Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Torsten Herbst, Frank Sitta, Oliver Luksic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16178 – Mittelstandsgerechte Vergabepraxis bei Ausbau, Erneuerung und Erhalt der Eisenbahninfrastruktur V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Um die stetig steigenden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Deutschland langfristig zu befriedigen, ist ein attraktives Mobilitätsangebot auf der Schiene von entscheidender Bedeutung. So hat sich die erbrachte Verkehrsleistung sowohl im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) als auch im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) in den vergangenen Jahren stetig erhöht. Während sich die Verkehrsleistung im SPNV von 54 Mrd. Personenkilometern (Pkm) im Jahr 2013 auf 57 Mrd. Pkm im Jahr 2017 erhöht hat, stieg die Verkehrsleistung im SPFV im selben Zeitrum von 37 Mrd. auf 41 Mrd. Pkm (Quelle: Bundesnetzagentur , Marktuntersuchung Eisenbahnen 2018). Insbesondere vor dem Hintergrund der zu erreichenden Klimaziele besteht über Parteigrenzen hinweg Einigkeit, die Attraktivität der Schiene in Zukunft weiter zu steigern. Doch insbesondere die Infrastruktur stellt mit ihren fehlenden Kapazitäten einen Engpass für ein weiteres Aufwachsen der Passagierzahlen auf der Schiene dar. An neuralgischen Punkten wie Brücken, Knoten und Überholgleisen machen sich diese Engpässe bereits heute bemerkbar. Daher sind nach Ansicht der Fragesteller weitere Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur zwingend notwendig. Dazu zählen auch Investitionen in attraktivere Bahnhöfe . Ebenfalls müssen nach Ansicht der Fragesteller auch die Planungskapazitäten bei der Bahn und beim Eisenbahnbundesamt deutlich gesteigert und verbessert werden. Die Bundesregierung hat die Notwendigkeit von Investitionen ins Schienennetz im Grundsatz erkannt und versucht, diese in ihren Beschlüssen zum Klimaschutzplan mit aufzugreifen. Darin ist unter anderem vorgesehen, für die Erhaltung der Schienenwege im Zeitraum von 2020 bis 2030 rund 86 Mrd. Euro aus Mitteln des Bundeshaushaltes und der Deutschen Bahn AG bereitzustellen . Diese in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III (LuFV III) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn festgeschriebenen Mittel sollen damit um rund 59 Prozent im Vergleich zur LuFV II erhöht werden. Hinzu kommt, dass die Beschlüsse der Bundesregierung vorsehen, dass sich der Bund von 2020 bis 2030 jährlich mit 1 Mrd. Euro an zusätzlichem Eigenkapital an der Deutschen Bahn AG (DB AG) beteiligt. Auch dieses zusätzliche Deutscher Bundestag Drucksache 19/16737 19. Wahlperiode 23.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra struktur vom 20. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Kapital soll „in die Modernisierung, den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes und das Bahnsystem“ investiert werden. Um diesen Mittelzuwachs tatsächlich in Baumaßnahmen umzusetzen, sind erhebliche Kapazitäten bei der deutschen Bauwirtschaft notwendig. Damit auch mittelständische Bauunternehmen am zu erwartenden Auftragsanstieg im Bereich der Schieneninfrastruktur erfolgreich teilhaben können, ist es nach Ansicht der Fragesteller jedoch von entscheidender Bedeutung, die Vergabe von Projekten mittelstandsgerecht auszugestalten. Eine mittelstandsfeindliche Vergabepraxis mit überdimensionierten Losgrößen oder bestimmten Präqualifikationsanforderungen würde nach Ansicht der Fragesteller dazu führen, den Wettbewerb im Vergabeverfahren zu schwächen. Das Ergebnis wären nicht nur höhere Kosten für den Bund und die DB Netz AG, sondern auch erhebliche Nachteile für den deutschen Mittelstand.  1. Mit welchen konkreten Vorgaben in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III (LuFV III) zwischen der Deutschen Bahn AG und der Bundesregierung soll sichergestellt werden, dass mittelständische Bauunternehmen bei Vergaben im Bereich der Eisenbahninfrastruktur gleichberechtigt und gleichbleibend berücksichtigt werden?  2. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung sichergestellt werden, dass sowohl beim Neubau als auch bei Erneuerungs- und Erhaltungsmaßnahmen im Bereich der Schieneninfrastruktur einzelne Baumaßnahmen getrennt ausgeschrieben werden, um damit dem vergaberechtlich verankerten Grundsatz der mittelstandsgerechten Vergabe Rechnung zu tragen?  4. Wie stellt die Deutsche Bahn AG nach Kenntnis der Bundesregierung sicher , dass bei Vergaben für Neubauprojekte im Bereich der Eisenbahninfrastruktur mittelständische Bauunternehmen gleichberechtigt berücksichtigt werden, und sind diese Maßnahmen nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend? Die Fragen 1, 2 und 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) III ist, wie bereits für die LuFV I und II, die Geltung des Vergaberechts festgeschrieben, insbesondere das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und die Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (SektVO) sowie unterhalb der EU-Schwellenwerte der Abschnitt 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) bzw. die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Nach diesen Regelungen haben die Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) in öffentlichen Vergabeverfahren die Interessen der mittelständischen Unternehmen zu berücksichtigen und Vergaben bspw. in Lose aufzuteilen (Gebot der losweisen Vergabe). In den regelmäßigen vergaberechtlichen Prüfungen von Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Rahmen der LuFV I und II wurden hierzu keine Vergabefehler festgestellt . Diese Grundsätze gelten auch für Neubauprojekte, die nach der Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung (BUV) finanziert werden. Drucksache 19/16737 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  3. Wie wird nach Auffassung der Bundesregierung sichergestellt, dass mittelständische Bauunternehmen bei den Vorgaben, Planungen und Zielen in der LuFV III zu kapazitätsschonendem Bauen mit ihren strukturellen Möglichkeiten bei Vergaben in diesen Bereichen chancengleich berücksichtigt werden? Die Deutsche Bahn AG (DB AG) berücksichtigt die mittelständischen Interessen bei der Vergabe von Bauleistungen durch die mengenmäßige Aufteilung der Leistungen (sog. Teillose) und durch die Trennung der Leistungen nach sog. Fachlosen. Damit werden mittelstandsgerechte Vergabegrößen sichergestellt . Nur bei wirtschaftlicher oder technischer Erforderlichkeit können Lose in einer Vergabe zusammengefasst werden.  5. Mit welchen Maßnahmen wird nach Auffassung der Bundesregierung sichergestellt , dass die für die erfolgreiche Einbindung des Baumittelstands notwendige Bauherrenkompetenz bei der Deutschen Bahn AG gewahrt , ausgebaut und verbessert wird? Nach Auskunft der DB AG gelingt die erfolgreiche Realisierung von Projekten, insbesondere unter Einbindung des Baumittelstandes, durch entsprechende Fachkompetenz in der Projektleitung und Steuerung von Infrastrukturprojekten. Seit 2015 verfolgen die EIU als Bauherren die Strategie, nur in Ausnahmefällen auf externe Unternehmen zuzugreifen. Die zu realisierenden Projekte und die dafür benötigten Ressourcen entsprechend der geplanten Bauvolumen und Zeitabläufe werden im Rahmen der Mittelfristplanung in die Personalplanung übernommen. In den letzten Jahren, konnten die erforderlichen Kapazitäten aufgebaut und vorgehalten werden. Interne Schulungs- und Weiterbildungsprogramme zur Fortbildung neuer Mitarbeiter werden für entsprechende Stellen (z. B. Projektleiter, Projektsteuerer, Projektingenieure) angeboten. Die DB Netz AG plant bis Mitte 2020 ein Vorstandsressort „Infrastrukturplanung und Projekte“ zu schaffen.  6. Wie stellen die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG sicher, dass mittelständische Bauunternehmen im Rahmen der Digitalisierung des Planens und Bauens bei künftigen Vergaben im Bereich der Eisenbahninfrastruktur mit dem Anwendungserfordernis von Building Information Modeling (BIM) gleichberechtigt berücksichtigt und eingebunden werden ? Nach Auskunft der DB AG werden die Vorhaben ab 2020 sukzessive in der Methodik des Building Information Modeling (BIM) geplant und ausgeschrieben . Seitens der DB AG gibt es hierzu regelmäßig Informationsveranstaltungen . BIM als digitale Planungsmethode bietet für mittelständische Unternehmen und Großunternehmen ein innovatives Tool. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16737  7. Wie groß ist der personelle Mehrbedarf bei den Planungskapazitäten der Deutschen Bahn AG und des Eisenbahnbundesamtes zur Umsetzung des Aufwuchses der Finanzmittel bis 2030?  8. Wie stellen die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG sicher, dass die notwendigen Planungskapazitäten bei der DB AG und beim Eisenbahnbundesamt gesteigert und verbessert werden? Welche konkreten Maßnahmen sind dafür geplant? Wie und wann sollen diese umgesetzt werden? Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die DB Netz AG prognostiziert bis 2024 eine Steigerung der Planungsmittel von 18 Prozent. Mehrere Maßnahmen sollen die Planung von Bauprojekten effizienter gestalten. Dazu gehört die Einführung von BIM und von Lean Construction ab 2020. Bis 2024 plant die DB Netz AG für diesen Bereich eine Steigerung des Personals um ca. 10 Prozent. Neben den genannten Maßnahmen plant die DB Engineering & Consulting GmbH eine Steigerung des Umsatzes mit gleichzeitigem Aufbau von Personalkapazitäten bis 2024 in Höhe von 16 bis 20 Prozent. Das EBA plant je nach Planungsfortschritt ebenfalls eine sukzessive Anhebung des Personalbestands. Für 2020 sind in Summe 150 Vollzeitplanstellen für das EBA insgesamt genehmigt worden; für den Haushalt 2021 ist beabsichtigt zusätzliche Stellen-/Planstellen zu beantragen.  9. Sind der Bundesregierung Beschwerden mittelständischer Bauunternehmen bekannt, wonach diese durch überdimensionierte Losgrößen von der Teilnahme an den Ausschreibungsverfahren abgehalten wurden? Falls ja, wie viele Beschwerden sind dies, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Nein. 10. Sind der Bundesregierung Beschwerden mittelständischer Bauunternehmen bekannt, wonach diese durch Präqualifikationsanforderungen der Deutschen Bahn AG von der Teilnahme an den Ausschreibungsverfahren abgehalten wurden? Falls ja, wie viele Beschwerden sind dies, und welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus? Nein. Da die PQ nur in ausgewählten Gewerken des Eisenbahnbetriebes zum Einsatz kommt, können gerade mittelständische Unternehmen auch eine Vielzahl von Leistungen für die Bahn erbringen, ohne eine PQ vorweisen zu müssen . Vor diesem Hintergrund stellt das PQ-Verfahren der DB kein Hindernis für mittelständische Unternehmen dar. Hierfür spricht auch, dass sich der Lieferantenpool der bei der DB präqualifizierten Firmen überwiegend gerade aus mittelständischen Unternehmen zusammensetzt. Drucksache 19/16737 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Liegen der Bundesregierung Beschwerden mittelständischer Bauunternehmen vor, die einen Zahlungsrückstand der Deutschen Bahn AG für bereits erbrachte Bauleistungen thematisieren? Konkrete Beschwerden hinsichtlich Zahlungsrückständen liegen dem Bund nicht vor. Jedoch ist diese Thematik von Zeit zu Zeit Gegenstand der Gespräche von Bund, DB und Bauverbänden im sog. Gesprächskreis Auftragsvergabe. 12. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Höhe der offenen Forderungen von Bauunternehmen gegenüber der Deutschen Bahn AG für bereits erbrachte Bauleistungen, und bis wann beabsichtigt die Deutsche Bahn AG, diese Forderungen zu begleichen? 13. Innerhalb welchen Zeitrahmens begleicht nach Kenntnis der Bundesregierung die Deutsche Bahn AG durchschnittlich offene Forderungen gegenüber Bauunternehmen für erbrachte Bauleistungen? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach Auskunft der DB AG ist aufgrund der Kontenführung im Rechnungswesen des DB-Konzerns und unterschiedlicher Zahlungsbedingungen keine Aussage zu offenen Verbindlichkeiten für bestimmte Gruppen von Lieferanten möglich. Zahlungsverzögerungen können aufgrund von Nachträgen sowie bei Schwierigkeiten bei der Rechnungsprüfung entstehen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16737 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333