Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 1. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2496 19. Wahlperiode 05.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch, Lars Herrmann, Dr. Christian Wirth und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2242 – Krankenversicherung von in der Türkei lebenden Eltern türkischer Arbeitnehmer in Deutschland nach dem Abkommen über soziale Sicherheit zwischen Deutschland und der Türkei aus dem Jahr 1964 und vergleichbarer Abkommen mit Ex-Jugoslawien und seinen Nachfolgestaaten V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland hat 1964 mit der Türkei ein Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen, welches 1969 durch ein Änderungsabkommen, 1974 durch ein Zwischenabkommen und 1984 durch ein Zusatzabkommen modifiziert wurde. Ein ebensolches Abkommen hat die Bundesrepublik Deutschland mit (dem früheren) Jugoslawien geschlossen. Abkommen dieser Art sind nach Auffassung der Fragesteller an sich nicht ungewöhnlich und wurden mit vielen Staaten geschlossen. Teilweise sind darin auch Regelungen zur Krankenversicherung enthalten. Die Besonderheit an den Verträgen mit der Türkei und dem früheren Jugoslawien besteht allerdings darin , dass nur in diesen Verträgen zu den mitversicherungsfähigen Familienangehörigen auch Eltern zählen. In den meisten anderen Verträgen geht es im Wesentlichen um Rentenzeiten. Mit allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens wurden Nachfolgeverträge geschlossen, die ebenfalls die Krankenversicherung für Eltern vorsehen. Zahlreiche Fragen zu den Regelungen mit den Nachfolgestaaten Jugoslawiens betreffend der Ausgaben sind ungeklärt, unter anderem, ob daraus weitere Ausgaben resultieren. Das Abkommen mit der Türkei ist seit 2003, als im Kontext von Vorschlägen der „Rürup-Kommission“ die Eltern-Mitversicherung publik wurde, Gegenstand mehrerer parlamentarischer Anfragen und einer Petition, die jedoch nicht zur Annahme gelangte, gewesen. Für das Verständnis der nachfolgenden Fragen sind die folgenden Ausführungen wichtig. Sie entstammen der abschließenden Stellungnahme des Petitionsausschusses vom 30. Juni 2011 (https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2010/_10/_ 24/Petition_14686.nc.html) sowie einer Stellungnahme der CDU-Abgeordneten Annette Schavan von Anfang des Jahres 2011 (www.abgeordnetenwatch.de/ index.php?cmd=223&q=schavan+sozialversicherungsabkommen). Darin heißt es: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2496 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode „In der Türkei lebende Familienangehörige eines in Deutschland krankenversicherten Arbeitnehmers erhalten im Krankheitsfall Leistungen der Krankenversicherung der Türkei. Die der dortigen Krankenversicherung hierdurch entstehenden Kosten sind von der deutschen Krankenversicherung zu erstatten (sog. „Sachleistungsaushilfe“) Um nicht in jedem einzelnen Behandlungsfall eine verwaltungsaufwändige Abrechnung mit der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates der Familienangehörigen durchführen zu müssen, erfolgt die Abrechnung der Kosten in Bezug auf die Türkei durch kalenderjährlich zu vereinbarende Monatspauschalbeträge je Familie. Diese Beträge basieren auf den Durchschnittskosten der in den Wohnsitzstaaten geschützten Personen nach dortigem Recht und berücksichtigen die durchschnittliche Zahl der in diesen Staaten wohnenden Familienangehörigen . Bei der Abrechnung wird auf das Kostenniveau in den Wohnsitzstaaten der Familien abgestellt (also auf den durchschnittlichen monatlichen Aufwand in der jeweiligen Landeswährung). Der vereinbarte Monatspauschalbetrag wird je Familie unabhängig von der Zahl der anspruchsberechtigten Familienangehörigen gezahlt. Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören die Ehefrau, sofern sie nicht selbst versichert ist, und die minderjährigen Kinder eines Versicherten. Eltern eines Versicherten mit Wohnsitz in der Türkei sind nur dann ausnahmsweise anspruchsberechtigt, wenn sie nicht ohnehin leistungsberechtigt nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates aufgrund einer eigenen Versicherung (z. B. wegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung) oder der Versicherung einer anderen Person sind, sie dabei nicht über eigene Einkünfte bzw. Eigentum verfügen und der unterhaltsverpflichtete Versicherte ihnen gegenüber tatsächlich Unterhaltsleistungen erbringt.“ Es existieren praktisch keine Zahlen darüber, wie sich die Ausgaben der deutschen gesetzlichen Krankenkassen für dieses Abkommen mit der Türkei (und Jugoslawien sowie dessen Nachfolgestaaten) im Lauf der Jahre entwickelt haben . Kostenträger bzw. die Sachleistungsaushilfe an die Türkei erstattende Stelle ist der GKV-Spitzenverband – Spitzenverband Bund Krankenkassen, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA)“, mit Sitz in Bonn. Der Spitzenverband hat alle Abkommen veröffentlicht, aber keine Zahlen hierzu, obwohl die Kassen nach Auffassung der Fragesteller nach § 305 b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dazu verpflichtet wären (wonach jährlich die Mittelverwendung ausführlich zu veröffentlichen ist). Angaben über die Kosten finden sich nur sporadisch und lückenhaft und wurden auch teilweise durch die Währungsumstellung der türkischen Lira erschwert. Einem Rundschreiben der DVKA aus dem Jahr 2004 sind die vorgeblichen Voraussetzungen der Sachleistungsaushilfe für Eltern zu entnehmen, die von der türkischen Seite definiert wurden. Darin (Rundschreiben 89/2004 vom 7. Dezember 2004) heißt es: „Die türkische Seite informierte uns klarstellend darüber, dass unterhaltsberechtigte Eltern nur dann als anspruchsberechtigt auf Aushilfesachleistungen eingeschrieben werden, wenn sie nicht über eigene Einkünfte bzw. Eigentum verfügen nicht berufstätig und nicht selbst versichert sind. Weitere Voraussetzung ist, dass vom Versicherten tatsächlich Unterhalt an die Eltern gezahlt wird.“ Auf den ersten Blick scheint eine Anspruchsberechtigung von Eltern tatsächlich von so vielen Voraussetzungen abhängig gemacht zu werden, dass deren Zahl vernachlässigbar scheint. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2496 Allerdings ist nach Auffassung der Fragesteller die türkische Verwaltungspraxis zu berücksichtigen. Ob die o. g. Voraussetzungen bei den Eltern vorliegen oder nicht und ob eine Prüfung des Wahrheitsgehalts der Angaben gegenüber den Behörden stattfindet, ist nicht bekannt. Es gibt keine Statistik über die Zusammensetzung der erstattungsberechtigten Familien. Im Jahr 2006 hatte die Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 4 der Abgeordneten Renate Blank auf Bundestagsdrucksache 16/2319 geantwortet: „Unabhängig davon ist es Ziel der Bundesregierung, im Rahmen der beabsichtigten Verhandlungen über die Revision des deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommens durch entsprechende Änderungen im Abkommen selbst und in der dazugehörigen Durchführungsvereinbarung sicherzustellen, dass künftig der Kreis der in der Türkei lebenden Familienversicherten bei einem in Deutschland lebenden Stammversicherten der gesetzlichen Krankenversicherung ausschließlich nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Dadurch würde auch die Mitversicherung von in der Türkei lebenden Eltern türkischer Stammversicherter ausgeschlossen .“ Über eine Revision des Abkommens ist nichts bekannt geworden, auch hieraus ergeben sich viele Fragen. 1. Wie stellen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Ausgaben und Daten der Sachleistungsaushilfe im Fall der Türkei dar (bitte dargestellt in Form einer fünfspaltigen Tabelle (Beträge bis Einführung Euro in DM) 1. Spalte: Zeitreihe von 1980 bis 2017; 2. Spalte: Zahl der begünstigten Familien bzw. Monatspauschalen insgesamt …; 3. Spalte: … davon Zahl der begünstigten Familien, die nur aus Eltern des Stammberechtigten bestehen; 4. Spalte: Pauschbetrag pro Familie und Monat; 5. Spalte: Gesamtbetrag der Erstattungsleistungen )? Die Ausgaben und Daten der Sachleistungshilfe können erst ab dem Jahr 2004 angegeben werden. Für die Jahre ab 2013 ist die Abrechnung noch nicht abgeschlossen . Entsprechend dem üblichen Berichtswesen erfolgt die Angabe der Beträge in der Währung des forderungsberechtigten Staates. Eine Übersicht über die Entwicklung der Neuen Türkischen Lira (TRY) steht auf der Internetpräsenz der Europäischen Zentralbank zur Verfügung (vgl. www.ecb.europa.eu/stats/policy_ and_exchange_rates/euro_reference_exchange_rates/html/eurofxref-graph-try.en. html). Den Abrechnungen kann nicht entnommen werden, wie viele Familienangehörige betreut werden. Daher ist es auch nicht möglich, die Zahl der Pauschbeträge anzugeben, die für anspruchsberechtigte Eltern gezahlt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2496 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Jahr Personentyp Zahl der begünstigten Familien bzw. Monatspauschalen insgesamt Pauschbetrag pro Familie und Monat in TRY Gesamtbetrag der Erstattungsleistungen in TRY 2004 FA 389.640 73,79 28.751.535,60 2004 RE 194.435 21,90 4.258.126,50 2004 584.075 33.009.662,10 2005 FA 351.419 84,40 29.659.763,60 2005 RE 201.717 25,06 5.055.028,02 2005 553.136 34.714.791,62 2006 FA 310.473 107,53 33.385.161,69 2006 RE 186.617 31,92 5.956.814,64 2006 497.090 39.341.976,33 2007 FA 294.487 162,70 47.913.034,90 2007 RE 199.791 48,29 9.647.907,39 2007 494.278 57.560.942,29 2008 FA 285.012 122,55 34.928.220,60 2008 RE 205.482 114,83 23.595.498,06 2008 490.494 58.523.718,66 2009 FA 260.576 153,08 39.888.974,08 2009 RE 213.438 143,43 30.613.412,34 2009 474.014 70.502.386,42 2010 FA 247.244 129,29 31.966.176,76 2010 RE 221.048 121,15 26.779.965,20 2010 468.292 58.746.141,96 2011 FA 227.922 127,27 29.007.632,94 2011 RE 221.248 119,25 26.383.824,00 2011 449.170 55.391.456,94 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2496 Jahr Personentyp Zahl der begünstigten Familien bzw. Monatspauschalen insgesamt Pauschbetrag pro Familie und Monat in TRY Gesamtbetrag der Erstattungsleistungen in TRY 2012 FA 175.966 151,67 26.688.763,22 2012 RE 216.213 142,12 30.728.191,56 2012 392.179 57.416.954,78 Gesamt 4.402.728 465.208.031,10 FA = Pauschbeträge für in der Türkei wohnende Familien von Personen, die in Deutschland wohnen und versichert sind RE = Pauschbeträge für in Deutschland versicherte und in der Türkei wohnende Rentner und deren Familien 2. Wie stellen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Ausgaben und Daten der Sachleistungsaushilfe im Fall Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten dar (bitte dargestellt in Form einer fünfspaltigen Tabelle (Beträge bis Einführung Euro in DM) 1. Spalte: Zeitreihe von 1980 bis 2017; 2. Spalte: Zahl der begünstigten Familien bzw. Monatspauschalen insgesamt …; 3. Spalte: … davon Zahl der begünstigten Familien, die nur aus Eltern des Stammberechtigten bestehen; 4. Spalte: Pauschbetrag pro Familie und Monat ; 5. Spalte: Gesamtbetrag der Erstattungsleistungen)? Mit den Nachfolgestaaten Jugoslawiens, soweit sie inzwischen nicht Mitglied der Europäischen Union sind, wurden inzwischen Regelungen vereinbart, wodurch sich der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach deutschem Recht richtet. Einzige Ausnahme davon ist Bosnien und Herzegowina. Daher werden nachstehend nur die verfügbaren Angaben zu diesem Staat angegeben. Den Abrechnungen kann nicht entnommen werden, wie viele Familienangehörige betreut werden. Daher ist es auch nicht möglich, die Zahl der Pauschbeträge anzugeben, die für anspruchsberechtigte Eltern gezahlt werden. Die Beträge werden hier ebenfalls in der Währung des forderungsberechtigten Staates ausgewiesen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2496 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Jahr Zahl der begünstigten Familien bzw. Monatspauschalen insgesamt Pauschbetrag pro Familie und Monat in BAM Gesamtbetrag der Erstattungsleistungen in BAM 2004 92.103 54,25 4.996.587,75 2005 90.944 68,71 6.248.762,24 2006 92.911 76,77 7.132.777,47 2007 91.468 89,05 8.145.225,40 2008 91.468 102,16 9.344.370,88 2009 100.603 105,42 10.605.568,26 2010 102.725 113,60 11.669.560,00 2011 103.839 119,09 12.366.186,51 Gesamt 766.061 70.509.038,51 Einheitlicher Pauschbetrag, unabhängig vom Personenkreis 3. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Stammberechtigte eine weitere Ehefrau (neben einer hier lebenden Ehefrau) in der Türkei auf diese Weise versicherten oder versichern wollten, und ist dies nach dem Abkommen möglich? In der Türkei ist seit dem Jahr 1926 rechtlich nur eine Einehe möglich. 4. Können in der Türkei lebende Eltern allein – also ohne gleichzeitige Anwesenheit von Ehefrau und/oder Kindern – als sachleistungsaushilfeberechtigt angemeldet werden? Wenn ja, wie viel Prozent der Familien bestehen nur aus den Eltern oder einem Elternteil des Stammberechtigten (siehe Tabelle in Frage 1)? Eine separate Erfassung dieser anspruchsberechtigten Personen erfolgt nicht. 5. In wie vielen Fällen, auf welche Weise und aufgrund welcher Familienkonstellationen werden Rentner und deren Familienangehörige „per Vorschuss“ abgerechnet? Die Pflicht zur Zahlung von Vorschüssen ist davon abhängig, wie viele Rentner bei einer Krankenkasse versichert sind, die im anderen Staat wohnen. Dabei ist es unerheblich, ob noch weitere Familienangehörige im anderen Staat wohnen. Die gezahlten Vorschüsse werden bei der endgültigen Abrechnung verrechnet. Die Zahlung von Vorschüssen stellt somit keine eigene Abrechnungsform dar. 6. Werden die Ausgaben der Sachleistungsaushilfe aus den Fragen 1 und 2 in Rechenschaftsberichten, Haushaltsplänen oder dergleichen der Krankenkassen veröffentlicht, und ggf. wo (bitte genaue Fundstelle angeben)? Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) veröffentlicht die Rechnungsergebnisse der Krankenkassen in der Statistik KJ1. Diese steht auf der Internetpräsenz des BMG unter „Endgültige Rechnungsergebnisse der GKV“ zur Verfügung (vgl. www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/zahlen- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/2496 und-fakten-zur-krankenversicherung/finanzergebnisse.html). Aus dieser Aufstellung ergeben sich auch die Ausgaben für die sog. Sachleistungsaushilfe im Ausland (siehe Seite 8, Schlüssel 04899V). 7. Falls keine Veröffentlichung erfolgt, wie ist dies mit § 305 b SGB V zu vereinbaren ? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. 8. In welcher Form, durch welches Gremium mit wie vielen Mitgliedern von welcher Seite, wie oft, an welchem Ort und zu wessen Kosten werden die jährlichen Pauschalbeträge zwischen der deutschen und der türkischen Seite ausgehandelt? Oder werden diese Beträge von der türkischen Seite vorgegeben? Die Berechnung der Pauschbeträge erfolgt auf Grundlage des Artikel 10 Absatz 1 der Durchführungsvereinbarung zum deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen in Verbindung mit der Verbindungsstellenvereinbarung, die zwischen der deutschen und der türkischen Verbindungsstelle geschlossen wurde. Die Pauschbeträge werden von der türkischen Verbindungsstelle errechnet und an die deutsche Verbindungsstelle übermittelt. Diese prüft die Pauschbeträge auf Plausibilität , nimmt zu der Berechnung Stellung oder erklärt sich mit der Berechnung einverstanden. In der Regel werden die Pauschbeträge vereinbart, sobald die anspruchsbegründenden Unterlagen vorliegen. 9. Wann und wo fand die letzte „Verhandlungsrunde“ im Sinne der Frage 8 statt? Die Pauschbeträge für die Jahre 2013 und 2014 wurden im schriftlichen Verfahren vereinbart. 10. Welche Kontrollmechanismen gibt es auf deutscher Seite, um die Einhaltung der Voraussetzungen, wie sie aus Absatz 9 und 10 des Rundschreibens 89/2004 vom 7. Dezember 2004 hervorgehen, zu überprüfen? Oder verlässt sich Deutschland auf die Angaben der türkischen Seite, um betrügerische Inanspruchnahmen zu verhindern? Der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaates. Die Prüfung obliegt den zuständigen Trägern im jeweiligen Wohnstaat. 11. Für wie wahrscheinlich hält es die Bundesregierung, dass die Krankenkassen einen Missbrauch der Sachleistungsaushilfe in der Türkei effektiv verhindern können oder wollen, nachdem bereits im Inland seit Jahren ein schwunghafter Handel mit und Missbrauch von Krankenversichertenausweisen zu beklagen ist (www.merkur.de/wirtschaft/krankenkassen-milliardenbetrugversicherungskarten -375533.html)? Im Rahmen der Sachleistungsaushilfe erhalten die zuständigen türkischen Träger von der deutschen Krankenkasse eine Anspruchsbescheinigung. Der zuständige türkische Träger trägt dann die anspruchsberechtigten Familienangehörigen ein. Ein Missbrauch ist hier nicht zu befürchten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2496 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Wie prüft nach Kenntnis der Bundesregierung die türkische Seite, dass die Eltern des Stammberechtigten nicht über eigene Einkünfte oder Eigentum verfügen, nicht berufstätig und nicht selbst versichert sind und ob die Stammberechtigten tatsächlich von Deutschland aus ihren Eltern Unterhalt gewähren? Die genannte Prüfung obliegt allein dem zuständigen türkischen Träger, so wie in umgekehrten Fällen die Prüfung der Voraussetzung für die Familienversicherung allein dem deutschen Träger obliegt. 13. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung nach dem 7. Dezember 2004 von der DVKA oder einem anderen Träger ein Rundschreiben mit einer Änderung der Voraussetzungen? Wenn ja, wie lautet die Fundstelle und dessen Wortlaut? Der Kreis der nach den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften anspruchsberechtigen Familienangehörigen wird regelmäßig abgefragt und den deutschen Krankenkassen in Form von internen Arbeitshilfen zur Verfügung gestellt. 14. Wie ist gewährleistet, dass anspruchsentfallende Änderungen jedweder Art bei der Vielzahl der Sachleistungsaushilfeberechtigten und der Leistungsvoraussetzungen der deutsche Seite zeitnah zur Kenntnis gelangen, erfasst werden und zur Einstellung der Zahlungen führen? 15. Wie, wann und wie zeitnah nach Veränderungen erfährt nach Kenntnis der Bundesregierung die deutsche Seite von diesen Änderungen im Sinne der Frage 14? Die Fragen 14 und 15 werden gemeinsam beantwortet. Deutsche Krankenkassen fragen regelmäßig beim Versicherten nach, ob die Familienangehörigen noch in der Türkei wohnen und sich ggf. Änderungen ergeben haben. Wird der Krankenkasse mitgeteilt, dass der Familienangehörige nicht mehr in der Türkei wohnt oder verstorben ist, übersendet die Krankenkasse dem türkischen Träger eine Abmeldung. Die Abmeldung ist vom türkischen Träger zu bestätigen. 16. Wie ist umgekehrt gewährleistet, dass die Pauschalzahlungen für in der Türkei lebende Sachleistungsaushilfeberechtigte gestoppt werden, wenn der Stammberechtigte in Deutschland aus seiner rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit ausscheidet, beispielsweise durch Selbstständigkeit, Eintritt des Rentenalters, Wechsel in eine Privatkasse, Arbeitslosigkeit, Tod oder dergleichen ? Endet die Mitgliedschaft des „Stammberechtigten“ in der gesetzlichen Krankenversicherung , endet auch der Sachleistungsaushilfeanspruch von Familienangehörigen , die in der Türkei wohnen. Die deutsche Krankenkasse übersendet dem türkischen Träger eine Abmeldung. 17. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung insoweit ein Meldesystem der Krankenkassen an die DVKA? Der GKV-Spitzenverband, DVKA ist im Rahmen der Kostenabrechnung eingebunden , nicht im Meldesystem. Es gibt kein einheitliches Meldesystem für die Krankenkassen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/2496 18. Wie viele Mitarbeiter bei welchen Institutionen der Krankenkassen (also bei der DVKA und anderswo) sind hauptamtlich mit der Sachleistungsaushilfe befasst, oder erfolgen die Überweisungen in die Türkei dezentral an den Wohnorten der Stammberechtigten? Die Kostenabrechnung für die Sachleistungsaushilfe im In- und Ausland (EU, EWR, Schweiz und Staaten, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht , das den Bereich Krankheit umfasst) werden beim GKV-Spitzenverband, DVKA im Bereich Forderungsmanagement und Kostenabrechnung International bearbeitet. Für die Ausstellung der Anspruchsnachweise und Erstattung der Kosten für die Sachleistungsaushilfe ist die jeweilige Krankenkasse des Stammberechtigten zuständig. Eine Bezifferung der damit befassten Mitarbeiter ist daher nicht möglich. 19. Liegen nach Auffassung der Bundesregierung die Voraussetzungen, die zum Zeitpunkt des Entstehens des Sozialversicherungsabkommens mit der Türkei (und des ehemaligen Jugoslawien) zur Einbeziehung der Eltern in die Krankenversicherung geführt haben (also im Wesentlichen die Erleichterung der Gewinnung von Arbeitskräften aus der Türkei) weiterhin vor, und wenn nein, warum gibt es dann die Sachleistungsaushilfe immer noch? Mit dem Abkommen werden die Beziehungen zwischen den beiden Staaten im Bereich der Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung umfassend geregelt. Im Rahmen des Abkommens werden die beiderseitigen Staatsangehörigen gleichbehandelt und der soziale Schutz der Versicherten und Rentner beider Staaten auch für den Fall, dass diese sich im anderen Staat aufhalten, sichergestellt und koordiniert . Eine Kündigung des deutsch-türkischen Abkommens hätte erhebliche nachteilige Auswirkungen. Im Bereich der sozialen Sicherheit würde ein vertragsloser Zustand entstehen, der auch für die deutsche Seite wesentliche Nachteile nach sich ziehen würde. In die Türkei von ihren Arbeitgebern entsandte deutsche Arbeitnehmer würden wieder der dortigen Versicherungspflicht unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass die betroffenen deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber doppelte Beitragslasten (in Deutschland und in der Türkei) tragen müssten. Für entsandte deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschließlich ihrer Familienangehörigen sowie dort sich vorübergehend aufhaltende deutsche Touristen , Rentnerinnen und Rentner oder Studierende würde der Versicherungsschutz in der deutschen Kranken- bzw. Unfallversicherung nicht mehr bestehen, so dass sie beispielsweise im Falle der Erkrankung nicht mehr aushilfsweise medizinische Leistungen durch den Krankenversicherungsträger am Aufenthaltsort erhalten könnten. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung sieht das Abkommen die Zusammenrechnung von deutschen und türkischen Versicherungszeiten zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente sowie grundsätzlich die volle Zahlung von Renten in den jeweils anderen Vertragsstaat vor. Das deutsch-türkische Abkommen sichert, dass die Versicherten ihre durch Beitragszahlung begründeten wohl erworbenen Rechte ungeschmälert erhalten, egal, ob sie in Deutschland oder in der Türkei wohnen. Die Bundesregierung hat stets deutlich gemacht, dass sie eine Kündigung der durch diesen Themenkomplex involvierten Abkommen allein wegen der dort enthaltenen Möglichkeit zur Mitversicherung der in den Herkunftsländern verbliebenen Familienangehörigen in der deutschen Krankenversicherung nicht beabsichtigt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2496 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Unabhängig davon wird die Sachleistungshilfe bei möglichen künftigen Verhandlungen zu einem eigenständigen Sozialversicherungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina nur noch aufgenommen, wenn sich der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach deutschem Recht richtet. 20. Kam es seit 2006, als wie eingangs dargelegt die Bundesregierung erklärte (Bundestagsdrucksache 16/2319), dass es Ziel der Bundesregierung sei, im Rahmen der beabsichtigten Verhandlungen über die Revision des Abkommens mit der Türkei die Eltern von der Mitversicherung auszunehmen, zu Verhandlungen über dieses Ziel? 21. Falls Frage 20 mit Nein beantwortet wird, warum kam es entgegen der Aussage der Bundesregierung nicht zu Verhandlungen, oder wurden solche Verhandlungen – ggf. wann – von der türkischen Seite abgelehnt? Die Fragen 20 und 21 werden gemeinsam beantwortet. Im November 2014 fand die 6. Fachkonferenz der interministeriellen Arbeitsgruppe zwischen dem Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit (MASS) der Republik Türkei und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) statt. In Bezug auf die Revision des Abkommens wurde gemeinsam beschlossen, die notwendigen Lösungen ohne eine Änderung des Vertragstextes durch Konsultationen auf Fachebene (insbesondere zwischen den Verbindungsstellen Renten - bzw. Krankenversicherung) zu finden. 22. Bis zu welchem Jahr wurde die der Türkei vergleichbare Sachleistungsaushilfe für den jugoslawischen Vertragspartner als eigenständiger Staat gewährt ? 23. Gab es während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien eine zeitweise Aussetzung der Sachleistungsaushilfe? Bis zur Auflösung des Staates Jugoslawiens wurde die Sachleistungsaushilfe weiter durchgeführt. Das deutsch-jugoslawische Abkommen findet auf einige Nachfolgestaaten weiterhin Anwendung. 24. Wann wurden mit welchem Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien rechtlich eigenständige Sozialversicherungsabkommen als Nachfolger des deutsch-jugoslawischen Abkommens geschlossen, und war darin jeweils ebenfalls die Sachleistungsaushilfe für Eltern möglich? Mit den folgenden Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien wurden eigenständige Sozialversicherungsabkommen geschlossen: Mit der Republik Slowenien hat die Bundesrepublik Deutschland am 24. September 1997 ein Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen. Mit der Republik Kroatien hat die Bundesrepublik Deutschland am 24. November 1997 ein Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen. In Verhältnis zu Slowenien und Kroatien wurde bis zum 31. Dezember 1999 das pauschale Abrechnungsverfahren (Erstattung der Kosten mit einem Pauschbetrag je Familie) weitergeführt. Seit Januar 2000 erfolgte die Abrechnung der Kosten durch kalenderjährlich zu vereinbarende Monatspauschalbeträge je Familienangehörigen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/2496 Dies bedeutet: Bis zum 31. Dezember 1999 richtete sich der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach den kroatischen bzw. slowenischen Rechtsvorschriften, wonach auch die Eltern zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehörten. Ab dem 1. Januar 2000 war der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen nach deutschem Recht zu beurteilen. Mit der Regierung der ehemaligen jugoslawischen Republik (ejR) Mazedonien hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland am 8. Juli 2003 ein Abkommen über Soziale Sicherheit geschlossen. Die Abrechnung der Kosten erfolgt auf der Basis von Kopfpauschalen (pauschal je Familienangehörigen). Der Kreis der anspruchsberechtigten Familienangehörigen richtet sich damit nach deutschem Recht. 25. Was geschah nach Kenntnis der Bundesregierung mit diesen Abkommen, davon ausgehend, dass mit allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens als eigenständige Staaten ohne EU-Zugehörigkeit nach dem dortigen Krieg eigene Sozialversicherungsabkommen geschlossen wurden, mit diesen Abkommen im Falle Sloweniens und Kroatiens nach deren EU-Beitritt? Slowenien ist seit dem Jahr 2004, Kroatien seit dem Jahr 2013 Mitglied der Europäischen Union; die jeweiligen Sozialversicherungsabkommen finden keine Anwendung mehr. Die Sachleistungsaushilfe erfolgt nach den Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 zur Koordinierung der Sozialen Sicherheit. Danach erhalten Versicherte oder ihre Familienangehörigen Sachleistungsaushilfe nach den vom Träger des Wohnorts geltenden Rechtsvorschriften. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333