Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 17. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1756 19. Wahlperiode 19.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Renate Künast, Markus Tressel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1523 – Tierschutzrelevante Befunde aus Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Verschiedene Erhebungen (zum Beispiel „‚Gefallene Tiere‘ aus Tierschutz- Sicht – Erhebungen in Tierkörperbeseitigungsanlagen“ www.ign-nutztierhaltung. ch/sites/default/files/PDF/IGN_FKUS_2016_web_klein%20%281%29.pdf) legen nahe, dass zahlreiche Nutztiere als so genannte Falltiere in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte (VTN) enden. Der Zustand einer maßgeblichen Anzahl von Tieren in diesen Studien weist auf ungerechtfertigtes, erhebliches und langanhaltendes Leiden hin. Für dieses Leid kann eine unterlassene oder unzureichende Behandlung bzw. nicht rechtzeitige Nottötung verantwortlich sein. 1. Wie viele Tiere (Schweine/Ferkel, Rinder/Kälber, Geflügel/Küken) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2013 jährlich in VTN verbracht? Eine amtliche Statistik zur Anzahl der in Deutschland jährlich in Verarbeitungsbetriebe für tierische Nebenprodukte (VTN) verbrachte Tiere wird nicht geführt. Lediglich zu verendeten Rindern liegen der Bundesregierung über das Meldeprogramm des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HI-Tier) Informationen vor. Die jährliche Anzahl verendeter Rinder ergibt sich aus nachstehender Tabelle: Jahr Anzahl verendeter Rinder nach HI-Tier 2013 537.250 2014 527.721 2015 547.713 2016 579.111 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1756 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung umfassende systematische Erhebungen oder Stichprobenanalysen zum Zustand der Kadaver (Schweine/ Ferkel, Rinder/Kälber, Geflügel/Küken) bei Anlieferung in VTN? Studien aus Österreich1 und Deutschland2 zu Befunden an Falltieren in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte sind bekannt und wurden auch in den Medien aufgegriffen. Bei diesen Studien stehen Untersuchungen von tierschutzrelevanten Befunden an Schweinen und Rindern im Fokus, wobei die Studien an Rindern nach Kenntnis der Bundesregierung nur in Österreich durchgeführt wurden . Der Bundesregierung sind keine entsprechenden Untersuchungen bei Geflügel bekannt. Amtliche systematische Erhebungen zu tierschutzrelevanten Befunden an Falltieren werden in Deutschland nicht durchgeführt. 3. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die drei am häufigsten auftretenden Ursachen für das Verenden, die bei Schweinen in VTN zu finden sind? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Die genannten Studien fokussieren auf die Erhebung tierschutzrelevanter Befunde. Eine systematische Erhebung von Todesarten oder Todesursachen bei Schweinen war hingegen nicht Gegenstand der zitierten Studien. Nach der in Deutschland durchgeführten Studie2 stellte der Befund einer hochgradigen allgemeinen Auszehrung einen der häufigsten Hinweise auf länger anhaltende Leiden dar. Häufig waren auch chronische Erkrankungen des Bewegungsapparates (v. a. eitrige Gelenkentzündungen) oder der Haut (v. a. infizierte Bissverletzungen) festzustellen. 4. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die drei am häufigsten auftretenden Ursachen für das Verenden, die bei Rindern in VTN zu finden sind? 5. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die drei am häufigsten auftretenden Ursachen für das Verenden, die bei Geflügel in VTN zu finden sind? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung sind keine entsprechenden Informationen zu Befunden an Rindern oder Geflügel in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte in Deutschland bekannt. 6. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Tiere, die fachgerecht auf den landwirtschaftlichen Betrieben notgetötet wurden und in VTN entsorgt werden? In der zitierten Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover2 wurde bei 38,2 Prozent von insgesamt 165 Schweinen mit Anzeichen einer Tötung das angewendete Tötungsverfahren anhand der Lokalisation der betäubungs- und tötungsbedingten Verletzungen als korrekt bewertet. 1 z. B. Baumgartner J. (2016): „Gefallene Tiere“ aus Tierschutz-Sicht – Erhebungen in Tierkörperbeseitigungsanlagen. Nutztierhaltung im Fokus. Informationsbroschüre der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung – IGN, S. 22 – 26. 2 Z. B. Große Beilage E. (2017): „Untersuchungen an verendeten/getöteten Schweinen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte “. DVG-Verlag ISBN 978-3-86345-389-3 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1756 7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Tiere, die nach veterinärmedizinischer Beurteilung vor dem Verenden bzw. der Tötung unnötige Schmerzen und langanhaltende Leiden zu erdulden hatten? Der zitierten Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover2 zufolge waren bei 13,2 Prozent von insgesamt 485 untersuchten Mastschweinen und bei 11,6 Prozent von insgesamt 128 untersuchten Zuchtschweinen Befunde zu erheben, bei denen davon auszugehen war, dass sie mit länger anhaltenden erheblichen Schmerzen und/oder Leiden verbunden waren. 8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil von Schweinen in VTN, deren Kadaverzustand auf nicht sachkundige Tötung in den tierhaltenden Betrieben schließen lassen? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Nach der genannten Studie2 waren bei 61,8 Prozent der insgesamt 165 Schweine mit Anzeichen einer Tötung erhebliche Mängel bei der Betäubung und /oder Tötung festzustellen. 9. Teilt die Bundesregierung die Meinung von Fachtierärztinnen und Fachtierärzten , dass dem wenig beachteten Schicksal der gefallenen Tiere deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss (siehe Baumgartner, J. (2014): Falltiere – verborgene Indikatoren für unzumutbares Tierleid. DVG, 19. Internationale Fachtagung zum Thema Tierschutz, 20. – 21. Februar 2014, S. 187 – 196)? 10. Ist die Bundesregierung mit den Fragestellerinnen und Fragestellern der Meinung, dass die hohe Zahl so genannter Falltiere reduziert werden muss? Falls nein, warum nicht? 11. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um die Anzahl der Falltiere zu reduzieren? Die Fragen 9, 10 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die in der genannten Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover2 dokumentierten tierschutzrelevanten Befunde an Falltieren in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte in Deutschland sind nicht hinnehmbar. Die Bundesregierung unterstützt alle erforderlichen Maßnahmen, die dazu beitragen, die tierschutzrechtlichen Vorgaben durchzusetzen. Unter tierseuchenrechtlichen Gesichtspunkten lässt sich die Anzahl der Falltiere durch eine gezielte Seuchenvorsorge und die Einhaltung entsprechender Biosicherheitsmaßnahmen mit dem Ziel, die Einschleppung von Tierseuchen in die Bestände zu vermeiden, reduzieren. Dem hat die Bundesregierung durch das in den einzelnen tierseuchenrechtlichen Verordnungen etablierte Frühwarnsystem Rechnung getragen. 2 Z. B. Große Beilage E. (2017): „Untersuchungen an verendeten/getöteten Schweinen in Verarbeitungsbetrieben für tierische Nebenprodukte “. DVG-Verlag ISBN 978-3-86345-389-3 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1756 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Wann konkret wird die Bundesregierung ein bundeseinheitliches Prüf- und Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Tierhaltungssysteme bei Nutztieren vorlegen, wie dies bereits im Koalitionsvertrag 2013 angekündigt und nicht eingehalten wurde? Ein entsprechender Verordnungsentwurf wurde bereits vorgelegt, auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN „Ankündigungen des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt zum Tierschutz bei Nutztieren und Stand der Umsetzung“ auf Bundestagdrucksache 18/10105 wird verwiesen. Der Verordnungsentwurf ist vor Einleitung des Bundesratsverfahrens bei der Europäischen Kommission gemäß Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft zu notifizieren. Dieses Verfahren beinhaltet eine mindestens dreimonatige Stillhaltefrist. 13. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass ein bundesweites System zur Erfassung von Tierschutzverstößen in den Tierkörperbeseitigungsanstalten notwendig ist, um tierschutzrelevante Verstöße zu ahnden und zu vermeiden ? Falls nein, warum nicht? Auf die Antwort zu den Fragen 9, 10 und 11 wird verwiesen. 14. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass durch Schulungen und Fortbildungen die Sachkunde der Tierhalterinnen und Tierhalter gefördert werden muss? Falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Vorhandensein der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten einen Schlüsselfaktor für die Gewährleistung des Tierschutzes darstellt. Daher legt das Tierschutzrecht entsprechende Anforderungen fest. Nach den Regelungen des Tierschutzgesetzes muss, wer ein Tier hält oder betreut, über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Zudem darf nur derjenige ein Wirbeltier töten, der die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Darüber hinaus hat, wer Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, durch betriebliche Eigenkontrollen sicherzustellen, dass die tierschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden. Zu diesem Zweck sind geeignete Tierschutzindikatoren zu erheben und zu bewerten. Gemäß Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung hat, wer Nutztiere hält, sicherzustellen, dass für die Fütterung und Pflege der Tiere ausreichend viele Personen mit den hierfür erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten vorhanden sind. Diese Anforderungen müssen zu jedem Zeitpunkt erfüllt sein, sie umfassen somit, wenn erforderlich, auch geeignete Fort- und Weiterbildungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333