Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Grigorios Aggelidis, Katja Suding, Renata Alt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/19646 – Unterstützung der Zivilgesellschaft während und nach der Corona-Krise V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Etwa 30 Millionen Menschen üben in Deutschland eine ehrenamtliche Tätigkeit aus. Das sind Menschen, die mit ihrem Engagement das Rückgrat unserer Zivilgesellschaft sind, unser Leben bereichern, Gemeinwohl fördern und einen vielfältigen, wertvollen, unbezahlbaren Dienst für uns alle leisten. Deswegen ist es aus Sicht der Fraktion der FDP eine zentrale Aufgabe des Deutschen Bundestages, diesen Menschen, wo immer es geht, den Rücken zu stärken, sie zu entlasten und ihr Tun zu fördern. Wir erleben derzeit durch die Covid-19-Pandemie eine weltweite Krisensituation . Gerade in der aktuellen Situation des Kontaktverbots braucht es noch mehr denn je den Zusammenhalt der Zivilgesellschaft. Das spiegelt sich in zahlreichen Beispielen wider – von der Nachbarschaftshilfe bis hin zur Unterstützung von älteren Mitmenschen beim Großeinkauf. In einem für uns alle zurzeit noch unbestimmten Zeitpunkt werden die Ausgangs- und Schließungsregelungen aufgehoben. Genau dann wird der Beitrag der bürgerschaftlich und ehrenamtlich Engagierten für unsere Gesellschaft sichtbar und spürbar. Denn diese Menschen werden ein wiederholtes Mal mit all ihren Kräften für unsere Erholung aus der Krise sorgen und uns auf dem Weg zurück in die Normalität unterstützen und begleiten. Gerade deswegen sollten sie durch die Bundesregierung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt werden. Mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen beklagen, dass sie bereits jetzt von den Schließungen im Zuge der Corona-Maßnahmen betroffen sind. Gesundheitskuren , Veranstaltungen, Programmbeiträge etc., die essentiell für die Finanzierung und Existenz von Einrichtungen des bürgerschaftlichen Engagements und Ehrenamts sind, werden abgebrochen, unterbrochen oder abgesagt. Weiterhin werden gemeinnützige Organisationen, Vereine, Verbände und Stiftungen durch die aktuell verhängten Kontakteinschränkungen und die damit verbundenen veränderten Arbeitsprozesse mit zusätzlichem, finanziellen Aufwand (z. B. durch die Anmietung von Online-Diensten, für Software- Abonnements und für Cloud-Speicher, die für das Homeoffice unabdingbar sind) überfordert. Deutscher Bundestag Drucksache 19/19876 19. Wahlperiode 11.06.2020 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 11. Juni 2020 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Durch derartige Erschwernisse können die zivilgesellschaftlichen Organisationen keine Gewinne erwirtschaften und so weder relevante Reserven bilden noch umfangreiche Kredite bedienen. Die Inanspruchnahme von umfangreichen Krediten würde zu einer Überschuldung führen. Somit sind die Liquidität und wirtschaftliche Existenz vieler Einrichtungen akut bedroht, weil sie als gemeinnützige Einrichtungen keine großen Rücklagen bilden dürfen. Es werden sogar Warnungen von den betroffenen Akteuren ausgesprochen, dass in kurzer Zeit eine Welle von Insolvenzen, insbesondere im gemeinnützigen Sektor , folgen wird, sofern die Bedürfnisse des bürgerschaftlichen Engagements und des Ehrenamts von der geplanten Strategie der Bundesregierung außer Acht gelassen werden. 1. Sind der Bundesregierung die aus der Covid-19-Pandemie resultierenden finanziellen Ausfälle und die damit verbundenen wirtschaftlichen Herausforderungen für die zivilgesellschaftlichen Organisationen, Vereine, Verbände , Stiftungen und gemeinnützigen Organisationen bekannt? a) Falls ja, welche konkreten Maßnahmen wurden seitens der Bundesregierung angesichts der Covid-19-Krise für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen für das bürgerschaftliche Engagement, das Ehrenamt sowie für den Fortbestand der gemeinnützigen Organisationen ergriffen ? b) Wurden die Länder und die kommunalen Spitzenverbände bei der Beratung und dem Beschluss möglicher Maßnahmen hinzugezogen? 3. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in diesem Kontext die bürgerschaftlich und ehrenamtlich Engagierten nicht im Stich gelassen und entsprechend berücksichtigt werden, und wenn ja, welche ? 5. Plant die Bundesregierung, im Rahmen des Covid-19-Rettungpakets nicht nur Kredite, sondern auch direkte Zuschüsse für gemeinnützige Organisationen zu gewähren? Die Fragen 1, 3 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Bundesregierung ist sich vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Coronasituation der zum Teil schwierigen Lage für gemeinnützige Organisationen bewusst . Daher hat die Bundesregierung mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, die trotz der Beschränkungen und deren Folgen soweit möglich die bestehenden Angebote und Einrichtungen aufrechterhalten und auch ihr Fortbestehen sichern sollen. Der Koalitionsausschuss hat am 3. Juni 2020 weitere umfangreiche Hilfs- und Schutzmaßnahmen zum Erhalt der sozialen Infrastruktur beschlossen, die sich derzeit in der regierungsinternen Abstimmung befinden. Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen soll für Coronabedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt werden. Das Volumen des Programms soll auf maximal 25 Mrd. Euro festgelegt werden. Als Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten wie Jugendherbergen , Schullandheime, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs und Einrichtungen der Behindertenhilfe sollen von dieser Regelung erfasst werden. Diese Zuschüsse leisten einen wichtigen Beitrag , um u. a. die vielfältige Landschaft gemeinnütziger Kinder- und Jugend-/ Familienunterkünfte zu erhalten. Ferner wurde im Koalitionsausschuss vereinbart, dass der Bund für die Jahre 2020 und 2021 ein Kredit-Sonderprogramm über die KfW auflegt, um die Länder in deren Maßnahmen zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen ef- Drucksache 19/19876 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode fektiv zu unterstützen. Dafür soll eine Milliarde Euro bereitgestellt werden. Die Bundesmittel allein sollen eine 80-prozentige Haftungsfreistellung der zu fördernden Maßnahmen der landeseigenen Förderinstitute (LFI) gestatten. Über die zu fördernden Organisationen entscheiden die Länder bzw. deren Förderinstitute . Damit können die Länder mit überschaubaren eigenen Mitteln eine Haftungsfreistellung bis zu insgesamt 100 Prozent für Programme zugunsten gemeinnütziger Organisationen ermöglichen. Die in vielen Fällen primär zuständigen Länder sind ebenfalls bereits tätig geworden . So haben einige Länder Soforthilfeprogramme und Rettungsfonds zur Unterstützung gemeinnütziger Organisationen auf den Weg gebracht. Bei den Förderungen, die die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aus ihrem Haushalt zur Bewältigung der Coronakrise gewährt, sind in der Regel ebenfalls auch gemeinnützige Organisationen, d. h. auch gemeinnützige Vereine, Verbände und Stiftungen antragsberechtigt, sofern deren Vorhaben dem Förderziel entsprechen. 2. Hat die Bundesregierung angesichts der aktuellen Lage eine Verschiebung der Gründung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt sowie die Umwandlung der dafür vorgesehenen Mittel in einen Corona- Hilfsfonds „Zivilgesellschaft“ abgewägt? Falls nein, betrachtet die Bundesregierung den Gründungsprozess der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt trotz der gegenwärtigen Krisenlage als ungefährdet? Die eingeplanten finanziellen Haushaltsmittel für die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt im Haushaltsjahr 2020 sind auf Grundlage des Errichtungsgesetzes für die Verwirklichung der Stiftungsarbeit im Rahmen des Stiftungszwecks gemäß §§ 2 und 3 des Gesetzes einzusetzen. Die Bundesregierung sieht den Gründungsprozess der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt als nicht gefährdet an. Nachdem das Errichtungsgesetz am 1. April 2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, ist die Stiftung am 2. April 2020 formal errichtet worden. Die Bundesregierung unterstützt die Stiftung dahingehend , dass sie noch in diesem Jahr ihre operative Stiftungsarbeit aufnehmen kann. 4. Plant die Bundesregierung, bereits bewilligte Projektförderungen (z. B. für Austauschprogramme), die angesichts der Covid-19-Pandemie nicht umgesetzt werden können, vollständig in eine direkte Förderung zur Überbrückung der Pandemiezeit umzuwandeln? Für die Träger der internationalen Jugendaustausche ist es Ziel der Bundesregierung , bereits bewilligte Mittel zur Projektförderung und die damit einhergehenden Rahmenbedingungen vorübergehend so anzupassen, dass existenzbedrohende Notlagen soweit möglich ausgeschlossen bleiben. Bei den Freiwilligendiensten (BFD, FSJ, FÖJ und IJFD) ist es Ziel der Bundesregierung , die weitere Förderung der Freiwilligendienste durch Anpassung der Rahmenbedingungen so zu ermöglichen, dass existenzbedrohende Notlagen soweit möglich ausgeschlossen bleiben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/19876 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333