Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Wilhelm von Gottberg, Verena Hartmann und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/16082 – Folgen des ökologischen Landbaus (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/14539) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der ökologische Landbau wird als besonders ressourcenschonendes und umweltverträgliches Landnutzungssystem betrachtet, welches sich an den Prinzipien der Nachhaltigkeit orientiert (vgl. Sanders, J. & Hess, J., eds., 2019, Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft. Braunschweig : Johann Heinrich von Thünen-Institut, Thünen Report 65). Aus diesem Grunde wird der ökologische Landbau in der Bundesrepublik Deutschland politisch besonders gefördert. Dabei ist das „Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)“ mit einem jährlichen Bundeshaushaltsbudget von 30 Mio. Euro das wichtigste Finanzierungsinstrument (vgl. www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Nachhaltige-La ndnutzung/Oekolandbau/oekolandbau_node.html, zuletzt abgerufen am 27. Juni 2019). Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil der ökologischen Anbaufläche bis zum Jahr 2030 auf 20 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland auszuweiten (vgl. www.bmel.de/DE/Landwirt schaft/Nachhaltige-Landnutzung/Oekolandbau/oekolandbau_node.html, zuletzt abgerufen am 27. Juni 2019). Deutscher Bundestag Drucksache 19/16773 19. Wahlperiode 24.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 21. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Was meint die Bundesregierung mit der Aussage, dass die Aufgabe oder der Verlust von landwirtschaftlich genutzten Flächen bei einer Extensivierung der Produktion nicht zwangsläufig beziehungsweise in gleichem Umfang zu einer Intensivierung an anderer Stelle führen muss (Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/14539)? Der Umfang beziehungsweise der Output der globalen Agrarproduktion hängt von zahlreichen Faktoren ab. Neben der Produktionsintensität sind unter anderem die Nachfrageentwicklung und sich ändernde Ernährungsgewohnheiten, der Anteil der Ernte- und Lebensmittelverluste, technologische Innovationen, klimatische Bedingungen, die Aufgabe oder der Verlust landwirtschaftlicher Flächen sowie die Art der Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen (zum Beispiel für die Erzeugung von Energiepflanzen) relevante Einflussgrößen. Die genannten Faktoren können sich sowohl verstärken als auch ausgleichen. Insofern würde nur unter ceteris-paribus Bedingungen – das heißt nur dann, wenn sich die Ökofläche ausdehnt und alle anderen relevanten Einflussgrößen gleich bleiben – eine Extensivierung der Produktion in einer Region in gleichem Umfang zu einer Intensivierung bzw. Ausdehnung der Produktion in einer anderen Region führen, was in der Realität so nicht zutrifft. 2. Mit welchen konkreten Maßnahmen möchte die Bundesregierung die angekündigte Reduzierung des Fleischkonsums erreichen (mündliche Aussage des Vertreters des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – BMEL – in der 42. Sitzung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft am 13. November 2019 sowie Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/14539)? Die Bundesregierung plant keine konkreten politischen Maßnahmen zur Reduzierung des Fleischkonsums. Auch zur beschriebenen mündlichen Aussage liegen keinerlei Informationen vor. Im Übrigen stellt die zitierte Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/14539 einen reduzierten Fleischkonsum ausdrücklich und beispielhaft unter die Annahme veränderter Ernährungsgewohnheiten. 3. Um wie viel Prozent höher, im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft , ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Nitratauswaschung im ökologischen Landbau, insbesondere vor dem Hintergrund des höheren Flächenbedarfs je Ertragseinheit im ökologischen Landbau (bitte je Ertragseinheit und nicht je Flächeneinheit angeben)? Die Nitratauswaschung unter landwirtschaftlichen Nutzflächen wird durch viele Faktoren beeinflusst (u. a. Pflanzenart, Entwicklungsstadium des Pflanzenbestandes , Bodenart, Witterung, Höhe der Düngung und Art des N-Düngers). Im ökologischen Landbau ist der Einsatz mineralischer Stickstoffdünger verboten, wodurch Wirtschaftsdüngern eine besondere Bedeutung zukommt (neben der symbiotischen N-Fixierung von Leguminosen). Um die N-Düngeeffizienz im ökologischen Anbau zu erhöhen, wird daher eine Minimierung der Stickstoffverluste angestrebt. Bei ökologischer Bewirtschaftung ist deshalb das Risiko für Belastungen des Grundwassers aufgrund der geringeren Intensität und der geringeren Stickstoffbilanzüberschüsse im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft niedriger. In einigen wenigen modellbasierten Untersuchungen wurde die Stickstoffauswaschung in der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft bezogen auf den Ertrag berechnet. Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen weisen Drucksache 19/16773 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode nicht darauf hin, dass im ökologischen Landbau die Nitratauswaschung je Ertragseinheit per se höher ist, auch wenn die Erträge im Durchschnitt niedriger sind (Halberg et al., 1995; van der Werf et al., 2009; Dekker et al., 2011; Masuda und Yamamoto, 2013). Bei Kusche et al. (2019), die in ihrer Untersuchung die Ergebnisse von 24 Vergleichspaaren mit jeweils einer ökologischen und einer konventionellen Untersuchungsvariante hinsichtlich der Stickstoffverluste ausgewertet haben, waren bei 14 Vergleichspaaren die Stickstoffauswaschung je Ertragseinheit im ökologischen Landbau niedriger (bei jeweils fünf Vergleichspaaren war die Auswaschung vergleichbar beziehungsweise höher). 4. Um wie viel Prozent höher, im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft , sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ammoniakemissionen im ökologischen Landbau, insbesondere vor dem Hintergrund des höheren Flächenbedarfs je Ertragseinheit im ökologischen Landbau (bitte je Ertragseinheit und nicht je Flächeneinheit angeben)? Durch die nationale Berichterstattung über Emissionen von Luftschadstoffen auf Basis internationaler Abkommen werden jährlich unter anderem die Ammoniakemissionen Deutschlands berichtet (Umweltbundesamt, 2019). In der Berichterstattung wird nach unterschiedlichen Ammoniakemissionsquellen innerhalb der Landwirtschaft (zum Beispiel Stallanlagen, Lagerung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern der Nutztierhaltung und Biogasproduktion, Einsatz synthetischer Stickstoffdünger) sowie anderen Quellbereichen differenziert . Eine Differenzierung zwischen ökologischem Landbau und konventioneller Landwirtschaft ist jedoch nicht möglich. Auch die Ausweisung ertragsbezogener Emissionen ist nicht Teil dieser Berichterstattung. Die dazu benötigten grundlegenden Daten (wie zum Beispiel repräsentative nach konventionellem und ökologischem Landbau differenzierte Management-, Technik-, Bewirtschaftungs - und Ertragsdaten) liegen nicht vor. Die Beantwortung der Frage stützt sich daher auf vergleichende wissenschaftliche Studien zur Ammoniakemission aus verschiedenen Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion. Für beide Produktionsformen gelten die gleichen Vorgaben der Düngeverordnung zur Einarbeitung und Ausbringung von Wirtschaftsdüngern, die auf die Minderung der Ammoniakemission zielen. Es gibt jedoch Unterschiede in der Bewirtschaftung, die Einfluss auf NH3-Emissionen haben. Für die ökologische Milchviehhaltung sehen die EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau einen ständigen Zugang der Tiere zu Freigelände vor, vorzugsweise zu Weideland. Die Weidehaltung von Kühen und Jungtieren ist im ökologischen Landbau daher häufiger als in der konventionellen Landwirtschaft zu finden. Durch die getrennte Ausscheidung von Harn und Kot auf der Weide und das rasche Einsickern von Harn in den Boden entstehen bei der Weidehaltung geringere Ammoniakemissionen als bei einer reinen Stallhaltung mit Lagerung von Wirtschaftsdüngern und deren Ausbringung. Das im ökologischen Landbau stärker verbreitete Einstreuen mit Stroh kann außerdem dazu beitragen, den Harnstickstoff zu binden und Ammoniakemissionen aus Stallanlagen und der Lagerung von Wirtschaftsdüngern zu mindern. Im ökologischen Pflanzenbau werden prinzipiell keine synthetischen Düngemittel eingesetzt. Die Stickstoffversorgung basiert maßgeblich auf dem Einsatz von Wirtschaftsdüngern aus der Tierhaltung, Kompost sowie dem Anbau von Leguminosen (vgl. Antwort zu Frage 7). Tuomisto et al. (2012) kommen in ihrer europäischen Vergleichsstudie zu dem Schluss, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen dem ökologischen und dem konventionellen Landbau in den ertragsbezogenen Ammoniakemissionen gibt. Die Ergebnisse dieser Studie Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16773 weisen darauf hin, dass das einzelbetriebliche Stickstoffmanagement entscheidender für die Höhe der ertragsbezogenen NH3-Emission ist als die ökologische beziehungsweise konventionelle Wirtschaftsweise. 5. Um wie viel Prozent höher, im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft , ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Eutrophierungspotenzial des ökologischen Landbaus, insbesondere vor dem Hintergrund des höheren Flächenbedarfs je Ertragseinheit im ökologischen Landbau (bitte je Ertragseinheit und nicht je Flächeneinheit angeben)? Das Eutrophierungspotenzial der Landwirtschaft beschreibt die Gefahr einer schädigenden Nährstoffanreicherung (insbesondere Stickstoff, Phosphor) in terrestrischen oder aquatischen Ökosystemen beispielsweise durch intensiv gedüngte landwirtschaftliche Nutzflächen. Dieser Definition folgend ist es nicht sachgerecht, das Eutrophierungspotenzial des ökologischen Landbaus oder der konventionellen Landwirtschaft je Ertragseinheit zu bewerten. Im Hinblick auf die Stickstoffauswaschung im ökologischen Landbau im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft wird auf die Ergebnisse von Kusche et al. (2019) verwiesen, wonach eine ökologische Bewirtschaftung die Stickstoffausträge im Mittel um 28 Prozent (Median) vermindert. Im Hinblick auf die Phosphorausträge liegen bisher zu wenige Vergleichsstudien vor, um Unterschiede zwischen den beiden Bewirtschaftungsformen fundiert vergleichen und bewerten zu können. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Unterschiede bei der Tiergesundheit in ökologischer und in konventioneller Tierhaltung ? Das Risiko für die verschiedenen Erkrankungen von Nutztieren unterscheidet sich zum einen zwischen den Nutztierarten und innerhalb der Arten unter anderem zwischen ihrer Nutzungsrichtung, den Produktionsabschnitten, dem Alter der Tiere, ihrer genetischen Herkunft und ihrem Geschlecht. Zum anderen kann auch das Haltungsverfahren einen starken Einfluss auf das Risiko spezifischer Erkrankungen haben. Ganz maßgeblich hängt das Risiko von spezifischen Erkrankungen jedoch vom Management der Betriebe durch die Tierhalterinnen und Tierhalter ab. Ein Vergleich der Tiergesundheit in ökologischer und konventioneller Tierhaltung lässt sich daher systematisch nur unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Einflussfaktoren und bezogen auf spezifische Erkrankungen durchführen . Neben diesen möglichen Einflussfaktoren lassen sich jedoch grundsätzlich unterschiedliche Risiken für einige Erkrankungsbilder aus den prinzipiellen Unterschieden zwischen der ökologischen und konventionellen Tierhaltung ableiten . In der ökologischen Tierhaltung ist das Platzangebot größer, die Ställe sind i.d.R. stärker strukturiert, zumindest Teilflächen sind mit Stroh eingestreut und die Tiere haben meist Zugang zu Auslaufflächen. Weiterhin ist der Einsatz chemisch-synthetischer Arzneimittel, Antibiotika und die Verwendung synthetischen Futtermittelzusätze (z. B. Aminosäuren) in der ökologischen Tierhaltung stärker eingeschränkt. Diese prinzipiellen Unterschiede führen zu Vor- und Nachteilen hinsichtlich der Risiken für bestimmte Erkrankungen. So können das größere Platzangebot, verbunden mit Zugang zu Auslauf, und eingestreute, weiche Liegeflächen in der ökologischen Tierhaltung das Risiko für Erkrankungen des Bewegungsapparates senken. Auch das Risiko für be- Drucksache 19/16773 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode stimmte Stoffwechselerkrankungen, bedingt durch Haltungsfehler sowie unangepasste Fütterung*, kann in der ökologischen Tierhaltung geringer sein. Aufgrund des Kontaktes zu Bereichen außerhalb des Stalles (Auslauf, Weide) zeigen sich in der ökologischen Tierhaltung oftmals höhere Risiken für Erkrankungen durch Parasiten oder auch bakterielle Erreger, die in konventionellen, geschlossenen Ställen besser durch prophylaktische Maßnahmen kontrolliert oder, aufgrund geringerer Restriktionen für die Behandlung mit Pharmazeutika, insbesondere Antibiotika und Antiparasitika, besser behandelt werden können. Hierdurch kann sich aber wiederum das Risiko für antimikrobiell (multi-)resistente Bakterien in der konventionellen Haltung erhöhen. Die Tiergesundheit ist eine von drei Dimensionen des Tierwohls. Darüber hinaus sind die Möglichkeit, arteigenes Verhalten auszuleben, und das emotionale Befinden der Tiere weitere Aspekte des Tierwohls (Fraser, 2008). Die beiden letztgenannten Dimensionen des Tierwohls wurden bisher allerdings in nur wenigen Vergleichsstudien berücksichtigt. Die vorhandenen Studien deuten beim Tierverhalten und beim emotionalen Befinden Vorteile der ökologischen Tierhaltung an, zum Beispiel aufgrund des Platzangebotes oder des vorgeschriebenen Zugangs zu Freiflächen bzw. Weidegangs. Zusammengefasst können sich die Risiken für spezifische Erkrankungen zwischen der ökologischen und konventionellen Tierhaltung unterscheiden. In der Summe sind jedoch auf der Basis der derzeit vorliegenden Studien keine verallgemeinerbaren Vorzüge der einen oder anderen Produktionsweise hinsichtlich der Tiergesundheit ableitbar. 7. Wie viele Nutztiere müssten nach Kenntnis der Bundesregierung bei einem Anteil des ökologischen Landbaus an der Landwirtschaft in Deutschland von 20, 30, 50, 60, 80 oder 100 Prozent mindestens gehalten werden, um über einen Selbstversorgungsgrad bei Wirtschaftsdüngern von 100 Prozent zu verfügen? Das Düngemanagement im ökologischen Landbau zielt darauf ab, die Bodenfruchtbarkeit durch die Förderung natürlicher biologischer, chemischer und physikalischer Prozesse zu unterstützen. Nährstoffentzüge können nur durch zugelassene, organische und mineralische Düngemittel ausgeglichen werden. Dies sind insbesondere Wirtschaftsdünger aus der Tierhaltung, Kompost und stickstofffixierende Leguminosen. Mineralische Nitrat-, Ammonium- und Harnstoffdünger sowie leicht lösliche Phosphordünger sind im Ökolandbau verboten. Um Boden, Grundwasser und Oberflächengewässer nicht zu belasten, ist die Anzahl der Tiere auf der Fläche begrenzt (maximal zwei Großvieheinheiten bzw. 170 kg Stickstoff-Äquivalent je Hektar) und kann nicht, wie die Frage insinuiert , unabhängig von der Fläche erhöht werden. Um bei einer weiteren Ausdehnung des ökologischen Landbaus eine ausreichende Nährstoffversorgung sicherzustellen , bedarf es unter anderem innovativer Versorgungskonzepte auf regionaler Ebene einschließlich der Nutzung von Grüngut- und Biogutkomposten sowie flüssigen und festen Gärresten aus Biogasanlagen. * Forschungsergebnisse der Landwirtschaftskammer Salzburg, online verfügbar unter: https://sbg.lko.at/stoffwechseler krankungen-bei-milchk%C3%BChen+2500+2526531, letzter Zugriff: 13. Januar 2020 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16773 8. Um wie viel Prozent würden nach Kenntnis der Bundesregierung die Preise für die jeweiligen Kulturen auf den internationalen Agrarmärkten steigen , wenn der Anteil des ökologischen Landbaus an der Landwirtschaft in Deutschland 20, 30, 50, 60, 80 oder 100 Prozent betragen würde? Exporte aus Deutschland tragen mit einem Anteil von rund 6 Prozent (bezogen auf den Wert der Ausfuhren in Mio. US-Dollar) zum internationalen Agrarhandel bei (BMEL, 2017). Die Bedeutung der deutschen Ackerbauproduktion für die globale Erzeugung ist hingegen deutlich kleiner. Nach Angaben des United States Department of Agriculture (USDA) werden beispielsweise rund 3 Prozent der Weizenerträge und unter 1 Prozent der Maiserträge in Deutschland erzielt (USDA, 2020). Ob die deutsche Agrarproduktion die Preise einzelner Kulturen auf den internationalen Agrarmärkten bei einer Ausdehnung des ökologischen Landbaus in Deutschland ändern würde, kann auf der Grundlage der verfügbaren Informationen nicht fundiert abgeschätzt werden. Hierzu wäre es notwendig zu wissen, ob bzw. in welchem Umfang es infolge einer Ausdehnung zu einer nennenswerten Angebotsverknappung kommt, wie sich die Nachfrage nach ökologischen Erzeugnissen entwickelt und wie sich mittelfristig das Konsumverhalten ändert. 9. Welche Folgen für die globale Ernährungssicherheit hätte es nach Kenntnis der Bundesregierung, wenn der Anteil des ökologischen Landbaus an der Landwirtschaft in Deutschland 20, 30, 50, 60, 80 oder 100 Prozent betragen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der mittleren Ertragslücke im ökologischen Landbau, die beispielsweise bei Getreide etwa 30 bis 50 Prozent und bei Kartoffeln etwa 40 bis 50 Prozent beträgt? Wie bewertet die Bundesregierung die Vereinbarkeit dieser Ertragslücke des ökologischen Landbaus mit dem Nachhaltigkeitsziel 2 der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung „Kein Hunger “ (www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/ern aehrung-weltweit-sichern-319080)? Die globale Ernährungssicherheit hängt von zahlreichen Faktoren ab, die teilweise in komplexer Weise miteinander verbunden sind. Zu nennen sind unter anderem: • das Bevölkerungswachstum und der dadurch wachsende Druck auf natürliche Ressourcen, • technische und biologische Innovationen hinsichtlich der Ressourcennutzung , • die Preisentwicklungen für Nahrungsmittel, • die Infrastruktur sowie das kulturelle und sozioökonomische Umfeld, • die wirtschaftlichen, institutionellen und politischen Rahmenbedingungen, • die klimatischen Bedingungen und mögliche Naturkatastrophen. Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung der relativ kleinen Bedeutung der deutschen Agrarproduktion für die globale Erzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und für die Versorgung der Bevölkerung in den Entwicklungsländern ist der effektive Einfluss einer Ausweitung des ökologischen Landbaus in Deutschland auf die globale Ernährungssicherheit als eher gering anzusehen. Das Nachhaltigkeitsziel 2 der Agenda 2030 bezieht sich nicht nur auf die Bekämpfung des Hungers, sondern lautet „Den Hunger beenden, Ernährungssi- Drucksache 19/16773 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode cherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“. Es stellt somit einen Zusammenhang zwischen einer quantitativ und qualitativ ausreichenden Lebensmittelversorgung und einer nachhaltigen Landnutzung her. Dazu kann der ökologische Landbau einen wichtigen Beitrag leisten. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wie auch zahlreiche Experten haben sich deshalb jüngst für eine Ausdehnung agrarökologischer Ansätze wie dem ökologischen Landbau und anderer innovativer Ansätze ausgesprochen, um den Hunger auf der Welt wirksam zu bekämpfen (Eyhorn et al. 2019; HLPE 2019). 10. Wie bewertet die Bundesregierung den Wohlfahrtsfaktor von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland? Wie hoch wären nach Kenntnis der Bundesregierung die Wohlfahrtsverluste bei einem Anteil des ökologischen Landbaus an der Landwirtschaft in Deutschland von 20, 30, 50, 60, 80 oder 100 Prozent? Grundsätzlich tragen biologische und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge und damit zur Erzeugung hochwertiger Lebensmitteln bei. Darüber hinaus gehen von der Produktion und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln relevante Beschäftigungseffekte aus. Detaillierte Informationen über die Wohlfahrtswirkung der Produktion und des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln konnten nicht ermittelt werden. Zur Abschätzung der Wohlfahrtseffekte einer Ausdehnung des ökologischen Landbaus in Deutschland in geeigneter Form wäre es notwendig zu wissen, auf welchen Standorten mit welchen Standorteigenschaften sich die Produktion in Folge einer Ausdehnung des ökologischen Landbaus ändert und inwiefern dadurch die Wertschöpfung in den betroffenen Regionen beeinflusst werden könnte. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16773 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333