Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 22. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2321 19. Wahlperiode 24.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kordula-Schulz-Asche, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2017 – Umsetzung einer besseren Finanzierung der Pflege im Krankenhaus V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vom 12. März 2018 vereinbart , die Pflegepersonalkosten künftig unabhängig von den Fallpauschalen zu vergüten und die Krankenhausvergütung auf eine Kombination von Fallpauschalen und einer Pflegepersonalkostenvergütung umzustellen (vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 2018, S. 99). Der Bundesminister für Gesundheit Jens Spahn kündigte auf dem 17. Nationalen DRG-Forum (DRG = Diagnosebezogene Fallgruppen) an, „im Grundsatz“ an den Fallpauschalen festzuhalten . Vor dem Hintergrund der laut Koalitionsvertrag beabsichtigten Herauslösung der Pflege aus dem DRG-System sagte er, es sei ein „schwieriger Spagat“, die Pflege gesondert zu finanzieren und zugleich die Krankenhäuser nicht aus ihrer betriebswirtschaftlichen Verantwortung zu entlassen. Es sei leichter, dies in einem Koalitionsvertrag zu formulieren als es am Ende praktisch umzusetzen. (vgl. Rede Jens Spahn, Eröffnung des 17. Nationalen DRG- Forums am 15. März 2018). Auch der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, Erwin Rüddel (CDU/CSU), äußerte sich in derselben Veranstaltung skeptisch. Das, was im Koalitionsvertrag stehe, werde nicht immer eins zu eins umgesetzt (vgl. Meldung Bibliomed-Manager vom 16. März 2018). Demgegenüber sagte der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der SPD Karl Lauterbach, man werde die Pflege „komplett aus den Fallpauschalen herausnehmen“ und „zur Kostenerstattung in den Krankenhäusern zurückkehren “ (vgl. Rede im Deutschen Bundestag am 23. März 2018). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wie die Bundesregierung sicherstellen will, dass kalkulierte Mittel für die Pflege auch in der Pflege ankommen und wie Fehlanreize zu Lasten der Pflege verhindert werden können. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die laufende Legislaturperiode zielt darauf ab, die Pflegepersonalausstattung in den Krankenhäusern zu verbessern. Ebenso soll eine verbesserte Vergütung des Pflegepersonals erreicht werden. Die Pflegepersonalausstattung und die Pflegepersonalkostenfinanzierung werden deshalb bereits möglichst zeitnah mit den in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen für ein Pflegesofortprogramm gestärkt. Diesem Ziel ist auch Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2321 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode der Ansatz verpflichtet, Pflegepersonal nach dem krankenhausindividuellen Pflegepersonalbedarf und dem hierfür entstehenden Aufwand zu vergüten. Die mit der Einführung des DRG-Systems verbundene Transparenz und Leistungsorientierung soll dabei jedoch erhalten bleiben. Zur Umsetzung der Ziele des Koalitionsvertrages kommen verschiedene Lösungsoptionen in Frage. Die zu erwartenden und teilweise weitreichenden Folgen der unterschiedlichen Lösungsoptionen für die Krankenhausfinanzierung sind sorgfältig abzuwägen. 1. a) Welchen Umfang haben nach Kenntnis der Bundesregierung die für Pflegepersonalkosten im Krankenhaus im DRG-System bislang ausgewiesenen Mittel? Die Pflegepersonalkosten werden im DRG-System bislang nicht gesondert ausgewiesen . Vielmehr beziehen sich die Bewertungsrelationen des DRG-Systems auf den Gesamtaufwand einer Krankenhausbehandlung, die neben den Personalkosten des Pflegedienstes z. B. auch die Personalkosten des ärztlichen Dienstes, des medizinisch-technischen Dienstes und des Funktionsdienstes sowie die Sachkosten des medizinischen Bedarfs umfasst. b) Ist diese Summe nach Auffassung der Bundesregierung für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Pflegeleistungen im Krankenhaus ausreichend, und wenn nein, welche Mittel (in Euro) müssten nach Auffassung der Bundesregierung für eine bedarfsgerechte Pflegefinanzierung zur Verfügung gestellt werden? Ausweislich des Kostennachweises der Krankenhäuser des Statistischen Bundesamtes beliefen sich die Personalkosten des Pflegedienstes für die allgemeinen Krankenhäuser im Jahr 2016 auf rund 16,67 Mrd. Euro. In diesen Kosten sind in einem nicht bekannten Umfang die Kostenanteile von sogenannten Abzügen enthalten , die nicht über die Entgelte des DRG-Systems vergütet werden. Im Einzelnen handelt es sich hier um Abzüge für wissenschaftliche Forschung und Lehre, Abzüge für Ambulanzen und sonstige Abzüge. Die sonstigen Abzüge umfassen vor allem Abzüge für vor- und nachstationäre Behandlungen, ärztliche und nichtärztliche Wahlleistungen und belegärztliche Leistungen. Nach Hochrechnungen auf der Grundlage bestimmter Annahmen sowie des Kostennachweises der Krankenhäuser 2016 und des Report-Browsers zum DRG-System 2018, das auf dem Datenjahr 2016 basiert, kommt die Deutsche Krankenhausgesellschaft zu der Einschätzung , dass das hochgerechnete DRG-Erlösvolumen für den Pflegedienst die Pflegepersonalkosten um rund 160 Mio. Euro überschreitet. 2. a) Welche Erkenntnisse der Bundesregierung unterstützen die Einschätzung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, dass „Geld, das für die Pflege vorgesehen ist, nicht in der Pflege ankommt“ (vgl. Rede des Ministers zur Eröffnung des 17. Nationalen DRG-Forums am 15. März 2018, https://youtu.be/I1cMvGg0NL8; abgerufen am 27. März 2018)? b) Auf welchen Gesamtumfang (in Euro) schätzt die Bundesregierung eine solche zweckwidrige Verwendung von Mitteln, die ursprünglich für Pflegepersonalkosten vorgesehen waren? Ein vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenes Gutachten zu Stand und Weiterentwicklung der Investitionsfinanzierung im Krankenhausbereich , das auf der Internetpräsenz des Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlicht ist (www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2321 ministerium/details/?bmg%5Bpubid%5D=3146), lässt eine beträchtliche Förderlücke bei der Investitionsmittelfinanzierung durch die Länder erkennen. Die jährliche Förderlücke, d. h. der Differenzbetrag zwischen den von den Ländern zur Verfügung gestellten Fördermitteln und dem Investitionsbedarf, liegt je nach Berechnungsmethode zwischen rund 2,6 Mrd. Euro und rund 3,8 Mrd. Euro. Notwendige Investitionen der Krankenhäuser, für die die Fördermittel der Länder nicht ausreichen, müssen daher aus Eigenmitteln der Krankenhäuser, gegebenenfalls mit Unterstützung der Krankenhausträger finanziert werden. Sowohl angesichts der Größenordnung der Förderlücke als auch angesichts der Problematik von langjährig unzureichenden Investitionsmittelzahlungen der Länder, ist davon auszugehen, dass Betriebsmittel, die für die Versorgung der Patientinnen und Patienten vorgesehen sind, von den Krankenhäusern auch für investive Zwecke eingesetzt werden müssen. 3. a) Was sind aus Sicht der Bundesregierung die Ursachen für eine solche zweckwidrige Verwendung von für die Pflegepersonalkosten vorgesehenen Mitteln? b) Welchen Anteil an den Ursachen der zweckwidrigen Verwendung von Pflegepersonalkosten hat nach Ansicht der Bundesregierung die unzureichende Investitionsfinanzierung, und auf welche Weise will die Bundesregierung dieses Problem lösen? Soweit Erlöse, die auf der Grundlage von Pflegepersonalkosten kalkuliert werden , von Krankenhäusern für andere Zwecke verwendet werden, liegen der Bundesregierung keine belastbaren Analysen über einzelne Ursachen und mögliche Ursachenanteile vor. Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Nach geltendem Recht werden die Mittel zur Förderung von Investitionen der Krankenhäuser von den Ländern aufgebracht. Dabei sind die Fördermittel so zu bemessen, dass sie die unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze notwendigen Investitionen decken. Der Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode hat die Verpflichtung der Länder zur Investitionsfinanzierung bekräftigt. Durch die vorgesehene Fortführung des Krankenhausstrukturfonds werden die Länder bei der Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Strukturen im Krankenhausbereich unterstützt. Dies wird sich positiv auf die Effizienz der Investitionsfinanzierung auswirken. 4. Hält die Bundesregierung die Einführung einer Nachweispflicht für geboten, um sicherzustellen, dass die für Pflege vorgesehenen Mittel auch tatsächlich in der Pflege ankommen? Wenn nein, warum nicht? In einem pauschalierenden Entgeltsystem liegt es grundsätzlich in der betriebswirtschaftlichen Verantwortung der Krankenhäuser, die Betriebsmittel, die sie über die Vergütung von Krankenhausleistungen erhalten, eigenverantwortlich für eine effektive und effiziente Versorgung der Patientinnen und Patienten einzusetzen . Mit einer Nachweispflicht wäre einerseits zusätzlicher bürokratischer Aufwand verbunden. Zugleich kann dann krankenhausindividuellen Bedarfen für einen flexiblen Mitteleinsatz nicht mehr hinreichend Rechnung getragen werden. Andererseits stellt die unzureichende Investitionsfinanzierung der Länder eine dauerhafte Herausforderung für eine auskömmliche Betriebskostenfinanzierung dar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2321 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Beabsichtigt die Bundesregierung, bei der Finanzierung der Pflegepersonalkosten zur „Kostenerstattung in den Krankenhäusern zurückzukehren“ (Karl Lauterbach in der Rede vom 23. März 2018 vor dem Deutschen Bundestag)? 6. Wenn nein, existieren in der Bundesregierung auch andere Überlegungen zur Umsetzung eines künftigen Finanzierungssystems für Pflege im Krankenhaus , und welche sind dies? Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Für Änderungen bei der Pflegepersonalkostenfinanzierung kommen verschiedene Lösungsoptionen in Frage. Die zu erwartenden und teilweise weitreichenden Folgen der unterschiedlichen Lösungsoptionen für die Krankenhausfinanzierung sind sorgfältig abzuwägen. Aktuell werden Maßnahmen für ein Pflegesofortprogramm vorbereitet, die auf eine möglichst zeitnahe Stärkung der Pflegepersonalausstattung und der Pflegepersonalkostenfinanzierung abzielen. 7. Welche Vor- oder Nachteile hätte nach Ansicht der Bundesregierung einerseits die Rückkehr zum Prinzip der Kostenerstattung bei den Pflegepersonalkosten oder andererseits ein zur unmittelbaren Erlösrelevanz von Pflegeleistungen führendes System der leistungsbezogenen Pflegefinanzierung im Krankenhaus im Hinblick auf (bitte zu den Fragen 7a bis 7k jeweils gesondert Stellung nehmen) a) die Höhe der für Pflegestellen zur Verfügung stehenden Mittel; b) die Anzahl der im Krankenhaus zur Verfügung stehenden Pflegekräfte; c) die Qualität von Pflegeleistungen im Krankenhaus; d) die Behebung von Versorgungsdefiziten bei der Pflege einzelner Gruppen , wie zum Beispiel Demenzpatientinnen und Demenzpatienten; e) die Entlastung der Pflegekräfte von patientenfernen Aufgaben, die Weiterentwicklung der Aufgabenverteilung und des Qualifikationsmix im Krankenhaus; f) die Arbeitsbedingungen für die Pflege im Krankenhaus; g) die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Berufsgruppen; h) die Position der Pflegeberufe bei krankenhausinternen Personalbudgetbzw . Personalstellenverhandlungen; i) den Dokumentationsaufwand; j) die Transparenz der Mittelverwendung; k) die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Mittelverwendung? Die Fragen 7 bis 7k werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Auch innerhalb des Kostenerstattungsprinzips oder einer leistungsbezogenen Pflegefinanzierung lassen sich die Punkte a bis k unterschiedlich ausgestalten, so dass mögliche Vor- oder Nachteile von der jeweils konkreten Ausgestaltung eines Systems abhängen. Mit den unterschiedlichen Optionen sind unterschiedlich weitreichende Folgen für die Krankenhausfinanzierung verbunden. Einzelne Optionen sind daher sorgfältig unter Beachtung der Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit abzuwägen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2321 8. Mit welchem zeitlichen Aufwand rechnet die Bundesregierung für die im Koalitionsvertrag vorgesehene Bereinigung der DRG-Kalkulationen um die Pflegepersonalkosten, und in welchem Zeitraum soll dies geschehen? Es ist mit einem großen Umsetzungsaufwand zu rechnen. Die konkrete Dauer hängt von der konkreten Ausgestaltung ab. 9. Sollen bestehende Instrumente wie der Pflegekomplexmaßnahmen-Score (PKMS) und die Zusatzentgelte für Pflegegrade in ein neues System zur Finanzierung der Pflegepersonalkosten integriert werden, und wenn ja, auf welche Weise? Das Ob und Wie einer Einbeziehung hängt von der zu klärenden konkreten Ausgestaltung eines Systems ab. 10. Auf welche Weise und durch wen soll der „krankenhausindividuelle Pflegepersonalbedarf “ (Zitat aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD) nach Auffassung der Bundesregierung ermittelt werden, und wie soll er gegenüber den Kostenträgern nachgewiesen werden? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. 11. In welchem Umfang sollen die ermittelten Aufwendungen für den krankenhausindividuellen Pflegepersonalbedarf bei der vorgesehenen Pflegepersonalkostenvergütung nach Auffassung der Bundesregierung „berücksichtigt“ werden, wie es im Koalitionsvertrag heißt? Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333