Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 23. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1871 19. Wahlperiode 25.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva-Maria Elisabeth Schreiber, Sylvia Gabelmann, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1563 – Die Neuausrichtung der Strategie zur globalen Gesundheitspolitik der Bundesregierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Gesundheit ist ein Menschenrecht. Lebensbedingungen sollten so gestaltet werden , dass Menschen gar nicht erst krank werden, und wenn sie es sind, müssen sie Zugang zu Gesundheitsversorgung erhalten. Doch weltweit haben viele Millionen Menschen keinen Zugang zu bezahlbaren Medikamenten und zu bestmöglicher Gesundheitsversorgung. Millionen Menschen sterben jährlich an vermeidbaren oder heilbaren Krankheiten, oft weil diese durch Armut und schlechte soziale und ökonomische Determinanten bedingt ist. Dazu zählen nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die 20 vernachlässigten tropischen Krankheiten (www.who.int/neglected_diseases/diseases /en) sowie die sog. Großen Drei HIV und AIDS, Malaria und Tuberkulose. An diesen drei Krankheiten sterben jährlich mehr als vier Millionen Menschen, wobei Tuberkulose HIV und AIDS als tödlichste Infektionskrankheit überholt hat. Aus Kostengründen oder in Ermangelung adäquater Impfstoffe, Aufklärung , Hygiene bzw. Sanitärmaßnahmen, Diagnostika oder effektiver Medikamente haben Betroffene häufig keinen Zugang zur lebenswichtigen Behandlung . Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beinhaltet mehrere Kernziele im Bereich globale Gesundheit (Ziel 3). So sollen bis 2030 u. a. HIV und AIDS, Tuberkulose und Malaria und die vernachlässigten Tropenkrankheiten besiegt sowie eine „allgemeine Gesundheitsversorgung“ und der „Zugang zu hochwertigen grundlegenden Gesundheitsdiensten“ und „der Zugang zu bezahlbaren unentbehrlichen Arzneimitteln und Impfstoffen für alle“ erreicht werden. Im Verlauf der G20-Präsidentschaft hat die Bundesregierung u. a. das Thema globale Gesundheit als Schwerpunkt gesetzt und diese zu einem „Markenzeichnen der internationalen Verantwortung“ erklärt (siehe: www.bundesgesundheits minsterium.de/presse/Pressemitteilungen/2016/4-quartal/g20-praesidentschaft .html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Fragesteller begrüßen die Bemühungen der Bundesregierung für einen verstärkten Einsatz in globalen Gesundheitsfragen, sehen aber eine große Diskrepanz zwischen der politischen Agenda einerseits und der eigentlichen Umsetzung und Finanzierung der häufig vagen Ankündigungen andererseits. Auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezogen liegt Großbritannien bei den Ausgaben für globale Gesundheit auf Platz 1, gefolgt von den USA, Südafrika und Australien. Deutschland kommt erst auf Platz 16. Davor sind noch Länder wie Singapur oder Dänemark. Die Ausgaben der Bundesregierung für die Bekämpfung der Tuberkulose und andere vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten müssen dringend erhöht werden. Die ODA-Quote (= Anteil der öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonationaleinkommen – BNE) stagniert seit Jahren bei 0,4 bis 0,52 Prozent. Und die WHO-Empfehlung, 0,1 Prozent des BNE für die globale Gesundheit auszugeben, hat die Bundesregierung klar verfehlt (www. aerzteblatt.de/blog/76944/Deutschlands-Rolle-in-der-globalen-Gesundheitspolitik ). Die Pharmaindustrie versagt in der Bereitstellung von adäquaten Präparaten zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten, weil sie ihre Forschung auf Krankheiten fokussiert, bei denen ein fertiges Medikament in den Industrieländern einen hohen Absatz verspricht . In den Jahren von 2000 bis 2011 waren von den 336 neu zugelassenen Wirkstoffen nur 4 – also nur 1,2 Prozent – für vernachlässigte Krankheiten bestimmt , obwohl diese für eine globale Krankheitslast von 11 Prozent verantwortlich sind. Das ist ein Missverhältnis um den Faktor 10 (www.ncbi.nlm.nih. gov/pubmed/25104602). So gibt es Marktversagen bei Tuberkulose-Medikamenten , besonders für Formen der resistenten Tuberkulose (TB). Die Behandlung resistenter Formen von TB ist immer noch mit extremen Nebenwirkungen verbunden, die Heilungsrate liegt bei unter 50 Prozent. Nur 28 bis 54 Prozent der Patienten mit multiresistenter TB überleben, oft mit drastischen Nebenwirkungen , wie Gehörverlust. Eine Therapie über 24 Monate umfasst bis zu 15 000 Tabletten und kostet zwischen 2 000 und 20 000 US-Dollar. Weltweit haben nur 5 Prozent der Patienten mit resistenter TB Zugang zu einer adäquaten Behandlung . Das heißt, dass mindestens 580 000 TB-Patientinnen nicht die Behandlung bekommen, die sie dringend benötigen. Dies ist ein Fall von klassischem Marktversagen , denn für TB-wurde jahrzehntelang nicht geforscht, galt die Krankheit doch in den westlichen Ländern als überwunden, so dass Pharmaunternehmen keine Profitaussichten erwarteten (www.msfaccess.org/sites/default/files/TB_ Brief_Four_Years_and_Counting_ENG_2017_0.pdf). Das Marktmonopol von Pharmaunternehmen auf Medikamente führt zu hohen Preisen, die dann eine Bedrohung für die Verwirklichung des Menschenrechts auf Gesundheit sein können. Außerdem funktionieren Patente für viele Krankheiten nicht als Anreiz für Forschung. Die Welthandelsorganisation (WTO) hat 2001 mit der Doha-Erklärung versucht, das Menschenrecht auf Gesundheit zu stärken, indem sie die 1995 eingeführten sogenannten TRIPS-Flexibilitäten (TRIPS-Abkommen = Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums), um die Möglichkeit der Nutzung aus „public health needs“ ergänzt, um den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten zu verbessern. Durch bilaterale Freihandelsabkommen werden diese TRIPS-Flexibilitäten jedoch häufig eingeschränkt. Der Abschluss von bilateralen und multilateralen Freihandelsabkommen mit Entwicklungsländern hat zudem oft negative Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheit (s. o. www.www.msfaccess.org). Damit Forschung zu armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten sich an den Gesundheitsbedarfen statt an größtmöglichem Profit orientiert und alle Menschen bezahlbaren Zugang zu den Medizinprodukten haben, die sie benötigen , muss der Bereich Forschung und Entwicklung (R&D) nach Auffassung der Fragesteller dringend reformiert werden. Während öffentliche Forschung in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1871 Form der Grundlagenforschung dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, ist die Anlagenforschung der Pharmakonzerne, die auf der Grundlagenforschung aufbaut und teilweise von öffentlichen Geldern finanziert wird, nicht transparent, sondern profitorientiert und monopolorientiert. Die Lizensierungs- und Patentpolitik eines neuen Medikaments läuft oft dem Zugang für alle Menschen zuwider (siehe www.aerzte-ohne-grenzen.de/sites/germany/files/attachments/2016- medical-research-and-developement-arzte-ohne-grenzen.pdf). Geber und Forschung sollten sich zur Veröffentlichung von Forschungsergebnissen verpflichten , und zwar als Bedingung für die Bereitstellung öffentlicher Gelder. Um die Lücken des derzeitigen Innovationssystems zu schließen, ist es notwendig, die Kosten für Forschung und Entwicklung von den finalen Produktpreisen und Verkaufsmengen zu entkoppeln. Das sogenannte de-linkage-Konzept, welches auch von den Vereinten Nationen empfohlen wird, könnte bei armutsassoziierten und vernachlässigten Krankheiten als Grundlage für eine solche Entkopplung dienen. Es beschreibt eine Forschungsförderung, die bedarfsorientiert und evidenzbasiert ist, sowie den Prinzipien der Bezahlbarkeit, Effektivität, Effizienz und Gleichheit als globale gemeinsame Verantwortung gerecht wird. Die WHO hat 2017 mit der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung angeregten Initiative „Healthy Systems, Healthy Lives“ die Bemühungen zur Stärkung öffentlicher Gesundheitsstrukturen zum Erreichen von UHC (= Universal Health Coverage) formuliert. Aber die WHO ist derzeit kaum in der Lage, ihr Mandat, entsprechend Normen und Standards zu setzen und die globale Gesundheitspolitik zu koordinieren, zu erfüllen. Sie ist chronisch unterfinanziert und Schritte im seit 2010 andauernden Reformprozess sind größtenteils noch offen (www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/media pool/2_Downloads/Fachinformationen/Analyse/Analyse72_Quo_vadis_WHO.pdf). 1. Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung in Richtung einer weiteren Erhöhung der Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten der WHO, nachdem sie bei der im Mai 2017 stattfindenden Weltgesundheitskonferenz die Erhöhung der Pflichtbeiträge für die WHO um 10 Prozent nicht und dafür nur 3 Prozent durchsetzen konnte (siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/12446)? Die Bundesregierung setzt sich ausdrücklich für eine Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein. Um ihr umfassendes Mandat auszufüllen, bedarf es einer angemessenen Finanzierung der WHO. Aus diesem Grund hat sich die Bundesregierung für eine angemessene Erhöhung der Pflichtbeiträge im Rahmen der Verhandlungen zum 2-Jahreshaushalt der WHO für die Jahre 2018/2019 im vergangenen Jahr eingesetzt. Eine Erhöhung der Pflichtbeiträge erfordert die Zustimmung aller 194 Mitgliedstaaten der WHO. Eine Erhöhung der WHO-Pflichtbeiträge um 10 Prozent war im Kreis der WHO-Mitgliedstaaten nicht durchsetzbar. Aufgrund des deutschen Engagements und der Werbung für eine Erhöhung der Pflichtbeiträge im Rahmen der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) konnte immerhin eine Erhöhung um 3 Prozent erreicht werden. Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin für eine angemessene Finanzierung der WHO einsetzen und für erforderliche Reformschritte im Kreis der 194 Mitgliedstaaten werben. Der nächste Haushalt der WHO wird erst im kommenden Jahr von der Weltgesundheitsversammlung beraten und verabschiedet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Mit welcher Agenda und welchen konkreten Vorschlägen zur Finanzierung von globaler Gesundheit wird die Bundesregierung als Mitglied im Exekutivrat der WHO in die World Health Assembly im Mai 2018 gehen? Deutschland wird aller Voraussicht nach ab Mai 2018 im WHO-Exekutivrat vertreten sein. Diese Mitgliedschaft beginnt jedoch erst nach der 71. Weltgesundheitsversammlung im Mai 2018. Die sechs WHO-Regionen nominieren Kandidaten , die Weltgesundheitsversammlung entscheidet dann endgültig über die zukünftige Zusammensetzung des Exekutivrats. Während der Mitgliedschaft im Exekutivrat wird sich Deutschland auch weiterhin für eine Stärkung der WHO, die Unterstützung des Reformprozesses, Governancefragen , Themen wie Gesundheitssystemstärkung, Poliotransition, eine Stärkung der norm- und standardsetzenden Rolle der WHO, des Notfallfonds (Contingency Fund for Emergencies) und der Führungsrolle der WHO im humanitären Gesundheitscluster einschließlich der dazu notwendigen operativen Fähigkeiten einsetzen. Grundsätzlich setzt sich Deutschland neben der Frage der Erhöhung der Pflichtbeiträge für Verbesserungen der Finanzierung der WHO ein. Dies beinhaltet unter anderem eine klarere Prioritätensetzung der WHO angesichts beschränkter finanzieller Möglichkeiten, aber auch eine klarere Mandatsabgrenzung und Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen Institutionen der globalen Gesundheitspolitik . Problematisch bleibt die große Abhängigkeit der WHO von wenigen Gebern, insbesondere den traditionellen Geberstaaten. Diese Herausforderung kann aber nur langfristig gelöst werden. Die Bundesregierung wird weiter dafür werben, dass weitere WHO-Mitgliedstaaten ‒ auch in finanzieller Hinsicht ‒ Verantwortung für globale Gesundheit im Allgemeinen und die WHO im Konkreten übernehmen. 3. Plant die Bundesregierung, sich an der Finanzierung der Erstellung und Umsetzung einer Roadmap zur Bekämpfung von Schlangenbissen, die erst kürzlich in die WHO-Liste der vernachlässigten Krankheiten aufgenommen wurden , und besseren Verfügbarkeit von Antiseren zu beteiligen? Im Rahmen der Bekämpfung vernachlässigter, armutsbedingter Tropenkrankheiten verfolgt Deutschland das Ziel, nationale Programme zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Schlangenbissen vor allem in Afrika und Südostasien zu unterstützen. Dies erfolgt durch Ausbildung von Gesundheitspersonal und Integration der Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Schlangenbissen in die primäre, sekundäre und tertiäre Gesundheitsversorgung, Forschung und Beratung zur Entwicklung von nationalen Leitlinien zur Behandlung von Schlangenbissvergiftungen, Erhebung von epidemiologischen Daten zur Häufigkeit von Schlangenbissen und der lokalen Schlangenfauna, Entwicklung von Point-of-care-Tests zur präzisen Identifizierung der verursachenden Schlange und einer relevanten, behandlungsbedürftigen Vergiftung , Forschung zu den Ursachen anaphylaktischer Reaktionen nach Antiveningabe und zur Entwicklung neuer Antivenine mit besserem Nebenwirkungsprofil . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1871 Hinsichtlich weiterer Forschungsförderungsmaßnahmen wird die Bundesregierung den Bericht der WHO-Expertengruppe zu Schlangenbissen abwarten. Der Bericht wird voraussichtlich auf der 71. Weltgesundheitsversammlung im Mai 2018 vorgestellt. Angesichts des Umstands, dass der Regierungsentwurf II zum Bundeshaushalt 2018 voraussichtlich am 2. Mai 2018 vom Bundeskabinett beschlossen wird, sind Aussagen zu einzelnen Finanzierungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 4. Inwiefern erwägt die Bundesregierung, die Empfehlungen der WHO umzusetzen und die öffentliche Forschung deutlich zu verstärken? a) Falls ja, welche Summen und Instrumente schlägt sie hier vor (bitte auflisten )? b) Falls nein, wieso nicht? Forschung für globale Gesundheit ist für die Bundesregierung ein Thema von hoher Priorität. Der Koalitionsvertrag dokumentiert das eindrücklich und greift somit die Empfehlungen der WHO auf. Zurzeit können aber noch keine Aussagen über die geplanten Fördersummen und -instrumente getroffen werden. Die Planungen über das Mittelvolumen zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen werden unter anderem Gegenstand der aktuell angelaufenen regierungsinternen Haushaltsaufstellungen für die Jahre 2018 und 2019 und der Finanzplanung bis 2022 sein. 5. In welcher Höhe wird die Bundesregierung im Jahr 2018 und in den Folgejahren freiwillige und ungebundene Mittel für die WHO bereitstellen, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit 2015 erstmals freiwillige Unterstützung in Höhe von 35 Mio. Euro geleistet hat? Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat die WHO im Jahr 2017 mit freiwilligen Beiträgen in Höhe von 35 Mio. Euro unterstützt. Des Weiteren hat das Auswärtige Amt im Rahmen der humanitären Hilfe im Jahr 2017 Mittel in Höhe von rund 21 Millionen Euro für die humanitären Maßnahmen der WHO bereitgestellt. Die Bundesregierung setzt sich für eine Stärkung der WHO ein, auch in finanzieller Hinsicht, und ist bestrebt, ihr finanzielles Engagement fortzuführen und in Abstimmung mit anderen internationalen Partnern auszubauen. Angesichts des Umstands, dass der Regierungsentwurf II zum Bundeshaushalt 2018 voraussichtlich erst am 2. Mai 2018 vom Bundeskabinett beschlossen wird, sind Aussagen zum Haushaltsjahr 2018 zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Entscheidung, in welcher Höhe die WHO mit freiwilligen Mitteln unterstützt werden kann, ist dem Haushaltsgesetzgeber vorbehalten. 6. Inwiefern wird die Bundesregierung ihre Mittel in diesem Bereich deutlich erhöhen, wenn sie die Gesundheitssystemstärkung als zentrales Anliegen versteht? Gesundheitssystemstärkung wird als grundlegender Ansatz systematisch in allen Gesundheitsprogrammen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit verfolgt. In multilateralen Gremien setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die internationale Gemeinschaft gesundheitssystemstärkende Ansätze umsetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutschland ist weltweit drittgrößter staatlicher Geber für Gesundheit. Seit dem Jahr 2002 haben sich die Auszahlungen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit für Gesundheit mehr als verdreifacht und wurde die jährliche deutsche Unterstützung in den letzten zehn Jahren auf über 860 Mio. Euro im Jahr erhöht. Die Bundesregierung wird ihr Engagement für die Stärkung von Gesundheitssystemen auf allen Ebenen fortführen. 7. Mit welcher Begründung hat die Bundesregierung die Empfehlung der von der WHO 2010 eingerichteten Arbeitsgruppe „Consultative Expert Working Group on Research and Development“ (CEWG) als Teil eines weitergehenden Vorschlages, der auf die Einrichtung eines internationalen Abkommens mit verbindlichen Pflichtbeiträgen von 0,01 Prozent des BIP jährlich, abzielt , 2017 abgelehnt? Der Vorschlag war bei der ganz überwiegenden Mehrheit der WHO-Mitgliedstaaten nicht zustimmungsfähig. Die Aushandlung eines verbindlichen internationalen Abkommens nimmt viel Zeit und Ressourcen in Anspruch. Deutschland engagiert sich bereits in hohem Umfang in verschiedenen Bereichen der globalen Gesundheit, Entwicklung, Gesundheitsforschung und -entwicklung und humanitären Hilfe. Zudem konnte die Bundesregierung ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung für Krankheiten, die Entwicklungsländer in besonderem Maße betreffen , in den vergangenen Jahren erfolgreich erhöhen. Wenn 0,01 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – das wären mehr als 250 Mio. Euro pro Jahr – für Forschung und Entwicklung für Krankheiten in Entwicklungsländern eingesetzt werden sollten, müsste eine Priorisierung vorgenommen werden und das Geld an anderer Stelle eingespart werden. 8. Inwiefern plant die Bundesregierung, den Vorschlag der WHO für ein internationales Abkommen zur Förderung von Forschung und Entwicklung zur Bekämpfung von vernachlässigten Krankheiten zu unterstützen? Die Bundesregierung plant nicht, den Vorschlag eines internationalen Abkommens zur Förderung von Forschung und Entwicklung zur Bekämpfung von vernachlässigten Krankheiten zu unterstützen (siehe Antwort zu Frage 7). 9. Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung, um die resistente Tuberkulose wirksamer zu bekämpfen? a) Wie möchte sich die Bundesregierung im Rahmen der G20 engagieren, um Forschung für neue Diagnostika und effektive Medikamente gegen resistente TB zu verbessern? b) Wie schätzt die Bundesregierung das Potential von „The Life Prize“ (www.thelifeprize.org/) für die Entwicklung einer einmonatigen, hocheffektiven und einfach einzunehmenden Behandlung gegen alle Formen von Tuberkulose ein, und gibt es derzeit Diskussionen dazu, „The Life Prize“ politisch und/oder finanziell zu unterstützen? Die Bundesregierung wird ihre bestehende Forschungsförderung zu Diagnostika, Medikamenten und Impfstoffen, beispielsweise in der European and Developing Countries Clinical Trials Partnership, fortsetzen. Zurzeit können noch keine Aussagen über mögliche Fördersummen und -instrumente für die kommenden Jahre getroffen werden (siehe Antwort zu Frage 4). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1871 Die in Folge der G20-Konsultationen 2017 unter Federführung der Bundesregierung neu etablierte Plattform für Forschung und Entwicklung zu antimikrobiellen Resistenzen (Global AMR R&D Hub) wird in ihrer globalen Koordinierungsfunktion die Forschung zu Tuberkulose berücksichtigen. Die Bundesregierung begrüßt den Anspruch des „Life Prize“. Derzeit gibt es innerhalb der Bundesregierung keine Diskussionen dazu, „The Life Prize“ politisch und/oder finanziell zu unterstützen. Neben der Erforschung neuer Diagnostika und Medikamente sind zur Bekämpfung der resistenten Tuberkulose vor allem die Ausbildung und Sensibilisierung von Gesundheitspersonal und die Stärkung von Laborkapazitäten wichtig. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit fördert den Aufbau und die Qualitätskontrolle von Tuberkulose-Laboren und Labor-Netzwerken in verschiedenen Ländern . In manchen Ländern wurden nationale Referenzlabore unterstützt. Dies dient der frühen Diagnose und stellt so einen wichtigen Schritt zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung ein. Zudem wird die Qualität der Behandlung von Tuberkulose -Kranken verbessert durch den Aufbau von klinischen Kapazitäten und die Beschaffung von Spezialausrüstung, die eine Behandlung nach internationalem Standard ermöglicht. In Tadschikistan wird darüber hinaus der spezialisierten Behandlung von mit Tuberkulose infizierten Kindern mit einem separaten Bauund Ausrüstungsvorhaben Rechnung getragen. Darüber hinaus berät das vom BMG geförderte Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien am Forschungszentrum Borstel in seiner Funktion als Supranational Reference Laboratory der WHO eine Vielzahl von Ländern in der Diagnostik resistenter Tuberkulose und bietet regelmäßig Trainings an. 10. Wie und in welchem Umfang fördert die Bundesregierung die Forschung an neuen Antibiotika, um der zunehmenden Resistenzentwicklung entgegenzuwirken ? Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stellt in den kommenden zehn Jahren – vorbehaltlich der Mittelbereitstellung durch den Haushaltsgesetzgeber – insgesamt bis zu 500 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung zu antimikrobiellen Resistenzen (AMR) bereit, die zur Erreichung der Ziele des Global AMR R&D Hubs beitragen. Ein Hauptziel des Global AMR R&D Hubs ist es, die Pipeline für Antibiotika und andere Produkte zu füllen, um AMR entgegenzuwirken. Die genannten Mittel umfassen neben der institutionellen Förderung , insbesondere am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung im Saarland, auch Projektförderung im Rahmen der Nationalen Wirkstoffinitiative sowie die Unterstützung internationaler Forschungsinitiativen wie die „Globale Partnerschaft für Antibiotika-Forschung und Entwicklung“ – „Global Antibiotic Research and Development Partnership“ (GARDP). a) Wie wird sichergestellt, dass die derzeitige und zukünftige öffentlich finanzierte Forschungsförderung zu Produkten führt, welche allen Menschen , die sie benötigen, bezahlbar zugänglich sind? Die Bundesregierung sieht Patentschutz als wichtigen Anreiz für Innovationen an. Darüber hinaus, und das ist getrennt zu sehen, sind allerdings weitere Maßnahmen zum Zugang zu Arzneimitteln notwendig. Es ist grundsätzlich erforderlich, das Thema „Zugang“ in seiner gesamten Komplexität zu erfassen und Barrieren zum Zugang zu bezahlbaren Arzneimitteln auf breiter Ebene zu überwinden. Die Bezahlbarkeit, Verfügbarkeit und Qualität von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Arzneimitteln erfordert das Zusammenwirken einer Vielzahl von Maßnahmen, um Schwellen- und Entwicklungsländern die nötigen Spielräume und Instrumente zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheitsfürsorge zu geben. Die Bundesregierung wird sich daher anlassbezogen für die jeweils angezeigte Lösung einsetzen. So unterstützt sie z. B. die Förderung von Produktentwicklungspartnerschaften für die Entwicklung von Impfstoffen, Diagnostika und Medikamenten für vernachlässigte, armutsassoziierte Erkrankungen, bei denen der Aspekt des Zugangs von Anfang an berücksichtigt wird. b) Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass ihre Forschungsförderung zu AMR (= Antibiotikaresistenz) auf den Prinzipien zur Forschungsförderung und hinsichtlich Zugang und Bezahlbarkeit dieser Produkte entsprechend der Empfehlungen der „Consultative Expert Working Group on Research and Development“ (CEWG) der WHO und der Politischen Erklärung zu AMR der UN entspricht? Die Bundesregierung wird in ihrer Forschungsförderung zu AMR die Aspekte Zugangsgerechtigkeit und Bezahlbarkeit wie bereits in anderen Fördermaßnahmen zur globalen Gesundheit angemessen berücksichtigen. Der Austausch mit der WHO erfolgt u. a. über die Einbindung der WHO als Beobachter im Global AMR R&D Hub. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10a verwiesen. c) Inwiefern hat die Bundesregierung die Wichtigkeit von neuen, einfach einzusetzenden und bezahlbaren Diagnostika für einen zielgerichteten Einsatz von Antibiotika und zur Vorbeugung von Resistenzbildung erkannt , und wird die Bundesregierung stärker Forschung zu Diagnostika in diesem Kontext fördern? Die Bedeutung von Diagnostika im Zusammenhang mit einem sachgerechten Einsatz von Antibiotika und der Vorbeugung von Resistenzbildung hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2008 in der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) anerkannt und dies auch in der im Jahr 2015 vom Bundeskabinett verabschiedeten „DART 2020“ berücksichtigt. Dies spiegelt sich auch in der Forschungsförderung der Bundesregierung wider. So hat das BMBF im Jahr 2016 eine Förderbekanntmachung zum Thema „Diagnostika und neuartige Therapien zur Behandlung bakterieller Infektionen“ veröffentlicht und fördert die Entwicklung von innovativen Diagnostika auch im Rahmen verschiedener internationaler Initiativen und der institutionellen Förderung. 11. In welchem Umfang und über welchen Zeitraum wird die Bundesregierung die Arbeit des Büros des von der Bundesregierung gehosteten Global Collaboration Hub on Research and Development on AMR finanzieren? Deutschland hat sich bereit erklärt, das Sekretariat des Global AMR R&D Hubs für die ersten drei Jahre (2018 bis 2021) zu beherbergen und zu finanzieren. Die während dieser Zeit entstehenden geplanten Kosten von rund 1,8 Mio. Euro werden aus dem Haushalt des BMBF gedeckt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1871 12. Wie wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen bzw. sicherstellen, dass die Arbeit und die in Zukunft über den Hub geförderten Projekte auf den Prinzipien zu Forschung sowie Zugang und Bezahlbarkeit entspricht, wie die Vereinten Nationen in der politischen Erklärung zu AMR festhalten? Der Global AMR R&D Hub wird keine Förderentscheidungen treffen. Jedoch werden sich die Mitglieder des Hubs auf prioritär zu verfolgende Forschungs- und Entwicklungsbereiche verständigen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Global AMR R&D Hub im Rahmen seiner Aktivitäten Fragen des gerechten Zugangs und der Bezahlbarkeit diskutieren wird. Die Planung und die Umsetzung einzelner Förderinitiativen verbleiben in der Hoheit der einzelnen staatlichen bzw. nichtstaatlichen Förderer. 13. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass der Feststellung der G20, Tuberkulose müsse Schwerpunktgebiet der Forschung zur AMR sein, im Rahmen des Global Collaboration Hub on Research and Development on AMR Rechnung getragen wird? Der Global AMR R&D Hub wird einen breiten One-Health-Ansatz verfolgen und den Fokus auf globale Forschungs- und Entwicklungsprioritäten legen. Daher wird er sich bei seiner Arbeit an den von der WHO und den G20 benannten prioritären Erregern inklusive der Tuberkulose orientieren. Dafür hat sich die Bundesregierung bei der Ausarbeitung des Aufgabenbereiches des Global AMR R&D Hubs eingesetzt. 14. Wann ist nach Kenntnis der Bundesregierung mit einer übergreifenden Evaluierung des Förderschwerpunkts Globale Gesundheit durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zu rechnen? Der Förderschwerpunkt globale Gesundheit ist u. a. Gegenstand der laufenden Evaluierung des Rahmenprogramms „Gesundheitsforschung“. Der Evaluationsbericht wird in den nächsten Wochen veröffentlicht. Auch das vom BMG im Jahr 2017 einberufene Internationale Beratergremium zur globalen Gesundheitspolitik wird mit Blick auf die Neuausrichtung der Strategie der Bundesregierung zur globalen Gesundheitspolitik die Forschungsförderung zur globalen Gesundheit in seine Betrachtung einbeziehen. Zudem hat das BMBF im Jahr 2015 die Förderung der Produktentwicklungspartnerschaften evaluieren lassen, die Ergebnisse sind unter https://assets.publishing. service.gov.uk/media/57a08971ed915d622c00020d/Evaluation_of_the_PDP_ Funding_Activities_of_DFID_and_BMBF_final.pdf verfügbar. Zur Fördermaßnahme „Forschungsnetzwerke für Gesundheitsinnovationen in Subsahara Afrika“ erfolgt eine begleitende Evaluation über den gesamten Förderzeitraum (bis zum Jahr 2021). 15. Erwägt die Bundesregierung, die Ausschreibung von Preisgeldern bzw. Prämien als Anreiz für die Forschung im Bereich Globale Gesundheit und vernachlässigte Krankheiten aktiv zu prüfen? Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit nicht, Forschungsprämien oder -preise im Bereich der globalen Gesundheit einzusetzen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Inwiefern stellt die Bundesregierung sicher, dass auch NGO-Vertreterinnen und NGO-Vertreter aus dem globalen Gesundheitsbereich angemessen im „Internationalen Beratergremium zur Globalen Gesundheitspolitik“ vertreten sind und auf die inhaltliche Ausgestaltung Einfluss nehmen können? Die Bundesregierung tauscht sich auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Foren regelmäßig mit nicht-staatlichen Akteuren und insbesondere Vertretern der Zivilgesellschaft zu Fragen der globalen Gesundheitspolitik aus. Das Internationale Beratergremium zur globalen Gesundheitspolitik, das das BMG im Jahr 2017 einberufen hat, ist ein informelles Gremium, das neben den bereits etablierten Austauschforen genutzt wird, um insbesondere die Perspektive von Partnern außerhalb Deutschlands einzubringen. Dabei ist auch die Stimme der international vernetzten Zivilgesellschaft wichtig und es wird im Rahmen der Fortsetzung der Arbeit des Gremiums eine Einbeziehung geprüft. 17. Erwägt die Bundesregierung, die Mittel für das Förderprogramm des BMBF zu vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten im Haushalt bzw. Einzelplan 30 gesondert auszuweisen, um so eine transparente Mittelverwendung zu erreichen? Falls nein, mit welcher Begründung? Die wesentlichen Maßnahmen des Förderprogramms sind nach Ansicht der Bundesregierung durch Erläuterungsziffern zum Kapitel 3004/Titel 685 30 in transparenter Weise aufgeschlüsselt. 18. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für faire Preise der internationalen Pharmakonzerne ein, wie in den „Eckpunkten für einen Marshall-Plan mit Afrika“ festgeschrieben, um dem gerechten Zugang zu Medikamenten (‚equitable access‘) und die Bezahlbarkeit der durch die „Coalition für Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI) entstehenden Impfstoffe sicherzustellen ? In den von der Bundesregierung unterstützten Fördermaßnahmen zur Medikamenten - und Impfstoffentwicklung für den Einsatz in Entwicklungs- und Schwellenländern (European & Developing Countries Clinical Trials Partnership, Produktentwicklungspartnerschaften – PDP, Coalition für Epidemic Preparedness Innovations – CEPI) werden die Prinzipien der Zugangsgerechtigkeit und Erschwinglichkeit berücksichtigt. 19. Welche Fortschritte sieht die Bundesregierung bei der Verbesserung des Zugangs und der Bezahlbarkeit von zukünftig entwickelten Impfstoffen der „Coalition für Epidemic Preparedness Innovations“ (CEPI)? Zugangsgerechtigkeit und Erschwinglichkeit sind hohe Prinzipien von CEPI. Sie sind entsprechend in den Richtlinien von CEPI dokumentiert (http://cepi. net/cepi-policies). Fördermittelempfänger von CEPI verpflichten sich „(i) experimentelle Impfstoffe in ausreichender Qualität zum Einsatz in betroffenen Ländern vorzuhalten und (ii) den Verkaufspreis von Impfstoffen so niedrig wie möglich zu halten, um den Zugang zu maximieren.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/1871 20. In welcher Höhe unterstützt die Bundesregierung im Rahmen des Sonderprogramms Gesundheit in Afrika vernachlässigte und armutsassoziierte Tropenkrankheiten (NTD) in den Ländern der Zentralafrikanischen Wirtschaftsund Währungsgemeinschaft (CEMAC)? Für das Programm zur „Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten“ wurden bisher insgesamt 15,1 Mio. Euro an die Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CEMAC) zugesagt. 21. Plant die Bundesregierung finanzielle Aufwüchse für das Sonderprogramm Gesundheit in Afrika, das auch NTD-Bekämpfungsprogramme in den Ländern der Zentralafrikanischen Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (CE- MAC) umfasst? Das Sonderprogramm Gesundheit in Afrika läuft aktuell noch bis zum Jahr 2019. Ob in diesem Rahmen auch eine Aufstockung des Programmes zur Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten in der CEMAC zugesagt wird, wird derzeit noch geprüft. 22. Erwägt die Bundesregierung, wenn globale Gesundheit ein „Markenzeichen “ der internationalen Verantwortung Deutschlands werden soll, ihre Förderung der Produktentwicklungspartnerschaften (PDP), wie von der Zivilgesellschaft gefordert, von 50 auf 100 Mio. Euro zu erhöhen sowie die Mittel zu verstetigen, und falls nein, wieso nicht? In der zweiten Förderrunde (der Jahre 2015 bis 2020) wurde die Fördersumme der ersten Förderrunde bereits verdoppelt. Über die inhaltliche wie finanzielle Ausgestaltung einer etwaigen dritten Förderrunde (ab dem Jahr 2020) wird die Bundesregierung zum gegebenen Zeitpunkt beraten. Eine Verstetigung der PDP- Förderung lehnt die Bundesregierung angesichts einer sich rasch verändernden Förderlandschaft im Bereich der globalen Gesundheit ab. 23. Erwägt die Bundesregierung, ihren Beitrag von 10 Mio. Euro zum Global Health Investment Fund (GHIF), der 2012 mit einem Finanzvolumen von 108 Mio. US-Dollar von der Bill & Melinda Gates Stiftung und der JP Morgan Chase & Co. aufgelegt wurde, zu erhöhen? Der Vorstand des Global Health Investment Fund (GHIF) und die Hauptinvestoren sowie die Gates Foundation haben basierend auf den Erfolgen des GHIF I die Fortsetzung des Fonds beschlossen und planen, einen GHIF II zu gründen. Es ist vorgesehen, die deutschen Restmittel aus dem GHIF I in den GHIF II zu transferieren . Ob darüber hinaus eine Aufstockung möglich ist, wird derzeit geprüft. a) Welchen Mehrwert erkennt die Bundesregierung im GHIF? Eine Zwischenevaluierung des GHIF hat den Erfolg des Fonds belegt und festgestellt , dass dieser eine sinnvolle und wichtige Ergänzung in der zuschussdominierten Finanzierungslandschaft im Bereich der Entwicklung von Gesundheitsprodukten für Entwicklungsländer ist. Effektive und bedarfsgerechte Gesundheitsprodukte , wie sie der GHIF finanziert, können indirekt einen Beitrag zur Entlastung von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern leisten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1871 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie wird das GHIF qualitativ begleitet, und wie stellt die Bundesregierung sicher, dass dieser im Einklang mit der WHO geschieht? Die Kreditanstalt für Wiederaufbau nimmt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung seit dem Jahr 2013 je einen Sitz im Board of Directors des GHIF und im Charitability Oversight Committee, das die soziale, entwicklungspolitische Wirkung des Fonds überwacht, wahr. Die Ziele des GHIF stehen im Einklang mit den von der WHO geforderten Gesundheitszielen . Das Fonds-Managementteam pflegt enge Kontakte mit der WHO und tauscht sich je nach Investition themenspezifisch mit zuständigen WHO-Experten aus, um ein kohärentes Vorgehen sicherzustellen. Zur Vorbereitung der Investition in die Entwicklung eines neuen Serums gegen Schlangengift beispielsweise nahm das Fonds-Management gemeinsam mit der WHO an einem Expertenaustausch in Genf teil, um das Marktversagen im Bereich der Schlangenbisstherapie abgestimmt zu adressieren. 24. Welche Verbesserungen im Umgang mit Eigentumsrechten, Patenten und Lizenzpflichten plant die Bundesregierung im Bereich des BMBF und der Hochschulen, um den Zugang aller Menschen zu bezahlbaren Medikamenten durchzusetzen? In Förderrichtlinien des BMBF zur Forschung im Bereich der globalen Gesundheit sind die Antragstellenden angehalten, Leitlinien zur Regelung von Patentrechtsfragen und Verwertungsrechten für die eigene Arbeit in den Forschungskonsortien festzulegen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 18 und 19 verwiesen. 25. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung den „Medicines Patent Pool“, um faire Preise für lebensnotwendige Medikamente sicherzustellen? Die Bundesregierung befürwortet, dass die WHO als zentrale Stelle Verhandlungen und Kontakte mit dem „Medicines Patent Pool“ unterstützt, um den Zugang zu Arzneimitteln, insbesondere zu lebensnotwendigen Arzneimitteln, zu verbessern . 26. Inwieweit beteiligt sich Deutschland an der Finanzierung von UNITAID? UNITAID wurde im Jahr 2006 von Brasilien, Chile, Frankreich, Norwegen und Großbritannien gegründet. Deutschland gehört nicht zu den Partnern/Geberländern von UNITAID. 27. Unterstützt die Bundesregierung die Ausweitung des Mandats des Patentpools für andere Krankheiten? Die Bundesregierung unterstützt die Ausweitung des Mandats des Patentpools für andere Krankheiten in Zusammenarbeit mit der WHO. Deutschland hat sich bei der Sitzung des WHO-Exekutivrates im Januar dafür ausgesprochen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/1871 28. Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag, für die öffentliche Förderung von klinischer Forschung eine Open-Access-Veröffentlichung bindend zu machen und die Daten aus diesen Studien zur Verfügung zu stellen (Open- Data), und falls nein, mit welcher Begründung? Aus Sicht der Bundesregierung ist der Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und Daten eine wesentliche Grundlage für Forschung, Entwicklung und Innovation . Die Bereitstellung der Forschungsergebnisse leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachvollziehbarkeit, Qualität und Weiternutzung wissenschaftlicher Arbeiten. Deshalb unterstützt das BMBF im Bereich der klinischen Forschung und der Versorgungsforschung Open-Access-Veröffentlichungen und die Bereitstellung von Forschungsdaten zur Nachnutzung (unter Wahrung der Rechte Dritter , insbesondere des Datenschutzes und des Urheberrechts). Beispielsweise können die entstehenden Publikationsgebühren für Open-Access-Veröffentlichungen erstattet werden. Die Auswahl des für ihre Forschungsergebnisse passenden Publikationsmediums obliegt jedoch den Forschenden. 29. Unterstützt die Bundesregierung eine Selbstverpflichtung von Finanzanlage- Fonds, Finanzanlagen im Pharmabereich von einer hohen Bewertung durch den „Access to Medicines“-Index abhängig zu machen, und falls nein, mit welcher Begründung? Die Bundesregierung begrüßt es, wenn sich die Finanzindustrie mit Nachhaltigkeitsaspekten auseinandersetzt. Dabei ist die Selbstverantwortung der Industrie unter Beachtung aller finanzmarktregulatorischen Anforderungen von hoher Bedeutung . 30. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung, dass öffentliche Forschungseinrichtungen aus Deutschland eigene Patente in den Patentpool einbringen? Nach Ansicht der Bundesregierung steht eine Zusammenarbeit mit Patentpools in der Verantwortung der öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen bzw. den Zuwendungsempfängern in der Projektförderung. Die Verwertungsrichtlinien der öffentlichen Forschungsförderung stehen dem nicht entgegen. 31. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass keine Maßnahmen und Bestimmungen in EU-Handelsabkommen mit Entwicklungs- und Schwellenländern aufgenommen werden, die negative Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheitsprodukten in diesen oder dritten Ländern haben könnten und insbesondere von der Festschreibung von Patentschutzlaufzeitverlängerung, Datenexklusivität und Investitionsschutzmaßnahmen abgesehen wird? Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass in EU-Handelsabkommen mit Entwicklungs - und Schwellenländern neben den Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten auch dem Entwicklungsstand des Landes, mit dem ein EU-Handelsabkommen geschlossen wird, Rechnung getragen wird und Auswirkungen auf den Zugang zu Gesundheitsprodukten berücksichtigt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333