Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 4. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2100 19. Wahlperiode 08.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Dröge, Uwe Kekeritz, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1591 – Verhandlungen über das Handelsabkommen der Europäischen Union mit den Mitgliedstaaten des südamerikanischen Mercosur V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Europäische Union (EU) verhandelt derzeit mit den Mercosur-Staaten (Mercosur = Gemeinsamer Markt des Südens) Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay über ein Freihandelsabkommen (http://ec.europa.eu/trade/ policy/countries-and-regions/regions/mercosur/). Medienberichten zufolge sind die Verhandlungen bereits weit fortgeschritten und sollen womöglich schon im März 2018 abgeschlossen werden (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ cecilia-malmstroem-diese-frau-verteidigt-das-weltoffene-europa-1.3892908). Die Vertiefung der Handelsbeziehungen auf der Grundlage fairer Standards ist nach Ansicht der Fragesteller richtig. Hierzu stellen sich mit Blick auf das Mercosur-Abkommen eine Reihe von Fragen. Die Verhandlungen finden auf Grundlage eines Mandats aus dem Jahre 1999 statt und dauern nun schon fast 20 Jahre an. Das Abkommen beinhaltet bisher größtenteils den Abbau von Zöllen und die Errichtung und Ausweitung von Importquoten . Hierbei wird sich die EU voraussichtlich u. a. zu Einfuhrquoten von südamerikanischem Rindfleisch und Ethanol verpflichten. Die Mercosur-Staaten sollen im Gegenzug ihre Zölle für Industriegüter aus der EU, z. B. Autos und Autoteile, senken (www.taz.de/EU-Handel-mit-Suedamerika/!5464349/). Allerdings fehlen dem Mercosur-Abkommen bisher die verbindliche Verankerung des Vorsorgeprinzips und sanktionsbewehrte ökologische und soziale Standards (www.greenpeace.org/austria/de/presse/presseaussendungen/ Greenpeace-EU-Mercosur-Abkommen-schadet-Umwelt-und-bedroht-heimische- Landwirtschaft-/). Ohne diese Standards kann der Abbau von Handelsbarrieren nach Einschätzung der Fragesteller negative menschenrechtliche Folgen und negative Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Umwelt haben. Die Bundesregierung muss nach Ansicht der Fragesteller zudem Antworten geben , wie sich die Importquoten für Rindfleisch auf die europäische Landwirtschaft auswirken. Auch kann die stark wachsende Rindfleischproduktion in Südamerika und insbesondere in Brasilien die Abholzung des Amazonas beschleunigen und die Umweltzerstörung und Landkonflikte verschärfen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2100 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Europäische Union (EU) verhandelt mit dem Mercosur über ein Assoziierungsabkommen mit Freihandelsteil. Da davon ausgegangen wird, dass sich die Fragen dieser Kleinen Anfrage auf den Freihandelsteil beziehen, nehmen die Antworten im Folgenden auch auf diesen Bezug, sofern nicht explizit auf das Assoziierungsabkommen als Ganzes eingegangen wird. 1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen um das Freihandelsabkommen mit den Mitgliedstaaten des Mercosur, und wann werden die Verhandlungen nach Einschätzung der Bundesregierung voraussichtlich abgeschlossen werden ? Die EU verhandelt seit 2000 mit den Mercosur-Gründungsmitgliedern (Argentinien , Brasilien, Paraguay, Uruguay) über ein Assoziierungsabkommen mit Freihandelsteil . 2016 nahmen die Verhandlungen mit dem Austausch neuer Marktzugangsangebote an Fahrt auf. Die Bundesregierung unterstützt den zeitnahen Abschluss der Verhandlungen über ein ambitioniertes und ausgewogenes Abkommen der EU mit dem Mercosur. Da die Verhandlungen der EU mit dem Mercosur noch andauern, kann die Bundesregierung keine Aussagen zum voraussichtlichen Abschluss treffen. 2. Welche Vorteile erhofft sich die Bundesregierung durch das Mercosur-Abkommen ? 3. Welche Prioritäten hat die Bundesregierung für die Verhandlungen, und warum ? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung sieht in einem Abkommen der EU mit dem Mercosur – ein Markt mit 260 Millionen Konsumenten – großes Potenzial für die deutsche Wirtschaft . Es schafft neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und sichert der europäischen Wirtschaft Marktanteile im Wettbewerb mit anderen. Zudem würde das Abkommen ein deutliches Zeichen für die Vorteile offener Märkte setzen. Der Zugang zu den Märkten der Mercosur-Länder ist durch zahlreiche und umfangreiche tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse gekennzeichnet , die den Güter- und Dienstleistungshandel sowie den Zugang europäischer Anbieter zum öffentlichen Beschaffungsmarkt beschränken. Bei den Verhandlungen liegt der Fokus der Bundesregierung daher im Abbau tarifärer und nicht-tarifärer Handelshemmnisse, um den Marktzugang für deutsche Güter und Dienstleistungen sowie deutscher Anbieter zum öffentlichen Beschaffungswesen zu verbessern. 4. Über welche Passagen des Abkommens wurde bisher noch keine Einigung erzielt, und welche unterschiedlichen Auffassungen der Verhandlungspartner sind dafür verantwortlich (bitte begründen)? Im Fokus der Verhandlungen stehen derzeit Kapitel in Zusammenhang mit dem Marktzugang. Während die EU insbesondere an einer Verbesserung des Marktzugangs für ihre Industriegüter interessiert ist, liegen die Interessen des Mercosur vor allem im Zugang zum europäischen Agrarmarkt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2100 5. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Freihandelsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten des Mercosur und der EU ein Verbot von sogenannten Exportsteuern bzw. Zölle auf Exporte vorsehen, mit denen die Ausfuhr heimischer Rohstoffe beschränkt werden kann, um den Aufbau einer weiterverarbeitenden Industrie zu unterstützen, wie es derzeit etwa in Argentinien praktiziert wird? Unterstützt die Bundesregierung ein Verbot von Exportsteuern im Mercosur- Abkommen und grundsätzlich, und wenn ja, warum? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist auch der Abbau von Exportzöllen Gegenstand der Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur. Exportzölle beeinträchtigen den internationalen Handel von Waren einschließlich Vorprodukten und Vormaterialien. Daher unterstützt die Bundesregierung generell in einem Gesamtpaket für einen möglichst freien, regelbasierten und fairen Welthandel auch den Abbau von Exportzöllen. Dies gilt auch bei den Verhandlungen der EU mit dem Mercosur. 6. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Freihandelsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten des Mercosur und der EU eine menschenrechtliche Folgenabschätzung und ein entsprechendes Monitoring vorsehen? Unterstützt die Bundesregierung so ein Monitioring im Mercosur-Abkommen , und wenn nein, warum nicht? Das EU-Mercosur Assoziierungsabkommen wird einen politischen und einen Handelsteil beinhalten. Die Bundesregierung unterstützt die Praxis der EU, den Schutz von Menschenrechten im politischen Teil zu vereinbaren und im Nachhaltigkeitskapitel des Handelsteils Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards festzuschreiben . Mit Blick auf den Handelsteil des EU-Mercosur Assoziierungsabkommens lässt die EU-Kommission derzeit eine Folgenabschätzung (so genanntes sustainability impact assessment) durchführen. Die Untersuchung von wirtschaftlichen , sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Effekten wird unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft erstellt. Während der Umsetzung von Handelsabkommen ist regelmäßig ein Monitoring vorgesehen, das unter anderem auch die menschenrechtlichen Bezüge der Bestimmungen von Nachhaltigkeitskapiteln berücksichtigt . Üblich ist zudem, dass unabhängige nationale Beratergremien die Einhaltung der Vertragsbestimmungen im politischen Abkommen überwachen sowie ein regelmäßiger politischer Dialog zwischen den Vertragsparteien stattfindet . Diese Position vertritt die EU-Kommission auch in den Verhandlungen mit dem Mercosur. 7. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Freihandelsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten des Mercosur und der EU eine Menschenrechtsklausel vorsehen, die auch Menschenrechtsverletzungen im Zuge der Umsetzung des Abkommens ahndet, wenn die Verantwortung nichtstaatlicher Akteure nachgewiesen wird? Unterstützt die Bundesregierung die Verankerung einer solchen Menschenrechtsklausel im Mercosur-Abkommen, und wenn nein, warum nicht? Das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der die Parteien des Abkommens bindet. Es liegt in der Verantwortung der Parteien, Menschenrechtsverletzungen durch nichtstaatliche Akteure im Wege innerstaatlicher Verfahren zu ahnden. Entsprechend der Praxis der EU sollen Menschenrechte als „essential elements“ im politischen Teil des Abkommens verankert Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2100 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode werden. Im Fall von Menschenrechtsverletzungen könnte sodann ein Konsultations - und Streitbeilegungsverfahren gestartet werden, an dessen Ende die Suspendierung oder Kündigung von Teilen des Abkommens oder aber des ganzen Abkommens stehen kann. Im Übrigen wird in Nachhaltigkeitskapiteln von EU- Freihandelsabkommen regelmäßig auf die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen Bezug genommen, die einen außergerichtlichen Beschwerdemechanismus u. a. mit Blick auf Menschenrechtsverletzungen vorsehen. 8. Wird das Freihandelsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten des Mercosur und der EU nach Kenntnis der Bundesregierung das Vorsorgeprinzip als wichtigen Pfeiler europäischer Verbraucherschutzpolitik „horizontal“ über das gesamte Abkommen hinweg absichern, beispielsweise durch eine Formulierung wie „Keine Vorschrift diese Vertrages darf eine Regulierung aufgrund des Vorsorgeprinzips verhindern.“ (bitte erläutern)? Unterstützt die Bundesregierung die „horizontale“ Verankerung des Vorsorgeprinzips im Mercosur-Abkommen, und wenn nein, warum nicht? Das Vorsorgeprinzip ist im EU-Primärrecht verankert. Es kann von völkerrechtlichen Verträgen, wie zum Beispiel von Freihandelsabkommen, nicht außer Kraft gesetzt werden. Daher ist aus Sicht der Bundesregierung eine darüber hinausgehende Formulierung nicht erforderlich. Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass der Abkommenstext nach Abschluss der Verhandlungen keine Verpflichtungen enthalten wird, die dazu führen , dass Vorschriften der EU, wie etwa in den Bereichen der Produkt- und Lebensmittelsicherheit , geändert werden müssen oder auf Produkte aus den Mercosur- Staaten nicht angewendet werden dürfen. Ebenso wenig steht das Abkommen der Einführung zusätzlicher Anforderungen in diesen Bereichen entgegen. Das Vorsorgeprinzip wird im Abkommen durchgängig gewahrt werden. 9. Soll es im Mercosur-Abkommen ein Nachhaltigkeitskapitel geben, und wenn ja, enthält dies einen Sanktionsmechanismus, womit Verstöße gegen darin definierte Standards bzw. dort aufgeführte internationale Normen zum Schutz von Umwelt, Klima und Arbeitnehmern geahndet werden können? Unterstützt die Bundesregierung ein solches sanktionsbewehrtes Nachhaltigkeitskapitel , und wenn nein, warum nicht? Im Handelsteil des EU-Mercosur-Assoziierungsabkommens soll es ein Nachhaltigkeitskapitel geben. Die darin enthaltenen Bestimmungen werden verbindliche, das heißt völkerrechtlich bindende Bestandteile des Abkommens sein. Die Praxis der EU sieht vor, dass multilaterale Organisationen und Zivilgesellschaft beim Monitoring der Umsetzung dieser Bestimmungen eng eingebunden werden, und dass die Parteien deren Einhaltung auch von einem bilateralen Expertengremium überprüfen lassen können. Eine Aussetzung von Handelszugeständnissen – etwa in Form von Strafzöllen auf Produkte aus dem Mercosur oder anderen Sanktionen – sieht die Praxis der EU nicht vor. Die EU-Kommission hat jüngst 15 konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Um- und Durchsetzung der Bestimmungen von Nachhaltigkeitskapiteln in EU- Freihandelsabkommen gemacht. Die EU-Kommission wird diese in enger Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten, unter anderem auch bei der Umsetzung des EU-Mercosur-Abkommens, implementieren. Begleitend soll untersucht werden , ob dadurch die Effizienz der Um- und Durchsetzung verbessert wird oder ob Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2100 weitere Schritte nötig sind, um dies zu erreichen. In diesem Zusammenhang strebt die EU-Kommission Überprüfungsklauseln („review clauses“) in Nachhaltigkeitskapiteln von EU-Freihandelsabkommen an. Grundsätzlich – auch über das EU-Mercosur-Abkommen hinaus – begrüßt die Bundesregierung die Vorschläge der EU-Kommission zur Verbesserung der Umund Durchsetzung der Bestimmungen von Nachhaltigkeitskapiteln in EU-Freihandelsabkommen . Die Frage nach der Notwendigkeit weitergehender Durchsetzungsmechanismen (etwa mit Blick auf Sanktionen) wird derzeit noch geprüft. 10. Wie werden die Bundesregierung und die Europäische Union verhindern, dass aus wachsenden Importquoten Druck auf ökologische und Verbraucherschutz -Standards in Deutschland und der Europäischen Union entsteht? In der Bundesrepublik Deutschland und in der EU sind ökologische und Verbraucherschutz -Standards gesetzlich festgelegt. Durch wachsende Importquoten ändert sich diese Rechtslage nicht. Die Bundesregierung hat keinen Grund zur Annahme , dass zunehmende Importquoten eine Anpassung dieser Standards nach unten erforderlich machen könnten (hierzu wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen ). 11. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung abgesichert, dass Zertifizierungen und Kennzeichnungsregeln für die Verwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVOs) in der bisherigen Form abgesichert sind bzw. ausgebaut werden können (Kennzeichnung der Fütterung mit GVO am Endprodukt )? Die Regelungen der EU für gentechnisch veränderte Organismen werden durch das geplante Abkommen mit dem Mercosur nicht verändert. Das Abkommen wird die bestehende Regelungsfreiheit auf diesem Gebiet nicht einschränken. 12. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung abgesichert, dass das bestehende Niveau an Verbraucherschutz hinsichtlich Rückständen in Lebensmitteln mindestens erhalten bleibt bzw. Verschärfungen bei der Regulierung hinsichtlich Rückständen in Lebensmitteln auch nach Abschluss des Freihandelsabkommens und seines Bezugs auf das Abkommen der Welthandelsorganisation über sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen (SPS) weiter möglich sein werden? Die Regelungen der EU im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit werden durch das geplante Abkommen mit Mercosur nicht verändert. Ebenfalls bleiben die Regelungen des bereits heute in der EU geltenden SPS-Abkommens unberührt. 13. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine Einigung über die Höhe der Importquoten für Rindfleisch erzielt worden, a) und wenn ja, in welcher Höhe, b) und wenn nein, weshalb nicht, und was fordern die jeweiligen Verhandlungspartner ? Die Verhandlungen über die Höhe der Importquoten für Rindfleisch dauern noch an. Sie sind Teil der noch nicht abgeschlossenen Gesamtverhandlungen und wegen der besonderen Sensibilität für die EU Teil der Schlussverhandlungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2100 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Der EU-Marktzugang für Rindfleisch soll nicht vollständig liberalisiert und der Rindfleischmarkt der EU mit Quoten geschützt werden. Aufgrund seines hohen Exportinteresses fordert der Mercosur grundsätzlich eine möglichst umfangreiche Liberalisierung für den Rindfleischbereich. 14. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch das Mercosur- Abkommen auf die Rindfleischproduktion in Deutschland? Da die Ergebnisse der Verhandlungen noch nicht feststehen, kann hierzu noch keine Abschätzung getroffen werden. 15. Wie werden sich nach Auffassung der Bundesregierung die durch Importquoten der EU im Rahmen des Mercosur-Abkommens nach Einschätzung der Fragesteller voraussichtlich weiter steigende Rindfleischproduktion in Brasilien auf die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes auswirken, nachdem erst vor wenigen Tagen das oberste Gericht in Brasilien (vgl. www. taz.de/!5479705/) die Amnestie für illegale Rodungen im Amazonas sowie die Ausweitung legaler Rodungen bestätigt hat (https://soundcloud.com/ swrumwelt/amazonas-1)? a) Welche Mechanismen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Mercosur-Abkommens vereinbart worden, damit durch die prognostizierte steigende Rindfleischproduktion in den südamerikanischen Ländern und die damit steigende Flächeninanspruchnahme die Entwaldung insbesondere in Brasilien nicht weiter zunimmt (vgl. www.misereor. de/fileadmin/user_upload/Studie_MERCOSUR_Misereor.pdf)? Als Vorbemerkung der Antworten zu den Fragen 15 bis 15c ist festzuhalten: Ob das Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur tatsächlich zu einer Steigerung der Rindfleischproduktion im Mercosur führen wird oder gegebenenfalls lediglich zu handelsumlenkenden Effekten, ist offen. Die Fragen 15 und 15a werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung unterstützt Brasilien bei der Fortsetzung einer im internationalen Vergleich sehr ambitionierten und erfolgreichen Politik zum Schutz des Amazonasregenwalds. Im Februar 2018 bestätigte das Oberste Gericht die Verfassungsmäßigkeit des brasilianischen Waldgesetzes von 2012, die eine legale Rodung von maximal 20 Prozent im Amazonienbiom erlaubt. Der Bundesregierung liegen jedoch keine Informationen über eine Entscheidung des Gerichts zu einer weiteren Ausweitung legaler Rodungen vor. Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass zu der Annahme, dass das zu verhandelnde Abkommen die Abholzung des tropischen Regenwaldes verstärken würde. Die Bundesregierung setzt sich für ein umfassendes Nachhaltigkeitskapitel im Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur ein, das auf die effektive Umsetzung zahlreicher multilateraler Umwelt- und Klimaabkommen zielt und Regelungen zur nachhaltigen Forstwirtschaft und Biodiversität enthalten soll (hierzu wird auf die Antworten zu den Fragen 6 und 9 verwiesen). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2100 b) Inwiefern trägt nach Auffassung der Bundesregierung die voraussichtlich weiter steigende Rindfleischproduktion in den südamerikanischen Ländern im Rahmen des Mercosur-Abkommens zu einer Verschärfung der Landkonflikte mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Indigenen bei (bitte begründen)? Die Bundesregierung sieht derzeit keinen Anlass zu der Annahme, dass das Abkommen mögliche Landkonflikte mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Indigenen verstärkt. Diese haben ihre Ursachen in der Regel in unzureichend geklärten Landnutzungsrechten, die häufig historisch begründet sind. Die Bundesregierung setzt sich daher dafür ein, die Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Regulierung von Eigentums-, Besitz- und Nutzungsrechten an Land, Fischgründen und Wäldern des Welternährungsausschusses der Vereinten Nationen im Rahmen nationaler Ernährungssicherheit im EU-Mercosur-Abkommen zu verankern. Wirtschaftliche, soziale und menschenrechtliche Effekte des Handelsteils sind auch Teil der laufenden Folgenabschätzung (hierzu wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen). c) Welche Mechanismen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Mercosur-Abkommens vereinbart worden, damit die prognostizierte steigende Rindfleischproduktion in den südamerikanischen Ländern sklavenartiger Beschäftigung insbesondere in der Viehwirtschaft und im Holzeinschlag in Brasilien nicht Vorschub leistet (vgl. www. misereor.de/fileadmin/user_upload/Studie_MERCOSUR_Misereor.pdf)? Die Bundesregierung sieht keinen Anlass zu der Annahme, dass das Abkommen sklavenartige Beschäftigung verstärken könnte. 16. Wie möchte die Bundesregierung mit Blick auf die im Mercosur-Abkommen geregelten steigenden Fleischimporte aus Südamerika zukünftig sicherstellen , dass verdorbenes Fleisch aus Südamerika nicht wieder in die EU und nach Deutschland gelangen kann, angesichts der großen Mengen verdorbener Ware, die während des letzten „Gammelfleisch“-Skandals in Brasilien in die EU eingeführt wurden (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verbraucherschutzeu -stoppt-gammelfleisch-importe-aus-brasilien-1.3436340)? 17. Wie kann nach Kenntnis der Bundesregierung garantiert werden, dass im Rahmen des Mercosur-Abkommens kein Fleisch aus Südamerika in die EU und nach Deutschland gelangen kann, das aus den 71 Prozent der Schlachthöfe im Bundesstaat Amazonas kommt, die als illegal gelten (vgl. www. misereor.de/fileadmin/user_upload/Studie_MERCOSUR_Misereor.pdf)? Die Fragen 16 und 17 werden gemeinsam beantwortet. Für den Import von Fleisch aus Drittländern gelten die Lebensmittelsicherheitsvorschriften der EU. Dies ändert sich auch durch ein Freihandelsabkommen nicht (hierzu wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen). Der Handel mit tierischen und pflanzlichen Produkten unterliegt zudem den Vorgaben des SPS-Übereinkommens der WTO. Die Erzeugnisse müssen die Vorgaben des Importlandes einhalten, damit sie dort auf den Markt gelangen dürfen. Das Importland kann alle angemessenen und notwendigen Garantien vom Exportland verlangen, die es für erforderlich hält, um den Schutz seiner Verbraucher , seiner Tiere oder Pflanzen sicherzustellen. Unter anderem kann es die Zulassung für den Import auf die Erzeugnisse beschränken, die in bestimmten zertifizierten Schlachthöfen erzeugt worden sind. Die Vertragsparteien sind zudem Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2100 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode aufgefordert, Vereinbarungen zu treffen, um gemeinsam und gegenseitig ein bestimmtes Maß an Schutz zu garantieren, damit ein sicherer Handel stattfinden kann. Als Reaktion auf die Vorkommnisse im brasilianischen Fleischsektor haben sich die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf einen harmonisierten verstärkten Kontrollansatz verständigt: Bei Sendungen von Fleisch und Fleischprodukten aus Brasilien erfolgt eine 100prozentige Warenkontrolle, davon 20 Prozent Kontrolle auf mikrobiologische Parameter. Als Konsequenz aus mehrfach nicht zufriedenstellenden Untersuchungsergebnissen haben die brasilianischen Behörden ihrerseits bereits einzelnen Betrieben den Export in die EU untersagt. Weitere Betriebe sollen auf Vorschlag der EU-Kommission von der Liste der für den Export in die EU zugelassenen Betriebe gestrichen werden. Dieser Vorschlag wird von der Bundesregierung unterstützt. 18. Weshalb befürwortet die Bundesregierung ein eigenes Kapitel zum Schutz geistigen Eigentums im Mercosur-Abkommen (schriftliche Beantwortung der Nachfragen von Katharina Dröge in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 28. Februar 2018 durch den Parlamentarischen Staatssekretär Dirk Wiese), obwohl die Vertragsparteien bereits multilaterale Vereinbarungen zum Schutz geistigen Eigentums abgeschlossen haben (z. B. im Rahmen der World Intellectual Property Organization sowie des Übereinkommens der Welthandelsorganisation – WTO – über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums –TRIPS)? Mit einem eigenständigen Kapitel zum Schutz geistiger Eigentumsrechte im Rahmen des geplanten Abkommens zwischen der EU und den Mercosur-Staaten verfolgen die Vertragsparteien das Ziel, den Zugang zu innovativen und kreativen Waren und Dienstleistungen und deren Produktion und Verbreitung zu erleichtern und damit den Handel zu fördern. In dem Kapitel sollen zwischenzeitliche Entwicklungen auf Ebene der nationalen Rechtsordnungen wie auch auf völkerrechtlicher Ebene, insbesondere in bilateralen Abkommen, Berücksichtigung finden . Die Bundesregierung unterstützt diese Ziele. Daher befürwortet sie ein Kapitel zum Schutz immaterieller Rechte in dem geplanten Abkommen mit dem Mercosur – wie auch in anderen Freihandelsabkommen der EU. Grundlage für dieses Kapitel sind die multilateralen Verpflichtungen der Vertragsparteien insbesondere im Rahmen der World Intellectual Property Organisation (WIPO) sowie des Übereinkommens der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS). Die Verhandlungsvorschläge der EU für diesen Bereich nehmen explizit auf diese Vereinbarungen Bezug und zielen insofern auf Kohärenz ab. 19. Wie möchte die Bundesregierung bzw. die EU-Kommission konkret verhindern , dass das Kapitel zum Schutz geistigen Eigentums im Mercosur-Abkommen dem öffentlichen Gesundheitssystem Brasiliens massive Mehrkosten verursacht und die Versorgung von Patienten mit Medikamenten erschwert , wie eine Studie der brasilianischen Forschungseinrichtung Fiocruz nahelegt (www.ensp.fiocruz.br/portal-ensp/informe/site/arquivos/anexos/01 abfe4ae54f0d6efd743fe6eea6abe259bdb702.PDF)? Die Verhandlungsvorschläge der EU für ein Kapitel zum Schutz geistigen Eigentums enthalten unter anderem eine explizite Referenz zur Erklärung zur TRIPS- Übereinkunft und zur öffentlichen Gesundheit vom 14. November 2001 – Doha- Erklärung. Diese zielt unter anderem auf eine funktionierende Versorgung der Bevölkerung in Entwicklungsländern mit lebenswichtigen Medikamenten ab. Die Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2100 Bundesregierung unterstützt dies ausdrücklich. Sie unterstützt außerdem das Ziel der EU-Kommission, im Rahmen des Abkommens den Entwicklungsstand der Partnerländer zu berücksichtigen und die erforderlichen Spielräume der Vertragsstaaten zu wahren, um einen guten Zugang ihrer Bevölkerung zu Arzneimitteln gewährleisten zu können. 20. Wie wird nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen des Mercosur- Abkommens sichergestellt, dass insbesondere der Zugang zu Saatgut und die Verbreitung (klein-)bäuerlicher Saatgutzüchtungen nicht eingeschränkt wird, vor dem Hintergrund, dass das europäische Verhandlungsmandat den Schutz geistiger Eigentumsrechte über die Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO hinausgehend vorsieht sowie die Bestimmungen des UPOV-Übereinkommens von 1991 (UPOV= Internationaler Verband zum Schutz von Pflanzenzüchtungen), welchem bis dato noch keines der Mercosur -Staaten beigetreten ist? Durch das EU-Mercosur-Abkommen wird der Zugang zu Saatgut und die Verbreitung von Saatgutzüchtungen nicht in Frage gestellt. Im Rahmen der Welthandelsorganisation haben sich die Mitglieder zum Schutz des geistigen Eigentums und in diesem Zusammenhang zum Schutz von Forschungsergebnissen und neu gezüchteten Pflanzensorten verpflichtet. Die EU und die Mercosur-Staaten gewähren diesen auf der Basis des sogenannten UPOV-Übereinkommens (Internationales Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen), auf das im Rahmen des EU-Mercosur-Abkommens Bezug genommen werden soll. Dieses schließt nicht aus, dass neben den geschützten Sorten auch ungeschützte Landsorten gehandelt und weiter züchterisch bearbeitet werden und verbietet nicht den Nachbau geschützter Sorten in landwirtschaftlichen Betrieben. Im Abkommen soll berücksichtigt werden, dass die Mercosur-Mitgliedstaaten der Revision des UPOV-Übereinkommens von 1991 bislang nicht beigetreten sind und diese Fassung des Übereinkommens dementsprechend nicht ratifiziert haben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. 21. Wie wird nach Auffassung der Bundesregierung im Rahmen des Mercosur- Abkommens sichergestellt, dass das Abkommen die Ernährungssouveränität der Länder durch beispielsweise eine möglichst hohe Saatgutvielfalt und Zugang zu Land gewährleistet, statt die Aussaht sogenannter Cash-Crops weiter zu steigern? Die Bundesregierung sieht keinen Anlass zu der Annahme, dass das Abkommen in die Ernährungssicherheit der Handelspartner eingreift. Das EU-Mercosur-Abkommen wird hierauf keinen direkten Einfluss haben, da alle Vertragsparteien aufgrund ihrer gesetzgeberischen Souveränität weiterhin Maßnahmen zur nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen sowie zur Ernährungssicherheit ergreifen können. Auch liegt es in der Verantwortung der Vertragsparteien, den Zugang zu Land für verschiedene Akteure zu regeln und sicherzustellen, um die Ernährungssicherheit im jeweiligen Land zu fördern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2100 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 22. Sind in dem Mercosur-Abkommen nach Kenntnis der Bundesregierung Regeln für eine Öffnung bestimmter Märkte für Dienstleistungen enthalten, und wenn ja, für welche Märkte? Das Abkommen der EU mit dem Mercosur soll – wie in Freihandelsabkommen der EU üblich – ein Kapitel zum Handel mit Dienstleistungen enthalten. Aufgrund der noch laufenden Verhandlungen kann die Bundesregierung jedoch noch keine Aussagen zu den konkreten Marktöffnungen in den einzelnen Dienstleistungssektoren machen. 23. Sind in dem Mercosur-Abkommen nach Kenntnis der Bundesregierung Regeln für die öffentliche Beschaffung enthalten, und wenn ja, für welche Verwaltungsebenen in der EU und den Mercosur-Staaten? Das Abkommen der EU mit dem Mercosur soll – wie in Freihandelsabkommen der EU üblich – Regeln enthalten, die den Zugang zu öffentlichen Beschaffungsmärkten erleichtern sollen. Dabei strebt die EU in den Verhandlungen einen möglichst weitgehenden Zugang zu Beschaffungen aller Verwaltungsebenen der Mercosur-Staaten (national, regional und lokal) an und ist bereit, entsprechend Zugang zu den Beschaffungen in den EU-Mitgliedstaaten zu gewähren. Aufgrund der noch laufenden Verhandlungen kann die Bundesregierung jedoch noch keine Aussagen zu den konkreten Inhalten des künftigen Abkommens treffen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333