Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2335 19. Wahlperiode 25.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Keuter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2012 – Erhebung der Grundsteuer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 10. April 2018 ist die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer neu zu konzipieren (Az.: 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12). Die Erhebungsmethode basierend auf Einheitswerten von 1964 und 1935 wurde für verfassungswidrig erklärt. Bezüglich der Vermögensteuer hatte das Bundesverfassungsgericht die Einheitswerte schon 1996 für verfassungswidrig erklärt (Az.: 2 BvL 37/91). Statt sie zu reformieren, was nach Auffassung der Antragsteller richtig wäre, beschloss daraufhin die damalige Bundesregierung die Abschaffung der Vermögensteuer . Die Grundsteuer ist als Substanzsteuer auf Immobilieneigentum konzipiert. Die Grundsteuer steht den Gemeinden zu, die hier das Hebesatzrecht haben. Die Grundsteuer wurde in den Anfängen des modernen Steuerstaats als so genannte Soll-Ertragssteuer konzipiert. Die Einkommen der Steuerzahler konnten kaum oder nur unvollständig erfasst werden. Die Betrachtung aus der vorindustriellen Zeit, nach der Boden ein bedeutender Wirtschaftsfaktor war, ließ nach Auffassung der Fragesteller den Schluss zu, dass Grundvermögen ein fundiertes Einkommen ermögliche. Diese besondere Ertragskraft rechtfertigte eine besondere steuerliche Erfassung. Im heutigen Steuersystem werden sämtliche Einkommen gezielt erfasst, womit nach Auffassung der Fragesteller eine gesonderte Besteuerung von Ertragspotentialen aus Grundeigentum nicht angebracht ist. Durch die Möglichkeit, die Grundsteuer auf Mieter umzulegen, ist diese heutzutage auch zu einer Art Verbrauchssteuer auf Mieten geworden. Somit zahlt jeder Einwohner in Deutschland , ob als Mieter mittelbar oder Eigentümer unmittelbar die Grundsteuer. Die Grundsteuer steht nach Auffassung der Fragesteller somit auch im Wertungswiderspruch zur allgemein anerkannten Förderungswürdigkeit des Wohnens als Grundbedürfnis (vgl. Wohngeld, geplantes Baukindergeld, frühere Eigenheimzulage etc.). Die Grundsteuer hat heute in Deutschland ein Aufkommen von rund 13,7 Mrd. Euro, (2016; Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 287 vom 21. August 2017), das sind etwa 5,5 Prozent der kommunalen Gesamteinnahmen bzw. 14 Prozent der kommunalen Steuereinnahmen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2335 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Berechtigung hat die Besteuerung des Grundbesitzes neben der Steuer auf Erwerb von Grundbesitz, Besteuerung von Einkünften aus Grundbesitz und Erhebung von Grundbesitzabgaben für direkte Leistungen der Kommune aus heutiger Sicht der Bundesregierung? 2. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung sozial, gerecht und widerspruchsfrei , eigengenutzten Grundbesitz mit einer Substanzsteuer zu belasten, wenn gleichzeitig alle Mobilienbesitzer (etwa Eigentümer von Segelyachten und Flugzeugen) keine Substanz- bzw. Vermögensteuer zu zahlen haben? 3. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung sozial, gerecht und widerspruchsfrei , Grundbesitzer laufend mit der Grundsteuer voll zu belasten, obwohl sie den Erwerb des Grundbesitzes ganz oder zum Teil fremdfinanziert haben und auf Dauer Zins- und Tilgungsdienst leisten müssen? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet. Die Grundsteuer stellt eine zentrale Einkommensquelle der Gemeinden dar. Sie knüpft dabei als Real- bzw. Objektsteuer bewusst an die wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes als Steuergegenstand an. Dabei werden grundsätzlich die persönlichen Verhältnisse und die persönliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners nicht berücksichtigt. Insofern ist es angemessen, dass die Art der Finanzierung einer Immobilie bei der Bemessung der Steuer nicht berücksichtigt wird. Die Grundsteuer dient zur Finanzierung von lokalen öffentlichen Gütern, wie Verkehrsinfrastruktur (u. a. Gemeindestraßen) oder kulturellen Angeboten, die Gemeinden bereitstellen. Von deren Nutzen kann niemand ohne weiteres ausgeschlossen werden, und sie nützen zumeist denjenigen, die am Ort ansässig sind. Das Hebesetzrecht gibt den Gemeinden ein Instrument an die Hand, mit dem sie die Kosten dem ansässigen Bürger direkt anlasten können. Die feste Verknüpfung zwischen Grundbesitz und der Gemeinde, in der öffentliche Güter bereitgestellt werden, lässt es auch angemessen erscheinen, dass mobile Güter nicht dieser Steuer unterliegen. 4. Welche Lenkungs- oder Gerechtigkeitsfunktion sieht die Bundesregierung in der faktischen Umlage der Grundsteuer auf Mieter, gerade im Hinblick darauf, dass das Wohnen zu den Grundbedürfnissen gehört und das Wohnen in anderen Rechtsbereichen entlastet (Umsatzsteuerbefreiung) oder gefördert (Wohngeld) wird? Der Vermieter trägt nach dem gesetzlichen Leitbild die auf der Mietsache ruhenden Lasten (§ 535 Absatz 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB). Das Gesetz erlaubt es den Mietvertragsparteien allerdings Rechtslage zu vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten trägt (§ 556 Absatz 1 BGB). Betriebskosten sind Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück laufend entstehen. Dazu zählt auch die Grundsteuer. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2335 5. Welcher Aufwand würde rechnerisch entstehen, um für jedes Grundstück in Deutschland den Wert zur Bemessung der Grundsteuer festzustellen? 6. In welchen Perioden sind nach Auffassung der Bundesregierung die Grundstückswerte neu zu erheben? Welcher jährliche Aufwand entsteht hieraus? Die Fragen 5 und 6 werden zusammen beantwortet. Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung wird wesentlich von der Ausgestaltung einer Neuregelung der Grundsteuer sowie der technischen Unterstützung beeinflusst . Deshalb können keine Angaben zum Aufwand gemacht werden. Gleiches gilt für die Notwendigkeit periodischer Neufeststellungen und dem damit verbundenen jährlichen Aufwand. 7. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittliche Wert der Grundstücke deutschlandweit seit Festsetzung der Einheitswerte 1964 (West)/1935 (Ost) gestiegen? Welche Mehrbelastung aus der Umstellung auf aktuelle Verkehrswerte ergäbe sich hieraus? Ein Preisindex für Bauland, der sich statistisch für einen zeitlichen Vergleich von Baulandpreisen eignet, liegt der Bundesregierung nur für die Jahre ab 2000 vor. Hiernach ist der durchschnittliche um Strukturänderungen bereinigte Preis für unbebaute , baureife Grundstücken mit einer Größe von mindestens 100 m² zwischen 2000 und 2016 nominal um 47,5 Prozent gestiegen. 8. Welche Mehrbelastungen aus der Umstellung der Bemessungsgrundlagen werden von der Bundesregierung für die Bewohner der Ballungsräume München , Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf, Hamburg und Berlin erwartet? Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April 2018 entschieden, dass die Vorschriften der Einheitsbewertung für bebaute Grundstücke in den alten Ländern seit dem 1. Januar 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 GG) unvereinbar sind. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen. Zu Einzelheiten einer solchen Neuregelung können gegenwärtig noch keine Aussagen getroffen werden. 9. Um welchen Betrag müssten die Kommunen bei einer Abschaffung der Grundsteuer nach Kenntnis der Bundesregierung entlastet werden, um eine Aufkommensneutralität zu erreichen? Das Aufkommen der Grundsteuer A und B, das bei Wegfall kompensiert werden müsste, betrug im Jahr 2017 insgesamt knapp 14 Mrd. Euro. 10. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Grundsteuer an den Gemeindeeinnahmen, aufgeteilt nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten innerhalb Deutschlands? Der Anteil der Einnahmen der Grundsteuer A und B an den Einnahmen der Gemeinden betrug im Jahr 2017 für die kreisfreien Gemeinden 5,5 Prozent und für die kreisangehörigen Gemeinden 7,0 Prozent. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2335 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Um wie viel Prozent müsste der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer nach Kenntnis der Bundesregierung angehoben werden, um die Effekte auszugleichen ? Um den Wegfall der Grundsteuer in Höhe von knapp 14 Mrd. Euro in etwa zu kompensieren, müsste der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer um ca. sieben Prozentpunkte auf ca. 9 Prozent erhöht werden. Damit wäre zwar in etwa Aufkommensneutralität für die Gemeinden insgesamt gewährleistet, nicht jedoch für jede einzelne Gemeinde, da der Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer aus Schlüsselkomponenten besteht, die das Grundsteueraufkommen der jeweiligen Gemeinden nicht deckungsgleich abbilden. 12. Wie hoch war der Haushaltsüberschuss des Bundes in den letzten zwei Jahren? Der Saldo zwischen den tatsächlich eingegangenen Einnahmen und den tatsächlich geleisteten Ausgaben betrug in beiden Jahren Null. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333