Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 26. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1951 19. Wahlperiode 30.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1628 – Nachrichtendienstliche Nutzung des Nordturms der Münchner Frauenkirche V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Nordturm des Münchner Doms – der Frauenkirche – existiert eine Empfangs - und Sendeanlage des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Anlage aus der Zeit des Kalten Krieges vor 1989 wurde zur Beschattung von Diplomaten und ausländischen Spionen verwendet. Es soll sich allerdings nicht um eine direkte Abhöranlage handeln. Dank der in knapp 100 Metern Höhe angebrachten Verstärker konnten BND-Agentinnen und Agenten in den Häuserschluchten der Innenstadt, den BND-Leitstellen an der Schubert- und Dacherstrasse sowie der Zentrale des BND in Pullach kommunizieren (www.sueddeutsche.de/muenchen/ muenchen-bnd-stationierte-technik-in-den-glockentuermen-der-frauenkirche- 1.3910478). Nach Erkenntnissen des Geheimdienst-Experten Erich Schmidt-Eenboom nutze insbesondere die zur Eigensicherung des Nachrichtendienstes vor Verrätern in den eigenen Reihen tätige Observationseinheit QB30 bzw. QC30 des BND die Sendeanlage auf der Kirchturmspitze. Ebenjene Einheit stand im Zentrum eines 2005 aufgedeckten Skandals um die jahrelange illegale Überwachung von Journalisten in Deutschland (www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-bndstationierte -technik-in-den-glockentuermen-der-frauenkirche-1.3910478). Neben dem BND soll noch mindestens eine weitere Behörde den Nordturm der Frauenkirche genutzt haben. Eine Sprecherin des Erzbistums erklärte diesbezüglich , es seien „diverse technische Einrichtungen von verschiedenen Organisationen “ im Nordturm verbaut (www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchner-domwie -viel-geheimdienst-steckt-in-der-frauenkirche-1.3913996). Vertreterinnen und Vertreter katholischer Verbände zeigten sich empört, dass die Türme der Frauenkirche als „Wahrzeichen des katholischen Glaubens“ durch Überwachungstechnologie missbraucht würden und fordern den Abbau der Technologie (www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchner-dom-wie-vielgeheimdienst -steckt-in-der-frauenkirche-1.3913996;). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1951 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Technologie des Bundesnachrichtendienstes (BND) befindet sich seit wann im Nordturm der Münchner Frauenkirche? a) Welche Behörden im Einzelnen haben wann mit welchen kirchlichen Stellen die Einrichtung dieser Technologie vereinbart? b) Auf welcher gesetzlichen Grundlage erfolgte die Einrichtung der Technologie des BND im Turm der Frauenkirche? c) Inwieweit hatte die Kirche nach Kenntnis der Bundesregierung die Möglichkeit , die Einrichtung von BND-Technologie in ihren Räumlichkeiten abzulehnen? d) Welche Nutzungsbedingungen wurden zwischen dem BND bzw. anderen staatlichen Behörden und der Kirche vereinbart? e) Inwieweit und in welcher Höhe wurden oder werden aus welcher Kasse Gelder für die Nutzung des Turms an die Kirche gezahlt? f) Welche kirchlichen Stellen waren und sind nach Kenntnis der Bundesregierung inwieweit und wann von der Existenz und nachrichtendienstlichen Nutzung dieser Technologien informiert worden? g) Wo genau befindet sich die eingebaute Technologie im Turm? h) Inwieweit haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND zur Nutzung oder Wartung dieser Technologie Zugang zum Kirchturm? i) Wie oft mussten und müssen diese Anlagen gewartet werden, und wer nahm diese Wartung bislang vor? j) Zu welchem genauen Zweck dient die Technologie des BND im Kirchturm ? k) Inwieweit ist es mit dieser Technologie möglich, Abhör- und Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, und inwieweit, wann und in welchen Fällen ist sie nach Kenntnis der Bundesregierung zu diesen Zwecken eingesetzt worden? l) Wird die Technologie weiterhin vom BND genutzt, und wenn ja, zu welchem Zweck? m) Sollte die Technologie nicht mehr genutzt werden, seit wann und warum nicht, und aus welchem Grund wurde sie dann bislang nicht abgebaut? n) Welche Überlegungen zur Demontage der Anlagen gibt es, und wann sollen diese umgesetzt werden? Im Nordturm der Münchner Frauenkirche ist keine Technologie des Bundesnachrichtendienstes vorhanden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 2. Welche in- und ausländischen Behörden außer dem BND nutzten oder nutzen nach Kenntnis der Bundesregierung seit wann und zu welchen Zwecken welchen Turm der Münchner Frauenkirche, und inwieweit nutzten oder nutzen diese Behörden jeweils gemeinsame Technologien mit dem BND oder hatten bzw. haben eigene technische Vorrichtungen im Turm? Die Bundesregierung meldet hierzu Fehlanzeige. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1951 3. Inwieweit kann die Bundesregierung ausschließen, dass die Technologie im Turm der Münchner Frauenkirche für illegale Überwachungspraktiken oder illegale Überwachungsoperationen durch den BND oder andere Nachrichtendienste eingesetzt wurde? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 4. Wie viele und welche Kirchtürme in welchen Bundesländern wurden oder werden vom Bundesnachrichtendienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) oder nach Kenntnis der Bundesregierung von einem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) oder einem ausländischen Nachrichtendienst als Standort für Sende- und Empfangstechnik oder Abhörtechnik genutzt (bitte jeweils einzeln angeben und zusätzlich ausführen, ob es sich um katholische oder evangelische oder säkularisierte Kirchen handelt)? Zur Berichterstattung über technische Einrichtungen auf der Münchener Frauenkirche kann der BND bestätigen, dass es sich bei der in Rede stehenden Anlage um einen sogenannten Repeater handelte. Dessen Zweck war bis zum Jahr 2011 lediglich die Reichweitenerhöhung vom BND genutzter Funkstrecken. Seitdem wurde sie nicht mehr genutzt. Die so verstärkten Funkstrecken dienten ausschließlich der BND-internen Kommunikation. Zu keiner Zeit war die Anlage geeignet, fremde Funkverkehre abzuhören. Der Repeater wurde in der 13. KW 2018 aus dem Kirchturm der Münchner Frauenkirche entfernt. Zur Frage der Nutzung weiterer Kirchtürme meldet die Bundesregierung Fehlanzeige . 5. Wie viele nicht direkt zu den jeweiligen Behörden gehörende Gebäude welcher Art (bitte unterscheiden in staatlich bzw. nichtstaatlich) in welchen Bundesländern wurden oder werden vom Bundesnachrichtendienst, dem Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) oder nach Kenntnis der Bundesregierung von einem Landesamt für Verfassungsschutz oder einem ausländischen Nachrichtendienst als Standort für Sende- und Empfangstechnik oder Abhörtechnik genutzt (bitte jeweils einzeln angeben)? Die mit Frage 5 im Rahmen der Kleinen Anfrage erbetenen Auskünfte sind besonders geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik der Nachrichtendienste und insbesondere ihren Aufklärungsaktivitäten stehen. Gegenstand der Frage 5 sind solche Informationen, die in besonders hohem Maße das Staatswohl berühren und daher in einer zur Veröffentlichung vorgesehenen Fassung nicht behandelt werden dürfen. Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung findet seine Grenzen durch das gleichfalls Verfassungsrang genießende schutzwürdige Interesse des Staatswohls. Mit einer substantiierten Beantwortung dieser Fragen würden Einzelheiten zur Methodik der Nachrichtendienste offengelegt, welche die weitere Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung auf dem spezifischen Gebiet der technischen Aufklärung gefährden würde. Die Offenlegung der konkreten nachrichtendienstlichen technischen Methode birgt das Risiko der Kenntniserlangung dieser Maßnahmen durch beobachtete staatliche sowie nichtstaatliche Akteure mit der Gefahr, dass dieses Mittel zur Informationsgewinnung unwirksam wird. Eine Mitteilung der Anzahl und konkreten Standorte von technischen Sende- und Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1951 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Empfangseinrichtungen würde darüber hinaus die Möglichkeit für unbefugte Akteure bieten, Rückschlüsse auf technische Ausstattungen und Möglichkeiten der Nachrichtgendienste und somit ihrer Fähigkeiten zulassen, so dass unmittelbare, schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen in besonderem Maße berührt sind. Die Gewinnung von Informationen durch technische Aufklärung der Nachrichtendienste ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland unerlässlich. Sofern solche Informationen entfallen oder wesentlich zurückgehen sollten, würden empfindliche Informationslücken auch im Hinblick auf die Sicherheitslage der Bundesrepublik Deutschland drohen. Das sonstige Informationsaufkommen der Nachrichtendienste ist nicht ausreichend, um ein vollständiges Lagebild zu erhalten und Informationsdefizite im Bereich der technischen Aufklärung auszugleichen . Insofern birgt eine Offenlegung der angefragten Informationen die Gefahr, dass Einzelheiten zur konkreten Methodik und zu aus den vorgenannten Gründen im hohen Maße schutzwürdigen technischen Fähigkeiten der Nachrichtendienste bekannt würden. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung durch die Nachrichtendienste bedeuten. Auch eine VS-Einstufung und Weiterleitung der angefragten Informationen an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages kommt angesichts der Bedeutung der technischen Aufklärung für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste und den zuvor benannten Gründen nicht in Betracht, weil insoweit auch ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann (vgl. BVerfGE 124, 78 [139]). Die angefragte Offenlegung der Standorte von Sende- und Empfangstechnik – auch, wenn die Bekanntgabe lediglich gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern erfolgen soll – trägt dem Schutzbedürfnis dieser Informationen nicht hinreichend Rechnung. Dies gilt umso mehr, als bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Informationen diese konkreten technischen Anlagen unbrauchbar werden würden und kein zeitnaher Ersatz durch andere Instrumente der Informationsbeschaffung möglich wäre. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetene Information derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Geheimhaltungsinteresse gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht in diesem Fall so wesentlich überwiegt, dass ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen muss. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333