Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Auswärtigen Amts vom 2. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2020 19. Wahlperiode 04.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kai Gehring, Margarete Bause, Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1516 – Menschenrechtslage in Ägypten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor der Präsidentschaftswahl in Ägypten vom 26. bis 28. März 2018 hat sich die Menschenrechtslage in Ägypten weiterhin zugespitzt. Zahlreiche Berichte belegen schwere Menschenrechtsverletzungen und eine Drangsalierung der Zivilgesellschaft , die 2017 eskalierte (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International). Allein im letzten Jahr wurden tausende Menschen von den Sicherheitskräften willkürlich verhaftet, gefoltert, anderweitig misshandelt oder „verschwanden“. Zahlreiche Personen wurden Opfer außergerichtlicher Hinrichtungen. Es gab unfaire Massenprozesse vor Zivilund Militärgerichten (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International). Die Bundesregierung zeigt sich seit geraumer Zeit „besorgt “ über die Menschenrechtslage in Ägypten (vgl. Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10437). Dennoch steigen die deutschen Rüstungsexporte in das Land seit Jahren (vgl. www.taz.de/!5471852/). Trotz der von Präsident Abdel Fattah al-Sisi immer wieder behaupteten Fortschritte Ägyptens bei der Demokratisierung (vgl. u. a. www.bbc.com/news/ world-middle-east-34723002) ist die Präsidentschaftswahl nach Presseberichten weder frei noch fair (vgl. www.hrw.org/news/2018/02/13/egypt-plannedpresidential -vote-neither-free-nor-fair). Der amtierende Präsident unterdrückt jegliche Opposition und abweichende Meinungen. Seine erste Amtszeit ist von gezielten Maßnahmen geprägt, um sämtliche Freiräume zivilgesellschaftlichen Handelns und offener politischer Debatte einzuschränken. Zivilgesellschaftliche Akteure sind Diffamierungen, Drohungen, Gewalt und Inhaftierungen ausgesetzt („shrinking spaces“). Die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Der Präsident sprach davon, Kritik an den Sicherheitsorganen des Landes komme „Hochverrat“ gleich (vgl. www.economist.com/news/middle-east-and-africa/ 21738390-his-tone-has-turned-dark-threats-and-talk-conspiracies-ahead). Besonders Homosexuelle sahen sich in den letzten Monaten einer Diffamierungskampagne und Verhaftungswelle durch die Regierung ausgesetzt (www.queer.de/detail.php?article_id=29797). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Diese repressive Politik führt nicht zu einer Stabilisierung Ägyptens. Die Zahl der Anschläge, besonders auf Minderheiten wie die etwa 10 Prozent koptischen Christen im Land, steigt beständig an. Die Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel verschärft sich (www.tagesschau.de/ausland/sinai-137.html). Auch wirtschaftlich bleiben weite Teile der Gesellschaft abgehängt. Die Rekordinflation trifft vor allem ärmere Bevölkerungsschichten und hat zu einer noch stärkeren Polarisierung der Wohlstandsverteilung geführt (vgl. www.europarl. europa.eu/RegData/etudes/STUD/2018/603858/EXPO_STU(2018)603858_EN. pdf). Im Sinne einer langfristigen Stabilität muss die Bundesregierung nach Ansicht der Fragesteller eine klare Haltung zu den schweren Menschenrechtsverletzungen und der zunehmenden Einschränkung politischer und wirtschaftlicher Rechte großer Bevölkerungsteile einnehmen und daran ihren weiteren Umgang mit dem Land orientieren. 1. Inwiefern hält sich Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung an das Folterverbot nach Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte? Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Einsatz von Folter zur Erzwingung vermeintlicher Geständnisse durch ägyptische Sicherheitskräfte und den Umgang der Justiz mit solchen Praktiken? Der Bundesregierung sind Berichte über den Einsatz von Folter bekannt, insbesondere der Bericht von „Human Rights Watch“ vom 5. September 2017, der zahlreiche Fälle von Folter und Misshandlungen durch ägyptische Sicherheitsbehörden dokumentiert. Im Januar 2018 äußerte sich ein Sprecher des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte kritisch zu Verdachtsfällen von Folter im Zusammenhang mit Hinrichtungsfällen. 2. Inwiefern fordert die Bundesregierung von der ägyptischen Regierung die Einhaltung der Menschenrechte ein, und welche Erfolge hat sie dabei erzielt? Die Bundesregierung fordert die ägyptische Regierung regelmäßig zur Achtung der Menschenrechte und Einhaltung internationaler Standards auf. Sie tut dies in hochrangigen bilateralen Gesprächen, in internationalen Gremien wie dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sowie in öffentlichen Erklärungen. 3. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der prekären Lage der Menschenrechte in Ägypten für die zwischenstaatliche Zusammenarbeit, und inwiefern nimmt sie die Präsidentschaftswahl zum Anlass für eine Überprüfung ihres bisherigen Vorgehens? Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Dr. Bärbel Kofler, hat am 15. März 2018 in einer öffentlichen Erklärung (www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/mrhhbh-wahlenaegypten /1785938) auf die Berichte über Verhaftungen und Einschüchterungen von potentiellen Kandidaten und über die massiven Einschränkungen der Meinungs - und Versammlungsfreiheit im Vorfeld der Wahlen hingewiesen und die Sorgen der Bundesregierung hierüber deutlich zum Ausdruck gebracht. Gegenüber der ägyptischen Regierung macht die Bundesregierung immer wieder deutlich, dass der Ausbau der bilateralen Beziehungen auch eine Verbesserung der Menschenrechtslage erfordert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2020 4. Inwiefern plant die Bundesregierung aus menschenrechtspolitischen Gründen Veränderungen ihrer Rüstungsexportpolitik gegenüber Ägypten? Wie beurteilt die Bundesregierung Art und Umfang der deutschen Rüstungsexporte nach Ägypten auf Grundlage der Rüstungsexportrichtlinien? Wie stellt sie sicher, dass keine deutschen Rüstungsgüter für menschenrechtswidrige Praktiken genutzt werden? 5. Inwiefern kann die Bundesregierung sicherstellen, dass von Deutschland gelieferte Waffen nicht im Kampf auf der Sinai-Halbinsel eingesetzt werden? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik . Über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG), des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) sowie die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung“ aus dem Jahr 2000, der „Gemeinsame Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“ und der Vertrag über den Waffenhandel („Arms Trade Treaty“). Der Beachtung der Menschenrechte wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen. Wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die zu liefernden Rüstungsgüter zur internen Repression oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden, wird eine Genehmigung grundsätzlich nicht erteilt. Allgemein gilt: Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern werden nur erteilt, wenn zuvor der Endverbleib dieser Güter im Endempfängerland hinreichend sichergestellt ist. Die Bundesregierung führt bezüglich zu exportierender Rüstungsgüter eine Ex-ante-Prüfung zum Endverbleib durch. Diese Vorgehensweise entspricht der international geübten und bewährten Praxis. Vor Erteilung einer Genehmigung für die Ausfuhr von Rüstungsgütern werden stets alle vorhandenen Informationen über den Endverbleib umfassend geprüft und bewertet. Zu den im Rahmen des Genehmigungsverfahrens vorzulegenden und zu prüfenden Unterlagen zählen auch die sogenannten Endverbleibserklärungen, die von den Antragstellern vorzulegen sind. Wenn Zweifel am gesicherten Endverbleib beim Empfänger bestehen, werden Ausfuhranträge abgelehnt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie positioniert sich die Bundesregierung innerhalb der Europäischen Union zur Zusammenarbeit mit Ägypten, womit begründet sie ihre Haltung, und welche gemeinsamen Anstrengungen unternimmt Deutschland mit der EU zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Ägypten? 7. Inwiefern schließt sich die Bundesregierung den Ergebnissen der vom EU- Parlament in Auftrag gegebenen Ägypten-Studie an, derzufolge eine „klare Haltung“ der EU angesichts der brutalen Menschenrechtsverstöße in Ägypten vonnöten sei, und wenn ja, welche Schritte unternimmt sie dazu (vgl. www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2018/603858/EXPO_ STU(2018)603858_EN.pdf, S. 39)? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat die Studie zur Kenntnis genommen. Sie äußert sich auch in den zuständigen Gremien der Europäischen Union ihre Sorge über die Menschenrechtslage in Ägypten. Zuletzt hat die Europäische Union im März 2018 eine Erklärung im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen abgegeben, in der sie Ägypten auffordert, die internationalen Menschenrechtsstandards sowie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren. Im Rahmen der EU-Menschenrechtsarbeit in Ägypten nimmt Deutschland regelmäßig an Prozessbeobachtungen teil. 8. Zu welchen konkreten Ergebnissen hat der Assoziationsrat EU-Ägypten geführt , der im Juli 2017 erstmals seit 2011 wieder zusammentrat (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International), und welche menschenrechtspolitischen Auswirkungen haben nach Kenntnis der Bundesregierung diese Beratungen? Der Assoziationsrat EU-Ägypten billigte am 25. Juli 2017 die Partnerschaftsprioritäten EU-Ägypten für die Jahre 2017 bis 2020. Ziel der Partnerschaftsprioritäten ist es, gemeinsame Herausforderungen anzugehen, gemeinsame Interessen zu fördern und die langfristige Stabilität auf beiden Seiten des Mittelmeers zu gewährleisten . Die Partnerschaftsprioritäten basieren auf dem gemeinsamen Bekenntnis zu den universellen Werten der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Menschenrechte, was in der gemeinsamen Abschlusserklärung ausdrücklich unterstrichen wird. 9. Wie wirkten sich nach Kenntnis der Bundesregierung die im April 2017 vom Präsidenten unterzeichneten Gesetzesänderungen aus, die Garantien für faire Gerichtsverfahren schwächten und willkürliche Festnahmen, unbefristete Untersuchungshaft, Verschwindenlassen sowie die Verhängung weiterer Strafen erleichterten (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International)? Die im April 2017 von Staatspräsident Al-Sisi unterzeichneten Gesetzesänderungen stehen im Zusammenhang mit der Verhängung des landesweiten Ausnahmezustands im selben Monat, der den Sicherheitsbehörden erhöhte Eingriffsbefugnisse gewährt. Die Gesetzesänderungen führten darüber hinaus zu verschiedenen Verschärfungen des Strafprozessrechts, die vor allem auf eine Verkürzung von Strafverfahren zulasten von prozessualen Rechten der Verteidigung hinauslaufen, etwa durch Verkürzung des Instanzenzugs oder erweiterte Rechte der Gerichte, Zeugen der Verteidigung nicht zu hören. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2020 10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Trennung von Exekutive, Legislative und Judikative in Ägypten? Wie wirkte sich das ebenfalls im April 2017 unterzeichnete Gesetz über Justizorgane (Gesetz 13/2017) aus, das den Präsidenten ermächtigte, die Vorsitzenden der Justizorgane zu ernennen? Die ägyptische Regierung hat einen starken Einfluss auf die Gesetzgebung. Gegenüber den gesetzgebenden Staatsorganen hat die Judikative keine Befugnisse. Die traditionell relativ starke und selbstbewusste Position der ägyptischen Judikative gegenüber der Exekutive wurde durch verschiedene Schritte geschwächt. Die genannte Gesetzesänderung führt zu einer Einschränkung der Selbstverwaltung der Justiz. Der Staatspräsident wählt die Vorsitzenden von vier Justizorganen („State Council“, „Supreme Judicial Council“, „Administrative Prosecution“ und „State Lawsuits Authority“) nun jeweils aus einer Liste von drei Vizepräsidenten , die von den jeweiligen Justizorganen selbst nominiert werden. Zuvor erfolgte die Auswahl unabhängig durch die Gremien der Justizorgane und wurde durch den Staatspräsidenten nur formell vollzogen. 11. Wie beurteilt die Bundesregierung den Fall der Frauenrechtlerin Azza Soliman (www.amnesty.org/en/get-involved/take-action/speak-out-for-egyptwomens -rights-defender-azza-soliman/), die nach Kenntnis der Fragesteller mit einem Ausreiseverbot und der Beschlagnahmung ihres Vermögens belegt wurde? Die Bundesregierung hat ihre Besorgnis über verhängte Ausreiseverbote und die Beschlagnahme von Vermögen von Vertreterinnen und Vertretern der ägyptischen Zivilgesellschaft im Zusammenhang mit dem sogenannten Foreign Funding Case no. 173 aus dem Jahr 2011 (vgl. auch Antwort zu Frage 12), zu denen unter anderem auch die Frauenrechtlerin Frau Azza Soliman gehört, gegenüber der ägyptischen Regierung zum Ausdruck gebracht. Die Deutsche Botschaft in Kairo verfolgt die weiteren Entwicklungen in dem Verfahren kontinuierlich. 12. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern sowie NGOs, die als „Fall 173“ bekannt wurden (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International)? Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung unternommen, um sich für die Beendigung des Verfahrens einzusetzen? Das Verfahren gegen ägyptische Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger im sogenannten Fall Nr. 173 ist ein weiterhin laufendes Ermittlungsverfahren. Angeklagte hatten vereinzelt erfolglos Widerspruch gegen das Ausreiseverbot und das Einfrieren von Vermögen eingelegt. Sieben Angeklagte reichten am 27. August 2017 einen Antrag gegen eine erneute Verlängerung des Mandats des beauftragten Ermittlungsrichters ein. Die Bundesregierung hat den Fall wiederholt gegenüber der ägyptischen Regierung angesprochen. Die Deutsche Botschaft in Kairo verfolgt das Verfahren kontinuierlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Reiseverbote von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern, beispielsweise des Nadeem-Zentrums („Al Nadeem Center for Rehabilitation of Victims of Violence“) (www.sueddeutsche.de/politik/menschenrechtspreisvonamnesty -international-auszeichnung-fuer-die-zeuginnen-des-grauens- 1.3839294)? Inwiefern sieht sie diese Reiseverbote als systematisches Mittel zur Einschüchterung und Unterdrückung? Die Bundesregierung hat Kenntnis über Reiseverbote gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, einschließlich gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nadeem-Zentrums. In einigen Fällen wurden Betroffene nicht über das gegen sie verhängte Reiseverbot informiert und erfuhren hiervon erst durch die Grenzpolizei. Die Bundesregierung bringt ihre Sorge über repressive Maßnahmen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger wie Reiseverbote regelmäßig in Gesprächen mit der ägyptischen Regierung, in öffentlichen Erklärungen sowie in internationalen Gremien wie dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zum Ausdruck. 14. Inwiefern gewährleistet Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit nach Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, insbesondere im Hinblick auf Nichtregierungsorganisationen ? Das 2013 in Kraft getretene Demonstrationsgesetz schränkt die Versammlungsfreiheit spürbar ein. Aufgrund des seit April 2017 landesweit geltenden Ausnahmezustands unterliegen Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zusätzlichen Beschränkungen. So kann es etwa bei bestimmten Verstößen gegen das Versammlungsrecht zu Anklagen vor Notstandsgerichten kommen. Im Jahr 2017 wurden Demonstrationen mehrfach als Bedrohung für die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung eingestuft. 15. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung das im Mai 2017 unterzeichnete Gesetz, das den Behörden weitreichende Befugnisse einräumt, um NGOs die offizielle Registrierung zu verweigern oder sie aufzulösen (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International)? Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, Dr. Bärbel Kofler, hat am 31. Mai 2017 ihre Sorge über das im Mai 2017 in Kraft getretene Gesetz für Nichtregierungsorganisationen zum Ausdruck gebracht , das die Rechte und Freiheiten zivilgesellschaftlicher Organisationen in Ägypten massiv einschränkt. Die zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zu erlassenden Durchführungsbestimmungen sind allerdings nicht ergangen. In der Praxis führt die unklare Rechtslage zu erheblicher Verunsicherung unter den zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ägypten und zum weitgehenden Stillstand ihrer Aktivitäten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2020 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Status sowie die aktuellen Arbeitsmöglichkeiten deutscher und europäischer Organisationen (z. B. politische Stiftungen, Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen sowie bei Projekten zur Förderung der Zivilgesellschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit)? Die Durchführungsorganisationen der staatlichen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit agieren gegenwärtig auf der rechtlichen Grundlage des Rahmenabkommens über technische Zusammenarbeit von 1973 sowie von in der Regel jährlichen völkerrechtlichen Abkommen über Einzelvorhaben der Zusammenarbeit . Die Bundesregierung führt zurzeit Verhandlungen mit der ägyptischen Regierung über ein ergänzendes Statusabkommen für die Büros der Durchführungsorganisationen . a) Inwiefern hat es mit Blick auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung ein Jahr nach der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Deutsch-Ägyptischen Kulturabkommen weitere Schritte „in Richtung Lösung“ (vgl. www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/ laender/aegypten-node/170330-zusatzprotokoll/288868) gegeben? Am 5. April 2018 hat das ägyptische Kassationsgericht in Kairo der Beschwerde einer Mitarbeiterin der Konrad-Adenauer-Stiftung stattgegeben. Das gegen sie verhängte Urteil wurde unter Zurückverweisung an die Vorinstanz aufgehoben. b) Inwiefern gibt es mit der ägyptischen Regierung Vereinbarungen darüber, dass Partner der deutschen politischen Stiftungen im Land für diese Zusammenarbeit keine Repressionen zu befürchten haben? Das am 30. August 2017 in Kraft getretene Zusatzprotokoll zum deutsch-ägyptischen Kulturabkommen vom 11. November 1959 stellt die Arbeit der Stiftungen auf eine neue rechtliche Grundlage. So werden in einer Vereinbarung für den Zeitraum eines Jahres nicht nur die Programme, sondern auch die Kooperationspartner gemeinsam vorab festgelegt. Bei Nichteinhaltung der Bestimmungen des Zusatzprotokolls durch eine der deutschen politischen Stiftungen ist ein diplomatisches Konsultationsverfahren durchzuführen. 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verhaftungen und Verurteilungen von Journalistinnen und Journalisten in Ägypten sowie den Stand von Pressefreiheit und Zensur im Land? Inwiefern beurteilt sie die zunehmenden Repressionen auch gegenüber Journalistinnen und Journalisten, die sich nicht mit im engeren Sinne politischen Themen befassen, als Zeichen für eine Verschlechterung der Lage (vgl. den Fall der Berichterstattung über die historische Straßenbahn in Alexandria: www.economist.com/news/middle-east-and-africa/21738390-his-tone-hasturned -dark-threats-and-talk-conspiracies-ahead)? Seit 2014 hat sich die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in Ägypten nachvollziehbar verschlechtert. Journalisten sind zunehmend repressiven Maßnahmen ausgesetzt. Zudem kommt es Berichten zufolge immer wieder zur Zensur von Abschnitten oder ganzer Ausgaben von Zeitungen. Zahlreiche Webseiten von Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode lokalen und internationalen Medien, Nichtregierungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen und Anbietern von Proxy-Servern und „Virtual Private Networks “ (VPN) wurden gesperrt. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl im März 2018 haben die repressiven Maßnahmen gegen Journalisten an Umfang und Intensität weiter zugenommen. 18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verhaftungen und Verurteilungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende in Ägypten sowie den Stand der Wissenschaftsfreiheit und Kunstfreiheit, und inwiefern beurteilt sie die jüngsten Prozesse gegen Musikerinnen und Musiker wegen ihrer Liedtexte als Zeichen für eine Verschlechterung der Lage (vgl. www.tagesschau.de/ausland/ musiker-aegypten-101.html)? Der Bundesregierung sind repressive Maßnahmen gegen Wissenschaftler, Künstler und Kulturschaffende bekannt. Neben Maßnahmen gegen politische Aktivitäten , die von Festnahmen und Reiseverboten bis hin zum Verschwindenlassen reichen , kam es in letzter Zeit auch zu Festnahmen auf Grundlage von Gesetzesbestimmungen zum Schutze der öffentlichen Moral. Die Bundesregierung ist über diese Vorfälle besorgt und spricht sie gegenüber der ägyptischen Regierung regelmäßig an. 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine verschärfte Zensur des Internets und von Onlinemedien sowie sozialen Netzwerken? Ägyptische Menschenrechtsorganisationen zählen fast 500 gesperrte Webseiten von lokalen und internationalen Medien, Nichtregierungsorganisationen, Menschenrechtsorganisationen und Anbietern von Proxy-Servern und VPN. Die Sperrungen erfolgen ohne Angabe über den Urheber der Maßnahme, ihren Anlass oder Hinweis auf Möglichkeiten Rechtsmittel einzulegen. Menschenrechtsorganisationen berichten über die Überwachung sozialer Medien, die sich unter anderem gegen Journalisten und Aktivisten sowie gegen Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung richtet. Ein derzeit im ägyptischen Parlament diskutierter Gesetzesentwurf über Cyberkriminalität könnte dazu führen, dass die Befugnisse der Behörden zur Überwachung des Internets und der sozialen Medien erweitert werden. 20. Inwiefern hat die Bundesregierung die Sperrung des vom Auswärtigen Amt finanzierten Portals Qantara.de (www.taz.de/!5435639/) gegenüber der ägyptischen Regierung thematisiert, und welche Konsequenzen zieht sie aus dieser Sperrung? Die Bundesregierung hat die Sperrung der Internetseite von Qantara in Gesprächen mit der ägyptischen Regierung scharf kritisiert und die ägyptischen Behörden aufgefordert, Qantara den freien Zugang zum Internet zu gewährleisten. 21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verfolgung von tatsächlichen oder vermeintlichen Mitgliedern der Muslimbruderschaft? Die Muslimbruderschaft ist in Ägypten als terroristische Vereinigung eingestuft. Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wird in Ägypten mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren geahndet. Zudem sind Mitglieder der Muslimbruderschaft in Ägypten repressiven Maßnahmen wie Kontosperrungen, Reiseverboten und Einschüchterungen ausgesetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2020 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Haftbedingungen in den offiziellen Hafteinrichtungen und den Haftzentren des nationalen Geheimdienstes , insbesondere den Zugang zu anwaltlicher Beratung, die Verhängung von Einzelhaft, die Länge von Untersuchungshaft und mangelnde medizinische Versorgung? Die Haftbedingungen in offiziellen Hafteinrichtungen geben, auch im Hinblick auf die Einhaltung internationaler Mindeststandards, Anlass zu großer Sorge. Das Recht der Gefangenen auf anwaltliche Beratung, Familienbesuche und medizinische Grundversorgung wird häufig nicht gewährt. Ein prominentes Beispiel ist der inhaftierte Journalist Hisham Gaafer, dem notwendige medizinische Behandlung verwehrt wird. Zu den Haftbedingungen in den Haftzentren der Geheimdienste liegen glaubhafte Berichte vor, nach denen es zur Anwendung von Folter kommt. Die nach ägyptischem Recht zulässige Obergrenze für die Dauer der Untersuchungshaft liegt bei zwei Jahren, wird aber ebenfalls nicht durchgängig respektiert. 23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass Sicherheitskräfte Menschen verschwinden lassen und Personen außergerichtlich hinrichten (vgl. Jahresbericht von Amnesty International 2017/2018)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse hierzu vor. 24. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über unfaire Massenprozesse, die Verhängung von Todesurteilen und die Anzahl der vollstreckten Hinrichtungen ? Der Bundesregierung sind die Berichte von Amnesty International bekannt, nach denen im Jahr 2017 in Ägypten über 400 Todesurteile verhängt und über 35 Hinrichtungen vollzogen wurden. 25. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, dass Frauen und Mädchen in Ägypten viel zu wenig gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt geschützt und im Gegenteil durch Gesetze und staatliches Handeln im täglichen Leben verstärkt diskriminiert werden? Die ägyptische Verfassung verpflichtet den Staat auf das Ziel, die Gleichheit von Männern und Frauen herbei zu führen und Frauen und Kinder vor jeglicher Form von Gewalt zu schützen. Die Regierung ist bestrebt, der weiterhin bestehenden Diskriminierung von Frauen und geschlechtsspezifischer Gewalt entgegen zu wirken. Seit 2014 ist sexuelle Belästigung strafbar und kann mit Haftstrafen geahndet werden. Genitalverstümmelung ist seit 2008 gesetzlich verboten, wird aber dennoch weiter praktiziert. Zwar haben Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt ihrer Ehemänner wurden, das Recht, sich scheiden zu lassen, allerdings ist es für sie oft schwierig, die entsprechenden Beweise der Gewaltanwendung gegen sie beizubringen bzw. damit bei Polizei und Justiz angehört zu werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 26. Inwiefern schützt Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung Minderjährige vor Verheiratung und gewährleistet Heiratsfähigen, ohne jede Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht zu heiraten und eine Familie zu gründen (Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte)? Das rechtliche Mindestalter für Heirat liegt in Ägypten bei 18 Jahren. Im Jahr 2014 startete der nationale Rat für Bevölkerung eine fünfjährige Kampagne mit dem Ziel, die Heirat von Minderjährigen um 50 Prozent zu reduzieren. Im Oktober 2017 kündigte der nationale Rat für Frauen eine Kampagne mit dem Titel „Nein zur Heirat von Minderjährigen“ an. Diese wird in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für religiöse Angelegenheiten umgesetzt. Ebenfalls im Oktober 2017 kündigte der ägyptische Minister für Gesundheit und Bevölkerung ein neues Gesetz zur Kriminalisierung der Heirat Minderjähriger an. Der Gesetzesentwurf liegt dem Parlament noch nicht vor. Nach ägyptischem Recht ist es einer muslimischen Frau nicht gestattet, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. 27. Inwiefern setzt Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung die Verpflichtungen aus der UN-Kinderrechtskonvention um? Die ägyptische Verfassung bekennt sich zum Schutz der Rechte der Kinder. Sie verbietet Kinderarbeit bis zum Abschluss der verpflichtenden Grundschulausbildung . Dennoch bleibt Kinderarbeit ein verbreitetes Phänomen, worauf auch der Ausschuss der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes in seinen „Concluding Observations“ (2011) hingewiesen hat. Die Schulpflicht wird nicht durchgehend durchgesetzt. Nichtregierungsorganisationen kritisieren die Situation von Minderjährigen in Gefängnissen. Es gibt keine Jugendstrafvollzugsanstalten, die den besonderen Bedürfnissen Minderjähriger gerecht werden. 28. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass in Ägypten viele Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung festgenommen und strafrechtlich verfolgt werden, etwa nach Zeigen der Regenbogenflagge (https://netzpolitik.org/2017/nach-zeigen-der-regenbogenflaggesocial -media-ermittlungen-bei-verhaftungswelle-in-aegypten/)? Inwiefern zeichnen sich Veränderungen der rechtlichen Situation dieser Menschen ab, beispielsweise durch Initiativen aus dem ägyptischen Parlament , und hat die Bundesregierung gegen die o. g. Vorkommnisse und mögliche Verschärfungen protestiert? Seit September 2017 kam es in Ägypten vermehrt zu Verhaftungen von Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Nach Angaben aus der ägyptischen Zivilgesellschaft wurden bis Ende 2017 mindestens 71 Personen verhaftet. 49 Personen wurden zu Haftstrafen zwischen drei Monaten und sechs Jahren verurteilt. Als rechtliche Grundlage wird das Prostitutionsgesetz herangezogen, da Homosexualität in Ägypten nicht explizit strafbar ist. Ein bereits im November 2017 vom Abgeordneten Riyadh Abdel Sattar eingebrachter Gesetzentwurf zur Kriminalisierung von Homosexualität liegt dem legislativen Ausschuss des Parlaments zur Beratung vor. Die Erfolgsaussichten des Gesetzentwurfes lassen sich nicht zuverlässig einschätzen. Die Bundesregierung hat ihre Sorge bezüglich der genannten Vorkommnisse und Entwicklungen gegenüber der ägyptischen Regierung mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht und das Vorgehen der ägyptischen Behörden gegen diese Personengruppe verurteilt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2020 29. Welche Einschränkungen der Religionsfreiheit bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung in Ägypten, und inwiefern kam es in jüngster Zeit zu Verschärfungen dieser Einschränkungen? In Ägypten ist die Religionsfreiheit nach wie vor eingeschränkt. Die Freiheit des Kultes und das damit verbundene Recht zum Bau von Gotteshäusern bleiben Muslimen, Christen und Juden vorbehalten. Durch die Beschränkung der Glaubensfreiheit auf einzelne Religionen wird eine Unterscheidung zwischen „anerkannten “ und „nicht-anerkannten“ Religionen getroffen, die zu zahlreichen Formen der Diskriminierung im Alltag führt. Davon betroffen sind besonders Angehörige kleinerer Glaubensgemeinschaften wie etwa die ca. 200 000 in Ägypten lebenden Schiiten oder auch die etwa 2 000 Baha’i, die nicht als gleichwertige Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Staatspräsident El-Sisi setzt sich persönlich für das friedliche Zusammenleben der Religionen und insbesondere auch für die Kopten in Ägypten ein. 30. Inwiefern besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein Klima der Straflosigkeit bei Übergriffen gegen ethnische, sexuelle und religiöse Minderheiten , insbesondere gegenüber den Kopten sowie Atheisten? Es kann in Ägypten nicht pauschal von einem „Klima der Straflosigkeit“ ausgegangen werden. Eine entsprechende Einschätzung hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. 31. Inwiefern ist die rechtliche Lage der Kopten seit der Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/10437 verbessert worden? Da sich viele Konflikte zwischen Muslimen und Kopten an der Frage des Kirchenbaus entzünden, ist mit dem Ende August 2016 verabschiedeten Kirchenbaugesetz eine wichtige rechtliche Grundlage zur Lösung des Problems geschaffen worden. Im ersten Jahr wurden allerdings kaum Anträge auf Lizensierung von Kirchen genehmigt. Anfang 2018 wurde jedoch die Fortsetzung von Messen in jenen Kirchen genehmigt, die ihre Unterlagen dem dafür eingerichteten Ausschuss vorgelegt hatten. Kirchen werden weiterhin durch Sicherheitskräfte geschützt. 32. Inwiefern gewährleistet Ägypten nach Kenntnis der Bundesregierung den diskriminierungsfreien Zugang und das Recht auf Bildung nach Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte? Im staatlichen ägyptischen Bildungssystem sind sowohl grundlegende als auch Fach-, Berufsschul- und Hochschulbildung unentgeltlich und stehen der gesamten Bevölkerung offen. Es gilt eine neunjährige Schulpflicht bis zum Abschluss der Hauptschulreife („Adadiya“). Daneben gibt es ein ausdifferenziertes privates Schul- und Hochschulsystem sowie das Bildungssystem der Al Azhar, welches die Al Azhar-Schulen und die Universität Al Azhar umfasst. Der Zugang zu Bildung wird besonders in armen Regionen durch mehrere Faktoren erschwert, etwa durch weite Anreisewege und dadurch, dass Kinder häufig bereits im jungen Alter im Haushalt mitarbeiten müssen oder Mädchen jung verheiratet werden. Während die Einschulungsraten sich im oberen Mittelfeld bewegen, rangiert Ägypten bzgl. der Qualität der Grundschulbildung nach Angaben des „Global Competitiveness Report“ 2017 – 2018 des Weltwirtschaftsforums auf Rang 133 von 137 untersuchten Ländern. Bei der Qualität des Bildungssystems insgesamt belegt Ägypten den 130. Platz von 137. Die Analphabetenrate bleibt mit 19,4 Prozent hoch. Nach Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2020 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Angaben der Offiziellen Statistischen Agentur Ägyptens (CAPMAS) gab es im Jahr 2017 insgesamt 18,4 Millionen Analphabeten, davon 10,6 Millionen Frauen und Mädchen, bei einer Gesamtbevölkerung von 96,7 Millionen Menschen. 33. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verfolgung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich gewerkschaftlich organisierten , von ihrem Streikrecht Gebrauch machten oder unabhängige Gewerkschaften gründeten (vgl. Länderkapitel Ägypten im Jahresbericht 2017/18 von Amnesty International), und welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Gewährleistung elementarer Arbeitnehmerrechte nach Artikel 4 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte? Die große Gewerkschaft „Egyptian Trade Union Federation“ (ETUF) mit ca. vier Mio. Mitgliedern ist staatlich gelenkt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Dachverbände Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB) und Internationaler Gewerkschaftsbund (IGB) arbeiten daher nicht mit der ETUF zusammen. Unabhängige Gewerkschaften dürfen als solche nicht firmieren, haben sich in der Vergangenheit im Allgemeinen aber als Vereine organisiert. Diese Vereine, die EFITU („Egyptian Federation of Independant Trade Unions“), das Beratungsgremium CTUWS („Center for Trade Union and Workers Services“) und der EDLC („Egyptian Democratic Labor Congress“), zählen allerdings insgesamt weniger als 100.000 Mitglieder. Mit der Verabschiedung eines neuen Gewerkschaftsgesetzes im Dezember 2017 sind bezüglich der Bildung neuer freier Gewerkschaften noch höhere Schranken errichtet worden. Damit wird auch der Druck auf alle unabhängigen Arbeitnehmerzusammenschlüsse erhöht, sich unter das Dach der ETUF zu begeben. Aufgrund der sich zunehmend verschlechternden Lebensbedingungen von Arbeitnehmern kommt es immer wieder zu örtlichen Streiks und Arbeitsniederlegungen , gegen die die Sicherheitskräfte vorgehen. Zahlreiche Streikende und Gewerkschafter wurden inhaftiert. 34. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verweigerung der Rechte indigener Bevölkerungsgruppen in Ägypten, insbesondere die der binnenvertriebenen Nubier (vgl. www.amnesty.org/en/latest/news/2017/09/ egypt-release-24-nubian-activists-detained-after-protest-calling-for-respectof -their-cultural-rights/)? Gemäß Artikel 236 der ägyptischen Verfassung ist der ägyptische Staat verpflichtet , einen Plan zur umfassenden wirtschaftlichen und städtischen Entwicklung in Nubien umzusetzen und innerhalb von zehn Jahren die Rückkehr der Nubier in ihr Herkunftsgebiet zu gewährleisten. Landstreitigkeiten führen immer wieder zu Konflikten zwischen Nubiern und dem ägyptischen Staat. So wurde nubisches Land immer wieder durch Dekrete des Staatspräsidenten für wirtschaftliche Entwicklungsprojekte oder Militärzonen enteignet. Nubische Aktivisten, die friedlich für ihr Recht auf Land demonstrierten, wurden verhaftet und vor einem Notstandsgericht angeklagt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333