Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 2. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2024 19. Wahlperiode 04.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Zaklin Nastic, Michel Brandt, Heike Hänsel, Dr. Diether Dehm, Andrej Hunko, Tobias Pflüger, Helin Evrim Sommer und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1736 – Die Ermordung von Marielle Franco und die Verschlechterung der Menschenrechtslage in Brasilien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der Nacht vom 14. März 2018 wurden in Rio de Janeiro die Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco, 38, und ihr Fahrer Anderson Pedro Gomes auf offener Straße durch neun Schüsse im Dienstwagen ermordet. Ihre Pressesprecherin kam mit leichten Verletzungen in ein Krankenhaus. Die Ermittler gehen von einer Hinrichtung aus. Laut Polizeiangaben hatten die Täter genaue Kenntnis vom Sitzplatz der Politikerin, obwohl die Scheiben komplett verdunkelt waren. Am 16. März 2018 wurde bekannt, dass die tödlichen Kugeln aus dem Arsenal der Polizei stammen (www.spiegel.de/politik/ausland/brasilienproteste -nach-mord-an-marielle-franco-a-1198562.html). Patronen aus demselben Bestand sind bei einem Massaker 2015 im Großraum São Paulo benutzt worden, für welches im März 2018 vier Polizisten zu Haftstrafen von 100 bis 255 Jahren verurteilt worden waren (https://g1.globo.com/sp/sao-paulo/noticia/ pm-envolvido-na-chacina-de-osasco-e-condenado-a-119-anos-de-prisao.ghtml). Diese hatten sich für den Tod eines Kollegen an den mutmaßlichen Tätern rächen wollen und richteten 17 Menschen hin (https://amerika21.de/2018/03/ 197428/franco-mord-milizen-rio). Als Reaktion auf die Erschießung Francos forderte die Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) am 15. März 2018 im EU-Parlament, die Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur, dem auch Brasilien angehört, auszusetzen (www.guengl.eu/news/article/category/murder-ofactivist -marielle-franco-underscores-climate-of-repression-in-bra). Seit Bekanntwerden des Mordes an Franco kam es landesweit zu Trauerbekundungen und Protesten sowie zunehmenden Eskalationen zwischen Protestierenden und Polizistinnen und Polizisten. Marielle Franco war Mitglied der brasilianischen Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL) und Präsidentin des Frauenausschusses des Stadtparlaments. Sie stammte aus der Favela Maré und setzte sich seit über zehn Jahren für Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten ein. Franco hatte immer wieder das rassistische Vorgehen der Polizei in den Armenvierteln von Rio, den Favelas, angeprangert. Vor vier Wochen hatte der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2024 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode De-facto-Präsident Michel Temer das Militär nach Rio gesandt. Der gesamte Sicherheitsapparat von Rio unterliegt seitdem dem Militär. Die ermordete Stadträtin setzte sich gegen Interventionen durch die Streitkräfte ein. Die Regierung bekräftigte nach der Ermordung von Marielle Franco, an der laufenden Militärintervention festzuhalten (https://amerika21.de/2018/03/197254/mord-linkenpolitikerin -rio-de-janeiro). Anfang März wurde Franco zur Vorsitzenden der Kommission gewählt, die die Militäraktionen in den Favelas überwachen soll. Kurz vor ihrem Tod hatte Franco erneut die Polizisten des 41. Bataillons für den Tod von Jugendlichen verantwortlich gemacht. Der Einsatzbereich des 41. Bataillons führt die Liste mit den meisten Todesfällen im Bundesstaat an. In den letzten fünf Jahren sind nach Angaben des Instituts für Öffentliche Sicherheit (ISP) dort 450 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen. Verstrickungen zwischen Milizen und der lokalen Polícia Militar (PM) treten immer öfter auf. Im Wahlkampf 2016 sind in der Metropolregion Rio de Janeiro neun Kandidaten und Politiker im Amt durch gezielte Schüsse in der Öffentlichkeit ermordet worden (https://amerika21. de/2018/03/197254/mord-linken-politikerin-rio-de-janeiro?page=5). Nach dem „kalten Putsch“ gegen die demokratisch gewählte Präsidentin Dilma Rousseff (https://amerika21.de/2018/03/197254/mord-linken-politikerin-riode -janeiro?page=5) und der Einsetzung des Präsidenten Michel Temer der PMDB (Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung), hat sich die Menschenrechtslage in Brasilien nach Einschätzung von Brot für die Welt höchst besorgniserregend (vgl. www.kooperation-brasilien.org/de/themen/ menschenrechte-gesellschaft/menschenrechte-brasilien-situation-indigenervoelker ) verschlechtert. Die Arbeiterpartei PT der gestürzten Präsidentin Dilma Rousseff hatte im letzten Jahrzehnt mit Sozialprogrammen mehr als 40 Millionen Brasilianerinnen und Brasilianer aus der Armut geholt. Die ausschließlich weiße und männliche von Michel Temer ernannte Regierung fühlt sich nicht an das Wahlprogramm der gewählten Regierung gebunden, welches soziale Rechte, kulturelle Diversität und gleiche Rechte für Frau und Mann garantierte. Michel Temer hat das Ministerium für ländliche Entwicklung und das vorher eigenständige Ministerium für Frauen, Gleichstellung und Menschenrechte aufgelöst sowie das Kulturministerium zeitweise geschlossen. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt Brasilien bei der Zahl der Frauenmorde weltweit an fünfter Stelle (www.kooperation-brasilien.org/de/themen/ politik-wirtschaft/schlimmer-als-das-1-7). Der nicht gewählte Präsident Michel Temer will mit einem umfassenden Privatisierungsprogramm ausländische Investoren ins Land holen und brasilianisches Agrarland an ausländische Konzerne verkaufen. Dies hat ein brasilianisches Gesetz unter Dilma Rousseff bislang verhindert. Die Arbeitnehmerrechte sollen eingeschränkt, das Rentenalter heraufgesetzt, der Mindestlohn gekürzt sowie die verfassungsmäßige Verpflichtung aufgehoben werden, 18 Prozent der Steuergelder in Bildung und 15 Prozent in Gesundheit zu investieren. Der Landlosenbewegung , dem Movimento dos Sem Terra (MST) ist es in den vergangenen drei Jahrzehnten gelungen, durch Landbesetzungen Land für über 500 000 Familien zu legalisieren. Die aktuelle Temer-Regierung kriminalisiert die Aktivisten des MST, behindert die Legalisierung von besetztem Land und kürzt Gelder für soziale Einrichtungen (https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/09/ 14/ausverkauf-beginnt-brasilien-kuendigt-massive-privatisierungen-an/; https:// amerika21.de/2017/02/170806/landinternationales-kapital). Der ehemalige Präsident Brasiliens der PT Luiz Inácio Lula da Silva will im Mai 2018 als Kandidat für die Präsidentschaft antreten. In den Umfragen liegt Luiz Inácio Lula da Silva derzeit in Führung. Im Juli 2017 hatte ein Gericht den 72-Jährigen wegen angeblicher Verwicklung in einen Korruptionsskandal in dem Fall Petrobras verurteilt. Ein Berufungsgericht hat Anfang 2018 das Urteil Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2024 gegen ihn bestätigt und das Strafmaß von neuneinhalb Jahren auf zwölf Jahre Gefängnis erhöht. Ob Luiz Inácio Lula da Silva kandidieren darf, entscheiden der oberste Wahlgerichtshof und der oberste Gerichtshof. Der De-facto Präsident Michel Temer selbst steht unter massivem Korruptionsverdacht (www.spiegel.de/politik/ausland/brasilien-praesident-michel-temer-drohtwegen -korruptionsskandal-das-aus-a-1148385.html). 2017 warf die Staatsanwaltschaft Brasiliens Präsident Michel Temer vor, eine kriminelle Organisation geleitet zu haben. Doch das Parlament lehnte zweimal einen Prozess gegen den Staatschef vor dem Obersten Gerichtshof ab. Der Fall Petrobras ist der größte Korruptionsskandal in der Geschichte Brasiliens. Er ist als „Lava Jato“ – „Autowäsche “ – bekannt. Seit 2014 ermitteln die Behörden im Zusammenhang mit Schmiergeldzahlungen von Auftragnehmern des Mineralölkonzerns, die an politische Parteien gezahlt wurden. Einige hochrangige Manager und Politiker wurden bereits angeklagt, acht Minister des Temer-Kabinetts stehen unter Korruptionsverdacht (www.zeit.de/politik/ausland/2017-05/brasilien-michel-temerkorruption -vorwuerfe-petrobas-skandal). Anfang März 2018 hat wegen des Korruptionsskandals um den Ausbau des Hafens in Santos der Oberste Gerichtshof in Brasilien der Aufhebung des Bankgeheimnisses mehrerer Einzelpersonen und Firmen stattgegeben. Davon betroffen ist auch Michel Temer (https://amerika 21.de/2018/03/196546/bankgeheimnis-temer-brasilien). Die Umfragewerte des De-facto Präsidenten lagen im Oktober 2017 bei 3 Prozent Zustimmung (www.zeit.de/politik/ausland/2017-10/korruptionsvorwuerfe-michel-temeruebersteht -suspendierungsvotum). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Fragesteller versehen die brasilianische Regierung und den brasilianischen Staatspräsidenten stellenweise mit dem Zusatz de facto/de-facto. Wenngleich der Amtsenthebung von Staatspräsidentin Dilma Rousseff und der Übernahme der Amtsgeschäfte durch den damaligen Vizepräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Michel Temer 2016 eine zum Teil intensive und kontroverse Debatte in Brasilien folgte, liegen der Bundesregierung keine Hinweise auf eine Rechtswidrigkeit des Verfahrens vor. Folglich gibt es aus Sicht der Bundesregierung keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegenwärtige brasilianische Regierung nicht rechtmäßig im Amt ist. So war nach dem Regierungswechsel auch im internationalen Kontext keine Haltungsänderung gegenüber der brasilianischen Regierung festzustellen. 1. Wie ist der Kenntnisstand der Bundesregierung bezüglich einer schnellen Aufklärung des Mordes gegen die Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Marielle Franco? Beabsichtigt die Bundesregierung, diesbezüglich mit der brasilianischen Regierung in Kontakt zu treten? 2. Welche Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung haben in Bezug auf den Fall mit welchen Vertreterinnen und Vertretern der brasilianischen De-facto-Regierung mit welchem Ergebnis gesprochen, und in welcher Form wurde bei solchen Gesprächen auf eine schnelle Klärung der Ermordung von Marielle Franco hingewirkt? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet: Die Bundesregierung ist mit der brasilianischen Regierung in Kontakt bezüglich einer umfassenden und zügigen Aufklärung der Ermordung der Politikerin Marielle Franco. Der deutsche Botschafter in Brasilien führte Gespräche mit dem Generaldirektor der brasilianischen Bundespolizei, Rogério Galloro, sowie mit dem brasilianischen Minister für Menschenrechte, Minister Gustavo do Vale Rocha. Darüber hinaus führten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2024 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschen Botschaft Brasília Gespräche mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen brasilianischen Behörden. Die brasilianische Regierung hat ihr großes Interesse an einer raschen Aufklärung unterstrichen und mitgeteilt, dass die Untersuchung der brasilianischen Kriminalpolizei weit fortgeschritten sei. 3. Welche politischen Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Ermordung von Marielle Franco gegenüber der Regierung von Michel Temer? Die Bundesregierung setzt sich gegenüber der brasilianischen Regierung für eine umfassende und zügige Aufklärung der Ermordung der Politikerin Marielle Franco ein. Sie verfolgt, wie schon bisher, die menschenrechtliche Entwicklung in Brasilien sehr aufmerksam. 4. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung der Fraktion GUE/NGL, als Konsequenz aus der Ermordung an Marielle Franco die Verhandlungen über ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur auszusetzen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie wird die Bundesregierung diese Forderung umsetzen? Für die Bundesregierung ist ein Zusammenhang zwischen der Ermordung der Politikerin Marielle Franco und den Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zwischen EU und Mercosur, an denen insgesamt 32 Länder beteiligt sind, nicht gegeben. 5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zunahme der politisch motivierten Morde und Bedrohungen in Brasilien in den vergangenen zwei Jahren, und welche konkreten Maßnahmen trifft sie infolge dessen? Die brasilianische Regierung sieht sich dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet . Die Arbeit von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern ist aus Sicht der Bundesregierung vor allem dort Bedrohungen ausgesetzt, wo der Staat kaum oder nur schwach präsent ist. In Umsetzung der EU-Leitlinien für Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger führen die deutschen Auslandsvertretungen in Brasilien, teilweise gemeinsam mit Vertretungen der EU und anderer Staaten, unter anderem öffentlichkeitswirksame Besuche bei Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern durch und sprechen in diesem Zusammenhang regelmäßig mit Vertreterinnen und Vertretern der Bundesund Landesregierungen, der Zivilgesellschaft und örtlichen Medien. 6. Welche Rolle spielten nach Kenntnis der Bundesregierung brasilianische Polizeikräfte bei politisch motivierten Morden, und inwieweit ist die De-facto- Regierung Temer nach Kenntnis der Bundesregierung hierin verwickelt? Der Bundesregierung liegen hierüber keine eigenen Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Welche Rolle spielten brasilianische Polizeikräfte nach Einschätzung und Kenntnis der Bundesregierung bei der Ermordung von Marielle Franco, und inwieweit ist nach Einschätzung und Kenntnis der Bundesregierung die Defacto -Regierung Temer hierin verwickelt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2024 8. Wie schätzt die Bundesregierung die Kriminalisierung von Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten sowie von Mitgliedern von sozialen Bewegungen wie den MST in den vergangenen zwei Jahren ein, und inwieweit werden diese mit welchem Ergebnis in direkten Gesprächen mit der brasilianischen DE-facto-Regierung angesprochen (vgl. https://rosaluxspba. org/de/solidaritat-mit-der-landlosenbewegung-mst/, https://amerika21.de/ 2016/11/163706/brasilien-fuehrt-ranking-morde)? Der Bundesregierung liegen hierüber keine Erkenntnisse vor. 9. Verfügt die Bundesregierung über konkrete Zahlen von Ermordungen aktiver Politikerinnen und Politiker, von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern und von Mitgliedern sozialer Bewegungen in Brasilien? Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine eigenen Zahlen. Amnesty International berichtet von 62 ermordeten Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern in Brasilien von Januar bis September 2017, die Katholische Landpastorale „Comissão Pastoral da Terra“ (CPT) von 70 Menschen, die 2017 bei Landkonflikten in Brasilien ermordet worden seien. 10. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Einsetzung des Militärs (Dekret der brasilianischen Regierung zur Entsendung von Streitkräften zur Unterstützung lokaler Polizeieinheiten), welches nicht den zivilen Regierungsautoritäten vor Ort, sondern General Walter Braga Netto untersteht (vgl. www. welt.de/politik/ausland/article164906590/Brasiliens-Praesident-setzt-Militaergegen -wuetende-Meute-ein.html), in Konsultationen mit der brasilianischen Regierung zu erörtern? Die Bundesregierung führt kontinuierlich Gespräche mit der brasilianischen Regierung und thematisiert auch die Entscheidung Staatspräsident Temers, gemäß Artikel 34 der brasilianischen Verfassung die Verantwortung für die Sicherheit im Bundesstaat Rio de Janeiro den Streitkräften zu übertragen. 11. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung der UN-Menschenrechtskommission nach einer unabhängigen und transparenten Untersuchung des Mordes an Marielle Franco (http://ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/ DisplayNews.aspx?NewsID=22901&LangID=E)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie setzt sich die Bundesregierung für die Umsetzung dieser Forderung ein? Der Bundesregierung liegt keine förmliche Stellungnahme des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen – des seit 2006 bestehenden Nachfolgegremiums der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen – vor. Nach dem Mord an der Politikerin Marielle Franco hat eine Sprecherin des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) eine schnelle, transparente und unabhängige Aufklärung des Falls durch die brasilianischen Behörden gefordert (http://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID= 22837&LangID=E). Die Beauftragte der Bunderegierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Dr. Bärbel Kofler, hat am 19. März 2018 erklärt, dass sie von den brasilianischen Behörden erwarte, dass diese Untersuchung zügig, gründlich, transparent und unabhängig erfolgt, um die Verantwortlichen zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2024 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Wie schätzt die Bundesregierung die Veränderung der menschenrechtlichen Lage in Rio de Janeiro seit der Absetzung der gewählten Präsidentin Dilma Roussef ein (bitte detailliert einzelne Menschenrechtsverletzungen auflisten und möglichst mit Zahlen untermauern)? Der Bundesstaat Rio de Janeiro leidet unter einer zuletzt erneut verschlechterten Sicherheitslage vor allem infolge von Kriminalität und Gewalttaten. 13. Wie schätzt die Bundesregierung die Veränderung der menschenrechtlichen Lage in ganz Brasilien seit der Absetzung der gewählten Präsidentin Dilma Roussef ein (bitte detailliert einzelne Menschenrechtsverletzungen auflisten und möglichst mit Zahlen untermauern)? 14. Wie schätzt die Bundesregierung die Entwicklung der demokratischen Freiheiten und Rechte der Bürgerinnen und Bürger Brasiliens in ganz Brasilien seit der Absetzung der gewählten Präsidentin Dilma Roussef ein (bitte detailliert und möglichst mit Zahlen darstellen)? Die Fragen 13 und 14 werden zusammen beantwortet. Brasilien ist seit Inkrafttreten der Verfassung von 1988 eine gefestigte Demokratie mit einer offenen, vielfältigen und aktiven Zivilgesellschaft sowie stabilen rechtsstaatlichen Institutionen , insbesondere einer unabhängigen Justiz. Eine Einschränkung der demokratischen Freiheiten und Rechte der Bürgerinnen und Bürger Brasiliens seit der Amtsenthebung von Staatspräsidentin Dilma Rousseff 2016 kann die Bundesregierung nicht feststellen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/1672 verwiesen. 15. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung für alle in Brasilien lebenden Menschen das Recht, sich mit anderen Menschen zusammenzuschließen , Versammlungen einzuberufen, zu demonstrieren, sowie Vereine oder Gewerkschaften zu gründen, tatsächlich umgesetzt (vgl. Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und Artikel 21 f. des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte)? Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der brasilianischen Verfassung verankert und werden von Regierung und Justiz allgemein geachtet. Eine Zensur findet nicht statt. Nach Einschätzung der Bundesregierung können sich politische Parteien, Gewerkschaften und andere Organisationen frei organisieren und artikulieren . 16. Ermöglichen brasilianische Behörden nach Kenntnis der Bundesregierung diese Rechte durch das Zurverfügungstellen von öffentlichen Straßen und Plätzen und den Schutz vor Eingriffen durch andere Personen (bitte alle eventuellen Fälle, die der Bundesregierung bekannt sind, in denen diese Rechte nicht gewährleistet wurden oder werden, einzeln auflisten und möglichst umfänglich ausführen)? Ja. Auch in Brasilien gibt es jedoch Ausnahmefälle, in denen eine Versammlung, etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, auf verschiedenen verwaltungsrechtlichen Ebenen untersagt werden kann. Der Bundesregierung liegen hierzu keine Übersichten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2024 17. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Arbeit von Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen Polizeigewalt und Rassismus in Brasilien einsetzen, Frauenorganisationen und feministischen Organisationen und Menschenrechtsaktivistinnen und Menschenrechtsaktivisten (bitte die letzten fünf Jahre nach Organisation, Jahr und Budget auflisten)? Die Bundesregierung unterstützte folgende Organisationen, die sich in Brasilien für Menschenrechte engagieren: Die Katholische Zentralstelle für Entwicklungshilfe e. V. und die Evangelische Zentralstelle für Entwicklungshilfe setzten von 2013 bis 2017 Menschenrechts- Vorhaben mit Mitteln in Höhe von 15 190 000 Euro um. Der Deutsche Caritasverband e. V. setzt von 2017 bis 2019 ein Vorhaben „Prävention von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung, Missbrauch und Menschenhandel“ mit Mitteln in Höhe von 236 250 Euro um. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/1672 verwiesen. 18. Wie schätzt die Bundesregierung die Verurteilung des Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft ein, unter der Kenntnisnahme, dass Luiz Inácio Lula da Silva aktuell der aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat für die Wahl 2018 ist? 19. War das Verfahren gegen Luiz Inácio Lula da Silva nach Einschätzung der Bundesregierung fair und frei von politischer Einflussnahme, und wie beurteilt die Bundesregierung die der Verurteilung zugrunde liegenden Beweise (vgl. www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/luiz-inacio-lula-da-silva-brasilienpraesidentschaftswahl -korruption/seite-2; bitte detailliert aufschlüsseln)? Die Fragen 18 und 19 werden zusammen beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Verfahren gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Luiz Inácio Lula da Silva und die Beweiswürdigung durch die Richter der verschiedenen Instanzen rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht genügt hätten. 20. Wie schätzt die Bundesregierung die nicht juristisch verfolgten Korruptionsvorwürfe des De-facto-Präsidenten Michel Temer ein, vor allem in Hinsicht auf die Legimitation der Aufstellung zum Präsidentschaftskandidaten 2018 (vgl. https://amerika21.de/2018/03/196546/bankgeheimnis-temer-brasilien)? Die Beurteilung von Korruptionsvorwürfen und ihre Verfolgung fallen in die Zuständigkeit der brasilianischen Justiz, wobei amtierende Staatspräsidenten nur mit Zustimmung des Kongresses der Strafverfolgung unterliegen. Die Zulassung zweier Anklagen wurde 2017 vom Kongress verweigert. Über eine mögliche zukünftige Kandidatur von Staatspräsident Temer für die Präsidentschaftswahl 2018 liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 21. Wie beurteilt die Bundesregierung die politische und demokratische Legitimation des De-facto-Präsidenten Michel Temer, dessen Umfragewerte bei rund 3 Prozent Zustimmung liegen (Oktober 2017, vgl. www.zeit.de/ politik/ausland/2017-10/korruptionsvorwuerfe-michel-temer-ueberstehtsuspendierungsvotum )? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333