Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Corinna Rüffer, Markus Kurth, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/16446 – Zur Situation in den Beratungsstellen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit Januar 2018 haben bundesweit rund 500 Beratungsstellen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) ihre Arbeit aufgenommen. Sie beraten und unterstützen behinderte Menschen zu Teilhabemöglichkeiten und Teilhabeleistungen. Wenn es beispielsweise Ärger bei der Kostenübernahme für einen Rollstuhl gibt, wenn unklar ist, wer eine Assistenz bezahlen muss, oder wenn man vom Wohnheim in eine eigene Wohnung umziehen möchte – die Teilhabeberatungsstellen sollen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen, niedrigschwellig und auf Augenhöhe. Die Beratung soll unabhängig von den Interessen derjenigen erfolgen, die für Teilhabeleistungen zahlen oder solche Leistungen anbieten. Schließlich sollen insbesondere behinderte Menschen selbst beraten, im Sinne des Peer Counseling. Im Leitbild der EUTB heißt es: „Wir bieten Beratung ohne Barrieren – ganz nach Bedarf! Wir gehen achtsam mit den Ratsuchenden und mit uns selber um. Wir nehmen uns die Zeit, die die Ratsuchenden brauchen.“ (www.teilhabe beratung.de/artikel/ergaenzende-unabhaengige-teilhabeberatung-unser-leit bild, Zugriff am 18. November 2019) Damit Ratsuchende die Beratungsstellen nutzen und behinderte Beraterinnen und Berater dort arbeiten können, müssen sie baulich barrierefrei sein. Und je nach Beeinträchtigung der Ratsuchenden wie der Beraterinnen und Berater müssen organisatorische Anpassungen vorgenommen oder zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen wie z. B. Übersetzungen in Deutsche Gebärdensprache getroffen werden. Zeit für Beratung und ein achtsamer Umgang mit den eigenen Ressourcen, wie im Leitbild formuliert, können nur gewährleistet werden, wenn die Beratungsstellen finanziell und personell entsprechend ausgestattet sind. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16818 19. Wahlperiode 28.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 27. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Zahlreiche Berichte aus der Beratungspraxis machen nach Ansicht der Fragesteller deutlich, dass hier noch erheblicher Verbesserungsbedarf besteht: „Unverhältnismäßig hohe bürokratische Hürden, komplizierte Antragsverfahren und kaum zu finanzierende Eigenbeteiligungen erschweren den ohnehin schon nicht leicht zu bewerkstelligenden Aufbau und Betrieb einer Beratungsstelle. Viele kleinere Organisationen, die bisher nur über rein ehrenamtlich tätige Mitarbeiter und geringe finanzielle Ressourcen verfügen, haben deshalb sogar davon abgesehen, ein eigenes EUTB-Angebot zu erstellen, obwohl hieran erkennbar ein Bedarf besteht“ (www.bag-selbsthilfe.de/aktuelles/nachrichten/det ail/news/resolution-der-selbsthilfe-eutb-ist-ein-erfolg-ergaenzende-unabhaengi ge-teilhabeberatung-muss-fortge/, Zugriff am 26. November 2019). Das Angehörigen-Entlastungsgesetz sieht eine Entfristung der vorher nur bis 31. Dezember 2022 vorgesehenen Finanzierung der Beratungsstellen sowie eine Aufstockung der Förderung vor, um das Beratungsangebot vor dem Hintergrund des allgemein steigenden Preisniveaus in Umfang und Qualität aufrecht erhalten zu können. Das sei auch angesichts des zu erwartenden verstärkten Beratungsbedarfs geboten, der sich mit der reformierten Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2020 ergebe, heißt es im Begründungsteil. Entgegen anderslautender Forderungen wurde die Finanzierung aber nicht dynamisch gestaltet (vgl. z. B. www.dbsv.org/stellungnahme/ref_e_angehoerigen-entlastu ngsgesetz.html, Zugriff am 4. Dezember 2019).  1. Für wie viele Beratungsstellen wurde die maximal geförderte Anzahl von drei Vollzeitäquivalenten (VZÄ) für Beratung und Verwaltung bewilligt (vgl. Antwort zu Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 19/1758), und wie hoch ist die Zahl der bewilligten VZÄ insgesamt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Bewilligung von Vollzeitstellen bemisst sich an der Einwohnerzahl des Einzugsgebiets, seiner Fläche und dem mutmaßlichen Beratungsbedarf in der Region des beantragten Angebotes an ergänzender unabhängiger Teilhabeberatung (EUTB). Als Orientierungswert dienten kalkulatorisch 140.000 Einwohner pro Vollzeitäquivalent (VZÄ). Das maximal zulässige VZÄ entspricht daher nicht in jedem Fall dem per Förderrichtlinie vorgegebenen Deckelwert von 3 VZÄ pro Beratungsangebot. Annähernd allen Antragstellenden, die in diesem Rahmen die maximal zulässige Anzahl an VZÄ beantragten, wurde die maximal geförderte Anzahl von Vollzeitstellen bewilligt. Für 36 Beratungsstellen wurden VZÄ zwischen 2,96 und 2,99 bewilligt, für 31 Beratungsstellen 3 VZÄ. Drucksache 19/16818 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode EUTB- Bewilligung (Stand Januar 2020) Bundesland bewilligte VZÄ bewilligte Beratungsangebote Baden-Württemberg 87,36 61 Bayern 107,97 70 Berlin 30,99 18 Brandenburg 23,47 18 Bremen 5,05 6 Hamburg 11,88 8 Hessen 49,93 30 Mecklenburg-Vorpommern 24,40 16 Niedersachsen 73,51 58 Nordrhein-Westfalen 134,28 108 Rheinland-Pfalz 34,64 27 Saarland 7,61 7 Sachsen 35,16 20 Sachsen-Anhalt 20,67 16 Schleswig-Holstein 24,95 20 Thüringen 21,97 13 Gesamt 693,84 496 Die bewilligten Personalmittel bilden als VZÄ-Stellen das Beratungspersonal ab. Diese VZÄ werden ausschließlich zur Beratung gefördert. Kosten und Leistungen für Verwaltungsausgaben sind über die Verwaltungs- und Sachkostenpauschale abgegolten.  2. Wie viele behinderte Menschen beschäftigen die ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTBs) nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Budgets für Arbeit, das seit bald zwei Jahren als Alternative zur Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) verankert ist (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Träger der EUTB können auch Beschäftigte einstellen, deren Einstellung mit Förderleistungen (Eingliederungszuschuss nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch – SGB III, Leistungen an Arbeitgeber nach § 50 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IX) subventioniert werden. Daher ist auch eine Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mit dem Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) zu begrüßen. Die Personalkosten/-anteile der Arbeitgeber werden von der Förderrichtlinie erfasst. Die Entscheidung über ein entsprechendes Beschäftigungsangebot trifft jedoch der jeweilige Träger der EUTB. Weder dem mit der Administration beauftragten Dienstleister noch der Bundesregierung selbst liegen valide Daten zur Nutzung des Budgets für Arbeit bei den Trägern der EUTB-Angebote vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16818  3. Wie viele Anträge gab es vonseiten der Träger der EUTBs für eine Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im Rahmen des Budgets für Arbeit im Laufe der derzeitigen Förderung nach Kenntnis der Bundesregierung? Wie viele davon wurden nach Kenntnis der Bundesregierung mit jeweils welcher Begründung abgelehnt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln )? Die Zahl der Anträge und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mit einem Budget für Arbeit wird nicht gesondert erfasst.  4. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Menschen mit Behinderungen , die über das Budget für Arbeit in einer EUTB arbeiten möchten , für diese Tätigkeit zu qualifizieren? Die von der Bundesregierung beauftragte Fachstelle Teilhabeberatung koordiniert die Vernetzung der einzelnen Beratungsangebote untereinander und organisiert den fachlichen Austausch der Beraterinnen und Berater. Die angebotenen Schulungen der Fachstelle fördern einen möglichst einheitlichen Qualitätsstandard der Angebote. Eine berufliche Qualifikation, die nach erfolgreichem Abschluss einer Phase der Berufsausbildung zuerkannt wird und damit das Wissen und die Fertigkeiten für einen Beruf verschafft, wird über die Förderung der Beratungsangebote nicht finanziert.  5. In wie vielen Beratungsstellen sind nach Kenntnis der Bundesregierung behinderte Menschen sozialversicherungspflichtig als Beraterinnen und Berater beschäftigt, in wie vielen beraten behinderte Menschen ehrenamtlich , und wie viele Beratungsstellen beschäftigen ausschließlich nicht behinderten Beraterinnen und Berater (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln )? Im Dezember 2018 waren insgesamt 1.180 Personen sozialversicherungspflichtig in EUTB-Angeboten beschäftigt. Davon gaben 757 Personen (ca. 64 Prozent ) an, „Peer-Beratungen“ durchzuführen. „Peer“ ist definiert als Eigenschaft, die durch die eigene Behinderungserfahrung oder den Status als nahe Angehörige oder naher Angehöriger eines Menschen mit Behinderungen (z. B. Eltern von behinderten Kindern) erlangt wird. „Peer“ ist dabei nicht gleichzusetzen mit einem vorhandenen Grad der Behinderung. Die Selbstauskunft beinhaltet auch keine Angaben zum amtlichen Schwerbehindertenstatus. Des Weiteren waren zu diesem Zeitpunkt 668 Personen geringfügig oder ehrenamtlich in EUTB-Angeboten beschäftigt. Davon gaben 593 Personen an, über die „Peer“-Eigenschaft zu verfügen. Inwiefern Personen über einen anerkannten Grad der Behinderung verfügen, wird nicht erhoben. Weitere Informationen können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Drucksache 19/16818 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bu nd esl an d M ita rb eit eri nn en un d M ita rb eit er ge sam t da vo n Pe ers ge sam t in Pr oz en t M ita rb eit eri nn en un d M ita rb eit er ha up tam tlic h da vo n Pe ers ha up tam tlic h in Pr oz en t M ita rb eit eri nn en un d M ita rb eit er eh ren am tlic h da vo n Pe ers eh ren - am tlic h in Pr oz en t Ba de n-W ürt tem be rg 21 5 14 5 67 13 3 69 52 82 76 93 Ba ye rn 26 7 17 9 67 17 1 95 56 96 84 88 Be rlin 75 67 89 44 36 82 31 31 10 0 Br an de nb urg 71 49 69 45 26 58 26 23 88 Br em en 14 12 86 9 7 78 5 5 10 0 Ha mb urg 34 30 88 21 17 81 13 13 10 0 He sse n 12 3 82 67 85 58 68 38 24 63 Me ck len bu rg- V o rpo mm ern 59 42 71 40 26 65 19 16 84 Ni ed ers ach sen 20 0 13 9 70 12 5 74 59 75 65 87 NR W 38 8 31 0 80 26 4 19 6 74 12 4 11 4 92 Rh ein lan d-P fal z 69 60 87 54 45 83 15 15 10 0 Sa arl an d 22 11 50 9 4 44 13 7 54 Sa ch sen 88 60 68 57 35 61 31 25 81 Sa ch sen -A nh alt 63 40 63 36 18 50 27 22 81 Sc hle sw ig- Ho lst ein 78 55 71 42 19 45 36 36 10 0 Th üri ng en 82 69 84 45 32 71 37 37 10 0 Ge sam t 18 48 13 50 73 11 80 75 7 64 66 8 59 3 89 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16818  6. Auf welche Weise wird sichergestellt und überprüft, dass die Beratung von Betroffenen für Betroffene bei der Förderung von Beratungsangeboten besonders berücksichtigt wird (vgl. § 32 Absatz 3 SGB IX), und welche Konsequenzen hat das bei der Entscheidung über eine Folgeförderung für Beratungsstellen, in denen ausschließlich nicht behinderte Menschen beraten? Die Beratungsmethode des „Peer Counseling“, im Verständnis der EUTB die Beratung von Betroffenen für Betroffene, wurde als Kriterium bei der Auswahl der regionalen Beratungsangebote im Erstbewilligungsverfahren berücksichtigt. Über die in den Zwischennachweisen enthaltenen Sachberichte dokumentieren alle Zuwendungsempfänger verpflichtend und regelmäßig, inwieweit Betroffene hauptamtlich und ehrenamtlich im jeweiligen EUTB-Angebot beraten. Die auf diese Weise nachweisbare Einbindung Betroffener ist als Erfolgskriterium messbar und somit für das Folgeantragsverfahren berücksichtigungsfähig. Es erfolgt jedoch kein genereller Ausschluss von Angeboten ohne „Peer Counseling “, da Betroffenheit oder die Dokumentation des Betroffenenstatus im Sinne der Gleichbehandlung zwar eine positive, aber keine negative Diskriminierung fördern soll. Träger von EUTB-Angeboten berichten regelmäßig über die Herausforderung , qualifizierte Beraterinnen und Berater zu finden, so dass es kein Ausschlusskriterium sein sollte, wenn ein EUTB-Angebot nicht behinderte Beraterinnen und Berater einstellt.  7. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Probleme in der Zusammenarbeit zwischen den EUTB und den Rehabilitationsträgern vor Ort, und wie wirkt die Bundesregierung im Fall von Problemen darauf hin, dass die Zusammenarbeit sich verbessert? Erkenntnisse über Probleme in der Zusammenarbeit zwischen den EUTB- Angeboten und Rehabilitationsträgern liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und einzelne Regionalträger der Sozialversicherung sowie Träger der Eingliederungshilfe haben Austauschformate entwickelt, die die Zusammenarbeit stärken. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wird zudem in Kürze eine Hospitationsbörse freischalten . Als eine Art „Digitales schwarzes Brett“ soll damit das Kennenlernen von Beratungsfachkräften der Rehabilitationsträger und der EUTB-Angebote unterstützt werden. In Einzelfällen werden Probleme in der Zusammenarbeit an die Fachstelle Teilhabeberatung herangetragen. Diese sind jedoch bislang stets lokal begrenzt und lassen keine Systematik erkennen. Daher lassen sich keine Aussage über grundsätzliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit machen. Es entspricht dem Wesen der EUTB, ergänzend zu den bestehenden Beratungspflichten insbesondere der Träger, Ratsuchenden bereits im Vorfeld der Beantragung konkreter Leistungen als Lotse zur Verfügung zu stehen. Die sich damit bietenden Clearing-Chancen werden überwiegend von den Verfahrensbeteiligten im Rehabilitations- und Teilhabeprozess begrüßt. Drucksache 19/16818 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  8. Welche Probleme sind der Bundesregierung bekannt, die Beraterinnen und Berater im Zuge der Beantragung und Bewilligung einer Arbeitsassistenz hatten (vgl. z. B. https://teilhabe-beratung.de/unsere-netzwerker-i n-goettingen/, Zugriff am 4. Dezember 2019), und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, solche Probleme künftig zu vermeiden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über Probleme im Zuge der Beantragung und Bewilligung einer Arbeitsassistenz für Beraterinnen und Berater in EUTB-Angeboten vor, die in einem zuwendungsrechtlichen Zusammenhang mit der Richtlinie zur Durchführung der EUTB vom 17. Mai 2017 stehen. Als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben richtet sich der Rechtsanspruch auf eine Arbeitsassistenz gegen den zuständigen Rehabilitationsträger. Maßgeblich für die Bewilligung einer Arbeitsassistenz sind die individuellen Bedürfnissen im Einzelfall. Die Bewilligung der Leistung für eine notwendige Arbeitsassistenz erfolgt gegenüber dem schwerbehinderten Menschen immer durch das Integrationsamt . Sollte es hierbei Schwierigkeiten geben, entzieht sich das dem Einfluss der Bundesregierung, weil es sich hierbei um Entscheidungen der Landesverwaltungen handelt.  9. Welche Probleme schildern nach Kenntnis der Bundesregierung Menschen , die im Asylbewerberleistungsbezug sind und Teilhabeleistungen benötigen nach Kenntnis der Bundesregierung in den EUTB (z. B. der Beratungsstelle, die von MINA e. V. betrieben wird), und welche Möglichkeiten haben Beraterinnen und Berater in den EUTB, die Probleme im Sinne der Teilhabe behinderter Menschen zu lösen? 10. Was wird die Bundesregierung ggf. tun, um diese Probleme zu vermeiden bzw. die Beraterinnen und Berater bei der Problemlösung zu unterstützen ? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Beratungsstelle MiNA – Leben in Vielfalt e. V. wird gemäß eingereichtem Zwischennachweis 2018 hauptsächlich von Ratsuchenden aufgesucht, die Fluchterfahrungen gemacht oder einen Migrationshintergrund haben und Beratung für ihre Angehörigen oder Kinder mit Beeinträchtigungen benötigen. Durch die EUTB-Förderung konnte die Beratungsstelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen einstellen (Französisch, Deutsch, Bulgarisch) und ihre Sprechstunden erweitern. Ebenfalls wurde die Einbindung von Menschen mit Fluchterfahrung zum Beispiel als Ehrenamtliche ermöglicht. Eine systematische Auswertung der Beratungsanfragen von Menschen im Asylbewerberleistungsbezug liegt nicht vor. Beispiele von Anfragen beziehen sich auf die Sicherstellung von Pflege bei hohem Pflegegrad, Schulassistenz oder Bewältigung von Traumata bzw. Gewalterfahrung. Die Beraterinnen und Berater der EUTB erheben wie in jedem Fall den individuellen Beratungsbedarf der ratsuchenden Person, klären über Rechte auf und nutzen ihr Netzwerk, um passgenaue Unterstützung zu leisten. Den Beraterinnen und Berater stehen über die Webseite www.teilhabeberatung.de umfassende Informationen über den Zugang zu Leistungen für Menschen mit verschiedenen Aufenthaltstiteln zur Verfügung. Weiterhin kann die Fachstelle Teilhabeberatung um Unterstützung gebeten werden. Die Beraterinnen und Berater in den EUTB-Angeboten können als Lotsen fungieren und über Vor-Ort-Beratungen in Notunterkünften unabhängige Beratungsangebote im Sinne der Teilhabe behinderter Menschen unterbreiten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16818 11. Welcher Personalschlüssel, ausgedrückt als Zahl der Beratungen je VZÄ, wurde bei der Bewilligung von Stellen in den Beratungsstellen nach Kenntnis der Bundesregierung zugrunde gelegt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln), und welche Möglichkeiten stehen den Beratungsstellen offen, um auf (deutliche) Nachfragesteigerungen zu reagieren? 12. Konnten bzw. können Träger von Beratungsstellen einen höheren Personalschlüssel ansetzen, wenn sie besondere Angebote für Ratsuchende mit besonderer Kommunikationssituation (z. B. für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder Menschen mit Migrationsgeschichte, wenn ggf. der Verständnisprozess länger dauert) bereithalten (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Wenn nein, wie wird dem besonderen Unterstützungsbedarf dieser Menschen sonst Rechnung getragen? Die Fragen 11 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Im Rahmen der Erstbewilligung von EUTB-Angeboten wurde keine Annahme bezüglich der zu erwartenden bzw. notwendigen Anzahl von Beratungen pro VZÄ zu Grunde gelegt. Eine solche Herangehensweise hätte die Annahme unterschiedlicher Beratungszahlen für Flächenländer, Ballungszentren, Stadtstaaten und ländliche Regionen erfordert. Für die EUTB-Angebote lagen als neu eingeführtes Beratungsangebot keine Erfahrungswerte vor, weshalb die plausible Herleitung von zu Grunde zu legenden Beratungszahlen nicht überzeugend zu begründen gewesen wäre. Zugleich hätte es bedeutet, dass bei EUTB-Angeboten, die die angenommenen Beratungszahlen nicht erreichen, die VZÄ zu kürzen gewesen wären. Folgerichtig und im Interesse der Träger von EUTB-Angeboten hat die Förderrichtlinie (inkl. Förderleitfaden für die Antragstellung) eine andere Vorgehensweise vorgegeben. Der bewilligte Personalschlüssel entspricht pro 1 VZÄ 39 Std./Woche mit 100 Prozent Arbeitszeit bei zwölf Monaten und bemisst sich, wie in Antwort zu Frage 1 und der Förderrichtlinie EUTB genannt, nach Einwohnerzahl , Fläche, Bedarf und Budget des jeweiligen Bundeslandes. Die Möglichkeit, einen höheren Personalschlüssel anzusetzen, besteht fortlaufend im Prozess anhand eines Änderungsantrages. Sofern sich ein besonderer Beratungsbedarf zum Beispiel aus Beratungsschwerpunkten ergibt, kann die Beratungsstelle mit der Beantragung zusätzlicher VZÄ bis zu einem Maximalwert von insgesamt drei VZÄ reagieren. Der erhöhte bzw. besondere Personalbedarf muss dafür nachgewiesen und begründet werden, sodass eine wirtschaftliche und sparsame Vorgehensweise entsprechend § 7 der Bundeshaushaltsordnung gegeben ist. Im Rahmen des Folgebewilligungsverfahrens für den Förderzeitraum 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2022 wird die Anzahl der Beratungen erstmals in die Erfolgs- und Wirtschaftlichkeitsmessung einbezogen. Dem Unterstützungsbedarf für Ratsuchende mit besonderer Kommunikationssituation wird auch über die Förderung von Mitteln für besondere Bedarfslagen (z. B. Blindenleitsysteme , Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher, Mittel für unterstützte Kommunikation) Rechnung getragen. Drucksache 19/16818 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Anzahl Änderungsanträge zur Ausweitung der bewilligten Vollzeitstellen in den Jahren 2018 und 2019 Bundesland Anträge VZÄ- Erhöhung (VZÄ Gesamt) Baden-Württemberg 3 (87,36) Bayern 3 (107,97) Berlin 0 (30,99) Brandenburg 0 (23,47) Bremen 0 (5,05) Hamburg 0 (11,88) Hessen 1 (49,93) Mecklenburg-Vorpommern 0 (24,40) Niedersachsen 0 (73,51) Nordrhein-Westfalen 2 (134,28) Rheinland-Pfalz 2 (34,64) Saarland 1 (7,61) Sachsen 0 (35,16) Sachsen-Anhalt 0 (20,67) Schleswig-Holstein 1 (24,95) Thüringen 0 (21,97) Gesamt 13 (693,84) 13. Können Beratungsstellen der EUTB ihr Angebot ausweiten, indem sie Mittel von anderen Geldgebern oder Spenden einwerben, oder führt das Einwerben anderer Mittel zur Kürzung der Bundesförderung? Falls zusätzliche externe Mittel zur Kürzung der Bundesförderung führen , warum wurde dieser Förderansatz gewählt? Nach der Bewilligung eingeworbene Spenden oder Drittmittel, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der geförderten Maßnahme stehen, sind regelmäßig anzugeben. Ist die Ausweitung der Aktivitäten, die mit den zusätzlichen Mitteln finanziert werden soll, plausibel und steht im Einklang mit der jeweiligen Förderrichtlinie, führen sie zu keiner entsprechenden Verringerung der Fördersumme . Andernfalls führen eingeworbene Spenden oder Drittmittel zu einer Kürzung der Förderung. Diese Praxis ist nicht EUTB-spezifisch, sondern kennzeichnet die Grundsätze der zuwendungsrechtlichen Projektförderung. Im Falle der Förderung von EUTB-Angeboten sieht die Förderrichtlinie eine Anteilsfinanzierung mit einem sehr geringen Eigenanteil des Zuwendungsempfängers vor. Ausschlaggebend für den niedrigen Eigenanteil ist, dass von einer geringen Finanzkraft des Zuwendungsempfängers ausgegangen wird. Die Finanzierung per Anteilsfinanzierung in Form der Projektförderung entspricht dem gesellschaftspolitischen Grundsatz, nach dem die Förderung der EUTB gesellschaftlich erstrebenswert ist und ohne Intervention des Staates nicht realisierbar wäre. Dennoch soll, wie bei jeder Zuwendung in Form der Projektförderung, das Eigeninteresse des Zuwendungsempfängers an der geförderten Maßnahme durch das Einbringen eines Eigenanteils dokumentiert werden . Die Vollfinanzierung bleibt die zu begründende Ausnahme, kommt allerdings auch bei den geförderten EUTB-Angeboten vor, sofern der Träger plausibel begründet, weshalb die geforderten Eigenmittel nicht vorhanden sind. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/16818 14. Deuten die Erfahrungen, die in den Beratungsstellen bei den bisher durchgeführten Beratungen gesammelt wurden, nach Kenntnis der Bundesregierung darauf hin, dass es sinnvoll wäre, für Personengruppen mit bestimmten Arten von Beeinträchtigung spezialisierte Beratungsstellen (z. B. für Menschen mit seelischer Beeinträchtigung) zu etablieren und dabei sicherzustellen, dass sie für die Betroffenen niedrigschwellig erreichbar sind? Wenn ja, inwiefern? Die bisherigen Erfahrungen deuten nicht darauf hin, dass für Personengruppen mit bestimmten Arten von Beeinträchtigung spezialisierte Beratungsstellen zu etablieren sind. Die jetzigen Beratungsangebote folgen dem Prinzip „eine für alle“. Das bedeutet, dass die Ratsuchenden sich mit allen Anfragen an ihre EUTB-Beratungsangebote vor Ort wenden können. Es kommt dabei nicht darauf an, welche Teilhabebeeinträchtigung die Person hat. Ziel ist die Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen. Jede Beratungsstelle dient als Ansprechpartner für alle Anfragen und für alle Beeinträchtigungsformen. Für viele Ratsuchende ist es zunächst wichtig, dass eine Gemeinsamkeit (z. B. ähnliche Erfahrungen im Kontakt mit Behörden oder Leistungsträgern) besteht. Hierzu soll auch die Beratungsmethode des „Peer Counseling“ beitragen, unterschiedliche Beeinträchtigungen sind zunächst nicht entscheidend dafür, an welche Stelle sich eine Person wenden kann. 15. Deuten die Erfahrungen, die in den Beratungsstellen bei den bisher durchgeführten Beratungen gesammelt wurden, nach Kenntnis der Bundesregierung darauf hin, dass es sinnvoll wäre, für bestimmte Personengruppen spezialisierte Beratungsstellen (z. B. Geflüchtete mit Behinderungen oder Personen mit Migrationsgeschichte) zu etablieren und dabei sicherzustellen, dass sie entsprechend geschultes Personal oder Informationen in mehreren Sprachen bereitstellen, und wenn ja, wann wird die Bundesregierung entsprechende Schritte einleiten? Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 16. Welche Möglichkeiten haben taube oder hörbeeinträchtige Beraterinnen und Berater, die in Deutscher Gebärdensprache (DGS) kommunizieren, in jedem Fall zeitnah die Verständigung mit Ratsuchenden im Team der Beratungsstelle sowie mit Beratungsstellen zu gewährleisten, die zu anderen Themen beraten? Personen, die in Deutscher Gebärdensprache (DGS) kommunizieren, haben die Möglichkeit, Arbeitsassistenz zu beantragen, um die Verständigung im Team, mit Ratsuchenden und in der Netzwerkarbeit sicherzustellen. Zusätzlich wird durch die Fachstelle Teilhabeberatung auf allen bundesweiten Veranstaltungen (zwei Mal jährlich) ein gesondertes Dialogforum angeboten, in welchem ausschließlich in DGS kommuniziert wird, um den überregionalen Austausch zwischen DGS-nutzenden Beraterinnen und Beratern zu fördern. Die Fachstelle Teilhabeberatung ist zudem über den Relay-Dienst TESS erreichbar. Drucksache 19/16818 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. Wie wird der Bedarf an Beratung durch Personen ermittelt, die in DGS beraten können, und ist er aus Sicht der Bundesregierung in allen Bundesländern hinreichend gesichert? Über den Bedarf an Beratung in DGS liegen der Bundesregierung keine validen Erkenntnisse vor. Die EUTB-Angebote, in denen in DGS beraten wird, sind unterschiedlich stark nachgefragt. In allen Bundesländern bis auf Schleswig- Holstein ist mindestens ein EUTB-Angebot vorhanden, in welchem Beratung in DGS angeboten wird (Selbstauskunft der Träger abrufbar unter www.teilhab eberatung.de/beratung/beratungsangebote-der-eutb). 18. Wie können EUTB gegenüber Personen, die in DGS kommunizieren, ihrer Lotsenfunktion gerecht werden und an andere Beratungsstellen (z. B. Schuldnerberatung, Mieterberatung, Frauenberatungsstellen etc.) verweisen , wenn dort keine Übersetzung in DGS gewährleistet ist, und was plant die Bundesregierung ggf., um hier barrierefreie Kommunikation sicherzustellen ? Die EUTB-Angebote beraten Ratsuchende auch dahingehend, wie sie z. B. im Rahmen der sozialen Teilhabe Kommunikationsassistenz beantragen können. Des Weiteren unterstützt die Fachstelle Teilhabeberatung auch dabei, die Vernetzung mit anderen Beratungsstellen sicherzustellen, in denen z. B. Beratung in Gebärdensprache zu spezifischen Themen stattfindet. Dazu fand z. B. ein Treffen der gebärdensprachnutzenden EUTB-Beraterinnen und Berater im Raum München mit DGS-kompetenten Beratungspersonen aus anderen Beratungsstellen (z. B. Offenen Behindertenarbeit in Bayern) statt. 19. In welcher Höhe stehen jährlich Mittel zur Verfügung, die von Beratungsstellen unbürokratisch abgerufen werden können, um eine Gebärdensprach-Verdolmetschung der Beratung zu finanzieren, und wie häufig wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die bewilligten Budgets für Gebärdendolmetschung können der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Bundesland Bewilligtes Budget für Gebärdendolmetschung in Euro Baden-Württemberg 543.894,26 Bayern 483.951,50 Berlin 61.308,46 Brandenburg 95.635,00 Bremen 13.275,00 Hamburg 74.150,00 Hessen 149.160,00 Mecklenburg-Vorpommern 71.190,00 Niedersachsen 405.644,00 Nordrhein-Westfalen 599.222,60 Rheinland-Pfalz 175.045,00 Saarland 45.700,00 Sachsen 110.800,00 Sachsen-Anhalt 185.072,39 Schleswig-Holstein 103.840,00 Thüringen 83.460,00 Gesamt 3.201.348,21 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/16818 Es liegen derzeit noch keine Kenntnisse darüber vor, wie viele der bewilligten Mittel tatsächlich für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern eingesetzt werden. Die Mittel werden bei Bedarf und unter Achtung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durch die Träger abgerufen und eingesetzt. 20. Aus welchem Grund stehen den Beratungsstellen keine Mittel zur Verfügung , die unbürokratisch abgerufen werden können, um im Bedarfsfall eine Beratung in anderen Sprachen zu ermöglichen, und wann wird die Bundesregierung diese Möglichkeit schaffen? Fremdsprachenkenntnisse sind Sprachbarrieren, aber keine Barrieren für Ratsuchende mit Beeinträchtigungen oder drohenden Beeinträchtigungen im Sinne der Förderrichtlinie. Daher sind Beratungen mit Fremdsprachendolmetschern im Bundesprogramm EUTB nicht förderfähig. 21. Wie viele EUTB bieten grundsätzlich Beratung in verschiedenen Sprachen an, und inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Beratungsstellen dabei, dieses Angebot den Ratsuchenden gegenüber transparent zu machen (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Es liegen keine Daten vor, um diese Frage abschließend zu beantworten. Die EUTB-Angebote haben die Möglichkeit, im Beratungsatlas unter www.teilhabe beratung.de/beratung/beratungsangebote-der-eutb anzugeben, in welchen Fremdsprachen die Beratung angeboten wird. Derzeit lassen sich darüber mindestens elf Beratungsstellen finden, die auf Englisch beraten, sechs auf Französisch , vier auf Russisch, vier auf Spanisch, drei auf Türkisch, drei auf Italienisch , zwei auf Arabisch, eine auf Farsi, eine auf Niederländisch und eine auf Hebräisch. 22. Ist der Bundesregierung bekannt, dass viele Ratsuchende in der EUTB auch Vorfälle von (sexualisierter) Gewalt ansprechen, und welche Konsequenzen zieht sie daraus vor dem Hintergrund, dass die Beratenden im Regelfall für Beratungen zu solchen Themen nicht geschult sowie ggf. überfordert und belastet sind? Die Beratung bei Vorfällen von (sexualisierter) Gewalt ist Teil des Aufgabenspektrums der EUTB. Das Thema Gewalt wurde in 1,5 Prozent der Beratungen von Menschen mit Behinderungen im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 2019 angesprochen. Fortbildungen zu diesem Themenbereich gehören zu den förderfähigen Ausgaben . Zudem können sich die EUTB-Beraterinnen und Berater bei der Fachstelle Teilhabeberatung Hinweise zum Umgang mit belastenden Beratungssituationen einholen sowie im Rahmen der Netzwerkarbeit Kontakt zu speziellen Anlaufstellen suchen. Drucksache 19/16818 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Wird die Bundesregierung den EUTB künftig die Möglichkeit einräumen , über die Förderung auch Supervision für die Beraterinnen und Berater zu finanzieren, um Belastungen durch besonders intensive Beratungsprozesse (wenn z. B. Gewalterfahrungen thematisiert werden oder Ratsuchende versterben) abzufedern, und wenn nicht, welche Möglichkeiten stehen den Beratungsstellen offen, um auf andere Weise in solchen Fällen Unterstützung zu finden? Supervision ist eine förderfähige Ausgabe und kann aus dem Fortbildungsbudget finanziert werden. Weiterhin steht die Fachstelle Teilhabeberatung für Reflexions- und Entlastungsgespräche zur Verfügung und hat Hinweise zur kollegialen Fallberatung veröffentlicht. 24. Aus welchem Grund hat sich die Bundesregierung dagegen entschieden, im Angehörigen-Entlastungsgesetz die Fördermittel für die EUTB analog oder ähnlich der Regelung zur Finanzierung der unabhängigen Verbraucher- und Patientenberatung (§ 65b des Fünften Buches Strafgesetzbuch – SGB V) zu dynamisieren? Bisher ist die jährliche Förderung auskömmlich. Die Förderung der EUTB war bisher bis 2022 befristet. In 2023 sollen die jährlichen Fördermittel um mehr als zehn Prozent erhöht werden. Mögliche berechtigte Mehrbedarfe der EUTB- Angebote, die sich z. B. aus dem Bericht der Bundesregierung an die gesetzgebenden Körperschaften zum 30. Juni 2021 oder der im Jahr 2022 abgeschlossenen Evaluation ergeben können, sind ggf. in den Folgejahren zu verhandeln. Beide Förderungen sind von Dauer und Umfang der Einzelförderungen nicht vergleichbar. 25. Beabsichtigt die Bundesregierung, künftig auf die Vorgabe zu verzichten, dass fünf Prozent der Finanzierung von den EUTB selbst aufgebracht werden müssen, um die Unabhängigkeit vollständig zu garantieren, und wenn nein, warum nicht? Die künftige Finanzierung wird als Zuschuss gewährt. Träger werden weiterhin einen Teil der Kosten selbst tragen und organisieren müssen. Eine Beteiligung der Träger an der Finanzierung führt nach Ansicht der Bundesregierung zu einer stärkeren Motivation und Identifikation mit dem Finanzierungsziel und einem unmittelbaren Anreiz für einen wirtschaftlichen Umgang mit den Finanzierungsmitteln . 26. Auf welchen Zeitraum wird die Bundesregierung im Zuge der Erarbeitung der Rechtsverordnung die maximale Förderdauer einer EUTB-Beratungsstelle festlegen, um es den Beratungsstellen zu ermöglichen, Netzwerke aufzubauen und qualifiziertes Personal zu binden? Der künftige Zuschuss soll über einen Zeitraum geleistet werden, der sich an der bisher möglichen Projektlaufzeit orientiert und es den Trägern ermöglicht, ausreichende Planungssicherheit in Bezug auf die Bindung von Personal und die Anmietung von Geschäftsräumen zu bekommen. Bei der Festlegung fließen die Erfahrungen aus der derzeitigen Projektförderung ein. Künftige Finanzierungen werden sich wie bisher einer Zielerreichungs-, Wirkungs- und Wirtschaftlichkeitskontrolle stellen müssen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/16818 27. Auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt wird die Bundesregierung dafür sorgen, dass von ihr beauftragte Dienstleister mit den EUTB in barrierefreier Form kommunizieren (vgl. www.dbsv.org/stellungnahme/ges_ e_angehoerigen-entlastungsgesetz.html, Zugriff am 21. November 2019), und warum hat sie sich dagegen entschieden, im Angehörigen- Entlastungsgesetz aufzunehmen, dass beauftragte Dritte mit den EUTB in barrierefreier Form kommunizieren müssen? Die Fachstelle Teilhabeberatung kommuniziert grundsätzlich in barrierefreier Form. Die Webseite www.teilhabeberatung.de ist sowohl im öffentlichen als auch im internen Bereich in Alltagssprache, leichter Sprache und DGS nutzbar sowie screenreader-tauglich. Alle Dokumente werden in barrierefreier Form veröffentlicht. Kontakt kann per E-Mail, Telefon, TESS-Telefon oder Brief aufgenommen werden. Alle Veranstaltungen werden unter dem Gesichtspunkt der Barrierefreiheit geplant und vollständig durch Dolmetschende für DGS, leichte Sprache und Schriftmitteilung begleitet. Alle Informationen sind über mindestens zwei Kanäle abrufbar. Die finanztechnische Begleitung der Projekte, mit der die Firma Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung mbH (gsub mbH) beauftragt ist, administriert die verwaltungstechnischen Prozesse über die Datenbank ProDaBa 2020. Die ProDaBa2020 sorgt für eine einheitliche Administration von Förderprogrammen durch standardisierte Arbeitsabläufe. Sie erfüllt die Anforderungen von „e-Cohesion“, also die weitgehend elektronische Abwicklung aller relevanten Prozesse bei Förderprogrammen. Hierzu gehören z. B. Verfahren zur Antragstellung und Bewilligung, Mittelabrufverfahren und Auszahlungen, Verwendungsnachweisprüfungen und statistische Auswertungen. Automatischer E-Mail-Versand und das Generieren von Dokumenten im System beschleunigen den Informationsfluss. Die ProDaBa2020 trägt den Anforderungen an eine barrierefreie Webanwendung nach BITV 2.0/WCAG Rechnung , wodurch sichergestellt ist, dass die Anwendung auch von sehbehinderten Benutzerinnen und Benutzern bedienbar ist. Zudem werden PDF-Dokumente wie Anträge, Berichte und Bescheide barrierefrei vom System generiert. Die Bescheinigung der Deutschen Blindenstudienanstalt zur Barrierefreiheit nach BITV 2.0 ist auf der Homepage der gsub mbH abrufbar (vgl.: www.gsub.de/file admin/user_upload/Dokumente/Projekte/GSUB_ALLGEMEIN/Bescheinigun g_der_Blista_zur_Barrierefreiheit_nach_BITV_2.0WCAG.pdf). Darüber hinaus werden postalische Rundschreiben barrierefrei als Dokument auf der Homepage der gsub mbH zur Verfügung gestellt. Zudem wurden zuletzt Übersetzungen in DGS per Video angeboten. Die gesetzlichen Regelungen zur hier angesprochenen Barrierefreiheit finden sich im Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Darüberhinausgehende Verpflichtungen müssen im Einzelfall soweit erforderlich individuell vereinbart werden. 28. Wie viele der geförderten Beratungsangebote sind nach Kenntnis der Bundesregierung barrierefrei zugänglich, wie viele Beratungsstellen können kommunikative Barrierefreiheit gewährleisten, und wie wird die Bundesregierung die Beratungsstellen dabei unterstützen, umfassend barrierefrei zu beraten (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Die Barrierefreiheit ist ein wichtiges Kriterium für die Auswahl der Träger sowie die Bewilligungen. Die Träger sind entsprechend der Förderrichtlinie verpflichtet , den Zugang zum Beratungsangebot niedrigschwellig in seiner inhaltlichen , räumlichen, sozialen und zeitlichen Dimension zu gestalten, d. h. insbe- Drucksache 19/16818 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sondere räumlich, mobil telefonisch und barrierefrei gut erreichbar zu sein sowie eine adressatenorientierte Angebotsnutzung zu ermöglichen. Die Träger der EUTB-Angebote haben im Sachbericht im Rahmen des Zwischennachweises 2018 Angaben zur Barrierefreiheit, zu den Aspekten Räumlichkeiten , Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und Sonstiges gemacht. Außerdem wurde abgefragt, welche Maßnahmen für Barrierefreiheit leicht und welche schwer oder gar nicht umgesetzt werden konnten. Bei der Auswertung der Sachberichte durch den beauftragten Dienstleister wurde eine Bewertung der Barrierefreiheit nach dem Schulnotensystem mit folgendem Ergebnis vorgenommen (EUTB-Angebote, mit der Bewertung „sehr gut“ bis „befriedigend “, sind als barrierefrei zu betrachten): Bundesland Anzahl barrierefreie EUTB- Angebote Gesamt-Anzahl EUTB-Angebote Baden-Württemberg 57 62 Befriedigend 5 Gut 28 Sehr gut 24 Bayern 66 73 Befriedigend 5 Gut 38 Sehr gut 23 Berlin 17 19 Befriedigend 4 Gut 8 Sehr gut 5 Brandenburg 16 18 Befriedigend 2 Gut 10 Sehr gut 4 Bremen 6 6 Befriedigend 1 Gut 1 Sehr gut 4 Hamburg 7 8 Befriedigend 1 Gut 4 Sehr gut 2 Hessen 27 30 Befriedigend 4 Gut 13 Sehr gut 10 Mecklenburg-Vorpommern 16 16 Befriedigend 1 Gut 11 Sehr gut 4 Niedersachsen 56 61 Befriedigend 9 Gut 28 Sehr gut 19 Nordrhein-Westfalen 98 109 Befriedigend 13 Gut 63 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/16818 Bundesland Anzahl barrierefreie EUTB- Angebote Gesamt-Anzahl EUTB-Angebote Sehr gut 22 Rheinland-Pfalz 27 27 Befriedigend 3 Gut 18 Sehr gut 6 Saarland 6 7 Gut 6 Sachsen 19 23 Befriedigend 6 Gut 10 Sehr gut 3 Sachsen-Anhalt 16 16 Befriedigend 2 Gut 9 Sehr gut 5 Schleswig-Holstein 19 20 Befriedigend 2 Gut 12 Sehr gut 5 Thüringen 13 13 Befriedigend 3 Gut 2 Sehr gut 8 Gesamt 466 508 Erläuterung zum Bewertungsmaßstab: „Sehr gut“: Die Barrierefreiheit wurde sehr gut im Bereich Publikationen, Raumsituation des EUTB-Angebotes (bauliche Gegebenheiten) und Webauftritt umgesetzt. Unter Umständen wurden durch bestehende Barrieren auch alternative Methoden wie Ortswechsel des Beratungstermins oder mobile Rampen gewählt . „Gut“: Die Barrierefreiheit wurde gut im Bereich Publikationen, Raumsituation des EUTB-Angebotes (bauliche Gegebenheiten) und Webauftritt umgesetzt. Unter Umständen wurden durch bestehende Barrieren auch alternative Methoden wie Ortswechsel des Beratungstermins oder mobile Rampen gewählt. „Befriedigend“: Die Barrierefreiheit wurde befriedigend im Bereich Publikationen , Raumsituation des EUTB-Angebotes (bauliche Gegebenheiten) und Webauftritt umgesetzt. Bestehende Barrieren wurde nicht vollends aufgehoben, sind aber in einem vertretbaren Maß noch vorhanden. Die Förderrichtlinie deckt Ausgaben zur Steigerung der Barrierefreiheit, zum Beispiel zur Erstellung barrierefreier Webseiten, Blindenleitsysteme, Kommunikationsmittel in einfacher und leichter Sprache. 29. Wird die Bundesregierung behinderte Menschen bei der Erarbeitung der Rechtsverordnung konsultieren, und wenn ja, in welcher Form? Es ist grundsätzlich vorgesehen, die zuständigen Landesministerien, kommunalen Spitzenverbände und Verbände der Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung der Rechtsverordnung zu konsultieren. Ein mögliches Format dafür sind Werkstattgespräche. Drucksache 19/16818 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 30. Wie viel Zeit wird die Erarbeitung der Rechtsverordnung aus Sicht der Bundesregierung vermutlich in Anspruch nehmen, nachdem das Angehörigen -Entlastungsgesetz am 29. November 2019 auch vom Bundesrat verabschiedet wurde und zum 1. Januar 2020 in Kraft tritt? Die Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Die Rechtsverordnung löst die zum 31. Dezember 2022 endende Projektförderung ab. Die das weitere Verfahren regelnde Rechtsverordnung muss daher spätestens in 2022 in Kraft treten, um eine nahtlose Weiterfinanzierung der EUTB ab 2023 verlässlich zu sichern. 31. Wird die Bundesregierung bei der Auswahl der Antragsteller zusätzlich zu den obersten Landesbehörden den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen sowie die Landesbehindertenbeauftragten beteiligen, und wenn nein, warum nicht? Die Auswahl der Antragsteller erfolgt im Rahmen eines gesetzlich geregelten Verwaltungsverfahrens anhand konkreter Auswahlkriterien. Eine zusätzliche Beteiligung zu den obersten Landesbehörden ist gesetzlich nicht vorgesehen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/16818 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333