Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 9. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2091 19. Wahlperiode 11.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Lisa Badum, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1864 – Zusammenhang von Luftschadstoffen und Allergien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Allergieerkrankungen wie Asthma bronchiale, Heuschnupfen und Neurodermitis sind in der Bevölkerung in Deutschland seit den 1970er Jahren stark gestiegen . Es wird geschätzt, dass bis zu 30 Millionen Menschen in Deutschland von Allergien betroffen sind (Robert Koch Institut: „Gesundheit in Deutschland“, 2015). Allergische Erkrankungen können je nach individueller Ausprägung die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Betroffenen stark beeinträchtigen und die Arbeitsfähigkeit Erwachsener deutlich mindern. Alarmierend ist die Zunahme von Asthma bronchiale bei Kindern, die kontinuierlich um das Zwei- bis Dreifache über die letzten 30 Jahre zugenommen hat (Robert Koch Institut: „Gesundheit in Deutschland“, 2015). Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, bei der eine anfallsweise Verengung des Bronchialsystems Luftnot verursacht. Bei allergischem Asthma – der überwiegenden Asthmaform im Kindes- und Jugendalter – werden die Symptome durch Allergene, wie Pollen, ausgelöst. Luftschadstoffe können die Morphologie der Pollen, die Pollenzellwand, den Proteininhalt der Pollen, den Proteinausstoß der Pollen und die Pollenproteine selbst verändern. Auch die Ummantelung der Pollen wird durch Luftschadstoffe beeinträchtigt (Frank und Ernst, 2016, zitiert in „Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland“, Studie im Auftrag des Umweltbundesamts, 2018). Darüber hinaus haben kontrollierte Expositionsstudien aus der Vergangenheit gezeigt, dass deutliche Unterschiede zwischen den Reaktionen auf Stickstoffdioxid von gesunden Erwachsenen und von Allergien betroffenen Personen bestehen („Quantifizierung von umweltbedingten Krankheitslasten aufgrund der Stickstoffdioxid-Exposition in Deutschland“, Studie im Auftrag des Umweltbundesamts , 2018). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Allergische Erkrankungen und deren Folgen sind von großer bevölkerungsmedizinischer Relevanz. Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurde bei 30 Prozent der 18- bis 79-jährigen Bevölkerung in Deutschland mindestens eine allergische Erkrankung im Lebensverlauf ärztlich diagnostiziert. Dabei besteht eine große Heterogenität der Krankheitsbilder. Die Bundesregierung nimmt das Problem angesichts der hohen Fallzahlen dieser Volkskrankheit und den teilweise damit einhergehenden deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität sehr ernst. Allergische Reaktionen sind fehlgeleitete Antworten des Immunsystems auf körperfremde , eigentlich unschädliche Substanzen (Allergene aus z. B. Pollen, Hausstaubmilben , Tierhaaren, Nahrungsbestandteilen). Neben genetischen Veranlagungen sind auch Umwelteinflüsse von Bedeutung. Eine zufriedenstellende wissenschaftliche Erklärung für die Zunahme von allergischen Erkrankungen in den Industrieländern gibt es bislang nicht. Von der Fachwelt werden unterschiedliche Risikofaktoren diskutiert, die die Krankheitsentstehung und -entwicklung begünstigen können. Laut der Kommission Umweltmedizin am RKI ist dabei derzeit die sogenannte Hygiene-Hypothese das überzeugendste Modell. Dabei wird der Anstieg von Heuschnupfen und Asthma mit einer geringeren Exposition mit Keimen, Parasiten sowie mikrobiellen Komponenten in früher Kindheit in Verbindung gebracht. Seitens der Bundesregierung wurde eine Vielzahl von krankheitsspezifischen und krankheitsübergreifenden Maßnahmen für die Prävention als auch für eine qualitativ hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten mit allergischen Erkrankungen auf den Weg gebracht. Verschiedene Forschungsvorhaben zu unterschiedlichen Aspekten der Entstehung und des Verlaufs der Erkrankungen werden gefördert. 1. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Hinweise darauf vor, dass sich die allergene Wirkung von Pollen durch Luftverschmutzungen wie Feinstaub und Stickoxide verstärkt? Falls ja, welche, und wie bewertet sie diese? 2. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse vor, dass eine erhöhte Belastung der Luft mit Stickoxiden Allergiebeschwerden auslösen oder verschlimmern kann? Falls ja, welche, und wie bewertet sie diese? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine verstärkte Allergenität von Pollen durch bestimmte Luftschadstoffe wird immer wieder diskutiert. Verschiedene wissenschaftliche Studien weisen auf eine mögliche Zunahme der Allergenität von Pollen durch Stickstoffdioxid hin. Auch deuten mehrere Studien auf einen statistischen Zusammenhang zwischen steigender Stickstoffdioxid-Konzentration und der Zunahme allergischer Beschwerden hin. Die Immissionsbelastung an Stickstoffdioxid und Feinstaub in Deutschland ist rückläufig. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2091 3. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse vor, dass eine erhöhte Belastung mit ultrafeinen Partikeln Allergiebeschwerden auslösen oder verschlimmern kann? Falls ja, welche, und wie bewertet sie diese? 4. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse vor, dass eine erhöhte Belastung mit Ozon Allergiebeschwerden auslösen oder verschlimmern kann? Falls ja, welche, und wie bewertet sie diese? Die Fragen 3 und 4 werden auf Grund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Abschließende belastbare Aussagen im Hinblick auf Allergiebeschwerden können nach Kenntnisstand der Bundesregierung auf Grund der unzureichenden Datenlage und methodischen Schwierigkeiten nicht getroffen werden. In Bezug auf Feinstaub ergeben sich hinsichtlich der Beurteilung einer Exposition durch die sehr variable Anzahl ultrafeiner Partikel noch deutliche methodische Schwierigkeiten . Es gibt Hinweise, dass Hitze, Ozon und Feinstaub (particulate matter, PM) die Morbidität für Lungen- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen können, wobei zwischen diesen Faktoren starke Wechselwirkungen bestehen. Weiterhin kann eine erhöhte Exposition gegenüber lungengängigen PM (< 10 μm Durchmesser ) mit einer Verschlimmerung von Asthma assoziiert sein. Ozon kann in höheren Konzentrationen entzündlich wirken und das Lungenepithel im Sinne einer verringerten mukoziliären Clearance (Selbstreinigung der Bronchien) schädigen ; außerdem schwächt Ozon die Lungenfunktion durch Veränderungen von Lungenvolumen und Durchflussrate sowie Verengung der Atemwege. 5. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse vor, dass eine erhöhte Belastung mit Kohlenmonoxid Allergiebeschwerden auslösen oder verschlimmern kann? Falls ja, welche, und wie bewertet sie diese? Wissenschaftliche Studien enthalten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Kohlenmonoxid und Allergien. Dabei wird jedoch häufig Kohlenmonoxid als einer von mehreren Luftschadstoffen behandelt, was die Aussagekraft schmälert . Kohlenmonoxid hat als Luftschadstoff in der Außenluft in den letzten Jahrzehnten eine sehr stark abnehmende Bedeutung. 6. Inwieweit liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse zur Erhöhung des Risikos für Asthma bronchiale bei Kindern vor, deren Mütter in der Schwangerschaft vermehrt Luftschadstoffen (Stickstoffdioxid , Kohlenmonoxid, Feinstaub) ausgesetzt waren (vgl. Deutsches Ärzteblatt vom 9. Februar 2016)? Bei der im Deutschen Ärzteblatt genannten Studie handelt es sich um eine kanadische Kohortenstudie, die zeigte, dass Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft erhöhten Luftschadstoffen ausgesetzt sind, häufiger während der Vorschulzeit an Asthma erkrankten. In dem Artikel selbst wird auf Grund der vielfältigen Einflussfaktoren bei Fall-Kontroll-Studien darauf verwiesen, dass Assoziationen nicht beweisend sind. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode In diesem Zusammenhang wird auch auf die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin [S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014 (S3- Leitlinie 061/016: Allergieprävention)] hingewiesen. Dort heißt es, dass die Exposition gegenüber Stickoxiden und kleinen Partikeln (PM2,5) mit einem erhöhten Risiko, besonders für Asthma, verbunden ist. 7. Hat die Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden Erkenntnisse dazu, inwieweit aufgrund des Klimawandels neu eingewanderte Tier- und Pflanzenarten allergene Wirkung entfalten? Wenn ja, um welche Tiere, Pflanzen bzw. Pollen und welche Wirkmechanismen handelt es sich? Einwanderung und Ausbreitung sowohl von Tier- als auch Pflanzenarten sind in der Regel multifaktoriell bedingt. Klimawandel kann dabei ein wichtiger Faktor sein, um derartige Prozesse zu begünstigen und zu beschleunigen. Ausschließlich auf Klimawandel begründete Fälle sind in Deutschland jedoch nicht bekannt. Anhand von Modellierungsergebnissen einer im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) durchgeführten Studie konnte gezeigt werden, dass viele gebietsfremde Pflanzenarten von steigenden Temperaturen profitieren und sich weiter ausbreiten werden. Ein Beispiel hierfür ist die aus Nordamerika stammende Beifußblättrige Ambrosie, die auf Grund ihrer allergenen Pollen ein Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellen kann. Ambrosia-Pollen gelten als stark sensibilisierend . Allergische Folgen umfassen meist eine Heuschnupfen-Symptomatik, können aber auch Asthma bronchiale auslösen. Zudem kann bei Berührung von Pflanzenteilen eine Kontaktdermatitis auftreten. Die gebietsfremde Ambrosia- Pflanze ist heute in allen Bundesländern vorhanden. Oftmals handelt es sich dabei noch um kleine, unbeständige Bestände, die sich jedoch sehr wahrscheinlich vergrößern werden. Hingegen wird der Klimawandel bei dem in Deutschland schon weitverbreiteten gebietsfremden Riesenbärenklau, der beim Menschen Phytophotodermatitis auslösen kann, sehr wahrscheinlich zu keinen positiven Bestandsentwicklungen führen Zu aufgrund des Klimawandels neu eingewanderten Tierarten und deren möglichen allergenen Potentialen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Um wie viele Tage hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden die jährliche Pollenflugzeit allergener Pflanzenarten aufgrund der Klimaerwärmung über die letzten Jahrzehnte erhöht, und welche Schätzungen liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden für die künftige Entwicklung vor (bitte nach einzelnen Pflanzenarten aufschlüsseln)? Für Deutschland zeigt der Vergleich der Zeiträume 1961-1990 zu 1991-2005 im Durchschnitt eine Verlängerung der Vegetationsperiode um 15 Tage. Auch liegen Kenntnisse für einzelne Regionen vor. So wurde für Berlin eine Vorverlegung des Birkenpollenfluges zwischen 1984 und 2008 um 11 Tage festgestellt. Gleichzeitig trat das Ende der Blüte 3 Tage früher ein, wodurch sich die Birkenblühphase netto um 8 Tage verlängerte. Durch die Zunahme spätsommerlich blühender Pflanzen kann sich die Gesamtpollenflugzeit zudem um bis zu zwei Monate verlängern. Neuere Auswertungen der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst zeigen, dass sich auch die Haselblüte Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2091 über die vergangenen Jahre vorverlagert hat und statt im Januar bereits im Dezember beginnt. Dadurch ist in Deutschland das verbleibende Zeitfenster ohne Pollenflug geschlossen. Pollenflug wird über das gesamte Kalenderjahr gemessen. 9. In welchem Umfang hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden die jährliche Menge an Pollen allergener Pflanzenarten aufgrund der Klimaerwärmung über die letzten Jahrzehnten erhöht, und welche Schätzungen liegen der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden für die künftige Entwicklung vor (bitte nach einzelnen Pflanzenarten aufschlüsseln)? Der Bundesregierung sind nur einzelne Studien und Prognosen bekannt, die sich mit der jährlichen Menge an Pollen allergener Pflanzenarten auf Grund der Klimaerwärmung befassen. So wurde beispielsweise für die Stadt Innsbruck festgestellt , dass zwischen 1980 und 2001 bei einem Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius die Pollenzahl um das 1,2-fache bei der Birke und das 5,6-fache bei der Esche zunahm. Ergebnisse einer internationalen Studie prognostizieren, dass zukünftig (2041-2060 im Vergleich zu 1985-2005) die monatlichen Pollenmengen in Teilen Süddeutschlands bereits in der Vorsaison klinisch relevante Konzentrationen erreichen werden, die Pollenkonzentrationen im gesamten Bundesgebiet zur Hauptblüte mindestens doppelt so hoch liegen werden wie im Vergleichszeitraum und auch in der Nachsaison noch in klinisch relevanter Größenordnung nachweisbar sein werden. Deutschlandweite Messungen der Pollenkonzentration werden durchgeführt von der Deutschen Stiftung Polleninformationsdienst (PID). 10. Wie viele Menschen leiden in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden unter Allergien, die durch die in den Fragen 8 und 9 genannten Pflanzen ausgelöst werden (bitte nach einzelnen Pflanzenarten aufschlüsseln)? Prävalenzen von Einzelsensibilisierungen der unter Frage 8 und 9 genannten Pflanzenarten betragen für Birke 17,4 Prozent, für Hasel 16,2 Prozent und für Esche 9,4 Prozent. Anhand von Ambrosia testete das RKI exemplarisch für eine in Deutschland neu beheimatete Pflanze (Neophyt) mit Hilfe der in der von 2008 bis 2011 durchgeführten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) die Sensibilisierung gegen das Hauptallergen. Hier lag die Prävalenz im o. g. Zeitraum nur bei 0,4 Prozent. Die berichteten Beschwerden vieler Allergiker waren in diesem Fall auf eine primäre Sensibilisierung gegen Beifuß (9 Prozent ) mit vorliegender Kreuzreaktion gegen Ambrosia zurückzuführen. 11. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden in Deutschland Unterschiede in der Allergieprävalenz zwischen Geschlecht, Alter und Sozialstatus (bitte getrennt für Kinder und Erwachsene aufschlüsseln)? Prävalenz häufiger allergischer Erkrankungen bei Erwachsenen in Deutschland Aus der von 2008 bis 2011 durchgeführten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) liegen aktuelle bevölkerungsbezogene Daten der 18- bis 79-Jährigen in Deutschland vor. Dabei wird mittels ärztlichem Interview die ärztlich diagnostizierte allergische Erkrankung jemals im Leben (Lebenszeitprävalenz ) und innerhalb der letzten 12 Monate (12-Monats-Prävalenzen) für folgende allergische Erkrankungen erhoben: Asthma bronchiale, Heuschnupfen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Neurodermitis, Kontaktekzem, Nahrungsmittelallergie, Urtikaria und Insektengiftallergie . Nachfolgend wird die 12-Monats-Prävalenz dargestellt. Frauen und Männer waren in den letzten 12 Monaten vor der Erhebung bzw. „aktuell “ am häufigsten von Heuschnupfen (12,7 Prozent), Asthma bronchiale (5,1 Prozent) und Kontaktekzem (3,0 Prozent) betroffen. Die auf die letzten 12 Monate vor der Befragung bezogenen Prävalenzen liegen in Übereinstimmung mit der internationalen Literatur deutlich unter den Lebenszeitprävalenzen, da allergische Erkrankungen häufig auch mit längeren beschwerdefreien Intervallen einhergehen können (z. B. Asthma bronchiale) oder sich mit zunehmendem Alter zurückbilden (insbesondere Neurodermitis). Bezogen auf die Bevölkerungsstruktur von 2010 stehen die genannten Prozentzahlen für ca. 7,7 Millionen Erwachsene , die aktuell von Heuschnupfen betroffen sind bzw. ca. 3,2 Millionen Erwachsene , die aktuell von Asthma bronchiale betroffen sind. Für Heuschnupfen und Neurodermitis sind leicht abnehmende Prävalenzen in höherem Alter zu beobachten . Bei Frauen ist die Krankheitslast durch die hier dargestellten allergischen Erkrankungen mit Ausnahme von Neurodermitis und Insektengiftallergie insgesamt deutlich größer als bei Männern. Am größten ist der Geschlechtsunterschied beim Kontaktekzem; 3-mal so viele Frauen wie Männer gaben an, „aktuell “ davon betroffen zu sein (siehe auch nachfolgende Tabelle). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2091 12-Monats-Prävalenz (in Prozent) allergischer Erkrankungen (berichtete Arztdiagnosen ) bei Erwachsenen in Deutschland. Ergebnisse der DEGS1-Studie 2008– 2011 (aktualisierte Berechnung) (RKI) Erkrankung Alter 18-29 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre 50-59 Jahre 60-69 Jahre 70-79 Jahre Gesamt Asthma Männer 4,0 4,7 3,4 3,1 4,5 2,3 3,7 Frauen 6,8 6,6 6,8 4,6 8,5 5,3 6,4 Gesamt 5,4 5,6 5,1 3,9 6,5 4,0 5,1 Heuschnupfen Männer 12,9 16,9 13,8 10,2 6,4 3,4 11,2 Frauen 17,6 19,9 16,5 11,0 11,1 7,0 14,1 Gesamt 15,2 18,4 15,1 10,6 8,8 5,4 12,7 Neurodermitis Männer 3,8 1,1 2,6 1,1 1,0 0,5 1,9 Frauen 5,1 4,4 1,5 3,3 1,4 1,1 2,8 Gesamt 4,4 2,7 2,0 2,2 1,2 0,8 2,4 Urtikaria Männer 0,7 0,6 0,9 1,2 0,9 0,3 0,8 Frauen 0,3 3,3 1,7 2,5 2,2 0,7 1,8 Gesamt 0,5 1,9 1,3 1,8 1,6 0,5 1,3 Kontaktekzem Männer 1,0 1,8 2,1 1,4 2,1 0,4 1,5 Frauen 3,7 6,4 5,5 4,8 4,1 1,8 4,5 Gesamt 2,3 4,1 3,8 3,1 3,1 1,2 3,0 Nahrungsmittelallergie Männer 1,9 1,6 2,6 1,4 0,5 - 1,5 Frauen 4,7 4,9 4,7 3,6 3,7 0,7 3,8 Gesamt 3,3 3,2 3,7 2,5 2,1 0,4 2,7 Insektengiftallergie Männer 0,3 0,3 0,6 0,3 - 0,1 0,3 Frauen 0,7 1,2 1,0 0,8 0,4 0,1 0,7 Gesamt 0,5 0,8 0,8 0,5 0,2 0,1 0,5 Statistisch signifikante Geschlechtsunterschiede auf Basis nicht überlappender 95 Prozent-Konfidenzintervalle sind fett gedruckt. Unterschiede nach Sozialstatus waren lediglich für Heuschnupfen bei beiden Geschlechtern und für Neurodermitis bei Frauen zu beobachten. Heuschnupfen trat mit steigendem Sozialstatus (von einem niedrigen über einen mittleren zu einem hohen Status) jeweils signifikant häufiger auf. Von Neurodermitis waren am häufigsten Frauen mit mittlerem oder hohem Sozialstatus aktuell betroffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Prävalenz häufiger allergischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland Aus der von 2014 bis 2017 durchgeführten Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2) liegen aktuelle bevölkerungsbezogene Daten der 0- bis 17-Jährigen in Deutschland vor. Aus den mittels ärztlichem Interview erhobenen Angaben zu ärztlich diagnostizierten allergischen Erkrankungen sind bis dato Lebenszeit- und 12-Monats-Prävalenzen folgender allergischer Erkrankungen ableitbar: Asthma bronchiale, Heuschnupfen und Neurodermitis . Die 12-Monats-Prävalenzen für 0- bis 17-Jährige betragen für Neurodermitis, Heuschnupfen und Asthma 7,0 Prozent, 8,8 Prozent bzw. 3,5 Prozent. Tendenziell nehmen sie mit zunehmender Altersgruppe zu, insbesondere bei Heuschnupfen . Jungen sind aktuell häufiger von Heuschnupfen und Asthma betroffen als Mädchen (siehe auch nachfolgende Tabelle). Die Geschlechterumkehr im Erwachsenenalter ist auch aus internationalen Studien bekannt. In absoluten Zahlen ausgedrückt sind bezogen auf die Bevölkerungsstruktur von 2015 gegenwärtig ca. eine halbe Million Kinder und Jugendliche von Asthma und mehr als 1 Million von Heuschnupfen betroffen. 12-Monats-Prävalenz (in Prozent) allergischer Erkrankungen (berichtete Arztdiagnosen ) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse von KiGGS Welle 2 2014–2017 (RKI) Erkrankung Alter 0-2 Jahre 3-6 Jahre 7-10 Jahre 11-13 Jahre 14-17 Jahre Gesamt Asthma Jungen 1,4 3,0 5,7 7,1 4,6 4,4 Mädchen 0,9 2,2 2,8 3,0 3,7 2,6 Gesamt 1,1 2,6 4,3 5,1 4,2 3,5 Heuschnupfen Jungen 2,4 4,6 11,3 14,2 17,2 10,4 Mädchen 3,2 2,0 6,0 10,4 13,3 7,2 Gesamt 2,8 3,3 8,7 12,4 15,3 8,8 Neurodermitis Jungen 11,0 7,8 5,8 5,2 4,2 6,6 Mädchen 8,8 8,2 8,3 5,7 6,0 7,4 Gesamt 10,0 8,0 7,0 5,5 5,1 7,0 Statistisch signifikante Geschlechtsunterschiede auf Basis nicht überlappender 95 Prozent-Konfidenzintervalle sind fett gedruckt. Für Asthma sind die niedrigsten Prävalenzen bei Kindern und Jugendlichen aus Familien mit dem höchsten Sozialstatus zu verzeichnen. Die 12-Monats-Prävalenzen für Heuschnupfen und Neurodermitis unterscheiden sich nicht nach Sozialstatus . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2091 12. Welche Allergene sind nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden hauptverantwortlich für allergische Erkrankungen von Kindern und Erwachsenen in Deutschland, und wie hat sich der Anteil der einzelnen Allergene in den letzten 30 Jahren entwickelt? Allergische Sensibilisierung bei Erwachsenen In DEGS 1 wurden spezifische IgE-Antikörper gegen 50 vorab ausgewählte Einzelallergene und zwei Mischungen im Blut bestimmt. Die Sensibilisierung am Tag der Testung gegen mindestens eines der getesteten Allergene betrug 48,6 Prozent. Ein Drittel (33,6 Prozent) der Erwachsenen wies eine Sensibilisierung gegen eine Allergenmischung aus den 8 wichtigen Inhalationsallergenen von Birke, Roggen, Lieschgras, Beifuß, Hausstaubmilbe, Katzen- und Hundeschuppen und dem Schimmelpilz Cladosporium herbarum auf, ein Viertel (25,5 Prozent ) gegen Nahrungsmittelallergene (wobei lediglich 1,7 Prozent ausschließlich gegen Nahrungsmittelallergene sensibilisiert waren), 22,6 Prozent gegen Insektengifte und jeweils ein Fünftel gegen Gräser- und Baumpollen (19,4 Prozent bzw. 19,0 Prozent). Gegen Hausstaubmilben, Kräuterpollen und Tierepithelien lag bei 15,9 Prozent, 11,2 Prozent bzw. 10,0 Prozent eine Sensibilisierung vor. Eine Sensibilisierung gegen Schimmelpilze und Latex war mit 4,6 Prozent bzw. 4,4 Prozent weniger prävalent. Männer waren häufiger als Frauen und jüngere Personen häufiger als ältere gegen mindestens eines der getesteten Allergene sensibilisiert . Die Spannbreite der durch das RKI getesteten Sensibilisierung lag zwischen 18,1 Prozent für Lieschgras und 0,4 Prozent für das Hauptallergen der Ambrosie. Der Nachweis einer Sensibilisierung allein hat keinen Krankheitswert, die Sensibilisierung ist aber eine notwendige Voraussetzung für die klinische Manifestation einer allergischen Reaktion, auch wenn nicht bei allen Sensibilisierten allergische Symptome auftreten. Im Vergleich zum Bundesgesundheitssurvey 1998 hat die Prävalenz einer Sensibilisierung gegen Inhalationsallergene insgesamt von 29,8 Prozent auf 33,6 Prozent zugenommen, wobei nur bei Frauen ein statistisch signifikanter Anstieg zu verzeichnen war. Zu beiden Untersuchungszeitpunkten waren die jüngeren Erwachsenen häufiger sensibilisiert als die älteren. Allergische Sensibilisierung bei Kindern und Jugendlichen In der KiGGS-Basiserhebung wurde bei den 3- bis 17-jährigen Teilnehmenden eine Blutprobe auf spezifische IgE-Antikörper gegen 20 verschiedene Einzelallergene und eine Mischung aus häufigen Inhalationsallergenen untersucht. Insgesamt waren über 40 Prozent gegen mindestens eines der getesteten Allergene sensibilisiert ; bei Jugendlichen sogar knapp 50 Prozent. Bei 3- bis 17-Jährigen traten zu 14 bis 23 Prozent Sensibilisierungen gegen Lieschgras- und Roggenpollen, Hausstaubmilben und Birkenpollen auf, zu 5 bis 11 Prozent Sensibilisierungen gegen die meisten der getesteten Tier- und Nahrungsmittelallergene. Jungen waren häufiger als Mädchen allergisch sensibilisiert. Ein umfassendes Allergie- und Sensibilisierungsmonitoring für Kinder und Jugendliche wurde mit der KiGGS-Basiserhebung (2003–2006) etabliert. Die Auswertungsergebnisse aus KiGGS Welle 2 liegen noch nicht vor. Sie werden jedoch die Trends in den Sensibilisierungsprävalenzen über die letzten gut 10 Jahre aufzeigen können. Für Erwachsene begann ein umfassendes Allergie- und Sensibilisierungsmonitoring im Rahmen der DEGS1-Studie von 2008-2011. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Wie hat sich der Einsatz von Medikamenten zur Linderung von Allergiebeschwerden nach Kenntnis der Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden über die letzten 30 Jahre entwickelt (bitte wenn möglich nach Wirkstoffen und Einsatzzweck aufschlüsseln)? In den letzten 30 Jahren wurden in der medikamentösen Therapie zur Behandlung allergischer Beschwerden wie Heuschnupfen, Nesselsucht (Urtikaria), Hautrötung , Juckreiz, saisonalem und ganzjährigem Schnupfen (Rhinitis) sowie Bindehautentzündung des Auges (Konjunktivitis) im Wesentlichen durch den Einsatz von Corticoiden (z. B. Beclometason) oder Antihistaminika (s. u.) die Symptome gelindert bzw. durch den Einsatz von mastzellstabilisierenden Wirkstoffen (wie Cromoglicinsäure) ein Ausschütten von Histamin unterdrückt. Die wichtigste Gruppe bilden hierbei die oralen Antihistaminika. H1-Antihistaminika, die die Effekte der körpereigenen Substanz Histamin am Histamin-Rezeptor 1 abschwächen, werden seit ca. 30 Jahren therapeutisch angewendet . Im Körper hemmen H1-Antihistaminika die über die Histaminrezeptoren vermittelten Histaminwirkungen. In Deutschland sind H1-Antihistaminika sowohl apotheken- als auch verschreibungspflichtig in verschiedenen Darreichungsformen zugelassen. H1-Antihistaminika werden in Arzneimittel der ersten und zweiten Generation unterteilt und unterscheiden sich in ihrer Wirkung im Wesentlichen durch die unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit, die Blut-Hirn- Schranke zu passieren. Da H1-Antihistaminika der zweiten Generation (z. B. Ceterizin, seit 1990 zugelassen ; Desloratadin, seit 2012 zugelassen) die Blut-Hirn-Schranke nicht oder fast nicht passieren und entsprechend weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen (z. B. Müdigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel) auftreten, besitzen H1-Antihistaminika der ersten Generation (z. B. Hydroxyzin, Erstzulassung 1985) nach Einschätzung der zuständigen Bundesoberbehörde eine vergleichsweise geringere Bedeutung als orale Antiallergika. 14. Wie viele Tage an Arbeitsausfällen werden nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich in Deutschland durch allergiebedingte Erkrankungen verursacht (bitte wenn möglich nach Art der Allergie aufschlüsseln)? Der Bunderegierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 15. Von welchen jährlichen volkswirtschaftlichen Schäden durch allergiebedingte Erkrankungen geht die Bundesregierung aus? Der Bunderegierung liegen hierzu keine aktuellen Erkenntnisse vor. 16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung oder einer ihrer Bundesbehörden zu Unterschieden in der Häufigkeit von Allergien beim Wohnumfeld in der Stadt bzw. auf dem Land (bitte nach Alter, Geschlecht und Sozialstatus aufschlüsseln)? Erkenntnisse zu dieser Frage liegen in Deutschland für Erwachsene aus der DEGS1-Studie vor. Die Häufigkeit allergischer Erkrankungen in Bezug auf Stadt/Land-Unterschiede (ländlich (< 5 000 Einw.), kleinstädtisch (5 000 – <20 000 Einw.), mittelstädtisch (20 000 – <100 000 Einw) und großstädtisch (100 000 Einw. und mehr)) differiert nur bei Frauen hinsichtlich Asthma und Kontaktekzem mit jeweils höheren Prävalenzen im großstädtischen Raum. Bei Asthma sind diese höheren Prävalenzen in der jüngsten Altersgruppe (18-29 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2091 Jahre) zu beobachten, und beim Kontaktekzem weisen ab 50-Jährige höhere Prävalenzen in der Großstadt auf als Jüngere. Die in der Antwort zu Frage 11 beschriebenen Unterschiede in der Häufigkeit allergischer Erkrankungen nach Sozialstatus sind unabhängig von der Wohnregion (Stadt/Land). Bei Kindern und Jugendlichen zeigten detaillierte Auswertungen der KiGGS-Basiserhebung einen von anderen Einflüssen, z. B. Geschlecht und Alter, unabhängigen Stadt/Land-Unterschied (städtisch versus ländlich) nur für die Prävalenz von Asthma, mit ebenfalls höheren Prävalenzen im städtischem Wohnumfeld. 17. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Krankheitskosten aufgrund von Asthma bronchiale (bitte nach unmittelbar durch medizinische Heilbehandlungen entstandenen Kosten sowie durch Präventions- oder Reha-Maßnahmen entstandenen Kosten aufschlüsseln)? In der Krankheitskostenstatistik des statistischen Bundesamtes werden die Krankheitskosten von Asthma (ICD-10 „J 45 – J 46“) für das Jahr 2015 mit 1,9 Mrd. Euro angegeben. Eine Aufschlüsselung nach den Komponenten unmittelbare medizinische Heilbehandlung, Präventions- bzw. Reha-Maßnahmen ist nicht möglich . 18. Welche Schritte hat die Bundesregierung konkret unternommen beim im Weißbuch „Allergie in Deutschland“ als Forschungsaufgabe benannten Erstellen präziser Schätzungen der Kosten, die durch allergische Erkrankungen verursacht werden, bzw. welche Schritte plant die Bundesregierung? Das seit dem Jahr 2000 erstellte „Weißbuch Allergie in Deutschland“ wird von Fachgesellschaften wie der Deutschen Akademie für Allergologie und Umweltmedizin , der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie , der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin und dem Ärzteverband Deutscher Allergologen herausgegeben. Das Weißbuch geht insbesondere auf epidemiologische Grundlagen der Allergie, auslösende Faktoren, das Krankheitsbild und die Versorgung allergiekranker Menschen ein und spricht zahlreiche Empfehlungen aus. Die sozioökonomische Bedeutung allergischer Erkrankungen wird ebenfalls in den Blick genommen. Die Bundesregierung nimmt wissenschaftliche Veröffentlichungen von Verbänden , Fachgesellschaften und Organisationen zur Kenntnis und berücksichtigt diese bei ihren Aktivitäten. Die Maßnahmen der Bundesregierung zum Thema Allergien sind in den Antworten zu den Fragen 19 und 20 dargestellt. 19. Welche Informationen für Eltern, Betroffene und Fachleute geben die Bundesregierung oder Bundesbehörden heraus, um über allergische Erkrankungen und deren Auslöser, insbesondere auch zu Schadstoffen aus der Umwelt, zu informieren? Der Bundesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, alle Beteiligten über die vielschichtigen Aspekte von allergischen Erkrankungen einschließlich deren Ursachen und Behandlungen aufzuklären. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Bereitstellung von qualitativ-hochwertiger und neutraler Information gelegt. Im Folgenden einige Beispiele: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat u. a. die gesetzliche Aufgabe, für alle Bürgerinnen und Bürger verständliche Informationen zu Diagnostik und Therapie von Krankheiten mit erheblicher epidemiologischer Bedeutung zur Verfügung zu stellen. Im Internetangebot Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode (www.gesundheitsinformation.de) finden sich zu einzelnen Allergie-bezogenen Themen entsprechende evidenzbasierte Informationen. Dabei werden auch Fragen zu Ursachen und Risikofaktoren bei allergischen Erkrankungen berücksichtigt . Aktuelle, wissenschaftlich geprüfte Information aus allen Bereichen der Allergieforschung und Allergologie in verständlich aufbereiteter Form für Betroffene, Angehörige sowie die interessierte Öffentlichkeit bietet der Allergieinformationsdienst . Das Angebot wird durch das Helmholtz Zentrum München mit Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit im Rahmen eines dreijährigen Forschungsvorhabens aufgebaut und evaluiert und ging in einer ersten Version im April 2017 online (www.allergieinformationsdienst.de). Seitdem wird es stetig erweitert. Neben oben genannten Informationen finden sich zudem hilfreiche Service -Angebote wie die Pollenfluginformation, Auflistungen von Patientenorganisationen und Schulungsangeboten, ein Veranstaltungskalender sowie eine Plattform für klinische Studien. Darüber hinaus lädt der Allergieinformationsdienst zu Patiententagen ein, bei denen sich Betroffene und Angehörige über den aktuellen Stand des Wissens informieren und ihre individuellen Fragen an die Expertinnen und Experten richten können. Zusätzlich erscheint seit 2017 ein monatlicher Newsletter, der viele wertvolle und aktuelle Beiträge und Links enthält. Bei der Erarbeitung der Inhalte des Allergieinformationsdienstes sind alle relevanten Ressorts und Bundesbehörden beteiligt. Das Netzwerk Gesund ins Leben veröffentlicht seit 2010 Handlungsempfehlungen für Eltern zu den Themen Ernährung, Bewegung und Allergieprävention in Schwangerschaft, Säuglings- und Kleinkindalter. Das Netzwerk wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft als eine Maßnahme des Nationalen Aktionsplans „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ ins Leben gerufen und ist heute organisatorisch Teil des neuen Bundeszentrums für Ernährung. Informationen zum Thema „Allergie bei Kindern“ finden sich auf der Webseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.kindergesundheitinfo .de). Dieses Internetportal richtet sich vorzugsweise an Eltern von Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren sowie an Fachkräfte, die Kinder in diesem Alter betreuen . Wesentliche Basisinformationen zu kindlichen Allergien, z. B. zu Häufigkeit , zu typischen allergischen Symptomen und deren Ausprägungen im Kindesalter sowie zu Möglichkeiten der Prävention (u. a. über Stillen, durch Vermeidung von Schimmelpilzbelastung, Schadstoffbelastung in Innenräumen und Passivrauchen ) sind enthalten. Im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes veröffentlicht das RKI insbesondere für die Fachöffentlichkeit Informationen zur Prävalenz von allergischen Erkrankungen, z. B. unter www.rki.de, im Bundesgesundheitsblatt oder im Journal of Health Monitoring. Auch die Kommission Umweltmedizin am RKI befasst sich immer wieder mit dem Thema Allergien. Das Umweltbundesamt (UBA) hat zahlreiche Studien und Informationsangebote zum Thema Allergien und Umwelt für Betroffene und Fachleute erstellt, z. B. zu den Themen Allergien im Garten, regionale Verteilung luftgetragener allergener Pollen oder die UBA-Ratgeber Duftstoffe und den Schimmelpilzleitfaden (www.umweltbundesamt.de). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/2091 Der durch das Bundesamt für Strahlenschutz, das Bundesinstitut für Risikobewertung , das RKI und das UBA herausgegebene Informationsdienst „Umwelt und Mensch“ ist ein weiteres Beispiel für gelungene Zusammenarbeit verschiedener Bundesbehörden. Allergien werden dabei immer wieder thematisiert. Ausführungen zu sensibilisierenden Stoffen für die Atemwege insbesondere am Arbeitsplatz enthalten die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe und für Gefahrstoffe (www.baua.de). Diese geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Für Fachleute liegen verschiedene Leitlinien der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften zu unterschiedlichen Aspekten von allergischen Erkrankungen vor (www.awmf.de), z. B. eine S3-Leitlinie zur Allergieprävention. Mit Patienteninformationen werden diese Leitlinien entsprechend aufbereitet und verständlich vorgestellt. Der im Auftrag von Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gemeinsam von RKI und UBA im Jahr 2013 erarbeitete Bericht „Klimawandel und Gesundheit . Allgemeiner Rahmen zu Handlungsempfehlungen für Behörden und weitere Akteure in Deutschland“ richtet sich ebenfalls an Fachleute und beschreibt im Handlungsfeld „Allergien und Atemwegerkrankungen“ die Herausforderungen und Handlungserfordernisse z. B. hinsichtlich der beruflichen Weiter- und Fortbildung . Der Deutsche Wetterdienst erstellt in Kooperation mit dem PID Vorhersagen der Pollenbelastung („Pollenflug-Gefahrenindex“) für die acht allergologisch wichtigsten Blütenpollen: Hasel, Erle, Esche, Birke, Süßgräser, Roggen, Beifuß und Ambrosia. Diese Leistung ist via Internet, Newsletter und App abrufbar (www.dwd.de/pollenflug). 20. Welche Forschungsvorhaben zur Prävention, Diagnose und Therapie von allergischen Erkrankungen haben die Bundesregierung und Bundesbehörden derzeit in Auftrag gegeben, bzw. welche Forschungsvorhaben sind geplant? Falls ja, wann ist mit Ergebnissen zu rechnen? Eine Reihe von Forschungsvorhaben zu allergischen Erkrankungen wird derzeit durch die Bundesregierung und Bundesbehörden gefördert (siehe nachfolgende Tabelle ). Mit den Ergebnissen ist jeweils nach Ende der gelisteten Förderzeiträume zu rechnen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2091 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Projekttitel Zuwendungsempfänger Projektbeginn Projektende Verbundprojekt: Züchtung allergenarmer Äpfel über Mal d 1-ELISA-Selektion als multidisziplinäres Entwicklungsvorhaben - Teilprojekt 1 Hochschule Osnabrück 01.08.2016 31.07.2019 Verbundprojekt: Züchtung allergenarmer Äpfel über Mal d 1-ELISA-Selektion als multidisziplinäres Entwicklungsvorhaben - Teilprojekt 2 Technische Universität München 01.08.2016 31.07.2019 Drying, Juices and Jams of Organic Fruit and Vegetables: what happens to Desired and Non-Desired compounds? Technische Universität München 30.03.2015 31.12.2018 Verbundprojekt: Innovative und zuverlässige Nachweismethoden für Lebensmittelallergene (AllergenAffinity) - Teilvorhaben 1 Universität Stuttgart 01.01.2018 31.12.2020 Verbundprojekt: Innovative und zuverlässige Nachweismethoden für Lebensmittelallergene (AllergenAffinity) - Teilprojekt 2 Axel Semrau GmbH & Co. KG 01.01.2018 31.12.2020 ModESPKlim - Modellgestützte Gefährdungsabschätzung des Eichenprozessionsspinners im Klimawandel Forstliche Versuchsund Forschungsanstalt Baden-Württemberg 01.03.2016 30.04.2019 ModESPKlim - Modellgestützte Gefährdungsabschätzung des Eichenprozessionsspinners im Klimawandel Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt 01.03.2016 30.04.2019 ModESPKlim - Modellgestützte Gefährdungsabschätzung des Eichenprozessionsspinners im Klimawandel Julius Kühn-Institut Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) 01.03.2016 30.04.2019 Zusatzerhebung im Rahmen der KiGGS Welle 2 zu familiären und versorgungsspezifischen Einflussfaktoren auf die Entstehung, den Verlauf und die Auswirkungen von psychischen Auffälligkeiten (insbesondere ADHS), Adipositas und allergischen Erkrankungen (insbesondere Asthma) bei Kindern und Jugendlichen RKI 1.1.2015 31.12.2018 Patientenkompetenz bei allergischen Erkrankungen des atopischen Formenkreises (PAKO-ATOP) – eine randomisierte kontrollierte Studie zur Wirksamkeit eines neu entwickelten webbasierten Angebots für leicht bis mittelschwer betroffene Menschen Pädagogischen Hochschule Freiburg 1.4.2017 31.3.2020 Allergieinformationsdienst - Aufbau und Evaluation Helmholtz Zentrum München 1.11.2016 31.12.2019 Zusätzlich fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Forschung zu allergischen Erkrankungen durch institutionelle und Projektförderung. Insbesondere die institutionell geförderten Einrichtungen Helmholtz Zentrum München, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, das Deutsche Zentrum für Lungenforschung und das Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung befassen sich mit umweltmedizinischer Forschung im weiteren Sinne, die auch die bevölkerungsmedizinische Sicht beinhaltet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/2091 Ein Forschungsschwerpunkt des Helmholtz Zentrums München ist das Krankheitsfeld Allergie und Asthma. Neben der genetischen Veranlagung sind auch hier Umwelteinflüsse von großer Bedeutung. Vor allem Allergene, wie z. B. in Pflanzenpollen oder Lebensmitteln und die Exposition gegenüber Viren, Bakterien und Pilzen lösen die Erkrankung aus bzw. beeinflussen ihre Ausprägung. Das Helmholtz Zentrum München schlägt hier eine Brücke zwischen Asthmaforschung , Allergieforschung, Pflanzenforschung und Erforschung der mikrobiellen Umwelt. Am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung wird im Rahmen von epidemiologischen Studien (eigene Kinderkohorte und Mutter-Kind-Kohorte) und experimentellen Krankheitsmodellen untersucht, inwieweit Umwelteinflüsse zur wachsenden Verbreitung allergischer Erkrankungen beitragen. Der Fokus liegt dabei auf der frühkindlichen, aber auch auf der mütterlichen Belastung durch Umweltchemikalien (beispielsweise Weichmacher, Konservierungsmittel, Pestizide) während der Schwangerschaft und deren Wirkung auf die Entstehung allergischer Erkrankungen bei den Kindern. Zukünftig sollen Effekte von Umweltchemikalien auch auf die Darmflora analysiert sowie deren Wechselwirkung mit dem Immunsystem und der Entstehung von Allergien untersucht werden. Bei der Erforschung allergischer Erkrankungen im Rahmen von BMBF-geförderten Studien im Deutschen Zentrum für Lungenforschung liegt der Schwerpunkt auf den allergischen Lungenkrankheiten, sprich dem Asthma. Der Schwerpunkt der Untersuchungen erfolgt zur Pathogenese, also zu den Mechanismen der Krankheitsentstehung, die es ermöglichen sollen, in Zukunft eine bessere, individuelle Therapie für Patientinnen und Patienten anzubieten. Die Forschungsaktivität des Leibniz-Instituts für umweltmedizinische Forschung konzentriert sich auf die molekulare präventivmedizinische Erforschung umweltbedingter Erkrankungen, einschließlich der Entstehung von Allergien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333