Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Luksic, Hagen Reinhold, Frank Sitta, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/19662 – Rahmenbedingungen für Ladeinfrastruktur und Digitalisierung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Intelligente Systeme und digitale Lösungen in der Infrastruktur und in Gebäuden können bestehende und neue Strukturen leistungsfähiger und effizienter gestalten. Sie können CO2 einsparen und durch eine gezielte Lastensteuerung zu einer erhöhten Netzstabilität beitragen, die im Rahmen der Energiewende sowie des Aufwuchses batteriegetriebener Mobilität besondere Relevanz entwickelt . Zu solchen Ausrüstungsmerkmalen zählen beispielsweise intelligente Zähler, Systeme für die Gebäudeautomatisierung und Gebäudesteuerung und innovative Ladepunkte (http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Energie/e nergieeffizienzstrategie-gebäude.html). Mit der im Juni 2018 verabschiedeten Änderung der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) hält die „Smartness“ von Gebäuden Einzug in die europäische Gesetzgebung. Deren Bewertung soll künftig mithilfe eines Intelligenzfähigkeitsindikators erfolgen (Artikel 8 Absatz 10 i. V. m. Anhang 1A EPBD). Die Europäische Kommission war aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2019 ein System zur Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Gebäuden auszuarbeiten , welches die Mitgliedstaaten optional nutzen können. Unabhängig davon hat Frankreich bereits vor dieser Frist einen sogenannten E-Check eingeführt. Diese gesetzliche Vorgabe sieht vor, dass bei einem Verkauf oder einer Neuvermietung von Wohneinheiten eine Überprüfung der Elektroanlage durchzuführen ist. Auch die europäische Kommission empfiehlt dies in ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2019 (L127/34 Kapitel 2.3.4 Sicherheitsfragen). Darüber hinaus schreibt die EPBD bis zum Jahr 2025 die Installation von Systemen zur Gebäudeautomatisierung und Gebäudesteuerung für Nichtwohngebäude vor, sofern die Nennleistung der betroffenen Heizungs- bzw. Klimaanlage oder einer kombinierten Anlage größer als 290 kW ist (Artikel 15 Absatz 4 EPBD). Eine solche Verpflichtung ist für Wohngebäude jedoch nicht vorgesehen. Im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung wird zwar erkannt, dass die Digitalisierung „essenziell für die Erreichung der Klimaschutzziele“ ist – konkrete Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung des Gebäudesektors finden sich im Programm aber weder für den Bestand noch für den Neubau. Ebenso wenig enthält die Umsetzungsstrategie der Bundesregierung zur Gestaltung des digitalen Wandels (https://www.bundesregierung.de/breg-de/them Deutscher Bundestag Drucksache 19/19868 19. Wahlperiode 10.06.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 10. Juni 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. en/digital-made-in-de) Maßnahmen, welche die Digitalisierung des Gebäudebereichs unmittelbar adressieren. Neben der Sanierung des Gebäudebestandes und ganz allgemein technologieoffener Maßnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen wie einem effektiven und umfassenden Emissionshandel, ist die Digitalisierung von Infrastruktur und Gebäuden aus Sicht der Fragesteller ein wichtiger Punkt im Kampf gegen den Klimawandel. Das entspräche auch dem erklärten Ziel der Bundesregierung aus dem Klimaschutzprogramm 2030, nach dem die Digitalisierung auch im Gebäudebereich allen Bürgern eine aktive Teilhabe an der Energiewende ermöglichen solle. 1. Was unternimmt die Bundesregierung gegen den nach Ansicht der Fragesteller bestehenden Widerspruch zwischen steigenden Baukosten durch den Einbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zur Umsetzung von Mobilitäts- und Energiewende und den immer weiter steigenden Baupreisen , die Neubauten zunehmend teurer machen? a) Plant die Bundesregierung hier Maßnahmen, um in der Hinsicht auf Ladepunkte Baukosten zu senken und gleichzeitig die Umsetzung der Energiewende, insbesondere im Gebäudesektor, voranzutreiben? Die Fragen 1 und 1a werden gemeinsam beantwortet. Das Bundeskabinett hat am 4. März 2020 den Entwurf eines Gesetzes zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität (Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz – GEIG) beschlossen (Bundestagsdrucksache 19/19366 bzw. 19/18962). Ein Ausgleich zwischen den in der Frage benannten Aspekten wird dadurch erreicht, dass die Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie 2018/844 zum Aufbau einer Leitungs- und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität in Gebäuden 1:1 in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Damit lassen sich die Ziele der EU-Gebäuderichtlinie für den Aufbau von Lade- und Leitungsinfrastruktur erreichen, gleichzeitig werden die Gebäudeeigentümer, als Adressaten dieses Gesetzes, nicht übermäßig durch steigende Baukosten belastet. b) Plant die Bundesregierung (Förder-)Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Bestandsgebäuden, und wenn ja, welche? c) Plant die Bundesregierung (Förder-)Maßnahmen zum Einbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Neubauten, und wenn ja, welche? Die Fragen 1b und 1c werden gemeinsam beantwortet. Laut dem Klimaschutzprogramm 2030 und dem Masterplan Ladeinfrastruktur plant die Bundesregierung explizit die Förderung nicht-öffentlicher, d. h. privater und gewerblicher Ladeinfrastruktur. Dafür wird derzeit ein passendes Förderprogramm entwickelt, durch welches Ladepunkte und deren Netzanschluss sowohl in Bestandsgebäuden als auch Neubauten gefördert werden können. Es ist geplant, die dafür vorgesehenen Mittel im Zuge der Umsetzung des aktuellen Konjunkturpakets der Bundesregierung noch einmal erheblich aufzustocken . Drucksache 19/19868 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Gibt es eine Bewertung der Bundesregierung von Gebäudeautomationen und Energiemanagement für die Hebung von CO2-Einspareffekten sowie die Beibehaltung und Erhöhung der Netzstabilität, und wenn ja, wie lautet diese? Hierzu liegt der Bundesregierung keine abgestimmte Bewertung vor. 3. Wie viele Tonnen CO2-Einsparungen sind nach Einschätzung der Bundesregierung durch Gebäudeautomation und Energiemanagement bis 2030 möglich bei a) unsaniertem Bestand, b) saniertem Bestand? Hierzu liegen der Bundesregierung keine abgestimmten Bewertungen vor. 4. Zieht die Bundesregierung Schlüsse aus der Arbeit der Europäischen Kommission zum Thema Intelligenzfähigkeitsindikator (Smart Readiness Indicator), und wenn ja, welche? Die Arbeiten der Europäischen Kommission zur Entwicklung eines optionalen Systems zur Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Gebäuden sind noch nicht abgeschlossen. Konkrete Schlüsse lassen sich erst nach abschließendem Vorliegen der relevanten Rechtsakte ziehen. Die Bundesregierung begrüßt allerdings, dass es sich um ein optionales System handeln wird, welches den Europäischen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, unterschiedliche nationale Vorbedingungen zu berücksichtigen . 5. Welche Schwerpunkte müsste eine Bewertungssystematik für den Intelligenzfähigkeitsindikator nach Kenntnis der Bundesregierung setzen, bzw. welche Bewertungsmaßstäbe sollten angelegt sein (bitte auflisten und erläutern )? Die Arbeiten der Europäischen Kommission an den Rechtsakten zur Entwicklung eines optionalen Systems zur Bewertung der Intelligenzfähigkeit von Gebäuden sind noch nicht abgeschlossen. Aussagen der Bundesregierung zu möglichen Schwerpunkten in der Bewertungssystematik sind gegenwärtig nicht möglich. 6. Plant die Bundesregierung die Einführung von Vorgaben zum Einbau von Systemen für die Gebäudeautomatisierung und Gebäudesteuerung in Analogie zu den Vorgaben aus der EPBD (Artikel 15 Absatz 4) auch für Wohngebäude, und wenn ja, welche Daten gibt es zur geplanten Einführung ? Derzeit ist nicht geplant, gesetzliche Anforderungen für Wohngebäude festzulegen , wonach diese verpflichtend mit Systemen für die Gebäudeautomatisierung und -steuerung auszurüsten sind. Der Entwurf des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude (Gebäudeenergiegesetz – GEG) greift die Möglichkeiten der EU-Gebäuderichtlinie 2018/844 insoweit auf, dass Klimaanlagen bzw. kombinierte Klima- und Lüftungsanlagen in Wohngebäuden von der Inspektionspflicht ausgenommen sind, wenn das Gebäude mit einer Einrichtung zur kontinuierlichen elektronischen Über- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/19868 wachungsfunktion und Regelungsfunktion in Bezug auf die effiziente Nutzung von Energie ausgestattet ist. Darüber hinaus wird im Entwurf des GEG nunmehr entsprechend den bereits existierenden Regelungen für Nichtwohngebäude auch für Wohngebäude die Möglichkeit gegeben, Systeme zur Gebäudeautomatisierung im energetischen Nachweis zu berücksichtigen. 7. Plant die Bundesregierung weiteren Maßnahme zur Förderung des Einbaus intelligenzfähiger Systeme und digitaler Lösungen im Neubau und im Bestand, und wenn ja, welche? 8. Plant die Bundesregierung Maßnahmen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Digitalisierungslevel im Gebäudesektor, um eine gesamtgesellschaftliche Teilhabe an der dezentralen Energiewende möglich zu machen, und wenn ja, welche? Die Fragen 7 und 8 werden gemeinsam beantwortet. In den Förderprogrammen für energieeffizientes Bauen und Sanieren und für das Heizen mit erneuerbaren Energien bestehen umfangreiche Fördermöglichkeiten für energiesparende Smart-Home-Technologien, die durch die Beschlüsse des Klimakabinetts im September 2019 weiter verbessert wurden. In dem von der KfW administrierten Förderprogramm „Energieeffizient Bauen und Sanieren“ im Rahmen des CO2-Gebäudesanierungsprogramms der Bundesregierung kann der Einbau von energiesparenden Smart-Home-Technologien im Bereich der Wohngebäude ergänzend zu jedem Förderzweck mitgefördert werden. Bei der Sanierung von Nichtwohngebäuden ist der Einbau oder die Optimierung der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie der Gebäudeautomation als Einzelmaßnahme auch alleinstehend förderfähig. Die Förderung energiesparender Smart-Home Technologien profitiert von der Erhöhung der Förderquoten um 10 Prozentpunkte, die vom Klimakabinett im September 2019 beschlossen wurde. So erhalten Einzelmaßnahmen zur Sanierung von Nichtwohngebäuden seit Beginn des Jahres 2020 einen Fördersatz von 20 Prozent . Werden energiesparende Smart-Home-Technologien in den anderen Fördersegmenten ergänzend mitgefördert, so richten sich die Fördersätze nach den jeweiligen primären Fördertatbeständen. Im Rahmen des vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle administrierten Marktanreizprogramm zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt (MAP) können Maßnahmen zum Einbau oder zur Optimierung von Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Gebäudeautomation und Energiemanagementsysteme beim Heizungseinbau bzw. Heizungstausch mitgefördert werden. Die Fördersätze richten sich nach den jeweiligen primären Fördertatbeständen. Seit Beginn des Jahres 2020 gelten hier sehr attraktive Fördersätze , von 20 Prozent bis zu 45 Prozent. Darüber hinaus werden auch Anlagen zur Visualisierung des Ertrages aus erneuerbaren Energien in allgemein zugänglichen Räumen mit bis zu 1.200 Euro gefördert. Auch in der zu Beginn des Jahres 2020 eingeführten steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung ist der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung alleinstehend förderfähig. Steuerlich abzugsfähig sind hier 20 Prozent der Aufwendungen (max. 40.000 Euro pro Wohnobjekt), verteilt über drei Jahre. Mit der Einführung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) im Jahr 2021 soll die Förderung für energiesparende Smart-Home-Technologien noch weiter verbessert werden. So werden Maßnahmen zur digitalen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung auch für Wohngebäude alleinstehend förderfähig sein, mit einem Fördersatz von 20 Prozent. Als neue Einzelmaßnahme wird auch die Drucksache 19/19868 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Sichtbarkeit von Smart-Home-Technologien in der Gebäudeförderung deutlich gesteigert. 9. Wie stellt die Bundesregierung bei der Umsetzung der in ihrem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD angekündigten Reform der Netzentgelte sicher, dass es im Zuge der zunehmenden Dezentralisierung der Energieversorgung nicht zu einer übermäßigen Belastung bestimmter Verbrauchergruppen, etwa energieintensiver Betriebe oder aber auch privater Haushalte, bei den Kosten für den Netzbetrieb und Netzausbau kommt? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie arbeitet derzeit an einer Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für flexible Lasten in der Niederspannung auf Basis von § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes. Ziel ist die schnelle und kosteneffiziente Integration von flexiblen Verbrauchseinrichtungen , z. B. Ladeeinrichtungen für Elektromobile, in die Niederspannungsnetze. Insbesondere soll hierdurch der Netzausbaubedarf begrenzt und eine ungerechtfertigte Belastung insbesondere der klassischen, unflexiblen Verbraucher vermieden werden. Zudem ist geplant, unter Einbeziehung der Ergebnisse laufender Gutachten und weiterer relevanter Aspekte, Ansätze zur Anpassung der Netzentgeltsystematik für Strom zu entwickeln. Da Änderungen in der Netzentgeltsystematik stets mit Verteilungsfragen einhergehen, werden auch die Auswirkungen auf einzelne Verbrauchergruppen zu bewerten sein. Ein Rechtssetzungsverfahren gibt es bislang nicht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass eine für dieses Jahr erwartete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs wichtige Weichenstellungen enthalten wird, welche Regelungsbefugnisse der Gesetz- und Verordnungsgeber gerade auch im Bereich der Netzentgeltsystematik im Verhältnis zu den Gestaltungskompetenzen der Regulierungsbehörde hat. Im Rahmen der Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben des EU-Legislativpakets „Saubere Energie für alle Europäer“ wird zudem zu bewerten sein, welche Auswirkungen die Netzentgeltregelungen der ab dem 1. Januar 2020 geltenden neuen Strommarktverordnung haben. Vor diesem Hintergrund ist über das weitere Vorgehen bei einer Umsetzung der Reform der Netzentgeltsystematik noch zu entscheiden. 10. Wie bewertet die Bundesregierung die Rolle digitaler Anwendungssysteme bei den im Klimaschutzprogramm 2030 angekündigten Verbesserungen für Mieterstrommodelle? Im Klimaschutzprogramm 2030 hat die Bundesregierung angekündigt, die Rahmenbedingungen für Mieterstrommodelle zu verbessern. Hierzu wird die Bundesregierung in der kommenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes den Mieterstrombericht der Bundesregierung von September 2019 umsetzen . Der Mieterstrombericht enthält zum Thema digitale Anwendungssysteme keine mieterstromspezifischen Empfehlungen mit Ansatzpunkten für Verbesserungen . Unabhängig davon wird die Bundesregierung in der kommenden Novelle die Anforderungen an die Steuerbarkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen ausweiten und die Digitalisierungsstrategie über Smart-Meter-Gateways konsequent fortschreiben. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/19868 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333