Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Benjamin Strasser, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/16572 – „Iron March“ und die „Atomwaffen Division“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das im Jahr 2017 vom Netz gegangene Forum „Iron March“, galt nach Medienberichten als „Brutstätte von Neonazi-Terrorgruppen“ (t-online.de 2019: So schrieben Deutsche im wichtigsten Neonazi-Forum). Mitte November 2019 wurde die Datenbank des Forums online veröffentlicht. Darin enthalten sind Nutzerdaten aus der Zeit zwischen September 2011 und September 2017, Benutzernamen mit E-Mail- und IP-Adressen von 3.548 Nutzerprofilen. Die US-amerikanische Terrorgruppe „Atomwaffen Division“ hat sich im Forum „Iron March“ gegründet und sich von dort aus mutmaßlich auch nach Deutschland verbreitet. Erste Analysen durch Medien lassen vermuten, dass auch deutsche Nutzer im Forum aktiv gewesen seien. Ein Nutzer, der sich im Forum A. nannte, soll aus Eisenach stammen und dort tief eingebunden sein in die neonazistischen Strukturen. Als Führungsfigur der örtlichen Neonazi- Nachwuchsgruppe soll er mit Sprengstoff experimentiert haben und zudem möglicherweise an der Entstehung des Videos der Gruppe Atomwaffen Division Deutschland (AWD) aus dem Jahr 2018 beteiligt gewesen sein. Noch im Juli 2018 schätzt die Bundesregierung die AWD nicht als terroristische Vereinigung ein (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3359). Wenige Monate später zeichnet die Vereinigung verantwortlich für Morddrohungen gegen zwei Mitglieder des Deutschen Bundestages. Noch davor wurden an zwei Universitäten in Deutschland Flugblätter gefunden, welche auf die AWD Deutschland zurückgehen. Nachdem die Bundesregierung vor mehr als einem Jahr wenige Informationen zur Atomwaffen Division Deutschland preisgeben konnte, gibt es nach Ansicht der Fragesteller nun Grund zur Annahme, dass neue Erkenntnisse erlangt werden konnten. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16987 19. Wahlperiode 03.02.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 30. Januar 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Hat die Bundesregierung bzw. haben ihr nachgeordnete Behörden des Bundes Zugriff auf die veröffentlichten Daten aus der Datenbank des Forums „Iron March“? Wenn ja, welche Behörden, und inwieweit wurden die Daten gesichert? Den Sicherheitsbehörden des Bundes liegen veröffentlichte Daten aus der Datenbank des Forums „Iron March“ vor. Eine weitergehende Beantwortung der Frage kann aus Gründen des Staatswohls nicht, auch nicht in eingestufter Form, erfolgen. Dies ließe Rückschlüsse auf besonders schutzbedürftige Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen, auf Aufklärungsbedarf und Aufklärungsprofile sowie den Erkenntnisstand und die generelle Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden des Bundes sowie die nachrichtendienstliche Erkenntnislage zu. Aus der Abwägung der verfassungsrechtlich garantierten Informationsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Abgeordneten mit den negativen Folgen für die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland folgt, dass auch eine Beantwortung in eingestufter Form hier ausscheidet. Im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der wehrhaften Demokratie sind die Informationen der angefragten Art so sensibel, dass selbst das geringfügige Risiko des Bekanntwerdens im Falle einer Bekanntgabe unter Wahrung des Geheimschutzes unter keinen Umständen hingenommen werden kann.  2. Welche Erkenntnisse konnte die Bundesregierung bzw. konnten ihr nachgeordnete Behörden durch den Leak von Nutzerdaten aus dem Forum „Iron March“ über rechtsterroristische Gruppen im Allgemeinen und über die Atomwaffen Division Deutschland im Speziellen gewinnen?  3. Haben die aus dem Leak gesammelten Erkenntnisse der Bundesregierung bzw. den ihr nachgeordneten Behörden neue Einblicke in die Aktivitäten der Atomwaffen Division Deutschland eingebracht? Wenn ja, welche? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Die erfragten Erkenntnisse der Bundesregierung zu rechtsterroristischen Gruppen , der Gruppierung Atomwaffen Division Deutschland, deren Mitglieder und Sympathisanten sowie deren Kontakte in die USA und zu dortigen Mitgliedern der Atomwaffen Division sind für die Aufklärung des Sachverhalts im Zusammenhang mit den vorgenannten Gruppierungen von Bedeutung. Die begehrten Auskünfte ließen Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand und den Umfang sowie die Zielrichtung der Bearbeitung des Sachverhaltes durch die Sicherheitsund Strafverfolgungsbehörden zu. Eine Auskunftserteilung würde deren Tätigkeit deshalb erschweren oder gar vereiteln. Die Beantwortung der Fragen kann daher nicht – auch nicht in eingestufter Form – erfolgen und muss daher trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen , nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange mit Blick auf die zu erwartenden negativen Folgen für die Aufgabenerfüllung der Sicherheitsund Strafverfolgungsbehörden sowie den daraus resultierenden Beeinträchtigungen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland unterbleiben. Selbst das geringfügige Risiko des Bekanntwerdens im Falle einer Bekanntgabe unter Wahrung des Geheimschutzes kann daher angesichts der Sensibilität der angefragten Informationen unter keinen Umständen hingenommen werden. Drucksache 19/16987 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  4. Wie oft haben sich das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum Rechts (GETZ-R) oder andere Kommunikations- und Kooperationszentren der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern mit der AWD in Deutschland befasst? Wann und aus welchen Anlässen folgte die Befassung (bitte aufschlüsseln )? In den vergangenen beiden Jahren (Betrachtungszeitraum 28. Januar 2018 bis 28. Januar 2020) wurde die AWD insgesamt sechs Mal in den Arbeitsgruppen des GETZ-R erörtert. Eine darüberhinausgehende Beantwortung der Frage hat aus den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Gründen zu unterbleiben .  5. Wie viele Mitglieder und Sympathisanten hat die AWD nach Kenntnis der Bundesregierung bzw. der ihr nachgeordneten Behörden in Deutschland ?  6. Hat die Bundesregierung bzw. haben ihr nachgeordnete Behörden Erkenntnisse zu Überschneidungen von Mitgliedern und Sympathisanten der AWD mit anderen rechtsextremen Gruppierungen in Deutschland (wenn ja, diese bitte im Einzelnen aufführen)?  7. Gibt es nach Kenntnis der der Bundesregierung Personenüberschneidungen zwischen der AWD in Deutschland und Personen mit Bezügen zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)? Wenn ja, wie viele Personen sind betroffen, und um welche Personen handelt es sich? Die Fragen 5 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Eine Beantwortung der Fragen 5 bis 7 hat aus den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Gründen zu unterbleiben.  8. Welche Kenntnisse über Kontakte von Mitgliedern der AWD in Deutschland mit Mitgliedern der AWD in den Vereinigten Staaten konnte die Bundesregierung bzw. konnten ihr nachgeordnete Behörden durch den Leak aus „Iron March“ erlangen? Zunächst wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Eine darüberhinausgehende Beantwortung der Frage hat aus den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Gründen zu unterbleiben.  9. Welche Kenntnisse über konkrete Treffen von Mitgliedern der AWD in Deutschland mit Mitgliedern der AWD in den Vereinigten Staaten konnte die Bundesregierung bzw. konnten ihr nachgeordnete Behörden durch den Leak aus „Iron March“ erlangen? 10. Verfügt die Bundesregierung bzw. verfügen ihr nachgeordnete Behörden darüber hinaus über weitere Erkenntnisse zu Kontakten, konkreten Treffen etc. von Mitgliedern der AWD in Deutschland mit AWD-Mitgliedern in anderen Ländern (wenn ja, diese bitte im Einzelnen aufführen)? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16987 11. Verfügt die Bundesregierung bzw. verfügen ihre nachgeordneten Behörden über Erkenntnisse darüber, dass ausländische AWD-Funktionäre Versuche unternommen haben, in Deutschland Strukturen der AWD zu etablieren? Wenn ja, welche? Die Fragen 9 bis 11 werden gemeinsam beantwortet. Eine Beantwortung der Fragen 9 bis 11 hat aus den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Gründen zu unterbleiben. 12. Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bzw. ihren nachgeordneten Behörden bekannt, in denen Aktivisten der AWD mit einem Einreiseverbot für Deutschland belegt wurden (bitte im Einzelnen aufführen)? Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 38 der Abgeordneten Dr. Irene Mihalic verwiesen (Bundestagsdrucksache 19/15583). Eine weitergehende Beantwortung der Frage hat aus den in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Gründen zu unterbleiben. 13. Hat sich aufgrund der Morddrohungen gegen die Mitglieder des Deutschen Bundestages Claudia Roth und Cem Özdemir als auch durch den Leak der Nutzerdaten von „Iron March“ etwas an der in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken (Bundestagsdrucksache 19/3359, Seite 2) durch die Bundesregierung gegebenen Einschätzung, es handele sich bei der Atomwaffen Division Deutschland nicht um eine terroristische Vereinigung, geändert? Wenn ja, wie fällt die aktuelle Einschätzung aus? Berichte über Aktivitäten von Mitgliedern der AWD in den USA zeigen deren Gewaltbereitschaft. Deshalb und auch aufgrund der in der Bundesrepublik unter der Bezeichnung AWD Deutschland ausgesprochenen Morddrohungen und erfolgten Aufrufe zu Gewalt sowie der propagierten rechtsextremistischen Weltanschauung nimmt die Bundesregierung die bekannt gewordenen Sachverhalte sehr ernst und verfolgt anfallende Anhaltspunkte mit großer Aufmerksamkeit . Von einer Einschätzung, ob es sich bei der Atomwaffen Division Deutschland um eine terroristische Vereinigung handelt, sieht die Bundesregierung unter Verweis auf die Ausführungen zu den Fragen 2 und 3 ab. Drucksache 19/16987 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333