Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 25. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1924 19. Wahlperiode 27.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Annalena Baerbock, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1924 – Angebote für klinische und außerklinische Geburtshilfe in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach Jahren des Rückgangs haben sich die Geburtenzahlen in Deutschland wieder stabilisiert und sind im Jahr 2016 sogar um rund 7 Prozent gestiegen (Statistisches Bundesamt). Die Unterstützung von Kindern und Eltern in dieser wichtigen Phase des Lebens ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Doch obwohl jede gesetzlich versicherte Schwangere nach § 24f des Fünften Buches Sozialgesetzbuch einen Anspruch auf ambulante, stationäre oder häusliche Entbindung hat, berichten sowohl Schwangere wie auch Hebammen, Ärztinnen und Ärzte immer wieder von Problemen in der Praxis. Insbesondere in Regionen mit niedrigen Geburtenraten werden Geburtsstationen geschlossen, was teilweise zur Verlängerung der Anfahrtswege führt (vgl. www.unsere-hebammen.de/mitmachen /kreisssaalschliessungen; abgerufen am 28. März 2018). Auf der anderen Seite führt der Anstieg der Geburtenzahlen vor allem in Großstädten und Ballungszentren wie Berlin, München, Bremen und Hamburg dazu, dass sich Geburtsstationen immer wieder wegen Überfüllung von der Rettungsstelle abmelden und ihre Aufnahme vorübergehend schließen müssen, weil sie keine räumlichen und personellen Kapazitäten für weitere Geburten haben (vgl. DER TAGESSPIEGEL vom 21. März 2018 „Alles andere als kinderleicht“, FOCUS vom 3. Februar 2018 „Krise im Kreißsaal“, Bremer Nachrichten vom 3. Februar 2015 „Schwierige Geburt“, Süddeutsche Zeitung vom 19. August 2015 „Von wegen kinderleicht“, Frankfurter Rundschau vom 19. August 2017 „Kreißsaal geschlossen“, Berliner Zeitung vom 14. Februar 2017 „Andrang im Kreißsaal“). Kreißsaal-Hebammen berichten davon, dass sie zunehmend mehrere Schwangere gleichzeitig betreuen müssen (Deutscher Hebammenverband, Hebammenbefragung 2015 – Die Arbeitssituation von angestellten Hebammen in Kliniken ). Schwangere sind theoretisch in der Wahl ihres Geburtsortes frei. Faktisch müssen sie allerdings teilweise lange Anfahrtswege in Kauf nehmen oder sich spontan eine neue Geburtsklinik suchen, weil Kreißsäle überfüllt oder nicht vorhanden sind. Für die Betroffenen bedeutet dies eine zusätzliche Belastung gerade in einer Situation, in der sie besonders auf Unterstützung angewiesen sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1924 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Insgesamt ist für die Bundesregierung die Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und gut erreichbaren medizinischen Versorgung auf qualitativ hohem Niveau ein zentrales gesundheitspolitisches Anliegen. Die medizinische Versorgung von Schwangeren, Müttern und Neugeborenen ist für die Bundesregierung von besonderer Bedeutung. Hier konnten in den letzten Jahren durch zahlreiche gesetzliche Maßnahmen an vielen Stellen Verbesserungen erreicht werden. In der vergangenen Legislaturperiode stand insbesondere die Situation der freiberuflich tätigen Hebammen im Fokus der gesetzgeberischen Maßnahmen. So konnten u. a. Hebammen, die Leistungen der Geburtshilfe erbringen, durch die Einführung eines Sicherstellungszuschlags dauerhaft finanziell entlastet und die Versicherungsprämien durch den gesetzlich geregelten Regressverzicht stabilisiert werden. Hinsichtlich des stationär-geburtshilflichen Versorgungsangebotes ist hervorzuheben , dass die Sicherstellung der bedarfsgerechten stationären Versorgung der Bevölkerung im Rahmen der Krankenhausplanung den Ländern obliegt. Diese haben die Versorgungsangebote im stationären Bereich unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Versorgungsbedarfs angemessen weiterzuentwickeln. Zur Unterstützung bedarfsnotwendiger stationärer Einrichtungen hat der Gesetzgeber mit einer entsprechenden Neuregelung im Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) den Auftrag erteilt, bundeseinheitliche Kriterien für die Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen für Krankenhäuser zu entwickeln. Sicherstellungszuschläge können für bedarfsnotwendige Krankenhäuser vereinbart werden, die wegen zu geringer Fallzahlen nicht auskömmlich wirtschaften können, insgesamt ein Defizit aufweisen und deren Leistungen nicht von einem anderen Krankenhaus in zumutbarer Entfernung ohne Zuschlag erbracht werden können. Auf der Grundlage eines am 19. April 2018 vom G-BA gefassten Beschlusses können nunmehr bei der Vereinbarung von Sicherstellungszuschlägen auch Abteilungen für Geburtshilfe einbezogen werden. Dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) liegen zu den Fragen 5 bis 10 und 16 bis 24 keine eigenen Daten vor. Aufgrund der bei den Bundesländern liegenden Zuständigkeit für die Krankenhausplanung und der damit verbundenen Zuständigkeit für die Sicherstellung der stationären Geburtshilfe wurde für die Beantwortung dieser Fragen eine Abfrage bei den einzelnen Bundesländern durchgeführt. Die Rückmeldung von acht Bundesländern (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Thüringen und Sachsen) flossen in die Beantwortung der Kleinen Anfrage ein. 1. Wie viele Kliniken bieten nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland aktuell Geburtshilfe an, und wie hat sich die Zahl dieser Angebote in den letzten zehn Jahren entwickelt? Die Grunddaten der Krankenhäuser werden vom Statistischen Bundesamt jeweils für das vergangene Jahr veröffentlicht, zuletzt am 27. September 2017 für das Jahr 2016. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben 690 Krankenhäuser in Deutschland im Jahr 2016 Entbindungen durchgeführt. Die zahlenmäßige Entwicklung in der letzten zehn Jahren (2006 bis 2016) kann der nachfolgenden Übersicht entnommen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1924 Jahr 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Krankenhäuser mit Entbindungen in Deutschland 880 865 842 822 807 784 760 739 725 709 690 2. Wie viele Geburtshäuser und Hebammen bieten nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland aktuell außerklinische Geburtshilfe an, und wie hat sich die Zahl dieser Angebote in den letzten zehn Jahren entwickelt? Jahr 2001 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Geburtshäuser 70 133 135 133 128 122 123 116 112 Die Anzahl der Geburtshäuser ergibt sich aus den jährlichen Qualitätsberichten der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e. V. (QUAG). Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Freiberuflich tätige Hebammen , die Geburtshilfe erbringen 4.516 4.939 5.105 5.153 5.140 5.018 5.121 5.248 5.518 Die Anzahl freiberuflich tätiger Hebammen, die Geburtshilfe erbringen, ergibt sich aus der Vertragspartnerliste Hebammen des GKV-Spitzenverbandes. Die in der Tabelle ausgewiesene Zahl von 5 518 für das Jahr 2017 beruht auf Eigenangaben der Hebammen und ist deutlich höher als die Zahl der Hebammen, die den Sicherstellungszuschlag nach § 134a Absatz 1b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beantragt haben. Diese Zahl liegt bei 3 040. Auch wenn der Antrag noch rückwirkend gestellt werden kann, geht der GKV-Spitzenverband aufgrund der Diskrepanz davon aus, dass die sich aus der Vertragspartnerliste ergebende Zahl überhöht ist. Ein Teil der freiberuflich tätigen Hebammen übt seine freiberufliche Tätigkeit neben einer Angestelltentätigkeit (z. B. in Kliniken oder Geburtshäusern ) aus, so dass sie sowohl in der Statistik über angestellte Hebammen als auch in der Statistik über freiberufliche Hebammen ausgewiesen sind. 3. In welchen Regionen Deutschlands sind die Geburtenzahlen in den letzten Jahren überdurchschnittlich stark angestiegen? 4. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Angebote klinischer Geburtshilfe in diesen Regionen in den letzten Jahren entwickelt? Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes stieg die Anzahl der Lebendgeborenen in Deutschland von 672 724 im Jahr 2006 auf 792 123 im Jahr 2016 und damit um rund 18 Prozent. Insbesondere die Stadtstaaten Berlin (+38,7 Prozent), Bremen (+29,6 Prozent) und Hamburg (33,51 Prozent) wiesen einen überdurchschnittlichen Anstieg von Geburten auf. Diesbezüglich gilt es zu berücksichtigen, dass von einem Mitversorgungseffekt der Umkreisregionen auszugehen ist. Die Anzahl der Krankenhäuser mit Entbindungen ging im oben genannten Zeitraum nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Berlin von 15 auf 13 Einrichtungen und in Bremen von 7 auf 5 Einrichtungen zurück. In Hamburg blieb die Zahl mit 12 Einrichtungen konstant. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1924 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Welche Gründe haben in den letzten Jahren zur Schließung von klinischen Geburtsstationen geführt, und welche Rolle spielten dabei folgende Aspekte: a) mangelnde Auslastung; b) fehlendes Hebammen-Personal; c) fehlendes ärztliches Personal; d) wirtschaftliche Defizite; e) Qualitätsmängel in der Versorgung (insbesondere hohe Kaiserschnittraten )? Nach Länderangaben, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, haben alle unter 5a bis 5e benannten Kriterien zu Schließungen geführt, wobei fehlendes Hebammenpersonal und eine mangelnde Auslastung als gehäufte Gründe benannt wurden. 6. Welche Regionstypen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von Schließung von Geburtsstationen vermehrt betroffen (Großstädte, Ballungszentren , dünn besiedelte Regionen etc.)? Nach Länderangaben, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, waren in erster Linie dünn besiedelte Regionen von Schließungen von Geburtsstationen betroffen . 7. Welche Arten von Geburtsstationen (nach Anzahl der Geburten, Beschäftigung von Beleghebammen und Belegärztinnnen und Belegärzten, Versorgungslevel für Früh- und Neugeborene, Kaiserschnittraten) sind nach Kenntnis der Bundesregierung vermehrt von Schließungen betroffen? Insbesondere kleine Geburtsstationen mit einer geringen Geburtenzahl waren nach Länderangaben, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, von Schließungen betroffen. 8. Nach welchen Kriterien und auf welcher Datengrundlage wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Krankenhausplanung im Bereich der Geburtshilfe vorgenommen (bitte für jedes Bundesland einzeln aufführen)? Auf Grund der vom BMG durchgeführten Abfrage bei den Ländern, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, liegen zu folgenden Ländern Informationen vor: 1. Schleswig-Holstein: Die Fächer Gynäkologie und Geburtshilfe werden als ein gemeinsames Fach beplant; Grundlage der Planungen sind die Daten der Krankenhausstatistik sowie die demografische Entwicklung. 2. Thüringen: Die Planung erfolgt auf Grundlage der Daten der Krankenhäuser nach § 21 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) sowie Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Thüringen. 3. Sachsen: Die Beplanung der Geburtshilfen erfolgt im Wesentlichen anhand der Anträge der Krankenhausträger; bei Entscheidungen wird die regionale Versorgungssituation betrachtet (z. B. durch Auswertung der Daten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus). 4. Hamburg: Die Belegungsdaten, die Entwicklung der Geburtenzahlen und die Qualitätsindikatoren stellen Einflussfaktoren bei der Planung dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1924 5. Brandenburg: Der Krankenhausplanung liegen die nach der Krankenhausstatistikverordnung (KHStatV) jährlich von den Krankenhäusern gemeldeten Leistungsdaten zugrunde. Für krankenhausplanerische Entscheidungen werden die Kriterien Bedarfsgerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit herangezogen. In der Krankenhausplanung für Brandenburg gilt eine Geburtenzahl von jährlich mindestens 300 Geburten als Orientierungswert , bei deren Unterschreiten ein Prüfauftrag ausgelöst wird. 6. Berlin: Die Kapazitätsplanung (Bettenzahl) erfolgt nach den Fachgebieten der Weiterbildungsordnung der Ärztekammer, d. h. hier insgesamt für das Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Die Aufteilung der Kapazitäten auf die Subdisziplinen des Fachgebietes legt das Plankrankenhaus in eigener Verantwortung fest. Es werden die krankenhausbezogenen Datenmeldungen gemäß KHStatV und die Daten gemäß § 21 KHEntG zu Planungszwecken ausgewertet. 7. Mecklenburg-Vorpommern: Die Planung erfolgt nach dem Kriterium der Bedarfsnotwendigkeit . Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern ist bestrebt , ein möglichst flächendeckendes Netz an stationären geburtshilflichen Einrichtungen bei Gewährleistung einer hohen Versorgungsqualität aufrecht zu erhalten. Neben der Ortsnähe spielt auch die wirtschaftliche Leistungserbringung eine Rolle. 8. Niedersachsen: Neben der Sollauslastung von 85 Prozent enthält der Niedersächsische Krankenhausplan keine besonderen Planungskriterien für die Geburtshilfe . 9. Welche Vorgaben machen nach Kenntnis der Bundesregierung die Landeskrankenhauspläne der einzelnen Bundesländer zur maximal zulässigen Entfernung zwischen Wohnort der Schwangeren und nächstgelegenem Krankenhaus mit Geburtshilfe (bitte nach einzelnen Bundesländern aufschlüsseln )? 10. In welchen Regionen Deutschlands können die Vorgaben des jeweiligen Landeskrankenhausplans zur maximalen Entfernung (s. Frage 9) nach Kenntnis der Bundesregierung nicht eingehalten werden? Die Fragen 9 und 10 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Soweit die Länder auf die vom BMG durchgeführte Abfrage, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, Informationen zur Verfügung gestellt haben, enthalten die Krankenhauspläne der betroffenen Länder hierzu keine konkreten Vorgaben . 11. Welche Fahrtzeiten zur Geburt sind nach Kenntnis der Bundesregierung aus fachmedizinischer Sicht für Schwangere zumutbar? 12. In welchen Regionen können diese fachmedizinischen Vorgaben zur maximalen Fahrtzeit (s. Frage 11) nach Kenntnis der Bundesregierung nicht eingehalten werden? Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 11 und 12 gemeinsam beantwortet. Erkenntnisse zu fachmedizinischen Vorgaben zur Erreichbarkeit des Geburtsortes liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1924 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass der G-BA die Auffassung vertritt, dass eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe erst gefährdet sei, wenn durch die Schließung einer Geburtsstation in dünn besiedelten Gebieten eine Pkw-Fahrzeit von mehr als 40 Minuten zum nächstgelegenen geeigneten Krankenhaus notwendig werde (vgl. Pressemitteilung des G-BA vom 19. April 2018). 13. Nach welchen Kriterien wählen Schwangere nach Kenntnis der Bundesregierung die Geburtsklinik aus, in der sie entbinden möchten, und welche Rolle spielt dabei die räumliche Entfernung zum Wohnort? Die Entscheidung für einen Geburtsort kann von verschiedenen Faktoren wie der räumlichen Entfernung zum Wohnort, der Versorgungsqualität oder auch subjektiven Aspekten wie z. B. der Beurteilung der Ausstattung einer Geburtsklinik beeinflusst sein. Zum individuellen Entscheidungsverhalten von Schwangeren liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 14. a) Welche Modellvorhaben gab und gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland, in denen neue Versorgungsangebote für Schwangere wie beispielsweise Boarding in Regionen mit weiteren Anfahrtswegen zur nächsten Geburtshilfeeinrichtung erprobt werden? b) Falls abgeschlossene Modellvorhaben dieser Art existieren, zu welchen Ergebnissen haben sie geführt? Modellvorhaben im Sinne der §§ 63 ff. SGB V zur Erprobung neuer Versorgungsangebote für Schwangere sind der Bundesregierung nicht bekannt. 15. Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, solche Modellvorhaben durch Förderzuschüsse finanziell zu unterstützen? Falls nicht, wieso nicht? Eine finanzielle Unterstützung des Bundes durch Förderzuschüsse ist gemäß §§ 63 ff. SGB V nicht vorgesehen. 16. Wie häufig mussten nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland seit 2015 Kreißsäle wegen zeitweiser Überfüllung geschlossen und Schwangere abgewiesen werden? Soweit dem BMG Informationen der Länder vorliegen, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, wurden dazu über den angegebenen Zeitraum keine Statistiken erhoben, ob Kreißsäle wegen Überfüllung geschlossen oder Schwangere abgewiesen wurden. 17. Welche Gründe gab es nach Kenntnis der Bundesregierung für diese zeitweisen Schließungen, und welche Rolle spielten dabei insbesondere folgende Aspekte: a) fehlendes Hebammenpersonal; b) fehlendes ärztliches Personal; c) fehlende räumliche Kapazitäten; d) fehlende räumliche und personelle Kapazitäten in der Neonatologie? Von den Ländern, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, sind in einem Fall fehlendes Hebammenpersonal und fehlende räumliche Kapazitäten sowie in zwei Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1924 Fällen fehlende räumliche Kapazitäten in der Neonatologie als Gründe für zeitweise Schließungen genannt worden. 18. Welche Regionstypen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von diesem Problem vermehrt betroffen (Großstädte, Ballungszentren, dünn besiedelte Regionen etc.)? Das BMG verfügt über keine Kenntnisse, welche Regionstypen vermehrt betroffen sind. 19. Welche Geburtsstationen (nach Anzahl der Geburten, Beschäftigung von Beleghebammen und Belegärztinnnen und Belegärzten, Versorgungslevel für Früh- und Neugeborene, Kaiserschnittraten) sind nach Kenntnis der Bundesregierung von diesem Problem vermehrt betroffen? Im Rahmen der Länderabfrage, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, wurden von zwei Ländern Perinatalzentren als betroffen genannt. Im Übrigen verfügt das BMG nicht über Erkenntnisse, welche Geburtsstationen vermehrt betroffen sind. 20. Was sind nach Einschätzung der Bundesregierung die strukturellen Ursachen für regionale Häufungen von Fällen, in denen Schwangeren die Klinikaufnahme wegen überfüllter Kreißsäle verweigert wird? Im Rahmen der Länderabfrage, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, wurde von einem Land eine steigende Nachfrage nach Perinatalzentren und die dadurch bedingte Ungleichverteilung bei der Inanspruchnahme der Geburtskliniken als Ursache genannt. Im Übrigen verfügt das BMG nicht über Kenntnisse zu den strukturellen Ursachen. 21. Welche Maßnahmen aus den einzelnen Bundesländern sind der Bundesregierung bekannt, mit denen einer Abweisung von Schwangeren wegen überfüllten Kreißsälen zukünftig vorgebeugt werden soll (bitte einzeln aufführen )? Als Ergebnis der Länderabfrage, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, wurde von einem Land auf ein zehn Punkte umfassendes Aktionsprogramm für eine sichere und gute Geburt hingewiesen. Im Übrigen verfügt das BMG nicht über Kenntnisse zu Maßnahmen der Länder. 22. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Angebote außerklinischer Geburtshilfe in diesen Regionen in den letzten Jahren entwickelt ? Der Bundesregierung liegen – auch aus der Länderabfrage, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, – keine belastbaren, nach Regionen differenzierte Zahlen vor, aus denen sich ergibt, wie viele Hebammen oder von Hebammen geleitete Einrichtungen in welchem Umfang außerklinische Geburtshilfeleistungen anbieten . Hinsichtlich der bundesweiten Zahlen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Tatsache, dass der in § 134a Absatz 1b SGB V vorgesehene Sicherstellungszuschlag seit Januar 2016 für Geburten ab 1. Juli 2015 ausgezahlt wird und hierfür insgesamt 20,56 Mio. Euro an 3 040 Hebammen (Stand 6. April 2018) verausgabt wurden, zeigt, dass die vom Gesetzgeber intendierte finanzielle Entlastung bei Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1924 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode den Hebammen angekommen ist. Dieser Entlastungseffekt wirkt auch bei zukünftigen Prämiensteigerungen, da der Sicherstellungszuschlag automatisch steigt, wenn die Haftpflichtprämien sich erhöhen. Damit ist ein wesentlicher Faktor weggefallen, der von den Hebammen als Grund dafür benannt wurde, dass Hebammen ihre Geburtshilfetätigkeit aufgegeben haben. 23. Welche Hinweise liegen der Bundesregierung vor, dass die bestehenden Angebote außerklinischer Geburtshilfe die Nachfrage derzeit nicht befriedigen können? Falls ja, in welchen Regionen ist dies der Fall? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Nachfrage nach außerklinischer Geburtshilfe nicht durch die bestehenden Angebote gedeckt werden kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass weit über 95 Prozent der Geburten in Krankenhäusern stattfinden. 24. Welche Bundesländer haben nach Kenntnis der Bundesregierung bislang Maßnahmen zum Ausbau der (klinischen oder außerklinischen) geburtshilflichen Kapazitäten ergriffen, und welche Maßnahmen sind dies? Nach Kenntnis der Bundesregierung, siehe Vorbemerkung der Bundesregierung, haben folgende Länder bislang Maßnahmen zum Ausbau der (klinischen oder außerklinischen ) geburtshilflichen Kapazitäten ergriffen: Maßnahmen zum Ausbau der geburtshilflichen Kapazitäten Berlin Erhöhung der Ausbildungskapazitäten, Unterstützung bei Erweiterung von Kreißsaalkapazitäten Brandenburg Erhöhung der Ausbildungskapazitäten Hamburg Neues Hebammenportal, erleichtert die Suche nach einer Hebamme im außerklinischen Bereich. Erhöhung der Ausbildungskapazitäten Mecklenburg-Vorpommern Keine Maßnahmen geplant Niedersachsen Keine Maßnahmen geplant Sachsen Keine Maßnahmen geplant Schleswig-Holstein Erhöhung der Ausbildungskapazitäten an der Hebammenschule des Universitätsklinikums ; sog. Boarding-Angebote an den Kliniken in Husum, Flensburg und Eutin für schwangere Frauen von den nordfriesischen Inseln und dem nördlichen Ostholstein sowie Fehmarn; Hebammen-Notruf auf den Inseln Sylt und Föhr; räumlicher Ausbau von Kreißsaalkapazitäten in Kiel und Husum; Erweiterung Perinatalzentrum Level 1 in Flensburg Thüringen Keine Maßnahmen geplant 25. Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, solche Ausbaumaßnahmen durch Förderzuschüsse finanziell zu unterstützen? Falls nicht, wieso nicht? 26. Inwieweit sieht die Bundesregierung die gesetzlichen und privaten Krankenkassen in der Pflicht, solche Ausbaumaßnahmen finanziell zu unterstützen (Ansicht bitte begründen)? Die Fragen 25 und 26 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1924 Die Finanzierung der Krankenhäuser ist auf verschiedene Träger verteilt. Die Vergütung der medizinischen Behandlungskosten erfolgt über das pauschalierende Entgeltsystem, nach dem alle Träger (gesetzliche, private Krankenversicherungen , Sozialhilfeträger, Beihilfe) und Privatpersonen abrechnen. Die Investitionskosten werden aus öffentlichen Fördermitteln der Länder aufgebracht. Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode ist vorgesehen, dass die Verpflichtung der Länder für die Investitionsfinanzierung erhalten bleibt. Die außerklinische Geburtshilfe unterliegt – sowohl was die Ausgestaltung der Versorgung als auch die Vergütung anbelangt – dem Regelungsregime des § 134a SGB V. Die näheren Rahmenbedingungen für freiberufliche Hebammen, die Hausgeburten betreuen, und für von Hebammen geleitete Einrichtungen (HgE), in denen Frauen bei ambulanten Geburten begleitet werden, sind entsprechend dem im Gesetz verankerten Vertragsprinzip in dem „Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V“ und dem „Ergänzungsvertrag über Betriebskostenpauschalen bei ambulanten Geburten in von HgE und die Anforderungen an die Qualitätssicherung in diesen Einrichtungen“ geregelt. Insofern ist es Aufgabe der Vertragspartner, diejenigen Regelungen zu treffen, die eine ausreichende Versorgung und Vergütung sicherstellen. 27. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe, aus denen sich Hebammen gegen eine Tätigkeit in der klinischen Geburtshilfe entscheiden? Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, welche Gründe maßgeblich dafür sind, dass Hebammen sich entscheiden, ihren Beruf nicht auszuüben. Dies lässt sich nur durch repräsentative Befragungen ermitteln. Die von verschiedenen Ländern in Auftrag gegebenen oder in Planung begriffenen Analysen über die Versorgungsituation werden hierzu möglicherweise neue Erkenntnisse liefern. 28. a) Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Arbeitssituation von Hebammen auf Geburtsstationen zu verbessern, und inwieweit befürwortet sie die Einführung von Personalbemessungsinstrumenten auch für Hebammen im Kreißsaal (Ansicht bitte begründen)? b) Falls sie solche Personalbemessungsinstrumente befürwortet, wie sollen diese aussehen, und wann plant die Bundesregierung, eine entsprechende Gesetzesinitiative vorzulegen? c) Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung, um eine 1:1- Betreuung durch Hebammen in wesentlichen Phasen der Geburt in der Praxis sicherzustellen? Aufgrund des inhaltlichen Zusammenhangs werden die Fragen 28a bis 28c gemeinsam beantwortet. Die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen in Krankenhäusern, der Einsatz des Personals und die Personalplanung ist grundsätzlich Teil der unternehmerischen Eigenverantwortung und Organisationshoheit des einzelnen Krankenhauses bzw. des Krankenhausträgers. Einfluss auf die Arbeitssituation in der stationären Geburtshilfe können allerdings auch die Vorgaben zur Qualitätssicherung haben. Nach den Regelungen des SGB V ist es Aufgabe des G-BA, insbesondere für zugelassene Krankenhäuser notwendige Maßnahmen der Qualitätssicherung einschließlich von Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen. Hierzu gehören als Merkmale der Strukturqualität beispielsweise auch spezifische An- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1924 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode forderungen an die Personalausstattung wie sie der G-BA z. B. in der Qualitätssicherungs -Richtlinie zur Versorgung von Früh- und Reifgeborenen festgelegt hat. Der G-BA hat seine Regelungen insbesondere auf der Grundlage der aktuell verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz zu treffen. Mit der inzwischen bestandskräftigen Entscheidung der Schiedsstelle über die Vergütung der Hebammenleistungen vom 5. September 2017 ist im Hebammenhilfevertrag für (freiberufliche) Beleghebammen, die im Schichtdienst arbeiten, eine 1:2-Betreuung als Regelfall festgelegt worden. Dadurch wird eine individuellere Betreuung der Frauen und damit auch eine Verbesserung der Betreuungsqualität und auch der Arbeitsbedingungen der Hebammen befördert. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass in bestimmten, wesentlichen Phasen der Geburt (z. B. in der Austreibungsphase und bei der Erstversorgung des Neugeborenen ) auch jenseits von normativen Vorgaben die permanente Anwesenheit einer Hebamme erforderlich ist. Hier liegt es in der Organisationsverantwortung der Klinik, dafür Sorge zu tragen, dass genügend Hebammen anwesend sind oder kurzfristig hinzugezogen werden können. Vor dem Hintergrund der genannten Regelungen wird kein Bedarf für weitergehende normative Vorgaben zur Personalbemessung in der stationären Geburtshilfe gesehen. 29. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Attraktivität der Hebammentätigkeit in der klinischen Geburtshilfe zu erhöhen? Nach Daten des Berufsbildungsberichts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind über einen Zeitraum von elf Jahren steigende Schülerzahlen im Bereich des Hebammenwesens von 1 836 im Schuljahr 2005/2006 auf 2 131 im Schuljahr 2016/2017 zu verzeichnen. Es ist aktuell nicht erkennbar, dass im Bereich der Hebammentätigkeit ein Attraktivitätsdefizit besteht. 30. Welche weiteren Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Geburtshilfe insgesamt plant die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode? Zur weiteren Verbesserung der Versorgung in der Geburtshilfe hat das BMG im letzten Jahr ein Gutachten zu den Ursachen von Geburtsschäden bei von freiberuflichen Hebammen betreuten Geburten in Auftrag gegeben. Das Gutachten wurde Anfang April 2018 an das BMG übermittelt und wird nun geprüft. Das BMG setzt sich im Übrigen dafür ein, dass es zwei neue geburtshilfliche Leitlinien auf hohem Evidenzniveau geben wird, die dazu beitragen sollen, dass Interventionen unter der Geburt noch stärker an der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnislage ausgerichtet werden können. Derzeit werden deshalb eine interdisziplinäre Leitlinie zur natürlichen Geburt und eine interdisziplinäre Leitlinie zu Kaiserschnitten durch die medizinischen Fachgesellschaften erarbeitet. Die Leitlinien werden auch unter Einbeziehung des Fachwissens von Hebammen entwickelt . Das BMG unterstützt diese Leitlinienentwicklungen, indem es in Absprache mit den Fachgesellschaften die Aufarbeitung der wissenschaftlichen Evidenz zur natürlichen Geburt und zu Kaiserschnitten finanziert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333