Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Britta Katharina Dassler, Stephan Thomae, Marcel Klinge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16384 – Gewalt gegen Schiedsrichter V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Ehrenamt ist eine der Säulen unserer Gesellschaft. Regelmäßig engagieren sich zahlreiche Bürger neben ihrem Beruf ehrenamtlich in Vereinen, Parteien oder Hilfsorganisationen und leisten so einen großen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Einen großen Teil dieses ehrenamtlichen Engagements wird in den Sportvereinen geleistet. Dort wird ehrenamtlich Sport betrieben, die benötigten Anlagen und Plätze werden gewartet, Wettbewerbe ausgetragen. Über 23 Millionen Menschen sind allein in Deutschland in Sportvereinen Mitglied(www.de.statista.com/statistik/daten/studie/215297/um frage/bevoelkerungsanteil-mit-einer-mitgliedschaft-im-sportverein-nach-al ter/). Damit ein fairer Wettbewerb zwischen zwei oder mehreren Mannschaften ausgetragen werden kann, bedarf es einer unabhängigen Person oder Personengruppe , die die jeweiligen Ergebnisse auswertet, die Einhaltung der Regeln überwacht und gegebenenfalls Regelübertretungen ahndet. Man benötigt Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. Der ehemalige Schiedsrichter Pierluigi Collina, der mit dem Endspiel der FIFA-Weltmeisterschaft 2002 und zahlreichen weiteren wichtigen Spielen einen Teil der größten Sportereignisse der Welt gepfiffen hat, sagte einmal „Wir Schiedsrichter spielen nicht, sondern sorgen dafür, dass andere spielen.“ (www.zitate.eu/author/collina-pierluigi/zitate/192994). Das faire Spiel an sich ist allerdings in Gefahr. Immer mehr Spiele müssen entweder abgesagt werden , weil die Vereine nicht die erforderliche Anzahl an Schiedsrichtern stellen können, oder werden durch einen externen Schiedsrichter gepfiffen. Als Strafe bekommen die Vereine dann Punktabzüge in den jeweiligen Tabellen oder Geldbußen (www.nrz.de/sport/handball/fehlende-schiedsrichter-kosten-handb all-vereine-bald-punkte-id214624247.html). Das Ehrenamt steckt in einer Attraktivitätskrise. Speziell im Schiedsrichtertum gibt es allerdings ein weiteres konkretes Problem: Schiedsrichter werden immer häufiger Opfer von sprachlichen Anfeindungen, Beleidigungen und Drohungen und sogar körperlicher Gewalt. Körperliche Gewalt gegen Schiedsrichter ging sogar so weit, dass im Saarland ein Schiedsrichter aufgrund eines Schlages schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Der Saarländische Schiedsrichterverband initiierte daraufhin ein spielfreies Wochenende, damit die Thematik endlich auch in das Bewusstsein der Deutscher Bundestag Drucksache 19/16702 19. Wahlperiode 22.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 20. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Öffentlichkeit gelangt (www.sr.de/sr/home/sport/schiedrichter_streiken_ mitte_september100.html). Der Schiedsrichtermangel ist dabei kein Problem einer spezifischen Sportart, sondern lässt sich quer durch alle Sportarten verzeichnen. Es gibt unterschiedliche Gründe für Schiedsrichter, aufzuhören. Zum einen scheiden zahlreiche Schiedsrichter aus Altersgründen aus. Zusätzlich sind die größer werdenden Probleme abseits des Platzes ein Grund, wieso viele wieder aufhören: Gewalt gegen Schiedsrichter, Drohungen und Beleidigungen sind für viele einfach zu abschreckend, um sie ehrenamtlich auf sich zu nehmen (www.zdf.de/sport/zdf -sportreportage/schiedsrichtermangel-beim-dfb-sportreportage-100.html). Erschwerend kommt hinzu, dass das Ausführen eines Schiedsrichteramtes mit Kosten verbunden ist: Die Entschädigung, die einem Schiedsrichter zusteht, ist meist zu gering, um kostendeckend zu sein. Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur Stärkung des Ehrenamtes.  1. Wie viele Schiedsrichter gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland (bitte nach Sportarten aufschlüsseln)?  2. Ist der Bundesregierung der Mangel an Schiedsrichtern bekannt? Wie groß ist der Bedarf nach Kenntnis der Bundesregierung, und welche Auswirkungen hat der derzeitige Mangel? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Der Sport ist in Deutschland autonom organisiert. Der Bundesregierung liegen daher hierzu keine Erkenntnisse vor.  3. Sind der Bundesregierung Anfeindungen, Beleidigungen und Drohungen gegenüber Schiedsrichtern bekannt?  4. Wie viele Angriffe und Übergriffe auf aktive Schiedsrichter sind der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren bekannt (bitte je Jahr angeben)? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung sind Einzelfälle im Sinne der Fragestellung insbesondere aus Medienberichterstattungen bekannt. Die Bundesregierung führt jedoch keine Statistik über entsprechende Vorfälle.  5. Hat die Bundesregierung bisher konkrete Maßnahmen ergriffen, um der Gewalt gegen Schiedsrichter entgegenzuwirken, und falls ja, welche?  6. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Sicherheit von Schiedsrichtern in Zukunft zu erhöhen? Falls keine Maßnahmen in Planung sind, wie begründet die Bundesregierung dies? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verurteilt jegliche Form von Übergriffen und Anfeindungen auf Schiedsrichter. Sie ist sich der unverzichtbaren Bedeutung der Schiedsrichter für den Fußball bewusst und befürwortet eine Kultur der Fairness und Fehlertoleranz gegenüber Schiedsrichtern. Auf Grund der föderalen Kompetenzverteilung und der Autonomie des Sports ist sie weder für die strafrechtliche Verfolgung noch für den Schutz von Schiedsrichtern zuständig. Die Drucksache 19/16702 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bundesregierung unterstützt im Übrigen den von der 43. Sportministerkonferenz der Länder am 7. und 8. November 2019 in Bremerhaven gefassten Beschluss „Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt gegen Schiedsrichter in Zusammenhang mit Fußballspielen“.  7. Was meint der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat Horst Seehofer, wenn er „als Moderator und als Initiator“ hinsichtlich Gewalt gegen Schiedsrichter tätig sein möchte (Quelle: www.rp-online.de/sport/ fussball/bundesinnenminister-horst-seehofer-schiedsrichter-angriffezeigen -verrohung-der-gesellschaft_aid-46851491)? a) Welche konkreten Maßnahmen hat bzw. wird die Bundesregierung ergreifen? b) Falls keine Maßnahmen in Planung sind, wie begründet die Bundesregierung , dass keine Maßnahmen geplant sind? Die o. g. Berichterstattung dürfte auf eine Äußerung von Bundesminister Seehofer in der Bundespressekonferenz am 30. Oktober 2019 zurückgehen. Auf eine konkrete Frage hat der Bundesminister dort seine Mitwirkung angeboten, wenn die Fachleute im Sport zu der Auffassung gelangen, dass der Sportminister als Moderator oder Initiator gebraucht werde. Eine entsprechende Bitte ist bislang nicht an Bundesminister Seehofer herangetragen worden. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass mit der AG „Fair-play & Gewaltprävention“ des Deutschen Fußball-Bund e. V. bereits ein einschlägiges Fachgremium des organisierten Fußballs existiert, das sich regelmäßig mit dem Phänomen Gewalt und Diskriminierungen gegen Schiedsrichter auseinandersetzt.  8. Hat Gewalt gegen Schiedsrichter nach Kenntnis der Bundesregierung Auswirkungen auf die Zahl der aktiven Schiedsrichter? Die Bundesregierung verfügt über keine belastbaren Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung.  9. Hat die Bundesregierung bisher konkrete Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Schiedsrichter zu erhöhen? Wenn ja, welche? 10. Hat die Bundesregierung konkrete Maßnahmen ergriffen, um das Ehrenamt in Zukunft attraktiver für Schiedsrichter zu machen? Wenn ja, wann, und welche? Falls keine Maßnahmen in Planung sind, wie begründet die Bundesregierung , dass keine Maßnahmen geplant sind? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat keine derartigen Maßnahmen ergriffen. Dies wären Aufgaben des autonomen Sports. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16702 11. Hält die Bundesregierung die Anhebung der Übungsleiter- bzw. Ehrenamtspauschale für ein geeignetes Mittel, um die Attraktivität des Schiedsrichtertums zu steigern? Sollte sich die Bundesregierung noch in einem Prüfprozess befinden, wann ist dieser beendet? Die Bundesregierung wird – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – noch in dieser Legislaturperiode ein Gesetzgebungsvorhaben zur Reform des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts auf den Weg bringen. Inhalt und Zeitplan für das Reformvorhaben stehen noch nicht fest. 12. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um entstehende Unkosten von Schiedsrichtern steuerlich geltend zu machen? Wenn nein, wieso nicht? Sollte sich die Bundesregierung noch in einem Prüfprozess befinden, wann ist dieser beendet? Die Bundesregierung plant keine Maßnahmen, um entstehende Unkosten von Schiedsrichtern steuerlich zum Abzug zuzulassen, weil diese Möglichkeit bereits nach geltendem Recht genutzt werden kann (BMF-Schreiben vom 25. November 2014 – IV C 4-S 2121/07/0010:032 – BStBl. I 2014, 1581). 13. Welche Fördermaßnahmen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung, um Schiedsrichter auszubilden? Der Sport ist in Deutschland autonom organisiert. Der Bundesregierung liegen daher hierzu keine Erkenntnisse vor. Drucksache 19/16702 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333