anwendung konnten beispielsweise Auswirkungen der Lieferengpässe bei Melphalan, Remifentanil oder Piperacillin/Tazobactam abgemildert werden. Ziel dieser Maßnahmen ist es, eine bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln zu ermöglichen. Das pharmazeutische Management von Lieferengpässen in der Apotheke, das die Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten, Großhändlern und Krankenkassen aber auch die Kommunikation des Lieferengpasses gegenüber der Patientin bzw. dem Patienten beinhaltet, ist anspruchsvoll und aufwendig. Arzneimittel, die der Gemeinsame Bundesausschuss in die sogenannte Substitutionsausschlussliste aufgenommen hat, dürfen von den Apotheken generell nicht durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden. Die Entscheidung über die Abgabe eines alternativen Arzneimittels trifft die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt. Drucksache 19/16701 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betreffend Arzneimittellieferengpässe in Deutschland auf Bundestagsdrucksache 19/13807 verwiesen. 1. Welche Angaben liegen der Bundesregierung darüber vor, bei wie vielen Verordnungen es im Jahr 2019 sowie jeweils in den vorangegangenen fünf Jahren zu Lieferschwierigkeiten kam (bitte pro Jahr getrennt aufzeigen)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Welche Angaben liegen der Bundesregierung darüber vor, bei wie vielen Präparaten es im Jahr 2019 sowie jeweils in den vorangegangenen fünf Jahren zu Lieferschwierigkeiten kam (bitte pro Jahr getrennt aufzeigen)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Welche Angaben sind der Bundesregierung darüber bekannt, bei wie vielen Verordnungen im Jahr 2019 sowie jeweils in den vorangegangenen fünf Jahren aufgrund der Lieferschwierigkeiten ein Austausch des Präparats erforderlich wurde? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Welche Angaben liegen der Bundesregierung darüber vor, bei wie vielen Verordnungen es im Jahr 2019 sowie jeweils in den vorangegangenen fünf Jahren aufgrund der Lieferschwierigkeiten zu Mehrkosten kam (bitte pro Jahr getrennt aufzeigen)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. Welche Angaben liegen der Bundesregierung darüber vor, in welcher Höhe aufgrund der Lieferschwierigkeiten im Jahr 2019 sowie jeweils in den vorangegangenen fünf Jahren Mehrkosten entstanden sind (bitte pro Jahr getrennt aufzeigen)? a) Welche finanziellen Konsequenzen hatte dies für die Apotheken hinsichtlich der Erstattung durch die Krankenkassen (Retaxationen)? b) Welcher Mehraufwand entstand den Apotheken durch Lieferengpässe und aufwändige Recherche nach Therapiealternativen? Welche Kosten entstehen den Apotheken dadurch? c) Welche Mehrausgaben entstanden den Krankenkassen? d) Welche zusätzlichen Belastungen (Auf- und Zuzahlungen) entstanden für die Patientinnen und Patienten? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16701 6. Bei welchen Arzneimitteln könnte nach Kenntnis der Bundesregierung ein Austausch des ursprünglich verordneten Präparats gegen ein wirkstoffgleiches Präparat zu gesundheitlichen Gefährdungen der Patientinnen und Patienten führen? Empfehlungen zum Umgang mit Lieferengpässen erfolgen unter Einbeziehung der medizinischen Fachgesellschaften. Durch Umsetzung der entsprechende Therapieempfehlungen der Fachgesellschaften können Auswirkungen von Lieferengpässen abgemildert werden. Die Umsetzung der Therapieempfehlungen liegt in der Verantwortung der behandelnden Ärztin bzw. des behandelnden Arztes. Bei wenigen Arzneimitteln (z. B. solchen mit einer engen therapeutischen Breite ) kann der Austausch durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten zeigen. 7. In wie vielen Fällen bzw. bei wie vielen Patientinnen und Patienten musste ein möglicherweise riskanter Austausch eines Medikaments, das auf der Substitutionsausschlussliste steht, wegen Lieferschwierigkeiten dennoch vorgenommen werden? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Inwieweit hat die Bundesregierung Berichte bzw. Angaben darüber, wie oft dadurch gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Gefährdungen eingetreten sind? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Der Bundesregierung liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse vor. 9. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung – falls sie keine genauen Angaben zu den Fragen 7 und 8 machen kann –, um diese durch Lieferengpässe hervorgerufenen gesundheitlichen Belastungen und Schädigungen von Patientinnen und Patienten zu erfassen und so auch die dadurch entstehenden Mehrkosten für das Gesundheitssystem beziffern zu können? In den meisten Fällen von Lieferengpässen bei bestimmten Arzneimitteln stehen andere geeignete Arzneimittel zur Versorgung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung. Im parlamentarischen Verfahren zum Entwurf eines Gesetzes für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung wurden am 18. Dezember 2019 in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages weitere gesetzliche Änderungen thematisiert, die unter anderem die Vorbeugung, Abmilderung und Behebung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln betrafen. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Anhörung wird derzeit geprüft, welche Maßnahmen dazu geeignet sein könnten, Lieferengpässen bei Arzneimitteln noch besser zu begegnen. Drucksache 19/16701 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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