Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Dr. Marcel Klinge, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16093 – Reform der Endvergütungsregeln des Weltpostvereins V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Weltpostverein (Universal Postal Union – UPU), der die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der nationalen Postbehörden regelt, zählt zu den ältesten Vereinen der Welt und ist seit 1947 eine Unterorganisation der Vereinten Nationen. Seitdem die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika am 17. Oktober 2018 verkündete, dass sich das Gründungsmitglied aus der Organisation des Weltpostvereins zurückziehen wolle, kam Bewegung in die Überarbeitung des UPU-Endvergütungssystems. Die Vereinigten Staaten von Amerika kritisierten insbesondere eine Bevorzugung der Volksrepublik China. Durch die Klassifizierung Chinas als weniger entwickeltes Land (Gruppe III), profitiert die Volksrepublik bislang beim Export von den günstigen Versandbedingungen etwa nach Europa oder in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dies betrifft insbesondere den stark wachsenden E-Commerce-Markt. Aufgrund der sehr geringen Vergütungen ist der postalische Versand aus China oft günstiger als der Versand innerhalb der Empfängerstaaten. Die Studie „UPU-Endvergütungen und internationaler E-Commerce“ des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste kam im September 2016 zu dem Ergebnis, dass der Deutschen Post AG (DPAG) jährlich ein Verlust von ca. 120 Mio. Euro durch die Kostenunterdeckung chinesischer Warensendungen entsteht. In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion „Endvergütungsregeln des Weltpostvereins “ (Bundestagsdrucksache 19/6025) führte die Bundesregierung aus, dass sie aufgrund der Änderungen am Endvergütungssystem zum 1. Januar 2018 voraussichtlich bis 2020 kostendeckende Endvergütungen erwarte. Für deutsche Versandhändler ist nach Ansicht der Fragesteller das niedrige Niveau der UPU-Endvergütungen von Nachteil. Die niedrigen Versandkosten ermöglichen es, neben der Produktion auch Vertrieb und Lagerung in China abzuwickeln. Damit findet in diesem Fall kaum Wertschöpfung in Deutschland statt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16789 19. Wahlperiode 27.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 23. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Im Rahmen eines Beschlusses vom 11. Oktober 2019 machte auch der Bundesrat , basierend auf einer Initiative des Freistaates Bayern, auf die Problematik aufmerksam (Bundesratsdrucksache 345/19 – Beschluss). Der Bundesrat stellte fest: „Die Nicht-Einhaltung dieser Bestimmungen sowie die präferentiellen Konditionen des Weltpostabkommens erlauben es Händlern aus exportstarken Drittstaaten wie insbesondere China, ihre Waren zu sehr niedrigen Preisen und Versandkosten anzubieten. Für europäische Händler und Hersteller entstehen dadurch gravierende Wettbewerbsnachteile.“ Die Länder warben in ihrem Beschluss daher für eine Anpassung der Landesklassifizierung der Volksrepublik China. Beim dritten außerordentlichen Kongress des Weltpostvereins vom 24. September 2019 bis 26. September 2019 in Genf, erzielten die Vertreter aus über 130 Ländern eine wichtige Einigung über die künftigen Postvergütungssätze (http://news.upu.int/no_cache/nd/upu-third-extraordinary-congress-wraps-wit h-strong-solidarity-message/). Es wurde vereinbart, dass die Benannten Betreiber („designated operators“) ihre Tarife ab dem 1. Juli 2020 selbst bestimmen können. Die Voraussetzung dafür liegt bei einer eingehenden Postmenge von über 75.000 Tonnen. Diese Menge erreicht derzeit nur der US Postal Service . Alle anderen UPU-Mitglieder dürfen dann ab Januar 2021 schrittweise nachziehen. Diese Einigung (Option V) führte dazu, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihren geplanten Rückzug aus dem Weltpostverein nicht vollzogen (http://news.upu.int/no_cache/nd/us-officially-revokes-intent-to-withdra w-from-postal-union-during-washington-dc-visit-of-upus-director-general/).  1. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse des Sonderkongresses des Weltpostvereins in Genf vom September 2019? Im September 2019 fand ein Sonderkongress des Weltpostvereins in Genf statt, um den von den USA angekündigten Austritt aus dem Weltpostverein abzuwenden . Ziel war es, eine Lösung für die Endvergütungsfrage zu finden, die die USA zum Anlass genommen haben, um den Austritt anzukündigen. Die Lösung musste auf der einen Seite den Interessen der USA und einiger anderer Länder gerecht werden, die eine freie Festlegung der Endvergütungen („self declared rates“) für Briefsendungen mit Wareninhalt forderten, insbesondere für Importe chinesischer Herkunft. Andererseits galt es, die Endvergütungen so anzupassen, dass exorbitante Preissprünge vermieden werden. Auf dem Kongress in Genf wurde ein tragfähiger Kompromiss geschlossen, der im Kern vorsieht, dass die Endvergütungen ab Januar 2021 selbst festgelegt werden können; es gibt aber Obergrenzen, die von Jahr zu Jahr angehoben werden . Staaten mit einem Importvolumen von mehr als 75.000 Tonnen erhielten das Sonderrecht, die Endvergütungen bereits ab Juli 2020 selbst festzulegen, ohne dass diese Obergrenzen gelten. Dieses Kriterium trifft derzeit nur auf die USA zu. Im Postverkehr mit den USA gilt dieses Sonderrecht auch für die anderen Länder. Die Preise dürfen jedoch nicht über die Höchstgrenze von 70 Prozent der Inlandstarife steigen. Gleichzeitig haben sich die USA dazu verpflichtet , 40 Mio. Schweizer Franken an den Weltpostverein für die postalische Sicherheit des Weltpostverkehrs und die Altersversorgung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weltpostvereins zu zahlen. Für Deutschland ist dies ein tragfähiger Kompromiss, mit dem erreicht wurde, dass die USA im Weltpostverein verbleiben. Ein Austritt hätte den internationalen Postverkehr insgesamt, aber auch zwischen den USA und Deutschland erheblich erschwert. Positiv ist darüber hinaus, dass die Endvergütungen in moderater Form und ohne preisliche Verwerfungen angepasst werden. Drucksache 19/16789 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  2. Begrüßt die Bundesregierung speziell die Neuregelung der UPU-Endvergütungsregeln ? Die Einführung sog. self-declared rates (freie Setzung von Preisen für die Zustellung eingehender Auslandspost) ist im Grundsatz zu begrüßen, da dadurch die tatsächlichen Zustellkosten im Zielland stärker berücksichtigt werden. Es gelten aber weiterhin „Leitplanken“, innerhalb derer die Preissetzung erfolgen kann.  3. Wie bewertet die Bundesregierung speziell die vom Kongress getroffene Entscheidung, effektiv nur den Vereinigten Staaten von Amerika schon im nächsten Jahr deutlich höhere Endvergütungen zuzugestehen? Die Ausnahmeregelung für die USA umfasst lediglich die frühere Einführung von „self-declared rates“ und bedingt ein Importvolumen von mehr als 75.000 Tonnen. Im Gegenzug leistet die USA insgesamt 40 Mio. Schweizer Franken verteilt auf fünf Jahre an den Weltpostverein. Deshalb ist die Kongressentscheidung insgesamt ein ausgewogener Kompromiss.  4. Unterstützt die Bundesregierung als mittelbarer Hauptaktionär der DPAG eine schrittweise Anhebung der Endvergütungen bei internationalen Sendungen durch die Deutsche Post AG als benannter Betreiber der Bundesrepublik Deutschland? Wenn nein, warum nicht? Für die Gestaltung der Entgelte ist die Deutsche Post AG selbst verantwortlich. Das Aktiengesetz ermöglicht weder dem Bund als mittelbarem Anteilseigner noch der staatlichen KfW eine Einwirkung auf das operative Geschäft des Unternehmens. Es ist noch nicht klar, in welcher Höhe die Entgelte für internationale Postdienstleistungen steigen werden. Dies ist auch abhängig von der Wettbewerbsposition der Deutsche Post AG gegenüber den anderen privaten Dienstleistern, denn im Paket- und Päckchenmarkt gibt es in Deutschland einen harten Wettbewerb . Mögliche Entgeltsteigerungen – sofern sie den regulierten Bereich betreffen – müssen der Bundesnetzagentur zur Genehmigung vorgelegt werden.  5. Welche Ausgangsländer wären aufgrund geringer Sendungsmengen nach Kenntnis der Bundesregierung nicht von einer entsprechenden Anhebung der Endvergütungen durch die Deutsche Post AG betroffen? Die Mehrzahl der Staaten mit geringer Einwohnerzahl und viele der Entwicklungsländer sind nicht von einer möglichen Anhebung der Endvergütungen der Deutsche Post AG betroffen, da es für diese Länder Sonderregelungen gibt. China ist aber nicht unter diesen Ländern. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16789  6. Welche Auswirkungen hätte eine entsprechende Erhöhung der Endvergütung durch die Deutsche Post AG auf die Kosten von Sendungen aus der Volksrepublik China bis 2025 (bitte einzeln für die wichtigsten Sendungsarten und Jahre angeben)? Konkrete Aussagen, insbesondere bis 2025, sind nicht möglich bzw. wären rein spekulativ (siehe auch die Antwort zu Frage 4). Die in der Antwort zu Frage 3 angesprochene Erhöhung der Endvergütungen für Sendungen mit Wareninhalt aus China nach Deutschland dürfte von 2019 auf 2020 bereits zu einer Erhöhung der Endvergütungen um ca. 27 Prozent führen.  7. Wie wirken sich die Beschlüsse, aus Sicht der Bundesregierung, auf folgende Marktakteure aus: Grundsätzlich sind die konkreten Auswirkungen auf die Marktakteure zum jetzigen Zeitpunkt äußerst schwierig zu beurteilen. a) Deutsche Post AG, Da noch keine Informationen über die Preisanpassungen, wie sie ausländische Benannte Betreiber vornehmen werden, vorliegen und auch mögliche Preisanpassungen der Deutsche Post AG noch offen sind, können die Auswirkungen auf die Marktakteure mittelfristig noch nicht beziffert werden. In 2020 werden die Endvergütungen für importierte Warensendungen aus Industrieländern („Gruppe I“), die gemäß der UPU-Regelungen abgerechnet werden, um knapp 5 Prozent steigen, diejenigen aus Schwellenländern („Gruppe II“) um 19 Prozent, diejenigen aus Ländern wie China („Gruppe III“) um 27 Prozent. b) Verbraucher in Deutschland, Die Auswirkungen auf die Verbraucher in Deutschland sind ebenfalls schwierig abzuschätzen. Für Sendungen in das Ausland ist ggf. mit Portoerhöhungen zu rechnen, wenn die Kosten für die Zustellung im Ausland steigen und die Deutsche Post AG im Rahmen der Preisregulierung das Porto anpassen kann. Für Sendungen aus dem Ausland hängt der Effekt davon ab, ob der Versandhändler im Ausland mögliche Kostensteigerungen an den Empfänger weitergibt . Auch dies ist heute nicht bezifferbar. c) deutsche Versandhändler? Für deutsche Versandhändler im Export mit Sendungen in das Ausland ist ggf. mit Portoerhöhungen zu rechnen, wenn die Kosten für die Zustellung im Ausland steigen und die Deutsche Post AG im Rahmen der Preisregulierung Preise anpassen kann. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die Wettbewerbssituation innerdeutscher Versandhändler durch die höheren Kosten für den Versand von Sendungen , z. B. aus China nach Deutschland verbessern dürfte. Im Einzelnen hängt dies jedoch davon ab, ob der Benannte Betreiber im Absenderland die Kosten vollständig an die dortigen Versender weitergibt und ob diese wiederum ihren Kunden in Deutschland an den steigenden Versandkosten beteiligen. Drucksache 19/16789 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  8. Wie hat sich die Kostenunterdeckung der Deutschen Post AG beim Versand von internationalen Postsendungen, speziell auch aus der Volksrepublik China, nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Wie veränderte sich im Vergleich dazu das Inlandsporto? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.  9. Betrachtet die Bundesregierung die neue Obergrenze von 70 Prozent des Inlandsportos für Endvergütungen als kostendeckend? Die Obergrenze von 70 Prozent beruht auf einer Studie des Weltpostvereins und reflektiert auf Basis eines globalen Durchschnitts, dass bei eingehenden Auslandssendungen Teile der Kosten einer Inlandssendung nicht anfallen (z. B. Vertriebskosten, Einsammlung etc.). Diese Kosten werden auf etwa 30 Prozent des Inlandspreises geschätzt. Insofern sind diese 70 Prozent als globaler Kompromiss zu sehen, den die Bundesregierung mitträgt; inwieweit diese pauschale Grenze in den einzelnen Ländern kostendeckend ist, kann nicht beurteilt werden. 10. Wann wird in Anbetracht der Neuregelung der Endvergütungen nach Ansicht der Bundesregierung eine Kostendeckung für die Deutsche Post AG erreicht werden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 11. Plant die Bundesregierung, weitere Benannte Betreiber zu benennen? Wenn nein, warum nicht? Zur Benennung weiterer Benannter Betreiber hat die Bundesregierung 2019 eine Zulassungsverordnung erlassen. Auf deren Grundlage können sich interessierte Unternehmen bei der Bundesnetzagentur um eine Benennung bewerben. Bei Erfüllung der Voraussetzungen wird eine Ernennung ausgesprochen. 12. Ist die Einführung einer pauschalen Bearbeitungsgebühr für Sendungen aus Drittstaaten, wie es die skandinavische PostNord seit Anfang 2018 praktiziert, aus Sicht der Bundesregierung ein sinnvoller Weg zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen? Die Bearbeitungsgebühr erhebt PostNord (der benannte Betreiber Schwedens) für die Bearbeitung von zollpflichtigen Sendungen – diese Gebühr ist keine staatliche Abgabe zur Vermeidung von Steuerausfällen. Allerdings hat Schweden die Freigrenze für Bestellungen aus dem Nicht-EU- Ausland aufgehoben, so dass auf solche Online-Käufe (z. B. aus China) grundsätzlich Einfuhrabgaben anfallen. Da davon auch geringwertige Einkäufe betroffen sind, welche einen Großteil des internationalen eCommerce ausmachen, hat PostNord zur Deckung der für die Bearbeitung dieser Sendungen entstehenden Kosten eine Bearbeitungsgebühr eingeführt. EU-weit wird durch die Maßnahmen aufgrund des sog. MwSt-Digitalpakets ab 2021 ebenfalls ein Wegfall der Abgabenfreigrenze erfolgen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16789 13. Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung am UPU-Projekt OSCAR (Online Solution for Carbon Analysis and Reporting)? Die Bundesregierung ist an dem Projekt nicht beteiligt. 14. Welche Kosten entstehen der Deutschen Post AG nach Kenntnis der Bundesregierung durch internationale Rücksendungen, insbesondere in die Volksrepublik China? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Drucksache 19/16789 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333