Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Torsten Herbst, Frank Sitta, Dr. Christian Jung, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16557 – Anwendung der Umweltverträglichkeitsprüfung bei Verkehrsprojekten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten wird nach Ansicht der Fragesteller immer wieder als Hindernis für das zügige Vorankommen bei Planung und Realisierung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen genannt. Dabei bietet die Richtlinie eine ganze Reihe von Spielräumen, welche die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union schon heute nutzen können, um wichtige Projekte schneller zu realisieren, wenn sich die Anwendung der Richtlinie nachteilig auf den Zweck des Projekts auswirken würde. Die Vermutung liegt nach Ansicht der Fragesteller daher nahe, dass dieses in den verschiedenen Mitgliedstaaten auch unterschiedlich gehandhabt wird. 1. Beabsichtigt die Bundesregierung im Sinne des Artikels 2 Absatz 5 der Richtlinie 2011/92/EU Straßenbauprojekte durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt zuzulassen? a) Wenn ja, welche Projekte? b) Wenn nein, warum nicht? Das sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetz zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht durch Maßnahmengesetz im Verkehrsbereich (Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz) sieht die Vorhabenzulassung durch Gesetz für einzelne Projekte bei Schienenwegen des Bundes und der Bundeswasserstraße vor, die in besonderer Weise zu der Erreichung der Klimaziele beitragen sollen. Im Übrigen kann mit dem Eisenbahn-Bundesamt und der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt in diesen Bereichen auf eine bereits bestehende Verwaltungsstruktur zurückgegriffen werden. Im Bereich der Bundesfernstraßen wird mit dem Fernstraßen-Bundesamt hingegen erstmals eine bundesrechtliche Verwaltungsstruktur aufgebaut. Es ist daher sinnvoll, den Aufbauprozess abzuschließen, bevor neue Verfahren der Vorhabenzulassung eingeführt werden. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16964 19. Wahlperiode 31.01.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infra struktur vom 29. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Hat die Bundesregierung für Verkehrsprojekte bereits Alternativen im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 der Richtlinie 2011/92/EU entwickelt? a) Wenn ja, für welche Projekte? b) Wenn nein, warum nicht? Die Anwendung des Ausnahmeverfahrens nach Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Richtlinie) ist im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) nicht vorgesehen. 3. Hat die Bundesregierung zur Konkretisierung der Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 4 der Richtlinie 2011/92/EU mit der Europäischen Kommission Verhandlungen aufgenommen? a) Wenn ja, zu welchen Ergebnissen haben diese geführt? b) Wenn nein, warum nicht? Nein. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Plant die Bundesregierung für Infrastrukturprojekte im Bereich der Bundesfernstraßen oder der Bundesschienenwege die Festschreibung von Schwellenwerten im Sinne des Artikels 4 Absatz 3 Satz 2 der Richtlinie 2011/92/EU? a) Wenn ja, für welche Projekte? b) Wenn nein, warum nicht? Für Infrastrukturprojekte im Bereich der Bundesfernstraßen ist nicht geplant, Schwellenwerte oder Kriterien nach den Auswahlkriterien des Anhangs III der UVP-Richtlinie festzulegen. Der Bau von Bundesschienenwegen ist ein Projekt nach Anhang I Nr. 7 Buchstabe a der UVP-Richtlinie („Bau von Eisenbahn- Fernverkehrsstrecken“); die Festlegung von Schwellenwerten oder Kriterien nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b, Absatz 3 der UVP-Richtlinie ist für solche Projekte nicht zulässig. 5. Hält die Bundesregierung die in Anhang I der Richtlinie 2011/92/EU genannte Mindestabschnittslänge von 10 km beim Bau von neuen vier- oder mehrspurigen Straßen oder bei der Verlegung und/oder dem Ausbau von bestehenden ein- oder zweispurigen Straßen für sachgerecht? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, plant sie, eine Änderung der Regelung derart zu beantragen , dass gewährleistet ist, dass der Ausbau zumindest bis zur nächsten Kreuzung bzw. zur nächsten Abfahrt ermöglicht wird? Die Vorgaben des Anhangs I der UVP-Richtlinie werden durch das UVPG und dessen Anlage 1 umgesetzt. Für den Neubau einer Bundesautobahn oder Schnellstraße im Sinne der Begriffsbestimmung des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des Europäischen Verkehrs vom 15. November 1975 besteht nach Anhang I der UVP-Richtlinie sowie Anlage 1 des UVPG eine UVP-Pflicht unabhängig von Mindestabschnittslängen. Für den Neubau einer vier- oder mehrspurigen Bundesstraße ist hingegen ein Schwellenwert für eine unbedingte UVP-Pflicht von fünf Kilometern, für die Verlegung und/oder Ausbau von zehn Kilometern festgesetzt. Die Vorgaben der UVP-Richtlinie und des UVPG haben sich in der Praxis bewährt. Eine Änderung ist nicht geplant . Drucksache 19/16964 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333