Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 14. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2149 19. Wahlperiode 16.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Simone Barrientos, Birke Bull-Bischoff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1940 – Situation und Entschädigung von Opfern kontaminierter Anti-D-Immunprophylaxe in der DDR V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor 40 Jahren wurde in der DDR eine mit dem Hepatitis-C-Virus kontaminierte Anti-D-Immunprophylaxe eingesetzt. Diese wurde in Halle (Saale) hergestellt und an circa 6 700 Frauen verabreicht, von denen die meisten infiziert wurden und schwerwiegende direkte und indirekte gesundheitliche Folgen erlitten. Eine Anti-D-Immunprophylaxe nach einer ersten Schwangerschaft soll Schäden bei den Zweitgeborenen vorbeugen. Wenn das Blut der Mutter keinen Rhesusfaktor enthält, das des erstgeborenen Kindes aber schon, dann können sich bei der Mutter Antikörper bilden, die die roten Blutkörperchen von Zweitgeborenen angreifen, was sogar tödliche Folgen für das Kind haben kann. Der bei der Anti-D-Immunprophylaxe verwendete Wirkstoff Immunglobulin ist ein Blutprodukt. Zur Herstellung dieses Blutprodukts wurde Plasma von Spenderpersonen verwendet, die mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert waren. Noch vor dem Inverkehrbringen wurde bekannt, dass die Chargen verunreinigt waren. Trotzdem wurden die betroffenen Präparate ausgeliefert und eingesetzt. Ebenso kam es durch die Nichteinhaltung von Herstellungsprinzipien zur Verunreinigung weiterer Chargen, die nicht direkt aus HCV-verunreinigtem Spenderplasma hergestellt wurden. Eine Infektion mit HVC verursacht in vielen Fällen eine Entzündung der Leber (Hepatitis), kann aber auch andere Organe betreffen (extrahepatische Manifestationen ). Nach Auskunft des Robert Koch Instituts (www.rki.de/DE/ Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/Themenhefte/ hepatitis_c_2016_inhalt.html?nn=2370692) verlaufen Infektionen mit dem Hepatitis -C-Virus in bis zu 85 Prozent der Fälle chronisch und zählen zu den wichtigsten Ursachen von Leberzirrhose und Leberkrebs. Menschen, die an einer chronischen Virushepatitis C leiden, haben ein signifikant erhöhtes Risiko, an einer leberbezogenen Krankheit zu sterben, das Risiko, an einer extrahepatischen Erkrankung zu versterben, ist erhöht. Auch Erwerbsfähigkeit und Lebensqualität leiden massiv unter den Folgen dieser Infektion. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2149 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das Anti-D-Hilfegesetz, welches im Jahr 2000 in Kraft trat, gewährte seitdem einem Teil der betroffenen Frauen monatliche Renten sowie Einmalzahlungen. Auch Krankenhaus- und Heilbehandlungen fallen unter das Gesetz. Die Höhe der Rentenleistungen wird nach dem Grad der Folgeschädigungen berechnet. Eine pauschale Entschädigung allein aufgrund der Verabreichung verunreinigter Blutprodukte ist nicht vorgesehen. Für die Ausführung des Gesetzes sind die Versorgungsämter der Länder zuständig. Die Interessenvertretungen der betroffenen Frauen beklagen immer wieder, dass die Anwendung des Gesetzes in jedem Bundesland anders gehandhabt würde. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung bekräftigt ihr Bedauern darüber, dass in den Jahren 1978 und 1979 in der ehemaligen DDR mehrere Tausend Frauen nach der Geburt von Kindern bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Anti-D-Immunprophylaxe zum Schutz nachgeborener Kinder schuldhaft mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert wurden und damit unverschuldet ein schweres Los zu tragen haben. Erfreulicherweise hat die Behandlung der Hepatitis C durch bahnbrechende Erfolge der antiviralen Therapie in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Dadurch ist in der großen Mehrzahl der Fälle eine Viruselimination und Heilung der Infektion möglich geworden. Im Einzelfall kann dadurch eine Herabsetzung des Grads der Schädigung und damit der Leistungen nach dem Anti-D-Hilfegesetz (AntiDHG) erfolgen. Einzelne Betroffene gehen davon aus, dass sie einen Entschädigungsanspruch auf Leistungsgewährung nach dem AntiDHG unabhängig davon haben, ob eine gesundheitliche Beeinträchtigung vorliegt. Ein Entschädigungsanspruch allein wegen der Straftat zu DDR-Zeiten bestand aber weder nach dem Bundesseuchengesetz noch besteht er nach dem AntiDHG. Auf die Ausführungen in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zum „Bericht über eine restriktive Praxis der Begutachtung und Entschädigung von Betroffenen der Anti-D-Prophylaxe“ (Bundestagsdrucksache 18/3901) wird verwiesen . Dies gilt auch, soweit die einheitliche Durchführung des AntiDHG von wenigen Betroffenen beklagt wird. Seit 2015 liegen der Bundesregierung keine Hinweise der Länder auf eine uneinheitliche Rechtsanwendung vor. Auch in der letztmalig im September 2017 durchgeführten Bund-Länder-Besprechung sind seitens der Länder keine Sachverhalte berichtet worden, die auf eine uneinheitliche Rechtsanwendung hindeuten würden. 1. Wie viele Frauen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von der 1978/1979 kontaminierten Anti-D-Immunprophylaxe in der früheren DDR betroffen, und wie viele dieser Frauen sind bis heute verstorben (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln und in Jahren seit dem Jahr 2014 angeben). Insgesamt sind von der 1978/1979 kontaminierten Anti-D Immunprophylaxe 4 689 Frauen betroffen. Für die Jahre 2014 bis 2017 haben die Länder nachfolgende Zahlen übermittelt: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2149 Bundesland Anzahl Frauen Verstorbene 2014 Verstorbene 2015 Verstorbene 2016 Verstorbene 2017 Anzahl Verstorbene Berlin 300 1 Brandenburg 811 1 1 0 4 6 * Mecklenburg- Vorpommern 700 keine Angaben Sachsen 1.525 2 6 2 6 16 * Sachsen-Anhalt 868 1 ** 11 * 2 ** Thüringen 485 Bis 1999 schädigungsunabhängig 6 Fälle/ Im Jahr 2000 2 Fälle (1 schädigungsunabhängig / 1 an Hepatitis C) * ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tod und schädigendem Tatbestand/Schädigung besteht, ist nicht erfasst ** an Hepatitis C 2. Wie viele Frauen haben seit dem Jahr 2014 bis heute Leistungen des Anti- D-Hilfegesetzes (AntiDHG) a) beantragt Seit dem Jahr 2014 haben nach Angaben der Länder insgesamt 114 Frauen Leistungen nach dem AntiDHG beantragt. Bundesland Anzahl Anträge 2014 Anträge 2015 Anträge 2016 Anträge 2017 Berlin 2 Brandenburg 10 5 5 0 0 Mecklenburg- Vorpommern 22 Sachsen 78 72 * 3 2 1 Sachsen-Anhalt 2 - 1 1 - Thüringen 0 - - - - * Die deutlich erhöhte Antragszahl im Jahr 2014 resultiert aus der Aufnahme von 71 Fällen nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (GüK) im Mai 2014 b) beantragt, den Antrag aber zurückgezogen Kenntnisse über Antragsrücknahmen liegen der Bundesregierung nicht vor. In den Ländern Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden keine Anträge zurückgezogen. In Brandenburg und Sachsen werden diese Daten nicht erfasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2149 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode c) in welcher Höhe erhalten (bitte nach Personenkreis, Herkunft, Bundesland , Alter, Grad der Schädigungsfolgen und Höhe der Leistungen aufschlüsseln )? In Mecklenburg-Vorpommern ist über fünf Anträge noch nicht entschieden worden , sechs Anträge wurden abgelehnt, bei fünf Frauen sind jeweils ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) unter 25 festgestellt und Heil- und Krankenbehandlung bewilligt worden, in sechs Fällen wurden Rentenleistungen bewilligt – darunter eine Beschädigte, jetzt 61 Jahre, zunächst GdS 40, aktuell GdS unter 25, erhielt Rentenleistungen ab 4/2014 in Höhe von monatlich 465 Euro, ab 7/2014 monatlich 473 Euro, ab 7/2015 monatlich 483 Euro und erhält ab 9/2015 keine Leistungen mehr; eine Beschädigte, jetzt 59 Jahre, GdS 30, erhielt Rentenleistungen ab 1/2014 in Höhe von monatlich 292 Euro, ab 7/2014 monatlich 297 Euro, ab 7/2015 monatlich 303 Euro, ab 7/2016 monatlich 316 Euro und erhält ab 7/2017 monatlich 322 Euro; eine Beschädigte, GdS 100, erhielt Rentenleistungen ab 4/2017 in Höhe von monatlich 1 261 Euro, ab 6/2017 wurde die Leistung eingestellt, da sie mit 59 Jahren verstarb; eine Beschädigte, jetzt 61 Jahre, GdS 30, erhielt Rentenleistungen ab 7/2016 in Höhe von monatlich 316 Euro und erhält ab 7/2017 monatlich 322 Euro; ein Witwer, 80 Jahre, erhielt Rentenleistungen ab 5/2015 in Höhe von monatlich 473 Euro, ab 7/2015 monatlich 483 Euro, ab 7/2016 monatlich 504 Euro und erhält ab 7/2017 monatlich 515 Euro sowie eine Beschädigte, jetzt 61 Jahre, zunächst GdS 30, aktuell GdS unter 25, erhielt Rentenleistungen ab 12/2014 in Höhe von monatlich 297 Euro, ab 7/2015 monatlich 303 Euro, ab 7/2016 monatlich 316 Euro, ab 7/2017 monatlich 322 Euro und erhält ab 8/2017 keine Leistungen mehr. In Berlin erhielten die Personen, die zwischen 2014 und 2017 Erstanträge gestellt haben, mangels Anspruchsberechtigung keine Leistungen. In Brandenburg wurden die Erstanträge von 2014 und 2015 von Frauen gestellt. Im Übrigen hat das Land keine Angaben zu den Entwicklungen der Erstanträge gemacht. In Sachsen-Anhalt liegt das Alter der betroffenen Frauen zwischen 55 und 79 Jahren . Im Übrigen hat das Land keine Angaben zu den Entwicklungen der Erstanträge gemacht. In Thüringen liegen seit 2014 keine Erstanträge vor. Sachsen hat keine Angaben zu den Entwicklungen der Erstanträge gemacht. Die Herkunft wird von den Ländern statistisch nicht erfasst. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2149 3. Wie viele Anträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 aus welchen Gründen abgelehnt? Seit 2014 wurden nach Angaben der Länder insgesamt 87 Anträge abgelehnt. Ablehnungsgründe werden statistisch nicht erfasst. Bundesland Anzahl Anträge 2014 2015 2016 2017 Berlin 4 Brandenburg 3 2 1 - - Mecklenburg-Vorpommern 6 Sachsen 74 71 * 2 0 1 Sachsen-Anhalt 0 - - - - Thüringen 0 - - - - * Die deutlich erhöhte Antragszahl resultiert aus der Aufnahme von 71 GüK-Fällen im Mai 2014. 4. Wie viele Änderungs- beziehungsweise Neufeststellungsanträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2014 gestellt (bitte nach Gewährung bzw. Ablehnung, Personenkreis, Herkunft, Bundesland, Alter, Grad der Schädigungsfolgen und Höhe der Leistungen aufschlüsseln)? Eine Abfrage bei den Ländern hat Folgendes ergeben: In den Ländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden Änderungs- und Neufeststellungsanträge statistisch nicht erfasst. In Thüringen gab es in den Jahren 2016 und 2017 jeweils drei Neufeststellungsanträge, die alle zu Höherstufungen geführt haben. Hinsichtlich des betroffenen Personenkreises wird auf die Ausführungen des § 1 AntiDHG verwiesen. Die betroffenen Personen haben die kontaminierten Chargen im heutigen Gebiet des Bundeslandes Thüringen in den Jahren 1978/79 erhalten. Eine Aufschlüsselung der statistischen Erhebung hinsichtlich des Alters erfolgt nicht. 5. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Erstanträge und Neufeststellungsanträge wegen nicht mehr nachweisbarer Viruslast abgelehnt (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln sowie bitte begründen, falls es nicht möglich sein sollte, die erbetenen Zahlen zu liefern)? In Thüringen wurden bisher keine Neufeststellungsanträge wegen nicht mehr nachweisbarer Viruslast abgelehnt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3901 verwiesen. 6. Wie hoch sind die Mittel, die der Bund und die Länder für Leistungen nach dem AntiDHG seit 2014 verausgabt haben (bitte nach Jahren, Bundesländern , Einmal- und Rentenzahlungen sowie absolut und pro Person angeben)? Seit 2014 wurden keine Einmalzahlungen mehr geleistet. Die verausgabten Mittel für Rentenzahlungen nach dem AntiDHG von Bund und Ländern teilten sich wie folgt auf: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2149 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Bundesland 2014 * 2015 * 2016 * 2017 * Berlin 306.246 € 311.060 € 304.144 € 308.588 € Brandenburg 926.000 € 940.000 € 888.818 € 937.184 € Mecklenburg-Vorpommern 574.600 € 547.400 € 589.216 € 588.382 € Sachsen 1.418.538 € 1.488.030 € 1.462.872 € 1.557.312 € Sachsen-Anhalt 468.008 € 473.470 € 518.778 € 490.558 € Thüringen 367.145 € 372.782 € 419.406 € 366.866 € gesamt 4.060.537 € 4.132.742 € 4.183.234 € 4.248.890 € * ohne Erstattung durch den Bund Der Bundesanteil an den Rentenzahlungen beträgt nach § 10 Absatz 3 AntiDHG 50 Prozent. Eine Aufgliederung der Rentenzahlungen pro Person ist nach Auskunft der Länder nicht möglich. 7. Wie viele der lebenden betroffenen Frauen erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung aus welchen Gründen keine Leistungen durch das Anti-D-Hilfegesetz (bitte begründen)? In Mecklenburg-Vorpommern erhalten alle betroffenen Frauen, bei denen der GdS von unter 25 festgestellt wurde, Heil- und Krankenbehandlung für die Kontrolluntersuchungen . Insofern ist keine Person im Sinne der Fragestellung bekannt , die keine Leistungen erhielt bzw. erhält. Die Länder Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben hierzu keine Angaben gemacht. 8. Wie viele der betroffenen Frauen infizierten nach Kenntnis der Bundesregierung unwissentlich und unabsichtlich ihre Kinder oder andere nahestehende Personen? In Sachsen wurden 52 Kinder und 6 weitere Personen infiziert. In den Ländern Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sind keine Fälle bekannt. In Sachsen-Anhalt liegen keine empirischen Daten vor. Aus Brandenburg liegen dazu keine Angaben vor. 9. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Aussage korrekt, dass Anerkennungen eines GdS (Grad der Schädigungsfolgen) bei Absenkung der Viruslast unter das Nachweisniveau auf 0 Prozent heruntergestuft (www.antidhilfe.de) werden, trotz der hepatischen und extrahepatischen Manifestation und Folgeschäden und der oft schweren Nebenwirkungen der Therapie (wenn ja, bitte begründen)? Ein GdS ist auch im Fall einer unter die Nachweisgrenze herabgesetzten Viruslast zu bilden, soweit bleibende Leberstrukturveränderungen und/oder extrahepatische Organmanifestationen diagnostisch gesichert sind und einen kausalen Bezug zu der nach dem AntiDHG anerkannten Infektion mit dem Hepatitis C-Virus aufweisen . Die Höhe des GdS bestimmt sich nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3901 verwiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2149 10. Durch wen erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung die Begutachtung der Betroffenen in den einzelnen Bundesländern? Eine Abfrage bei den Ländern hat Folgendes ergeben: In Berlin erfolgt die Kausalitätsbeurteilung durch besonders erfahrene Fachärztinnen für Innere Medizin, die Mitarbeiterinnen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales sind. In Brandenburg erfolgt seit dem Inkrafttreten des AntiDHG eine im Einzelfall notwendige Begutachtung ausschließlich durch Gutachterinnen und Gutachter, die aufgrund ihrer Ausbildung, Qualifikation und beruflichen Erfahrung sowohl die nötige fachmedizinische Sachkenntnis als auch besondere sozialmedizinische Kenntnisse über die Anerkennung von Gesundheitsstörungen im Sozialen Entschädigungsrecht besitzen. Die konkrete Auswahl der Gutachterinnen und Gutachter sowie der Umfang und das Fachgebiet der gutachterlichen Untersuchung werden nach der Sachlage im jeweiligen Einzelfall davon bestimmt, welche geltend gemachten Gesundheitsstörungen oder welche gutachtlichen Fragen anhand der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht beurteilt werden können. Nach vorheriger versorgungsärztlicher Prüfung erfolgen im Land Brandenburg bei entsprechendem Erfordernis insbesondere Begutachtungen der Betroffenen durch Fachärztinnen und Fachärzte der Fachrichtungen Internie, Hepatologie und Mikrobiologie . Mecklenburg-Vorpommern teilt mit, dass die Einschätzung im jeweiligen Einzelfall nach Möglichkeit anhand aktueller hepatologischer Untersuchungsbefunde (Leberwerte, Viruslast, Lebersonographie, klinisches Bild) vorgenommen wird. Die Bewertung erfolgt durch den Versorgungsärztlichen Dienst nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG). Bei entsprechender Notwendigkeit, insbesondere bei neu beantragten extrahepatischen Funktionsstörungen, werden unabhängige, nicht behandelnde Hepatologen, Infektiologen bzw. Gutachter anderer Fachgebiete mit der Begutachtung beauftragt. Danach wird vom Versorgungsärztlichen Dienst geprüft, ob die Vorschläge der Fachgutachter den Rechtsnormen entsprechen. In Sachsen erfolgt in entsprechenden Fällen eine Begutachtung (Untersuchungsgutachten ) durch erfahrenere Hepatologen. Die Auswahl des Gutachters obliegt dem Kommunalen Sozialverband Sachsen als zuständiger Behörde. Eine externe Begutachtung ist allerdings nicht in jedem Fall erforderlich, denn damit befasste Versorgungsärzte nehmen regelmäßig an entsprechenden Fortbildungen teil. In Sachsen-Anhalt ist für die medizinische Begutachtung in Angelegenheiten nach dem AntiDHG der Versorgungsärztliche Dienst zuständig. Bei den dortigen Gutachterinnen und Gutachtern handelt es sich um angestellte oder verbeamtete Fachärztinnen und Fachärzte verschiedener klinischer Hauptfachrichtungen (u. a. Innere Medizin, Orthopädie, Neurologie, Anästhesie, Psychiatrie und Psychotherapie ). Alle Ärztinnen und Ärzte sind in Ausübung ihrer gutachterlichen Funktion darüber hinaus auf dem Gebiet der Sozialmedizin qualifiziert. In Thüringen erfolgt die Begutachtung Betroffener ausschließlich durch klinisch und in Begutachtungsfragen – auf der Grundlage der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) – erfahrene Fachärztinnen und Fachärzten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2149 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, dass Frauen, die zwar kontaminierte Blutprodukte erhielten, aber bislang keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen erlitten, keine Entschädigung bekommen? Das AntiDHG gewährt eine Entschädigung für gesundheitliche Schädigungsfolgen . Ein Entschädigungsanspruch allein wegen der Straftat zu DDR-Zeiten bestand weder nach dem Bundesseuchengesetz noch besteht er nach dem AntiDHG. 12. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Rechtslage in allen Bundesländern gleich angewendet wird? Wenn nein, hält dies die Bundesregierung für sachgerecht, sofern es um die Betroffenenperspektive geht? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse für eine uneinheitliche Rechtsanwendung vor. 13. Sieht die Bundesregierung (vgl. Antwort zu den Fragen 31 ff. der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE, auf Bundestagsdrucksache 18/3901) nach wie vor eine mangelnde bzw. unzureichende Umsetzung des AntiDHG? Welche Probleme wurden in den letzten Besprechungen mit den Ländern festgestellt? Welche Maßnahmen sollen zu deren Beseitigung ergriffen werden? Welche Missstände wurden zwischenzeitlich behoben? Der Bund und die Länder stehen hinsichtlich der einheitlichen Durchführung des AntiDHG in einem regelmäßigen und konstruktiven Dialog, in dem insbesondere auch mögliche Probleme angesprochen werden können. In der letzten Besprechung mit den Ländern im September 2017 wurden keine Probleme seitens der Länder benannt. 14. Wie viele Betroffene wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in ihrem GdS in den Jahren seit 2014 abgesenkt, und wie hat sich die monatliche Durchschnittszahlung an die Betroffenen seitdem entwickelt (bitte nach Höhe des GdS, Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Nach Angaben der Länder stellt sich dies wie folgt dar: Berlin In den Jahren 2015 und 2017 wurde aufgrund einer Besserung der Schädigungsfolgen der GdS in jeweils einem Fall von 30 auf unter 25 herabgesetzt. In diesen beiden Fällen entfiel die monatliche Zahlung der Rentenleistung nach dem Anti- DHG. Brandenburg Im Jahr 2014 wurden acht Personen, in 2015 sieben Personen, in 2016 drei Personen herabgestuft. In diesen Fällen führte die Herabstufung des GdS zur Einstellung der laufenden Rentenzahlung, zu einer Reduzierung der monatlichen Rentenleistungen oder zur Weiterzahlung der Rente in unveränderter Höhe (bei einer Herabstufung des GdS im Bereich zwischen 70 und 100). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2149 Mecklenburg-Vorpommern Im Jahr 2014 erfolgten sechs Absenkungen, davon vier Absenkungen von GdS 30 auf GdS unter 25 und zwei Absenkungen von GdS 40 auf GdS unter 25. Im Jahr 2015 erfolgten zwei Absenkungen, davon eine Absenkung von GdS 30 auf GdS unter 25 und eine Absenkung von GdS 50 auf GdS unter 25. Im Jahr 2016 wurden drei Personen von einem GdS 30 auf einen GdS unter 25 herabgestuft . 11 Personen wurden in 2017 von einem GdS 30 auf einen GdS unter 25 herabgestuft. Im Jahr 2018 gab es bisher sieben Absenkungen, davon sechs Absenkungen von GdS 30 auf GdS unter 25 und eine Absenkung von GdS 50 auf GdS unter 25. Sachsen Für Sachsen liegen keine Angaben vor. Sachsen-Anhalt Seit 2014 wurde der GdS bei 10 Betroffenen herabgesetzt. Im Jahr 2014 wurden zwei Personen von einem GdS 30 auf einen GdS 0 herabgestuft. Im Jahr 2015 wurde eine Person von einem GdS 30 auf 20 und eine Person von einem GdS 30 auf 0 herabgestuft. Im Jahr 2016 wurde eine Person von einem GdS 60 auf einen GdS 30 herabgestuft . Vier Personen wurden in 2017 von einem GdS 30 auf 0 herabgestuft. In 2018 gab es bisher eine Herabstufung von GdS 30 auf 0. Thüringen Im Jahr 2016 gab es acht und im Jahr 2017 sechs Herabstufungen. Hinsichtlich der Höhe der monatlichen Rentenleistungen wird auf die Bestimmungen des AntiDHG und die jährliche Bekanntmachung des BMG zur Anpassung der Hilfen des AntiDHG, die im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, verwiesen . 15. Bei wie vielen Betroffenen wurde der GdS in den Jahren seit 2014 erhöht (bitte nach Höhe des GdS, Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)? Nach Angaben der Länder stellt sich dies wie folgt dar: Berlin In den Jahren 2014 bis 2017 wurde aufgrund von Verschlechterungen der Schädigungsfolgen in vier Fällen der GdS erhöht. Im Jahr 2014 wurde in zwei Fällen der GdS von 30 auf 40 erhöht. Im Jahr 2015 wurde in einem Fall der GdS von 60 auf 100 und einem weiteren Fall der GdS von 60 auf 80. Brandenburg Seit 2014 gab es acht Fälle der Erhöhung des GdS, was zu einer erstmaligen Zahlung einer laufenden Rente, zu einer Erhöhung der monatlichen Rentenleistung oder (bei einer Erhöhung des GdS im Bereich zwischen 70 und 100) zur Weiterzahlung der Rente in unveränderter Höhe führt. Im Jahr 2014 wurden bei vier Personen, in 2015 bei drei Personen und in 2016 bei einer Person der GdS erhöht. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2149 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Mecklenburg-Vorpommern Im Jahr 2015 erfolgte eine Erhöhung von GdS 30 auf GdS 40 und in 2016 eine Erhöhung von 40 auf GdS 100. Sachsen Für Sachsen liegen keine Angaben vor. Sachsen-Anhalt Im Jahr 2014 wurde in einem Fall der GdS 30 auf GdS 40 erhöht. In 2015 wurde in einem Fall der GdS von 20 auf 30, in einem Fall von GdS 20 auf 40 und in einem weiteren Fall von GdS 30 auf 100 erhöht. In 2016 und 2017 wurde jeweils eine Person von GdS 30 auf GdS 40 erhöht. Thüringen Im Jahr 2016 kam es zu vier und im Jahr 2017 zu drei Höherstufungen. 16. Inwieweit sind bei der laufenden Gesamtüberarbeitung der VersMedV auch die Begutachtungsgrundsätze zur chronischen Hepatitis C überprüft worden (vgl. Plenarprototoll 17/201, S. 24405 (B)) bzw. werden diese Begutachtungsgrundsätze überarbeitet, und welche Änderungen wurden bzw. werden vorgenommen? Die Gesamtüberarbeitung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ist fortgeschritten . Neben den überarbeiteten Kapiteln Sehfunktionen, Funktionen des hämatologischen und Immunsystems und muskuloskeletale Funktionen steht vor allem der Teil A „Gemeinsame Grundsätze“ für das Verordnungsverfahren an. Die Kriterien für die teilhabeorientierte Bewertung der chronischen Hepatitis C stehen noch zur Überarbeitung an. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bedient sich der Beratung des unabhängigen Ärztlichen Sachverständigenbeirates Versorgungsmedizin, um festzustellen, ob und wenn ja, welche Änderungen hierzu aus wissenschaftlicher und versorgungsmedizinischer Sicht erforderlich sind. 17. Wie haben sich die Kosten der Übernahme der medizinischen Behandlung seit Inverkehrbringen neuartiger Medikamente zur Viruselimination (Sovaldi © und andere) entwickelt? Daten zur Anzahl der durchgeführten Therapien und die entsprechende Kostenentwicklung liegen nicht vor. Im Übrigen werden die Erstattungsansprüche der Krankenkassen gemäß § 19 des Bundesversorgungsgesetzes abgegolten. 18. Wie viele Befunde von Leberbiopsien wurden zum Nachweis einer fortbestehenden Hepatitis bzw. deren Schweregrad seit 2000 eingereicht (bitte nach Jahr und Bundesland angeben)? Den Ländern liegen hierzu keine Daten vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2149 19. Zieht die Bundesregierung in Erwägung, aufgrund der andauernden Beschwerden der Betroffenen über die derzeitige Regelung in dieser Wahlperiode gesetzlich nachzusteuern? Wenn ja, in welcher Hinsicht, und wann? Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? Vor dem Hintergrund der Gesamtüberarbeitung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze wird die Notwendigkeit der gesetzlichen Nachsteuerung nicht gesehen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333