Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern. für Bau und Heimat vom 20. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1816 19. Wahlperiode 24.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cem Özdemir, Irene Mihalic, Margarete Bause, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1495 – Verbindungen zwischen der türkischen AKP-Regierung in Ankara, der „Union der Türkischen Demokraten“ (UETD) und des Vereins „Osmanen Germania Boxclub“ in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 13. März 2018 durchsuchten deutsche Sicherheitsbehörden auf Anordnung des Bundesministers des Innern Räumlichkeiten von mutmaßlichen Mitgliedern der rockerähnlichen Gruppierung „Osmanen Germania BC“ sowie der UETD in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg (www.bmi.bund.de/ SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/03/vereinsrechtliche-ermittlungenosmanen .html). Einigen Medienberichten zufolge erhoffte sich das Bundesinnenministerium Anhaltspunkte für ein Verbotsverfahren gegen „gewaltbereite türkisch-nationalistische Gruppen“ zu finden (Stuttgarter Nachrichten vom 14. März 2018, S. 1). Bereits im Mai 2016 fing die hessische Polizei eine Waffenlieferung ab, die mutmaßlich für den „Osmanen Germania BC“ bestimmt war (Frontal21: „Vertrauter Erdoğans zündelt in Deutschland“ vom 12. Dezember 2017). Die Zeitung „Stuttgarter Nachrichten“ berichtete zudem über weitere Beschaffungsversuche von Waffen sowie eine Verbindung der Gruppierung zu einem engen Vertrauten des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Dieser soll in Verdacht stehen, Waffenkäufe des „Osmanen Germania BC“ in Deutschland zu finanzieren (www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.tuerkisches-netzwerk-indeutschland -erdogans-vertrauter-zuendelt-im-suedwesten.7cef9078-0d68-45f2- 9452-c980b9254d45.html). Nach Aussage der Landesregierung Baden-Württemberg stehen die Mitglieder des „Osmanen Germania BC“ in Kontakt zur Union der Türkischen Demokraten (UETD). Weiterhin berichtet die Landesregierung, dass dem Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg „personelle Verflechtungen und strukturelle Bezüge von regierungsnahen Organisationen in der Türkei und in Deutschland ansässigen, nationaltürkisch geprägten Vereinen und Gruppierungen aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Zusammenhängen bekannt“ sind (Drucksache 16/3158, S. 4, Landtag Baden-Württemberg). Seitens der Landesregierung Bremen hießt es weiterhin, dass das zuständige Landeskriminalamt, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1816 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode davon ausgeht, dass zumindest „Teile der Gruppierung Osmanen Germania BC mit dem türkischen Geheimdienst zusammenarbeiten“ (Bremische Bürgerschaft , Drucksache 19/1534 S. 5). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Bundesregierung ist die Beantwortung der Fragen 2 bis 4, 12, 14, 16, 18 und 20 ganz oder teilweise nicht möglich, da diese im Zusammenhang mit aktuellen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften Darmstadt, Stuttgart und Aachen stehen. Aufgrund der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzordnung äußert sich die Bundesregierung nicht zu laufenden Ermittlungsverfahren , die durch Staatsanwaltschaften der Länder oder in deren Auftrag durch Landeskriminalämter oder sonstige Behörden der Landespolizei geführt werden. 1. Hat die Bundesregierung das Thema „Osmanen Germania BC“ bereits in Gesprächen mit Vertretern der türkischen Regierung angesprochen (bitte nach Ort, Datum und Inhalt der Gespräche aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat Sachverhalte mit Bezug zu der rockerähnlichen Gruppierung Osmanen Germania BC in Gesprächen mit der türkischen Regierung nicht thematisiert. 2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Verbindung mit Vereinen wie dem „Osmanen Germania BC“ in Deutschland? Die Bundesregierung hat sich bereits mehrfach im Sinne der Fragestellung geäußert und verweist insofern auf ihre Antworten zu den Fragen 23 und 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Der türkische Präsident Erdogan, Osmanli Ocaklari und die Rockerclubs Osmanen Germania und Turkos MC“ auf Bundestagsdrucksache 18/12452, zu Frage 20 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Die nachrichtendienstliche Tätigkeit der Türkei in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache 18/10739 sowie auf die Schriftliche Frage 16 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 18/10443, S. 14, 15. Im Übrigen steht diese Frage im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Auf die Vorbemerkung wird insofern verwiesen. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnis über Hinweise auf direkte oder indirekte Geldzahlungen der türkischen AKP-Regierung mittels der UETD an den „Osmanen Germania BC“ in der Bundesrepublik Deutschland zur Durchsetzung ihrer Interessen? Wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse auf eine direkte oder indirekte Geldzahlung durch die AKP-Regierung an den Osmanen Germania BC vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 25 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Der türkische Präsident Erdogan, Osmanli Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1816 Ocaklari und die Rockerclubs Osmanen Germania und Turkos MC“ auf Bundestagsdrucksache 18/12452 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . 4. Liegen der Bundesregierung Hinweise vor, dass Gelder zur legalen oder illegalen Beschaffung von Schusswaffen verwendet werden bzw. wurden, und wenn ja, welche? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse darüber vor, dass im Mai 2016 bei einem Mitglied des Osmanen Germania BC eine Maschinenpistole sichergestellt worden ist. Die Sicherstellung der Waffe steht im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird insofern verwiesen. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über ein mögliches Verhältnis bzw. eine Zusammenarbeit von AKP-Regierung, der UETD und den „Osmanen Germania BC“ in Deutschland? Nach Einschätzung der Bundesregierung wird der türkischen Diaspora unter den Regierungen der „Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung“ (AKP) ein hoher Stellenwert eingeräumt. Die Diaspora ist nach türkischem Verständnis ein wichtiges Instrument einer „proaktiven Außenpolitik“. Ihr hoher Organisationsgrad und ihre einflussreiche Stellung im gesellschaftlichen Bereich machen sie zu einem wirkungsvollen Multiplikator. Die „Union Europäischer-Türkischer Demokraten im Ausland“ (UETD) betreibt in diesem Sinne nach dem Verständnis der Bundesregierung Lobbyarbeit für die AKP. Anlässlich der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien kam es in verschiedenen deutschen Städten zu Kundgebungen der UETD, bei denen die offizielle Haltung der türkischen Regierung propagiert wurde. Des Weiteren reisten mehrere UETD-Funktionäre im Januar 2018 nach Ankara, wo sie u. a. durch Staatspräsident Erdogan im Präsidentenpalast empfangen wurden. Zu einem unmittelbaren Verhältnis bzw. einer unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen der AKP-Regierung und dem Osmanen Germania BC liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Mitglieder des Osmanen Germania BC kamen wiederholt bei Veranstaltungen der UETD als Ordner zum Einsatz. Im Übrigen hat sich die Bundesregierung bereits mehrfach im Sinne dieser Frage geäußert, weshalb insofern verwiesen wird insbesondere auf die Antworten zu den Fragen 5 bis 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Erkenntnisse zum möglichen Netzwerk aus türkischem Geheimdienst, UETD, Osmanen Germania und Turkey Nomads“ auf Bundestagsdrucksache 18/13239, zu Frage 27 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Der türkische Präsident Erdogan, Osmanli Ocaklari und die Rockerclubs Osmanen Germania und Turkos MC“ auf Bundestagsdrucksache 18/12452, auf die Schriftliche Frage 21 des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu auf Bundestagsdrucksache 19/350, S. 13 sowie auf die Schriftliche Frage 13 der Abgeordneten Sevim Dağdelen auf Bundestagsdrucksache 18/13656, S. 11,12. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1816 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Gibt es gemeinsame Bemühungen der türkischen Regierung und der Bundesregierung , mögliche nach deutschem Recht verfassungswidrige Aktivitäten von hierzulande ansässigen Vereinen zu unterbinden? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Nein. Maßnahmen zur Unterbindung von verfassungswidrigen Aktivitäten von in Deutschland ansässigen Vereinen erfolgen ausschließlich nach Maßgabe deutschen Rechts. 7. Wie viele Personen waren bzw. sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2015 in dem Verein „Osmanen Germania Boxclub“ organisiert (bitte nach Jahr und Ort aufschlüsseln)? Bei dem Osmanen Germania BC handelt es sich um einen nicht eingetragenen Verein, dessen Mitgliederzahl seit seiner Gründung einer ständigen Fluktuation unterliegt. Nach Kenntnis der Bundesregierung hatte der Verein im Zeitraum 2015 bis 2017 zeitweilig bis zu 400 Mitglieder. Unter Verweis auf das laufende vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren kann die Bundesregierung keine weitergehenden Angaben zur Mitgliederanzahl und deren Aufschlüsselung nach Jahr und Ort machen. 8. Handelt es sich aus Sicht der Bundesregierung bei dem „Osmanen Germania BC“ um eine sog. polizeilich relevante Rockergruppierung? Wenn ja, aus welchen tatsächlichen Sachverhaltspunkten ergibt sich diese Einschätzung der Bundesregierung? Und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung verwendet die Bezeichnung „polizeilich relevante“ Rockergruppierung nicht. Nach dem Verständnis der Bundesregierung handelt es sich bei dem Osmanen Germania BC um eine sog. rockerähnliche Gruppierung. Es besteht der hinreichende Verdacht, dass Zweck und Tätigkeit des Vereins Osmanen Germania BC den Strafgesetzen zuwiderlaufen. Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse vor, denen zufolge von dem Verein eine schwerwiegende Gefährdung für individuelle Rechtsgüter und die Allgemeinheit ausgehen. Weitergehende Ausführungen zu dem dieser Bewertung zugrundliegenden Sachverhalt sind der Bundesregierung unter Verweis auf das laufende vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat nicht möglich. 9. Wie viele Verfahren, die sich mit Fragen der organisierten Kriminalität befassen , wurden bzw. werden nach Kenntnis der Bundesregierung gegen wie viele Angehörige welcher Chapter des „Osmanen Germania BC“ geführt (bitte nach Jahr des Beginns des entsprechenden Ermittlungsverfahren, Sitz der Staatsanwaltschaft, den dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Straftaten sowie der Zahl der „Osmanen Germania BC“-Beschuldigten bzw. Angeklagten aufschlüsseln)? Im Jahr 2015 haben die Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung keine Ermittlungsverfahren im Bereich der Organisierten Kriminalität (OK) gegen Mitglieder des Vereins Osmanen Germania BC geführt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1816 In den Jahren 2016 und 2017 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung folgende OK-Ermittlungsverfahren (EV) von den Bundesländern gegen Mitglieder des Vereins Osmanen Germania BC geführt: Bundesland Jahr (Beginn EV) Staatsanwaltschaft den EV jeweils zugrunde liegende Straftaten SL 2016 Saarbrücken § 29a BtMG HE 2016 Darmstadt § 30 StGB (Verabredung zu einem Verbrechen ) BY 2016 München § 29a BtMG NW 2016 Krefeld § 255 StGB (Räuberische Erpressung) BW 2017 Stuttgart u. a. §§ 211, 22, 23 StGB (versuchter Mord), § 255 (Räuberische Erpressung) NW 2017 Wuppertal § 125a StGB (Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs) NW 2017 Essen § 255 StGB (Räuberische Erpressung) Für das Jahr 2018 liegen noch keine Angaben vor. Der Bundesregierung ist in Bezug auf die vorgenannten OK-Ermittlungsverfahren der Bundesländer nicht bekannt, gegen wie viele Mitglieder des Osmanen Germania BC jeweils ermittelt wird. 10. Liegen nach Kenntnis der Bundesregierung rechtskräftige Urteile gegen Angehörige des „Osmanen Germania BC“ vor? Wenn ja, inwiefern betreffen diese Urteile Straftatbestände, die für organisierte Kriminalität typisch sind (bitte nach Zahl der Angehörigen der „Osmanen Germania BC“, Datum, Ort und Delikt aufschlüsseln)? Die Bundesregierung hat keine umfassende Kenntnis über rechtskräftige Urteile gegen Angehörige des Osmanen Germania BC. Der Bundesregierung sind jedoch einzelne gerichtliche Verfahren bekannt, in denen einige Angehörige des Osmanen Germania BC rechtskräftig verurteilt wurden. Konkret handelt es sich um folgende Sachverhalte: Zwei Angehörige des Osmanen Germania BC wurden wegen gefährlicher Körperverletzung in Stuttgart im Juni 2017 zu Freiheitsstrafen verurteilt. In Saarbrücken wurden in einem OK-Verfahren zwei Angehörige des Osmanen Germania BC wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtskräftig verurteilt, einer davon im Februar 2017 zu einer Freiheitsstrafe. Die zweite Person wurde im September 2017 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In Neu-Ulm wurde in einem Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ein Mitglied des Osmanen Germania BC im Oktober 2017 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (kein OK-Verfahren). Zwei weitere Mitglieder des Osmanen Germania BC wurden wegen gefährlicher Körperverletzung im Raum Aschaffenburg im März 2017 jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1816 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob und wie sich der „Osmanen Germania BC“ nach der Inhaftierung führender Mitglieder im Juni 2017 neu strukturiert hat? Ausführungen zur aktuellen Struktur des Vereins Osmanen Germania BC sind der Bundesregierung unter Verweis auf das laufende vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren nicht möglich. Insofern wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen . 12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Bezug auf den versuchten Mordanschlag auf den Fußballspieler Deniz Naki am 7. Januar 2018 bei Düren (www.welt.de/sport/article172255162/Deniz-Naki-nach-Attentatdass -so-etwas-in-Deutschland-passiert-damit-haette-ich-nie-gerechnet.html) Hinweise oder Erkenntnisse, die auf eine Verbindung zu Mitgliedern des „Osmanen Germania BC“ hindeuten? Wenn ja, welche? Die Staatsanwaltschaft Aachen führt ein Ermittlungsverfahren zu dem versuchten Anschlag auf Deniz Naki. Auf die Vorbemerkung wird insofern verwiesen. 13. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Teile des „Osmanen Germania BC“ mit dem türkischen Geheimdienst zusammenarbeiten? Wenn ja, inwiefern? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 14. Inwiefern liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, ob der „Osmanen Germania BC“ auch dazu dient, in Deutschland politische Ziele der AKP des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan bzw. der Union Europäisch Türkische Demokraten (UETD) durchzusetzen? Die Bundesregierung hat sich bereits mehrfach im Sinne der Frage geäußert und verweist insofern insbesondere auf ihre Antworten zu den Fragen 26 und 27 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Der türkische Präsident Erdogan, Osmanli Ocaklari und die Rockerclubs Osmanen Germania und Turkos MC“ auf Bundestagsdrucksache 18/12452, zu den Fragen 2, 2a und 2l der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Türkisch-nationalistische Aufzüge“ auf Bundestagsdrucksache 18/8249, auf die Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Sicherheitsrelevante Erkenntnisse bezüglich der Osmanen Germania“ auf Bundestagsdrucksache 18/7796, auf die Schriftliche Frage 21 des Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu auf Bundestagsdrucksache 19/350, S. 13 sowie auf die Schriftliche Frage 13 der Abgeordneten Sevim Dağdelen auf Bundestagsdrucksache 18/13656, S. 11, 12). Die Frage steht zudem im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird insofern verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1816 15. a) Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland in den letzten zehn Jahren in der UETD organisiert? Zur Anzahl der Mitglieder können keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Aussagen hierzu liegen auch seitens der UETD nicht vor. b) Welche satzungsmäßigen Ziele verfolgt die UETD nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland? c) Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, die darauf hindeuten, dass die UETD in Deutschland Ziele jenseits ihrer offiziellen Satzung verfolgt? Wenn ja, welche? Die Fragen 15b und 15c werden gemeinsam beantwortet. In ihrer Vereinssatzung stellt sich die UETD als Nichtregierungsorganisation dar. Danach verfolgt der Verein keine politischen Ziele und ist „parteipolitisch und weltanschaulich neutral“. Gemäß der Vereinssatzung in der Fassung vom 28. Januar 2016 verfolgt die UETD das Ziel der Förderung von Toleranz, Bildung und Erziehung, Kultur, Wissenschaft und Forschung. Des Weiteren wird als Ziel die Unterstützung der gesetzgebenden Organe des Bundes und der Länder in Fragen der Integration der türkischen Bevölkerung in Deutschland und Europa angegeben . Auch die Vermittlung staatspolitischer Bildung auf Grundlage der freiheitlich -demokratischen Grundordnung wird als Vereinsziel benannt. Die UETD ist jedoch eine regierungsnahe Vorfeldorganisation der AKP, die im Sinne ihrer Mutterorganisation auf politischer und gesellschaftlicher Ebene Lobby-Arbeit für Interessen der AKP betreibt. Die UETD organisierte in den vergangenen Jahren zahlreiche Wahlkampfveranstaltungen, auf denen hochrangige Politiker und Minister der Regierungspartei AKP - darunter auch Staatspräsident Erdogan - für ihre Partei werben konnten. Auch veröffentlichte sie einen offenen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, in dem diese dazu aufgefordert wurden, nicht für die Verabschiedung der sog. Armenienresolution zu stimmen. Derzeit übernimmt die UETD die von der AKP vorgegebene Linie im Hinblick auf die als „Operation Olivenzweig“ bezeichnete militärische Intervention der türkischen Armee in Syrien. Zu diesem Thema veröffentlichte die UETD eine 40-seitige Broschüre in deutscher und englischer Sprache. 16. Wurden in den letzten zehn Jahren in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung Ermittlungsverfahren gegen Personen eingeleitet, die in Zusammenhang stehen mit deren Mitgliedschaft bzw. Funktion bzw. Tätigkeit für die UETD (bitte nach Jahr des Beginns des entsprechenden Ermittlungsverfahren , Sitz der Staatsanwaltschaft, den dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden Straftaten sowie der Zahl der UETD-Beschuldigten bzw. Angeklagten aufschlüsseln)? Die Bundesanwaltschaft hat keine Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung geführt. Sollten entsprechende Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaften der Länder geführt werden oder geführt worden sein, so werden in Bezug auf abgeschlossene Ermittlungsverfahren auf Bundesebene keine diesbezüglichen Statistiken geführt, aus denen die Zugehörigkeit von Personen, die Gegenstand der Ermittlungsverfahren waren, zu bestimmten Vereinen oder Organisationen ersichtlich wäre. In Bezug auf etwaige laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1816 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 17. a) Vertritt die Bundesregierung weiterhin die Auffassung, dass es zwischen dem „Osmanen Germania BC“ und der UETD in Deutschland „kein Netzwerk “, sondern lediglich „einzelne Verbindungen“ bzw. einzelne „Kennverhältnisse “ zwischen einzelnen Führungspersonen des „Osmanen Germania Boxclubs“ und UETD-Funktionären bestehen (Plenarprotokoll 18/236, S. 23962)? b) Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Einlassung des baden-württembergischen Innenministers, der von einem regelrechten „Beziehungsgeflecht“ zwischen „Osmanen Germania BC“ und UETD spricht (Landtag Baden-Württemberg, Drucksache 16/3158)? Die Fragen 17a und 17b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hält an ihrer Bewertung in dem zitierten Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages weiterhin fest. Zu Äußerungen von Landespolitikern nimmt die Bundesregierung grundsätzlich nicht Stellung. c) Wurden bzw. werden Personen aus der UETD, die einzelne Verbindungen bzw. einzelne Kennverhältnisse zu Mitgliedern der Rockergruppierung „Osmanen Germania BC“ unterhalten, nach dem Bundeskriminalamtgesetz (oder auf Grundlage eines Landespolizeigesetzes) als sogenannte Kontakt- oder Begleitperson erfasst? Wenn nein, warum nicht? Sofern die rechtlichen Voraussetzungen für eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der Fragestellung in den polizeilichen Systemen bestehen, kann diese erfolgen, soweit dies aus polizeilicher Sicht sinnvoll ist. Seitens des BKA wurden keine Angehörigen der UETD als Kontakt-und Begleitpersonen des Osmanen Germania BC erfasst. Über etwaige Speicherungen in dezentralen Ländersystemen von UETD-Angehörigen mit Kontakten zum Osmanen Germania BC liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen steht diese Frage im Zusammenhang mit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren . Insofern wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 18. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass direkt oder aus dem Umfeld der UETD im Zuge der sogenannte Böhmermann-Affäre personenbezogene Drohungen bzw. Aufrufe zum persönlichen Ausspähen ausgesprochen wurden, die deutsche Behörden dazu veranlasst haben, Personenschutzmaßnahmen zugunsten des deutschen Fernsehmoderators zu ergreifen (vgl. Stuttgarter Nachrichten vom 13. Dezember „Die Chronologie der Böhmermann-Affäre“)? Die Frage steht im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Insofern wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1816 19. a) Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, ob direkt oder aus dem Umfeld der UETD derartige personenbezogene Drohungen bzw. Aufrufe zum persönlichen Ausspähen auch gegenüber anderen Bürgern mit deutscher Staatsangehörigkeit ausgesprochen wurden? b) Wenn ja, welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Urheber der Drohungen? c) Wenn ja, wurde daraufhin das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) aktiv, und in welcher Form? d) Wenn ja, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung ein Landesamt für Verfassungsschutz eines Bundeslandes oder mehrerer Bundesländer aktiv , und in welcher Form? e) Wenn ja, wurden die betroffenen Personen nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Sicherheitsbehörden des Bundes oder durch die Behörden eines Bundeslandes über ihre Bedrohungslage informiert? f) Wenn ja, inwiefern wurde den betroffenen Personen nach Kenntnis der Bundesregierung ebenfalls Personenschutzmaßnahmen empfohlen und angeboten? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Eine Beantwortung der Fragen 19b bis 19f ist insofern obsolet. 20. a) Ist es zutreffend, dass am 12. April 2017 mit Blick auf mögliche Verbindungen der UETD und dem „Osmanen Germania BC“ ein sogenannter operativer Informationsaustausch von Sicherheitsbehörden des Bundes stattgefunden hat? b) Wenn ja, welche Behörden des Bundes haben daran teilgenommen (BfV, Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst bzw. der Generalbundesanwalt )? c) Wenn ja, inwiefern war auch der Militärische Abschirmdienst an dem Treffen beteiligt? d) Wenn ja, waren diesbezügliche, auch direkte oder mittelbare, Verbindungen des AKP-Abgeordneten Metin Külünk zur UETD bzw. zum „Osmanen Germania BC“ Gegenstand dieses operativen Informationsaustauschs ? e) Wenn ja, welche Ziele hatte dieser behördenübergreifende operative Informationsaustausch ? f) Wenn ja, welche Maßnahmen wurden bei diesem operativen Informationsaustausch verabredet? g) Wenn ja, gab es derartige behördenübergreifende operative Treffen zu den genannten Gruppen schon vor April 2017 (bitte Daten nennen)? Die Bundesregierung beantwortet die im Rahmen des parlamentarischen Fragerechts angefragten Sachverhalte gegenüber dem Deutschen Bundestag grundsätzlich transparent und vollständig, um dem verfassungsrechtlich verbrieften Aufklärungs - und Informationsanspruch des Deutschen Bundestages zu entsprechen. Soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung aber zu prüfen, ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann (BVerfGE 124, S. 161, 189). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1816 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Beantwortung der Fragen 20a bis 20c und 20g aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen kann. Das Forum „Operativer Informationsaustausch“ im Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) dient als Plattform für einen vertrauensvollen und offen gestalteten Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder in operativen Angelegenheiten. In diesem Rahmen werden sensible Sachverhalte erörtert, die von Polizei- oder Verfassungsschutzbehörden aktuell bearbeitet werden bzw. die Gegenstand laufender strafrechtlicher Ermittlungsverfahren sind. Zudem werden hier mögliche operative Maßnahmen miteinander beraten bzw. länderübergreifend abgestimmt. Eine uneingeschränkte Offenlegung konkreter Details zu Teilnehmern als auch zu Inhalten oder operativen Absprachen würde das vertrauensvolle Zusammenwirken der in diesem GETZ-Forum mitwirkenden Behörden nachhaltig schädigen. Die Auskünfte zu den Fragen 20a bis 20c und 20g sind somit als Verschlusssache gemäß der Verschlusssachenanweisung des Bundes (VSA) mit dem VS-Grad „VS-Vertraulich“ eingestuft. Sie werden bei der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme durch Befugte hinterlegt.* Nach sorgfältiger Abwägung des Aufklärungs- und Informationsrechts der Abgeordneten mit dem Wohl des Bundes (Staatswohl), das durch Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden könnte, äußert sich die Bundesregierung nicht zu den Fragen 20d bis 20f, da dies die Wirksamkeit nachrichtendienstlicher Tätigkeit gefährden kann. Evident geheimhaltungsbedürftige Informationen muss die Bundesregierung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht offenlegen (BVerfGE 124, 161, 193 f.). Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sowie Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten zu solchen Erkenntnissen würde zu einer Schwächung der den deutschen Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf Aufklärungsschwerpunkte sowie Methoden der Erkenntnisgewinnung zu. Mit einer zur Veröffentlichung bestimmten Antwort der Bundesregierung hierzu würde die nachrichtendienstliche Erkenntnislage der im GETZ vertretenen Sicherheitsbehörden einem nicht eingrenzbaren Personenkreis nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland zugänglich gemacht. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen in diesem konkreten Einzelfall für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig schädlich sein. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht, parlamentarische Informationsansprüche zu erfüllen, muss daher nach sorgfältiger Abwägung aller Belange in diesem Falle das Informationsinteresse des Parlamentes hinter das Interesse eines zum Wohle der öffentlichen Sicherheit vertrauensvollen und effektiven Zusammenwirkens der Sicherheitsbehörden zurücktreten. Die Antworten zu den Fragen 20d bis 20f müssen somit gänzlich unterbleiben. Im Übrigen stehen einzelne fragegegenständliche Aspekte im Zusammenhang mit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird insofern verwiesen. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Vertraulich eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/1816 21. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche Verbindungen der „Sicherheits-Agentur-Geillinger“ (SAG) aus dem südbadischen Laufenburg und möglichen Waffentransporten aus der Schweiz an den „Osmanen Germania BC“, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache , dass die Bundesregierung zunächst erklärt hatte, sie verfüge über „keine diesbezüglichen Erkenntnisse“ (Bundestagsdrucksache 18/12877, S. 9), später aber darauf hinwies, dass „zwischenzeitlich“ im Rahmen des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen Mitglieder des „Osmanen Germania BC“ eine Durchsuchung der SAG durchgeführt worden sei (Bundestagsdrucksache 18/13239, S. 4)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 9 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Erkenntnisse zum möglichen Netzwerk aus türkischem Geheimdienst , UETD, Osmanen Germania und Turkey Nomads“ auf Bundestagsdrucksache 18/13239 wird verwiesen. Weitergehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333