Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 28. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2487 19. Wahlperiode 30.05.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Amira Mohamed Ali, Dr. Gesine Lötzsch, Lorenz Gösta Beutin, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2128 – Palmölimporte und deren Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Ölpalme wird in nahezu allen Tropenregionen der Welt angebaut. Aus ihren Früchten wird das sogenannte Palmöl und aus den Kernen das sogenannte Palmkernöl gewonnen. Palmöl ist das am meisten verwendete Pflanzenöl der Welt. Im Erntejahr 2016/2017 wurden weltweit rund 66,9 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Hauptexporteure von Palmölprodukten sind Indonesien und Malaysia . Das Pflanzenöl findet vielseitige Anwendung in der Herstellung von Nahrungsmitteln , Haushalts- und Kosmetikprodukten, in der Energie- und Kraftstoffproduktion sowie in der chemischen Industrie. Die Produktionsumstände von Palmöl stehen jedoch immer wieder in der Kritik. Zu den häufigsten Vorwürfen gehören die Brandrodung und Abholzung von schutzwürdigen Primärwaldflächen für das Anlegen von Plantagen, Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung in Anbaugebieten sowie die Missachtung von Arbeitsrechten (vgl. www.amnesty.de/2016/11/30/globalekonzerne -profitieren-von-kinderarbeit-auf-palmoel-plantagen). Im Jahr 2015 wurden insgesamt rund 1,9 Millionen Tonnen Palmölprodukte nach Deutschland importiert. Der größte Anteil davon wurde für die Produktion von Kraftstoff verwendet. Darüber hinaus wurden im Jahr 2015 weitere 515 000 Tonnen Palmkernölprodukte importiert (vgl. www.forumpalmoel.org/imglib/ downloads/20160927_Palmoel-in-Deutschland_Endbericht.pdf). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2487 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Wie viele Tonnen Palmöl (einschließlich Palmkernöl, Derivate und Fraktionen ) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2016 und 2017 in die Bundesrepublik Deutschland importiert, und aus welchen Ländern stammen diese Importe (bitte nach Jahr, Palmöl und Palmkernöl, Herkunftsland und Tonnen aufschlüsseln)? Nachfolgende Tabelle gibt die aus der Außenhandelsstatistik des Statistischen Bundesamtes entnommenen Einfuhrmengen von Palmöl und Palmkernöl sowie ihren Fraktionen wieder. In der Außenhandelsstatistik werden Palmkernöl und Babassuöl nicht getrennt ausgewiesen. Aufgeführt werden die im Jahr 2017 jeweils 10 wichtigsten Herkunftsländer. Herkunftsland 2016 2017 (vorläufig) Deutsche Einfuhr von Palmöl und seinen Fraktionen1) (Tonnen) Insgesamt 1.381.586 957.745 darunter aus: Niederlande 638.073 305.622 Indonesien 186.160 153.159 Malaysia 152.202 128.014 Honduras 88.278 76.289 Papua-Neuguinea 104.267 58.942 Guatemala 87.042 55.984 Italien 39.358 42.562 Kolumbien 15.667 42.149 Belgien 29.657 36.610 Ecuador 130 19.215 Deutsche Einfuhr von Palmkern- und Babassuöl sowie deren Fraktionen2) (Tonnen) Insgesamt 432.836 432.050 darunter aus: Indonesien 221.244 223.997 Malaysia 108.930 125.218 Niederlande 62.587 44.545 Honduras 10.982 15.480 Nigeria 2.194 6.438 Côte d‘Ivoire 8.506 5.493 Kolumbien 10.521 3.896 Guatemala 2.803 3.454 Singapur - 753 Österreich 262 666 1) Warennummer 1511 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik 2) Warennummern 1513 21 und 1513 29 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik Quelle: Statistisches Bundesamt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2487 2. Wie viele Tonnen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2016 und 2017 jeweils für die Sektoren Lebensmittel, Futtermittel, Energie (bitte hier nach Strom, Wärme und Biokraftstoff aufschlüsseln), Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel (WPR) sowie Chemie bzw. Pharmazie verwendet ? Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG (sog. Erneuerbare-Energien -Richtlinie) und der darin verankerten Nachhaltigkeitsanforderungen an die Bioenergie werden Daten zur Menge für in Deutschland zur Anrechnung gebrachte flüssige Bioenergie von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung in einer speziellen Datenbank namens „Nachhaltige Biomasse System – Nabisy“ verpflichtend erhoben. Für das Jahr 2017 liegen dort noch keine Daten vor. Im Jahr 2016 wurden hiernach für die Erzeugung von Biokraftstoffen rund 16 744 TJ (=445 319 t), für die Erzeugung von Biobrennstoffen rund 3 231 TJ (=85 930 t) und für die Erzeugung von Strom 3 290 TJ (=87 500 t) Palmöl eingesetzt . Für den nichtenergetischen Bereich liegen der Bundesregierung für die Jahre 2016 und 2017 keine Daten vor. Das Forum Nachhaltiges Palmöl hat angekündigt , im Herbst 2018 die detaillierten Daten für die verschiedenen Sektoren im Jahr 2017 zu veröffentlichen. 3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit der Anteil an zertifiziertem Palmöl (einschließlich Palmkernöl, Derivate und Fraktionen) im freiwilligen Markt (d. h. nicht im Bereich Bioenergie, der über die EU RED abgedeckt ist)? Nach welchen Zertifizierungssystemen sind welche Mengen (Tonnagen) zertifiziert (bitte aufschlüsseln)? Informationen liegen derzeit nur für das Jahr 2015 vor (vgl. Studie „Der Palmölmarkt in Deutschland im Jahre 2015“ von Meo Carbon Solutions. Die Studie wird in der Einleitung der Kleinen Anfrage zitiert.). Das Forum Nachhaltiges Palmöl hat angekündigt, im Herbst 2018 die detaillierten Daten für das Jahr 2017 zu veröffentlichen . Betrachtet man nur die Nutzung von Palmöl im freiwilligen Markt, lag der Anteil von nachhaltigem Palmöl im Jahr 2015 bei 47 Prozent, was gegenüber dem Jahr 2013 eine deutliche Steigerung um 12 Prozentpunkte bedeutet. Insgesamt wurden im Jahr 2015 in Deutschland im freiwilligen Markt ca. 547 000 t Palmöl verbraucht . Davon war eine Menge von ca. 254 000 t zertifiziert. Mit Blick auf Palmkernöl wurden im Jahr 2015 ca. 122 000 t verbraucht. Davon waren ca. 65 000 t zertifiziert, was einem Anteil von 53 Prozent entspricht. Die nachfolgende Grafik zeigt die Aufteilung auf die unterschiedlichen Zertifizierungssysteme und bezieht sich auf den Verbrauch von Palmöl sowohl im freiwilligen Markt, als auch im Bioenergiesektor. Die beiden mengenmäßig bedeutendsten Systeme für Zertifizierung nachhaltigen Palmöls in Deutschland sind Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) und International Sustainability and Carbon Certification (ISCC), wobei im ISCC-System das Palmöl insbesondere im Bioenergiesektor genutzt wird. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2487 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Übersicht: Verbrauchte Menge an nachhaltig und Bio-zertifiziertem Palmöl und Palmkernöl in Deutschland 2015 Pflanzenöl RSPO ISCC Rainforest Alliance UTZ POIG Bio-Zertifizierung Gesamt Palmöl 254.422 496.850 k.A. 0 k.A. 10.470 761.742 Palmkernöl 64.632 0 k.A. 0 k.A. 210 64.842 4. Steht die Bundesregierung weiterhin zu dem vom ehemaligen Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt im Juni 2017 geäußerten Ziel, dass in Deutschland nur noch nachhaltig produziertes Palmöl verwendet wird (vgl. www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2017/08/2017-08-25- nachhaltiger-kakao.html)? Wenn ja, bis wann will sie dieses Ziel erreichen, und mit welchen Maßnahmen ? Welche ökologischen und sozialen Kriterien müssen die Produktion und der Transport von Palmöl erfüllen, damit es für die Bundesregierung als nachhaltig gilt? Richtet sich die Bundesregierung dabei nach internationalen Zertifizierungssystemen (z. B. RSPO, ISCC plus)? Das im Juni 2017 geäußerte Ziel von Herrn Bundesminister a. D. Christian Schmidt, dass in Deutschland nur noch nachhaltig produziertes Palmöl verwendet werden solle, hat weiterhin Bestand. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) haben sich mit der Unterzeichnung der Amsterdam -Erklärung zur Förderung der nachhaltigen Palmölproduktion im Dezember 2015 dazu bekannt, dieses Ziel bis zum Jahr 2020 erreichen zu wollen. Zur Erfüllung dieses Ziels setzt die Bundesregierung auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen, eine differenzierte Öffentlichkeitsarbeit sowie auf Initiativen wie dem Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP). Die Bundesregierung sieht die Zertifizierungssysteme des RSPO, ISCC plus, Rainforest Alliance und Round Table of Sustainable Biomaterials sowie ebenso einige weitere kleinere Standards im Bereich der ökologischen Produktion (mit eher kleinen Produktionsvolumen) insoweit als orientierungsgebende Standards an, als dass sie Mindestanforderungen an eine nachhaltige Palmölproduktion berücksichtigen . Alle diese Zertifizierungssysteme haben jedoch Verbesserungsbedarf , teilweise hinsichtlich der Prinzipien und Kriterien, teilweise hinsichtlich Transparenz, teilweise hinsichtlich der Anforderungen an das System. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Mitgliedschaft im FONAP für eine Verbesserung der Kriterien ein (siehe Antwort zu Frage 5). 5. Setzt sich die Bundesregierung im Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP) für eine Verbesserung der Zertifizierungssysteme ein? Wenn ja, welche Verbesserungen bei welchen Zertifizierungssystemen strebt die Bundesregierung bis zu welchem Datum an? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung setzt sich im FONAP aktiv für die Verbesserung der Zertifizierungssysteme ein. Das FONAP arbeitet mit einem eigenen Vertreter im derzeit laufenden Prozess der Überarbeitung der Prinzipien und Kriterien des RSPO mit und nimmt aktiv am Verhandlungsgeschehen teil. Das FONAP setzt sich insbesondere für die Aufnahme der folgenden Kriterien ein: Stopp des Anbaus auf Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2487 Torfböden jeglicher Tiefe; Verbot der Nutzung gefährlicher Pestizide (WHO 1A und B, Rotterdam und Stockholm Konvention sowie Paraqat); ebenso wie die Sicherstellung einer vollständigen Rückverfolgbarkeit von Palmöl bis auf Ebene der Plantage, Stärkung des Themas Ernährungssicherung im Standard. Der Verhandlungsprozess im RSPO dauert an und soll Mitte November 2018 abgeschlossen sein. In den letzten Jahren hat sich die Bundesregierung mit dem FONAP erfolgreich dafür eingesetzt, dass sich die Transparenz bei ISCC und RSPO erhöht hat. Diese Anstrengungen stehen auch im Kontext der Arbeit der Bundesregierung, Initiativen für nachhaltige und entwaldungsfreie Lieferketten von Agrarrohstoffen, wie z. B. Palmöl, Kakao und Soja, zu unterstützen. Hierzu wirkt Deutschland zusammen mit den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Frankreich und Italien als Vordenker zum Thema „entwaldungsfreie Lieferketten“ mit und arbeitet an der Umsetzung der sogenannten „Amsterdam- Erklärungen“ vom Dezember 2015 zur Förderung nachhaltiger Lieferketten von Agrarrohstoffen und von Nachhaltigkeit bei Palmöl. 6. Plant die Bundesregierung die Einführung eines staatlichen Labels für Palmöl, das an ökologischen und sozialen Kriterien orientiert ist? Wenn ja, welche ökologischen und sozialen Kriterien wendet die Bundesregierung dabei an? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine Einführung eines staatlichen Labels für Palmöl. Die Bundesregierung sieht in der Einführung eines staatlichen Labels keinen Mehrwert, da es tragfähige, glaubwürdige und international anerkannte Zertifizierungssysteme gibt, die sich jedoch weiter verbessern müssen (siehe Antwort zu Frage 5). Die Einführung eines staatlichen Labels, verbunden mit der Entwicklung eines weiteren Zertifizierungssystems, welches in vielen Fällen redundant zu bestehenden Systemen wäre, ist weder effizient noch zielführend. 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit zur Einführung eines Palmöl-Zertifizierungssystems auf EU-Ebene, das über die ökologischen und sozialen Standards der bisherigen Zertifizierungssysteme hinausgeht? Für den nicht-energetischen Bereich bewertet die Bundesregierung die Einführung eines Palmöl-Zertifizierungssystems auf EU-Ebene als unrealistisch. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 4, 5 und 6 verwiesen. 8. Wie viel Palmöl und zu welchem Zweck importiert die Bundesregierung, direkt oder indirekt, durch das öffentliche Beschaffungswesen? Zu dieser Frage können keine Angaben gemacht werden, weil derartige Daten im Zusammenhang mit den Beschaffungsvorgängen nicht erhoben werden. 9. Welche Nachweise fordert die Bundesregierung von Importeuren, um die Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien zu prüfen? Nach §§ 4-6 Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung darf für die Erzeugung von Biokraftstoffen verwendetes Palmöl nicht von Flächen mit hohem Naturschutzwert , Flächen mit hohem Kohlenstoffbestand oder aus Torfmooren stammen. Nach § 8 der Verordnung muss überdies ein bestimmtes Treibhausgas-Minderungspotential gewährleistet sein (in jedem Fall 35 Prozent, unter Umständen bis Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2487 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode zu 60 Prozent). Entsprechende Vorgaben stellt die Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung für Palmöl auf, das für die Erzeugung von Strom verwendet wird. Beide Verordnungen setzen letztlich Vorgaben des Artikel 17 der Richtlinie 2009/28/EG (sog. Erneuerbare-Energien-Richtlinie) um. Für alle nicht-energetischen Sektoren bestehen keine gesetzlichen Anforderungen zur Nutzung von nachhaltigem Palmöl. Es bestehen keine Beschränkungen in Bezug auf den Import von Palmöl. Die Bundesregierung erwartet jedoch von den palmölnutzenden Unternehmen in Deutschland, dass diese ein durch das FONAP anerkanntes Zertifizierungssystem (RSPO, ISCC, Rainforest Alliance, Round Table of Sustainable Biomaterials) nutzen. 10. Wann wird die Bundesregierung den im Rahmen des NAP (= Nationaler Aktionsplan ) angekündigten Stufenplan zur Berücksichtigung von verbindlichen Mindestanforderungen zur Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten im Vergaberecht fertigstellen? Welche Zielvorgaben, Handlungsschritte, Zuständigkeiten und welcher Zeitplan werden in dem Stufenplan enthalten sein? Der NAP sieht vor, dass die Bundesregierung prüfen wird, inwiefern bei einer zukünftigen Überarbeitung verbindliche Mindestanforderungen im Vergaberecht festgeschrieben werden können, die die Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten einfordern. Die Bundesregierung wird diesem Prüfungsauftrag einschließlich der Erarbeitung eines Stufenplans, wie dieses Ziel erreicht werden kann, nachkommen. Allerdings wurden bereits durch die Vergaberechtsreform 2016 die gesetzlichen Grundlagen geschaffen, um die Einhaltung ökologischer und sozialer Kriterien (Nachhaltigkeitskriterien) bei der Beschaffung zu gewährleisten. Nach allgemeiner Auffassung umfassen die sozialen Kriterien i. S. d. Vergabe auch die menschenrechtlichen Aspekte. Nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) haben Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen zwingend einzuhalten , insbesondere das Arbeits- und Sozialrecht. Das gilt vor allem auch für den bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn sowie weitere branchenspezifische Mindestlöhne . § 97 Absatz 3 GWB regelt, dass bei der Vergabe soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass Nachhaltigkeitskriterien grundsätzlich in jeder Phase des Vergabeverfahrens, von der Definition der Leistung über die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bis hin zur Vorgabe von Ausführungsbedingungen, einbezogen werden können. Die konkrete Ausgestaltung der Möglichkeiten bzw. Verpflichtungen zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitskriterien erfolgt bei den jeweiligen gesetzlichen Einzelvorschriften sowie in den maßgeblichen Rechtsverordnungen, z. B. in der Vergabeverordnung (VgV). Ergänzt wird dieser Rechtrahmen durch zahlreiche begleitende Maßnahmen der Bundesregierung, der Länder und Kommunen. Auf Bundesebene hat der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung in seiner Sitzung vom 30. März 2015 die Weiterentwicklung des Maßnahmenprogramms Nachhaltigkeit vom 6. Dezember 2010 beschlossen. Mit Maßnahme 6 des Programms hat sich die Bundesregierung auf eine weitere Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung am Leitprinzip einer nachhaltigen Entwicklung verständigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2487 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Beschlüsse des EU-Parlaments aus dem April 2017 und Januar 2018, Palmöl als Brennmaterial und Rohstoff für die Produktion von Biosprit ab 2021 auszuschließen? Wird sich die Bundesregierung auf EU-Ebene weiterhin für den Verzicht auf Palmöl als Kraftstoff einsetzen? Wenn ja, bis zu welchem Datum, und mit welchen Maßnahmen? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat sich gegenüber dem Vorschlag des Europäischen Parlaments im Rahmen der Beratungen zur Novellierung der Erneuerbare-Energien- Richtlinie (RED II) für die Zeit nach 2020 im Rat flexibel gezeigt. Damit Deutschland dem EP-Vorschlag zustimmen kann, muss dieser in Übereinstimmung mit den Regeln der WTO stehen und daher ggfs. modifiziert werden. Die Kommission ist gebeten, einen solchen Vorschlag zu erarbeiten. Derzeit läuft auf EU-Ebene der Trilog zu RED II zwischen EP, Rat und Kommission. Die bulgarische Ratspräsidentschaft strebt eine Einigung im ersten Halbjahr 2018 an. 12. Welche Alternativen sind der Bundesregierung zur Verwendung von Palmöl als Kraftstoff bekannt? Was unternimmt die Bundesregierung, um eine Substitution von Palmöl durch andere, ebenfalls kritische Pflanzenöle (wie z. B. Kokosöl oder Soja) zu verhindern? Wie bewertet die Bundesregierung Verkehrsvermeidung und Energieeffizienz als Maßnahmen zum Verzicht auf die Verwendung von tropischen Pflanzenölen als Kraftstoff? Durch die in Deutschland seit 2015 geltende Treibhausgasquote werden Biokraftstoffe , die eine bessere THG-Bilanz aufweisen (z. B. Biokraftstoffe aus Abfällen ), höher auf die Quote angerechnet. Im Quotenjahr 2016 waren in Deutschland erstmals Abfälle und Reststoffe (insbesondere gebrauchte Speiseöle) der wichtigste Rohstoff zur Herstellung von Biokraftstoffen, dicht gefolgt von Rapsöl. Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und Energieeffizienz haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Rohstoffzusammensetzung der in Deutschland eingesetzten Biokraftstoffe, resultieren aber in einer rückläufigen Nachfrage nach Biokraftstoffen insgesamt, da die Quoten anteilig zu erfüllen sind. 13. Sind die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder deren Tochtergesellschaften nach Kenntnis der Bundesregierung an Palmölprojekten beteiligt oder unterstützen sie solche Projekte durch Finanzprodukte wie Darlehen und Garantien? Wenn ja, welche Projekte sind dies (bitte nach Projekt, Land, Art des Finanzproduktes , Höhe in Euro aufschlüsseln)? Welche sozialen und ökologischen Kriterien werden an die Unterstützung der Projekte geknüpft? Durch welche Maßnahmen und wie häufig wird die Einhaltung der Kriterien kontrolliert? Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) engagiert sich über den Geschäftsbereich Entwicklungsbank und über ihre Tochtergesellschaft DEG punktuell in Palmölprojekten. Im Portfolio der KfW Entwicklungsbank finden sich drei laufende Vorhaben mit Palmölkomponenten: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2487 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Ein Darlehen i. H. v 0,34 Mio. Euro unter dem Fonds zur Förderung der marktorientierten Landwirtschaft Ghana (Outgrower Value Chain Fund – OVCF) für 100 kleinbäuerliche Vertragsbauern auf rd. 300 ha für den inländischen Verbrauch . 2. Der durch die Finanzielle Zusammenarbeit in Form eines Darlehens mitfinanzierte nigerianische Agrarfinanzierungsfonds FAFIN investiert derzeit in ein nordnigerianisches Unternehmen („Diamond Pearls“) i. H. v. 4 Mio. Euro. Das Unternehmen stellt pflanzliches Palmkernöl her. Ziel ist die Steigerung des Einkommens und der Leistungsfähigkeit der Akteure entlang der gesamten landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. 3. Im Rahmen des Africa Agriculture Trade and Investment Fund (AATIF) erhält ETG eine Betriebsmittelkreditlinie i. H. v. 30 Mio USD. ETG ist ein in 26 Ländern Afrikas tätiges Agrarhandels- und Verarbeitungsunternehmen und handelt unter anderem auch mit Ölsaaten und einem geringen Anteil davon in Palmöl. Grundlage für die Prüfung eines jeden Engagements der KfW Entwicklungsbank ist die Nachhaltigkeitsrichtlinie der KfW Entwicklungsbank. Alle Finanzierungen sind Gegenstand von Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung sowie Klimaprüfung. Verbindlicher Maßstab sind die Standards der Weltbankgruppe (d. h. Environmental and Social Safeguards der Weltbank bei öffentlichen Trägern und die IFC Performance Standards bei der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft ) und deren generelle und sektorspezifische Environmental, Health and Safety (EHS) Guidelines sowie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Des Weiteren berücksichtigt die Prüfung die Anforderungen des Menschenrechtsleitfadens des BMZ, die UN Basic Principles and Guidelines on Development – based Evictions and Displacements sowie der Freiwilligen Leitlinien „Land“ der FAO. Vor Zusage eines Engagements werden umwelt- und sozialrelevante Abweichungen zu den Standards identifiziert und gemeinsam mit dem Finanzierungsnehmer entsprechende Maßnahmen entwickelt und vertraglich vereinbart. Die Umsetzung wird über die gesamte Laufzeit der Vorhaben durch die KfW Entwicklungsbank begleitet und intensiv überwacht. In einem sehr begrenzten Umfang hat die DEG auch Palmöl-Finanzierungen in ihrem Portfolio. Palmöl ist ein wichtiger lokaler Rohstoff zur Erzeugung des Grundnahrungsmittels Speiseöl, und dessen Produktion und Verarbeitung leistet einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherung. Die Engagements der DEG sind auf die Versorgung der lokalen und regionalen Märkte ausgerichtet, ersetzen Importe und tragen damit zur Nahrungsmittelsicherheit bei. Sie zeichnen sich zudem durch hohe Beschäftigungseffekte aus. Aus den genannten Gründen engagiert sich die DEG aktuell mit zwei Palmöl- Finanzierungen, neben dem der Öffentlichkeit bekannten Engagements PHC/ Feronia in der Demokratischen Republik Kongo finanziert sie noch ein weiteres Vorhaben in Afrika. Auf Finanzierungen in Asien hat die DEG laut eigener Aussage auf Grund vielfältiger Herausforderungen – insbesondere bei der Einhaltung adäquater Umwelt- und Sozialmanagementanforderungen bei den Unternehmen – in den letzten Jahren verzichtet. Als Kreditinstitut ist die DEG an das Bankgeheimnis und datenschutzrechtliche Bestimmungen gebunden. Zu einzelnen Investitionsvorhaben kann die DEG daher keine weiteren Angaben geben. Bezüglich Feronia wird zudem auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen auf Bundestagsdrucksachen 18/10173 sowie 18/10613 der Fraktion DIE LINKE. verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2487 Die DEG überprüft in den von ihr mitfinanzierten privatwirtschaftlichen Palmölprojekten die Umwelt- und Sozialverträglichkeit inklusive der menschenrechtlichen Wirkungen und Landrechte. Grundlage dieser umfassenden Prüfung sind die nationale Gesetzgebung und die international anerkannten IFC Performance Standards (PS). Vor Zusage eines Engagements werden umwelt- und sozialrelevante Abweichungen zu den Standards identifiziert und gemeinsam mit dem Unternehmen entsprechende Maßnahmen entwickelt und vertraglich vereinbart. Die Umsetzung wird über die gesamte Laufzeit der Vorhaben durch die DEG begleitet und intensiv überwacht. 14. Was unternimmt die Bundesregierung, um die Einhaltung der Rechte von Kleinbauern und indigenen Völker bei der Produktion von Palmöl sicherzustellen ? Die Bundesregierung unterstützt die Einhaltung der Rechte von Kleinbauern und indigenen Völker. So ist beispielsweise innerhalb des vom BMZ geförderten Programms „Wald- und Klimaschutz in Indonesien“ eine regionale Konfliktresolutionsstelle aufgebaut worden. Sie unterstützt Kleinbauern und indigene Bewohner bei der Geltendmachung ihrer Rechte. Darüber hinaus werden Kleinbauern durch Vor-Ort-Trainings zu ihren Rechten geschult. Weiterer Schwerpunkt des Vorhabens ist der Aufbau einer regionalen Struktur von Forstämtern, die den Schutz der lokalen Biodiversität sicherstellt und die Reform des nationalen Schutzgebietssystems unterstützt. Zusätzlich werden finanzielle Anreizsysteme für die ressourcenschonende Bewirtschaftung von Wäldern aufgebaut. Die von der Bundesregierung unterstützten Nachhaltigkeitszertifizierungssyssteme wie RSPO und ISCC enthalten wichtige Kriterien zur Einhaltung der Rechte von Kleinbauern und Indigenen. Hervorzuheben ist hier die Pflicht zur Einholung der freien, vorherigen und informierten Zustimmung (Free Prior Informed Consent, FPIC) zur Sicherung von Landrechten. Darüber hinaus setzt sich die Bundesregierung in ihrer bilateralen Zusammenarbeit mit den Palmöl-produzierenden Ländern für die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Umsetzung der Freiwilligen Leitlinien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Bodenund Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern der FAO ein. 15. Welche Anreize für eine partizipative Landnutzungsplanung und Aufforstungsprogramme schafft die Bundesregierung für Palmöl produzierende Länder, und werden dabei verbindliche ökologische und soziale Standards eingefordert? In Indonesien, besonders in Kalimantan, fördert die Bundesregierung (BMU – IKI-Vorhaben Emissionsarme Palmöl-Entwicklung in Berau, Ost-Kalimantan und BMZ – Projekt zu Entwaldungsfreien Lieferketten) die partizipative Landnutzungsplanung , indem Entscheidungsträger in Provinz- und Distriktregierungen unterstützt werden, betroffene Akteure über entsprechende Foren in die Landnutzungsplanung mit einzubeziehen. Dabei werden Prinzipien ökologischer und sozialer Standards, wie die Berücksichtigung von Gebieten mit hohem Schutzwert sowie die Schaffung partizipativer Entscheidungsprozesse zu Landnutzungsänderungen eingefordert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333