Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Hessel, Christian Dürr, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16433 – Reform der Hinzurechnungsbesteuerung im Außensteuergesetz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Außensteuergesetz ist aus dem Jahre 1972 und bedarf spätestens seit der Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) aus Sicht der Fragesteller dringend einer Reform, um den Standort Deutschland in einer immer globaler werdenden Wirtschaft nicht zu schädigen. Besonders die Hinzurechnungsbesteuerung führt bei Unternehmen mit Beteiligungen an Auslandsgesellschaften zu höheren oder mehrfachen Steuerbelastungen als bei Unternehmen ohne Auslandsbeteiligungen. Dies ist gerade im internationalen Wettbewerb nach Ansicht der Fragesteller nicht mehr zeitgemäß und benachteiligt solche Unternehmen, die aufgrund ihres Unternehmensgegenstandes auf ausländische Gesellschaften angewiesen sind. Problematisch ist aus Sicht der Fragesteller in diesem Zusammenhang auch die Niedrigbesteuerungsgrenze des § 8 Absatz 3 des Außensteuergesetzes (AStG) von 25 Prozent. Die durchschnittliche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften in den OECD-Staaten beträgt infolge verschiedener Reformen nur noch 21,4 Prozent (Stand: 2018, OECD). Zudem unterliegen einige inländische Unternehmen aufgrund des Fremdvergleichsgrundsatzes des § 1 AStG der Besteuerung und werden über die schädlichen Mitwirkungstatbestände, die eine Besteuerung nach § 8 Absatz 1 AStG auslösen, erneut besteuert („überschießende Wirkung der Mitwirkungstatbestände “). Nach Artikel 7 Absatz 2 a) ii) ATAD sind Lizenzgebühren oder sonstige Einkünfte aus geistigem Eigentum als passiv zu qualifizieren. Nach § 8 Absatz 1 Nummer 6 a) AStG sind Einkünfte aus der Überlassung von Rechten etc. aktiv, soweit Ergebnisse eigener Forschungs- und Entwicklungsarbeit ausgewertet werden und kein schädlicher Mitwirkungstatbestand erfüllt ist. Dies qualifiziert Einkünfte im Zusammenhang mit geistigem Eigentum als grundsätzlich schädlich und benachteiligt aus Sicht der Fragesteller einen ganzen Industrie- und Wirtschaftssektor. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16792 19. Wahlperiode 27.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die doppelte Belastung für Unternehmern durch die Hinzurechnungsbesteuerung zu reduzieren ?  2. Plant die Bundesregierung eine Anpassung der Niedrigbesteuerungsgrenze an die Höhe der Ertragssteuer in anderen OECD- oder EU-Staaten , und wenn ja, in welcher Höhe? Die Fragen 1 und 2 werden zusammengefasst beantwortet. Die Bundesregierung sieht bei der Hinzurechnungsbesteuerung grundsätzlich Änderungsbedarf. In diesem Zusammenhang wird auf den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein ATAD-Umsetzungsgesetz verwiesen , der auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen abrufbar ist. Innerhalb der Bundesregierung ist der Meinungsbildungsprozess über die konkrete inhaltliche Ausgestaltung des Änderungsbedarfs derzeit noch nicht abgeschlossen.  3. Welche Schätzungen liegen der Bundesregierung über das Steueraufkommen der Hinzurechnungsbesteuerung für die letzten Jahre vor? Die dem Bundesministerium der Finanzen vorliegenden Daten zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 bis 14 AStG) einschließlich der Fälle nach § 5 AStG für die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2016 können der folgenden Übersicht entnommen werden. 2014 2015 2016 Zahl der erfassten Gesellschaften 2.108 2.382 2.510 Hinzurechnungsbetrag bei Körperschaften 283.202.055 € 781.003.039 € 590.399.020 € Hinzurechnungsbetrag bei natürlichen Personen 52.009.442 € 64.610.258 € 62.820.065 € Die Länder erheben diese Daten jeweils zu einem festgelegten Stichtag (1. April des dem Veranlagungszeitraum folgenden Jahres). Eventuelle nachträgliche Änderungen aufgrund neu aufgetretener Hinzurechnungsfälle oder zu den Hinzurechnungsbeträgen finden demzufolge regelmäßig keine Berücksichtigung . Daten für die Veranlagungszeiträume ab 2017 liegen noch nicht vor. Daneben wirkt die Hinzurechnungsbesteuerung der Verlagerung von Einkunftsquellen entgegen. Die sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf das Steueraufkommen sind nicht abschätzbar.  4. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf, um die überschießende Wirkung der Mitwirkungstatbestände des § 8 Absatz 1 Nummer 4–6 AStG zu verringern? a) Wenn ja, welche Maßnahmen sind diesbezüglich geplant? b) Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. Drucksache 19/16792 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  5. Hat die Bundesregierung Schätzungen darüber, inwieweit Unternehmen solche Funktionen, die eine Mehrfachbesteuerung aufgrund von schädlicher Mitwirkung auslösen könnten, ins Ausland verlagert werden? Wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Schätzungen vor.  6. Hält die Bundesregierung eine Reduzierung des Anwendungsbereichs der §§ 7 ff. AStG für geboten, angesichts der Risikos eines Verstoßes gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot, wenn Fälle mit Auslandsbezug aufgrund der Doppelbesteuerung (Fremdvergleich über § 1 AStG und zusätzliche Hinzurechnungsbesteuerung über §§ 7 ff. AStG) gegenüber reinen Inlandssachverhalten schlechter gestellt werden (vgl. Artikel 18 AEUV; BFH Beschluss (EuGH-Vorlage) vom 12. Oktober 2016, I R 80/14)? Wenn nein, warum nicht? Die Reichweite der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung wird durch die Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) vorgegeben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.  7. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die technischen Steuerbefreiungen künftig bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages zu berücksichtigen?  8. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um eine Höherbesteuerung von Auslandssachverhalten im Vergleich zu Inlandssachverhalten zu vermeiden? a) Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die Berücksichtigung von Steuern i. S. d. § 10 Absatz 1 Satz 2 AStG an die inländische Besteuerung anzupassen? Wenn ja, welche? b) Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um die Ausschlüsse der Steuerbefreiungen und -aufschübe i. S. d. § 10 Absatz 3 AStG an die inländische Besteuerung anzupassen? Wenn ja, welche? Die Fragen 7 und 8 werden zusammen beantwortet. Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen.  9. Welche Schätzungen hat die Bundesregierung über die Anzahl der Unternehmen , die aufgrund einer Steuersenkung im Ausland (oder infolge einer Akquisition durch eine inländische Gesellschaft) in die Hinzurechnungsbesteuerung „hineinrutschen“? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Schätzungen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16792 10. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um den Effekt der Rückwirkung der Hinzurechnungsbesteuerung zu vermeiden? Wenn ja, welche? 11. Wie begründet die Bundesregierung die Hinzurechnungsbesteuerung der Einkünfte des gesamten Wirtschaftsjahres in solchen Fällen, in denen eine Inländerbeherrschung erst unterjährig eingetreten ist (vgl. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie, Stand: 10. Dezember 2019, Artikel 5 § 7, S. 19)? 12. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um das Außensteuergesetz im Lichte der ATAD von 2016 und 2017 zu reformieren? Die Fragen 10 bis 12 werden zusammen beantwortet. Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. Drucksache 19/16792 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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