Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 2. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2023 19. Wahlperiode 04.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Zaklin Nastic, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1671 – Politische Verfolgung von Carles Puigdemont V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont wurde am 25. März 2018 auf der Rückfahrt von einem Vortrag in Finnland nach Belgien auf der Autobahn 7 in Schleswig-Holstein auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls (EuHB) festgenommen und für eine Woche in der Justizvollzugsanstalt Neumünster inhaftiert („Polizei bringt Puigdemont in JVA Neumünster“, sueddeutsche.de vom 25. März 2018). Der Oberste Gerichtshof Spaniens hatte am 23. März 2018 ein Strafverfahren gegen Carles Puigdemont und zwölf weitere Regionalpolitiker eröffnet. Gegen sieben im Ausland befindliche Politiker, darunter Carles Puigdemont, wurden Haftbefehle erlassen. Die Betroffenen werden der Rebellion, des Aufruhrs und der Veruntreuung öffentlicher Mittel beschuldigt. In dem 19-seitigen EuHB gegen Carles Puidgemont ist ohne nähere Begründung außerdem „Korruption“ angekreuzt, außerdem werden Gewaltakte gegen Polizisten benannt („Bundesregierung will kein Veto gegen Auslieferung Puigdemonts einlegen“, spiegel.de vom 30. März 2018). Gegen den Vorwurf der Rebellion hatte Carles Puigdemont vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens Widerspruch eingelegt („Puigdemont legt Einspruch gegen Rebellions-Vorwurf ein“, haz.de vom 3. April 2018). Außerdem forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut. Die Festnahme Carles Puigdemonts war möglicherweise das Ergebnis einer Geheimdienstoperation zwischen dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem spanischen Geheimdienst Centro Nacional de Inteligencias (CNI). Zwölf Agenten des CNI und Beamte der Comisaría General de Información (CGI), des Geheimdienstes der spanischen Nationalpolizei, hätten laut Medienberichten jeden Schritt von Carles Puigdemont verfolgt, seit er Belgien verlassen hatte („Der katalanische Gefangene“ jungle.world.com vom 29. März 2018). Wo der Politiker durch die Bundespolizei verhaftet werden sollte, hätten die spanischen Agenten in Absprache mit dem BKA entschieden. Dieses Vorgehen des CNI soll vom spanischen Geheimdienstgesetz gedeckt sein, dessen Aufgabe die „Neutralisierung von Bedrohungen der nationalen Sicherheit“ sein soll. Es habe sich um eine international übliche Zusammenarbeit mit Geheimdiensten befreundeter Staaten, in diesem Fall Deutschlands, gehandelt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat schreibt dazu, das BKA habe erst am Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2023 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. März 2018 um 22:23 Uhr vom SIRENE-Büro Spanien (SIRENE = Supplementary Information Request at the National Entry) Kenntnis von dem EuHB erhalten (Antwort auf die Schriftliche Frage 28 der Abgeordneten Heike Hänsel auf Bundestagsdrucksache 19/1634). Der katalanische Politiker soll über einen Peilsender geortet worden sein, der an seinem belgischen Mietwagen Renault Espace angebracht war („Auferstanden hinter Gittern“, spiegel.de vom 31. März 2018). Außerdem seien die „GPS-Signale “ des Handys eines der Begleiter Carles Puigdemonts geortet worden. Möglich wäre aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller aber auch, die Funkzellen , in denen sich die Mobiltelefone seiner Mitreisenden eingebucht hatten, zu protokollieren. Es ist unklar, wer diese Maßnahmen veranlasst hat und inwiefern hierfür eine europäische Ermittlungsanordnung (EAO) genutzt wurde. Carles Puigdemont hatte im März 2018 in Belgien Anzeige erstattet, nachdem er bereits zuvor einen Peilsender unter seinem Auto gefunden hatte („Puigdemont erstattet Anzeige in Belgien“, deredactie.be vom 29. März 2018). Es habe sich um ein Gerät mit SIM-Karte gehandelt. Seine Anwälte hätten bei der Polizei von Waterloo außerdem eine Klage wegen Missachtung der Privatsphäre eingereicht. Gegen die vier mit ihm in einem Kleintransporter reisenden Personen wurden keine Maßnahmen verhängt. Das Amtsgericht Neumünster entschied am 26. März, dass der Politiker zunächst weiter im Gewahrsam bleibt. Zuständig für die Bearbeitung des EuHB ist die Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Schleswig -Holstein („Auslieferung von Puigdemont rückt näher“, lto.de vom 3. April 2018). Am 3. April 2018 hat die dortige Generalstaatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig einen Auslieferungshaftbefehl für Carles Puigdemont beantragt. „Nach intensiver Prüfung“ sei der Generalstaatsanwalt zu dem Ergebnis gelangt, „dass ein zulässiges Auslieferungsersuchen vorliegt, mit einer Durchführung des ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahrens zu rechnen ist und der Haftgrund der Fluchtgefahr vorliegt“ („Auslieferungshaft für Puigdemont beantragt“, zeit.de vom 3. April 2018). Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller war eine Fluchtgefahr jedoch nicht gegeben, da Carles Puigdemont auch in Belgien auf den Ausgang der Prüfung des ersten EuHB gewartet hatte, den spanische Behörden nach dem Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 verteilt, aber Anfang Dezember 2017 zurückgezogen hatten („El juez reactiva la orden de detención internacional contra Puigdemont, Rovira y otros cuatro huidos“, politica.elpais.com vom 24. März 2018). In deutschen Gesetzbüchern findet sich kein Paragraf zur Verfolgung von „Rebellion “. Der GStA in Schleswig zufolge beinhalte „Rebellion“ jedoch „im Kern den Vorwurf der Durchführung eines verfassungswidrigen Referendums trotz zu erwartender gewaltsamer Ausschreitungen“ („Auslieferung von Puigdemont rückt näher“, lto.de vom 3. April 2018). Dies finde eine vergleichbare Entsprechung im Deutschen Strafrecht in den §§ 81, 82 des Strafgesetzbuchs (StGB) (Hochverrat). Eine wortgleiche Übereinstimmung deutscher und spanischer Vorschriften sei gesetzlich nicht gefordert. Werde Carles Puigdemont wegen des Drucks von Stimmzetteln und Wahllisten der Veruntreuung öffentlicher Gelder zur Durchführung des Referendums und der Korruption beschuldigt, entspreche dies laut der GStA nach hiesigem Recht „einer Strafbarkeit nach § 266 des deutschen StGB (Untreue)“. Nach dem Antrag der GStA auf einen Auslieferungshaftbefehl hat das OLG geprüft , ob Carles Puigdemont in Auslieferungshaft genommen wird („Staatsanwaltschaft will Carles Puigdemont an Spanien ausliefern“, spiegel.de vom 3. April 2018). Das OLG erließ den Auslieferungshaftbefehl schließlich allein wegen des Vorwurfs der Untreue, während der von der spanischen Justiz vorgetragene Hauptvorwurf der Rebellion keine Berücksichtigung findet. Am 6. April 2018 wurde Carles Puigdemont aus der JVA Neumünster entlassen, nachdem das OLG als Auflagen eine Kaution von 75 000 Euro und eine wöchentliche Meldepflicht bei der Polizei verhängte („Über Kreuzberg zurück in Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2023 die Normalität“, tagesspiegel.de vom 7. April 2018). Wie eine Auslieferung in Zusammenarbeit mit den zuständigen deutschen Behörden durchzuführen ist, könnte abschließend die GStA entscheiden. Gegen diese Entscheidung könnte Carles Puigdemont Verfassungsbeschwerde einlegen. „Nach SPIEGEL-Informationen“ will die Bundesregierung gegen eine mögliche Auslieferung von Carles Puigdemont „kein Veto einlegen“, da dies als „rechtspolitischer Affront gegen die Bundesländer“ angesehen werde, denen der Bund das Bewilligungsverfahren in Auslieferungsfällen übertragen habe („Bundesregierung will kein Veto gegen Auslieferung Puigdemont einlegen“, spiegel .de vom 30. März 2018). Dieses Vorgehen sei „in einer Telefonschalte abgestimmt “, am Abend der Festnahme hätten hierzu die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Katarina Barley, Bundesaußenminister Heiko Maas, der Chef des Bundeskanzleramts Helge Braun und der Staatssekretär Hans- Georg Engelke telefoniert. Die Anwälte von Carles Puigdemont hätten hingegen die Bundesregierung dazu aufgefordert, die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit zu nutzen, die Auslieferung nicht zu bewilligen. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller handelt es sich bei dem EuHB gegen Carles Puidgemont um eine politische Verfolgung, da sich dieser als gewählter Politiker für die Selbstbestimmung Kataloniens eingesetzt hat. Dadurch ergibt sich ein Auslieferungshindernis. Nach einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste im Deutschen Bundestag (http://gleft.de/2aY) kann ein Mitgliedstaat die Übergabe einer Person ablehnen, wenn objektive Hinweise vorliegen, dass der EuHB zum Zweck der Verfolgung oder Bestrafung einer Person aus Gründen ihrer politischen Überzeugung erlassen wurde (§ 6 Absatz 2 IRG i. V. m. Erwägungsgrund 12 EuRbHb). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Kleine Anfrage sich auf ein Verfahren bezieht, das nach den Regelungen über den Europäischen Haftbefehl und den deutschen gesetzlichen Grundlagen derzeit bei den zuständigen Gerichten und Behörden des Landes Schleswig-Holstein anhängig ist. Als Vorbemerkung weist die Bundesregierung ferner darauf hin, dass sie sich zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Einzelheiten von Fahndungsmaßnahmen nicht äußert, um deren Durchführung nicht zu gefährden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter den konkret berechtigten Geheimhaltungsinteressen eines laufenden Rechtshilfeersuchens zurück. Das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege leitet sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab und hat damit ebenfalls Verfassungsrang. Eine Antwort zu den Fragen 1 bis 6 kann weder offen noch in eingestufter Form in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages erfolgen. Die Offenlegung der erfragten Informationen würde das Staatswohl in besonders hohem Maße beeinträchtigen, weil die Gefahr besteht, dass Einzelheiten bekannt werden, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern besonders schutzwürdig sind. Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch gleichfalls Verfassungsrang genießende schutzwürdige Interessen wie das Staatswohl begrenzt. Eine öffentliche Bekanntgabe von Informationen zum Kenntnisstand, zur Leistungsfä- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2023 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode higkeit, zur Ausrichtung und zu technischen Fähigkeiten von ausländischen Partnerdiensten und damit einhergehend die Kenntnisnahme durch Unbefugte hätte nachteilige Auswirkungen auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit diesen Nachrichtendiensten. Bei einem Bekanntwerden der schutzbedürftigen Informationen wäre kein Ersatz durch andere Instrumente der Informationsgewinnung möglich. Würden in der Konsequenz eines Vertrauensverlustes Informationen von ausländischen Stellen entfallen oder wesentlich zurückgehen, entstünden signifikante Informationslücken mit negativen Folgewirkungen für die Genauigkeit der Abbildung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Hinblick auf den Schutz deutscher Interessen im Ausland. Dies würde folgenschwere Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag der Nachrichtendienste des Bundes nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte. Die Gewinnung von auslandbezogenen Informationen ist für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des Bundes jedoch unerlässlich. Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des Bundes gemäß der gesetzlichen Grundlage nicht ausreichend Rechnung tragen. Die genannten schutzwürdigen Interessen sind derart relevant, dass auch ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens der erfragten Informationen nicht hingenommen werden kann. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse der Bundesregierung zurückstehen. 1. Wann und durch wen hat das Bundeskriminalamt (BKA) nach Kenntnisnahme des EuHB gegen Carles Puigdemont am 23. März 2018 um 22:23 Uhr vom konkreten Aufenthaltsort des Betroffenen erfahren (Antwort auf die Schriftliche Frage 28 der Abgeordneten Heike Hänsel auf Bundestagsdrucksache 19/1634)? a) Zu welchem Zeitpunkt wurden die Bundespolizei und die Landespolizei Schleswig-Holstein über die Wegstrecke von Carles Puigdemont in Kenntnis gesetzt, und wann erfolgte die entsprechende Aufforderung zur Festnahme? b) Welche Delikte sind in dem 19-seitigen Europäischen Haftbefehl (EuHB) gegen Carles Puigdemont vermerkt? c) Inwiefern trifft es zu, dass im EuHB ohne nähere Begründung außerdem „Korruption“ angekreuzt sowie Gewaltakte gegen Polizisten benannt werden („Bundesregierung will kein Veto gegen Auslieferung Puigdemonts einlegen“, spiegel.de vom 30. März 2018)? Die Fragen 1 bis 1c werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung äußert sich nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2023 2. Mit welchen Behörden oder Ministerien Spaniens (auch Geheimdienste) hat die Bundesregierung vor oder nach Eingang des EuHB zu welchem Zeitpunkt über die mögliche Festnahme von Carles Puigdemont kommuniziert? a) Was ist der Bundesregierung über die Rolle der spanischen Geheimdienste Centro Nacional de Inteligencias (CNI) und Comisaría General de Información (CGI) bei der Verfolgung und Festnahme von Carles Puigdemont bekannt („Der katalanische Gefangene“ jungle.world.com vom 29. März 2018)? b) Inwiefern haben das BKA oder das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hierzu mit dem CNI oder der CGI kooperiert? Die Fragen 2 bis 2b werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung äußert sich nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. c) Auf welche Weise war das BKA an einer Absprache beteiligt, wann und wo Carles Puidgemont verhaftet werden sollte? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse zu angeblichen Absprachen. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage Nr. 4/76 wird verwiesen. 3. Welche weiteren deutschen und spanischen Polizei- oder Geheimdienstbehörden waren nach Kenntnis der Bundesregierung an der Verfolgung und Festnahme von Carles Puigdemont beteiligt? Auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 28 und 29 der Abgeordneten Heike Hänsel auf Bundestagsdrucksache 19/1634 und die Mündliche Frage 57 des Abgeordneten Andrej Hunko in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 25. April 2018 (Plenarprotokoll 19/28)wird verwiesen . Im Übrigen äußert die Bundesregierung sich nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Wann erhielt das BKA Kenntnis darüber, dass das Fahrzeug von Carles Puigdemont in Belgien mit einem Peilsender ausgestattet worden war und in Skandinavien mithilfe von Überwachungstechnologie verfolgt wurde („Auferstanden hinter Gittern“, spiegel.de vom 31. März 2018; Schriftliche Frage 29 der Abgeordneten Heike Hänsel auf Bundestagsdrucksache 19/1634)? a) Welche technischen Maßnahmen zur Ortung und Verfolgung von Carles Puigdemont wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bis zur Einreise in deutsches Hoheitsgebiet betrieben? b) Welche Behörden haben in welchem Land einen Peilsender am belgischen Mietwagen von Carles Puigdemont angebracht? c) Nach welchem technischen Verfahren wurde das Mobiltelefon von Carles Puigdemont oder seiner Begleiter geortet? d) Welche technischen Maßnahmen zur Überwachung in Deutschland wurden mit deutschen Behörden abgestimmt bzw. inwiefern wurde hierzu um Erlaubnis ersucht? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2023 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode e) Inwiefern hat die Landespolizei Schleswig-Holstein oder andere Behörden das Fahrzeug von Carles Puigdemont nach der Festnahme nach Überwachungsgeräten abgesucht? f) Sofern das BKA vor der Festnahme über die Verfolgung mithilfe von Überwachungstechnologie informiert war, weshalb unterblieb eine Mitteilung hierzu an die Landespolizei Schleswig-Holstein? Die Fragen 4 bis 4f werden zusammen beantwortet. Auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 28 und 29 der Abgeordneten Heike Hänsel vom auf Bundestagsdrucksache 19/1634 wird verwiesen. Im Übrigen äußert sich die Bundesregierung nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 5. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern spanische Behörden zur Verfolgung und Festnahme von Carles Puigdemont oder seiner Begleiter auch Maßnahmen im Rahmen einer Europäischen Ermittlungsanordnung angefordert haben, und welche Einzelheiten kann sie dazu (auch zu den von spanischen Behörden angefragten Ländern) mitteilen? Die Bundesregierung äußert sich nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern spanische Behörden zur Verfolgung und Festnahme von Carles Puigdemont oder seiner Begleiter auch Maßnahmen nach Artikel 36 des Rahmenbeschlusses zum Schengener Informationssystems (SIS) ergriffen haben (bitte mitteilen, ob es sich um eine Ausschreibung nach Absatz 2 oder 3 handelt)? Die Bundesregierung äußert sich nicht im Einzelnen zu laufenden Rechtshilfeersuchen und Fahndungsmaßnahmen. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 7. Was ist der Bundesregierung über Fälle von Folter in spanischen Gefängnissen bekannt, und aus welchen Quellen speist sich diese Haltung? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse vor. a) Auf welche Weise hat die Bundesregierung bekanntgewordene Fälle von Folter gegenüber der spanischen Regierung angesprochen? Das Thema Folter war nicht Gegenstand jüngster Gespräche mit der spanischen Regierung. b) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus einer Studie des Secretaría General de Derechos Humanos, Convivencia y Cooperación , die für die Jahre der Demokratie nach dem Sturz des faschistischen Diktators Franco von mindestens 2 400 Fällen von Folter berichtet (www. berria.eus/dokumentuak/dokumentua1770.pdf)? Die Studie der „Secretaría General de Derechos Humanos, Convivencia y Cooperación “ und die ihr zugrundeliegenden Quellen sind der Bundesregierung nicht Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2023 bekannt, so dass eine Stellungnahme nicht möglich ist. Die Bundesregierung bekennt sich zum absoluten Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. 8. Inwiefern hält die Bundesregierung trotz bekanntgewordener Fälle von Folter oder Misshandlungen bzw. politischer Verfolgung daran fest, der Regierung Spaniens als Grundlage für den Mechanismus des Europäischen Haftbefehls weiterhin „ein hohes Maß an Vertrauen“ (Ratsbeschluss zum Europäischen Haftbefehl) entgegenzubringen? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Fragesteller sich auf Erwägungsgrund 10 des Rahmenbeschlusses vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (2002/584/JI) beziehen. Der Erwägungsgrund ist im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu sehen. Aus dem Erwägungsgrund lassen sich keine Schlussfolgerungen für einzelne Fälle ziehen; vielmehr betrifft er die allgemeine Aussetzung der Anwendung des Europäischen Haftbefehls an sich, für die weitere, im Erwägungsgrund näher bezeichnete Voraussetzungen zu erfüllen wären. Erwägungsgrund 10 ist Erwägungsgründen 12 und 13 sowie Artikel 1 Absatz 2 und 3 des Rahmenbeschlusses gegenüberzustellen. Nach Erwägungsgrund 12 darf keine Bestimmung des Rahmenbeschlusses in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie es untersagt, die Übergabe einer Person abzulehnen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der genannte Haftbefehl zum Zwecke der Verfolgung oder Bestrafung einer Person aus Gründen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, Religion, ethnischen Herkunft, Staatsangehörigkeit, Sprache oder politischen Überzeugung oder sexuellen Ausrichtung erlassen wurde oder dass die Stellung dieser Person aus einem dieser Gründe beeinträchtigt werden kann. Erwägungsgrund 13 bekräftigt das Verbot, in einen Staat abzuschieben, auszuweisen oder auszuliefern, in dem für die betroffene Person das ernsthafte Risiko der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Artikel 1 stellt ferner ausdrücklich klar, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses nicht von der Pflicht entbinden, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind, zu achten. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die zuständigen deutschen Stellen diesen Vorgaben bei der Anwendung des Rahmenbeschlusses im Verhältnis zu Spanien gerecht werden. Zum Europäischen Haftbefehl gegen Carles Puigdemont wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 9. Inwiefern ist auch die Bundesregierung wie der irische Oberste Gerichtshof der Ansicht, dass polnische Haftbefehle wegen mangelnder Unabhängigkeit der polnischen Justiz derzeit nicht vollstreckt oder wenigstens eingehend geprüft werden sollen („High Court extradition refusal a ‘nuclear bomb’, say Warsaw judges“, irishtimes.com vom 13. März 2018)? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der irische Oberste Gerichtshof den Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorlageverfahrens befasst. Die Bundesregierung äußert sich nicht zur Vorgehensweise von Gerichten anderer Mitgliedstaaten beziehungsweise zu am Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2023 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie viele Personen waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren ab 2005 jeweils per EuHB ausgeschrieben (bitte mit Stichtag 1. Januar angeben )? Nachfolgend werden die Ausschreibungszahlen (Ausschreibungen zum Zwecke der Übergabe- oder Auslieferungshaft mit Europäischem Haftbefehl gemäß Artikel 95 des Schengener Durchführungsübereinübereinkommens vom 19. Juni 1990 bzw. Artikel 26 des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation – SIS II – ) aller Mitgliedsstaaten im Schengener Informationssystem zum jeweiligen Stichtag 1. Januar dargestellt: 2018: 37.662 2017: 35.612 2016: 34.590 2015: 34.647 2014: 34.265 2013: 35.920 2012: 34.758 2011: 31.538 2010: 28.672 2009: 24.556 2008: 19.119 2007: 16.049 2006: 15.460 2005: 15.011 11. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit bei Interpol mit einem Fahndungsersuchen zur Festnahme („Rotecke“) ausgeschrieben (bitte mit Stichtag 1. Januar angeben)? Laut „INTERPOL Statistics 2017“ waren zum Stichtag 31. Dezember 2017 insgesamt 52 103 „Red Notices“ aktiv. a) Was ist der Bundesregierung über die Umsetzung eines Vorschlages bekannt , rückwirkend alle bei Interpol eingestellten „Rotecken“ auf eine mögliche politische Verfolgung zu überprüfen (http://gleft.de/2bJ)? Die aktuellen Schutz- und Prüfmechanismen in Bezug auf die Interpol-Fahndungs -instrumente im Interpol-Generalsekretariat (IPSG) sind aus Sicht der Bundesregierung bereits als effektiv zu bewerten. Ihre Verbesserung stellt gleichwohl ein fortlaufendes Diskussionsthema der verschiedenen Interpol-Gremien (z. B. Generalversammlung der IKPO-Interpol, Europäische Regionalkonferenz der IKPO-Interpol, Interpol European Committee) dar. Auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 51 des Abgeordneten Andrej Hunko auf Bundestagsdrucksache 19/1126 wird verwiesen. Im Übrigen hat das Interpol-Generalsekretariat nach Kenntnis der Bundesregierung im Januar 2018 mit der Bearbeitung des Fahndungsaltbestands begonnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2023 b) Inwiefern hat der Workshop zur Erarbeitung eines gemeinsamen Vorgehens der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei politisch motivierten Fahndungsersuchen unter Einbeziehung von Interpol, den die Europäische Kommission auf Bitten des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees und des Ständigen Ausschusses für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit ausrichten soll, inzwischen stattgefunden , und welche Ergebnisse kann die Bundesregierung hierzu mitteilen (Bundestagsdrucksache 19/180, Antwort zu Frage 4c)? Die Veranstaltung hat noch nicht stattgefunden. 12. Inwiefern war die Teilnahme der Katalaninnen und Katalanen am Referendum am 1. Oktober 2017 aus Sicht der Bundesregierung eine rechtswidrige Handlung, und gegen welche geltende Norm sollen diese verstoßen haben? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Fragen ausländischen Rechts. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. a) Welche Angaben zur Gewalttätigkeit der Abstimmenden werden in der Begründung des EuHB gegen Carles Puigdemont angeführt? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. b) Welches begriffliche Merkmal zur Gewalt im spanischen Straftatbestand der „Rebellion“ wird in dem Haftbefehl genannt? Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Fragen ausländischen Rechts. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. c) Aus welchen juristischen Erwägungen sieht die Bundesregierung Massenversammlungen mit einschüchternder Wirkung oder Blockaden von Gebäuden und Dienstfahrzeugen mit der Wirkung der Behinderung staatlicher Aufgabenerfüllung als „Rebellion“, und nicht als zivilen Ungehorsam oder Nötigung? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 13. Wie hat die GStA nach Kenntnis der Bundesregierung im Einzelnen begründet , dass die Auslieferung nicht von vornherein unzulässig erscheint, zumal an der Vergleichbarkeit der Delikte in der Fachöffentlichkeit erhebliche Zweifel geäußert wurden? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 14. Inwiefern hat die Bundesregierung geprüft, ob es sich bei dem EuHB gegen Carles Puigdemont um eine Verfolgung aufgrund politischer Anschauungen handeln könnte (http://gleft.de/2aY)? In allgemeiner Hinsicht ist die die Bundesregierung der Auffassung, dass auch in Verfahren des Europäischen Haftbefehls § 6 Absatz 2 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), in Verbindung mit § 72 Satz 2 des IRG, anzuwenden ist. § 6 Absatz 2 IRG verbietet eine Auslieferung, wenn „ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2023 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder dass seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.“ Dies steht in Einklang mit dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl (Erwägungsgrund 12, Artikel 1 Absatz 3), siehe auch schon die Antwort zu Frage 8. Zum Europäischen Haftbefehl gegen Carles Puigdemont wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 15. Aus welchen Erwägungen macht die Bundesregierung zu einer Auslieferung keine rechtlichen Bedenken gegenüber der Landesregierung Schleswig- Holsteins geltend („Bundesregierung will kein Veto gegen Auslieferung Puigdemonts einlegen“, spiegel.de vom 30. März 2018)? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 16. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, aus welchen Gründen der Oberste Gerichtshof Spaniens den ersten Europäischen Haftbefehl gegen Carles Puigdemont im November 2017 wieder aufgehoben hatte? Es handelt sich um eine Entscheidung des zuständigen spanischen Gerichts im Verfahren gegen Carles Puigdemont. Die Bundesregierung äußert sich nicht zu Fragen ausländischen Rechts oder der Vorgehensweise von Gerichten anderer Mitgliedstaaten. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 17. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, ob der Europäische Haftbefehl dahingehend überdacht werden muss, dass er ausschließt, Festnahmeersuchen nach Gutdünken zurückzuziehen und nach strategischen Erwägungen neu zu erlassen, je nachdem in welchem Land sich die Gesuchten aufhalten, um damit Ablehnungsgründe für eine Auslieferung zu minimieren (Ralph Bunche, Regionaldirektor der NGO Fair Trials in euobserver.com vom 3. April 2018:„Free movement threatened if European arrest warrant abused)? Jedem Erlass und jeder Rücknahme eines Europäischen Haftbefehl liegt eine innerstaatliche justizielle Entscheidung zugrunde (siehe Artikel 1 Absatz 1 des Rahmenbeschlusses). Die Entscheidungsfindung obliegt den nach nationalem Recht für die Führung des jeweiligen Strafverfahrens zuständigen Strafverfolgungsbehörden beziehungsweise Gerichten im Einzelfall. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333