Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 31. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2533 19. Wahlperiode 04.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Götz Frömming, Dr. Marc Jongen, Dr. Michael Espendiller, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/2216 – Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit durch politische Korrektheit V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den vergangenen Jahren kam es an Universitäten in Deutschland immer wieder zu Vorfällen, die darauf hindeuten, dass die durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützte Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Fragesteller in Deutschland ernsthaft gefährdet ist. So forderten beispielsweise im Oktober 2017 ca. 60 Wissenschaftler in einem offenen Brief, dass der Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, an der Universität Frankfurt keinen Vortrag über Ausländerkriminalität halten dürfe: Rainer Wendt sei ein „Rassist“ und verbreite „rechtspopulistische Hetze“ hieß es – Rainer Wendt wurde daraufhin von der Universität wieder ausgeladen (vgl. Thiel, Thomas: Streit über Meinungsfreiheit an den Universitäten: Schwappt die Welle von Sprechverboten von den amerikanischen und britischen Universitäten nach Deutschland über? in: FAZ vom 22. Januar 2018). Im Januar 2017 verhinderten an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Studenten einen Vortrag des emeritierten Neurobiologen Prof. Dr. Gerald Wolf, der über „neuronale Unterschiede zwischen Männern und Frauen“ referieren wollte. Es erging unter anderem der Vorwurf, dass Dr. Gerald Wolf sexistische Weltbilder verbreite. Daraufhin kam es in der Universität zu einem Tumult mit Polizeieinsatz. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden (vgl. Bock, Michal : „Tumulte an der Uni“ in: Volksstimme vom 20. Januar 2017). Ein Jahr zuvor verlegte die Universität Bremen nach Protesten des Allgemeinen Studierendenausschusses einen Vortrag des Berliner Historikers Prof. Dr. Jörg Baberowski in die Räume einer politischen Stiftung. Protestierende Studenten unterstellten Dr. Jörg Baberowski, er sei ein „Rassist“ und „rechtsextremer Ideologe “ (vgl. Beglinger, Martin; Teuwsen, Peer: Holen wir die Meinungspolizei! in: Neue Züricher Zeitung vom 24. Juni 2017). Im September 2015 rügte die Universität Kassel den dort lehrenden Biologen Prof. Dr. Ulrich Kutschera wegen seiner kritischen Äußerungen zum „Gendermainstreaming“ (vgl. Biologe wegen Kritik an Genderideologie unter Druck in: Junge Freiheit vom 1. September 2015). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2533 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Proteste ergingen auch gegen den Berliner Politikwissenschaftler Prof. Dr. Herfried Münkler, dem Studenten im Sommersemester 2015 in einem eigens eingerichteten Blog („Münkler-watch“) immer wieder rassistische, sexistische und militaristische Annahmen und Aussagen in seiner Vorlesung zur politischen Theorie und Ideengeschichte nachsagten (vgl. Markwardt, Nils: Münkler und die Detektive in: Die Zeit vom 16. Juni 2015; www.zeit.de/kultur/2015- 05/herfried-muenkler-rassismus-debatte). Nach Auffassung der Fragesteller herrscht an den Universitäten ein Klima der Repression und Einschüchterung, das selbsternannte Wächter sogenannter politischer Korrektheit schüren, das wissenschaftliche Diskurse erschwert und verhindert und somit die Freiheit der Wissenschaft bedroht. Diese Entwicklungen in der sogenannten Konsensgesellschaft wurden von der Presse moniert. Beispielsweise schreibt Heike Schmoll in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dass „es (bedauerlicherweise) sich viele Professoren längst abgewöhnt“ haben, „für die Wissenschaftsfreiheit einzustehen und sie täglich zu erkämpfen.“ (Schmoll, Heike: „Professoren, mischt euch endlich wieder ein!“ in FAZ vom 1. April 2017). Die Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit war sogar Gegenstand einer Resolution des „Deutschen Hochschulverbandes“ vom April 2017: Danach erodiert die Debatten- und Streitkultur an den Universitäten. Verantwortung dafür, so die Autoren der Resolution, trage auch ein Meinungsklima, das im Streben nach Toleranz „Political Correctness“ fordere (vgl. „Zur Streit- und Debattenkultur an Universitäten Resolution des 67. DHV-Tages in München“ vom 4. April 2017). Vorbemerkung der Bundesregierung Die Bundesregierung teilt die Ansicht des Deutschen Hochschulverbandes, dass die Universität als Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden ein Ort des freien und offenen Austauschs sein soll. Unkonventionelle Argumente und konkurrierende Hypothesen müssen ihren Platz an Forschungseinrichtungen haben. Differenzen , die zu Andersdenkenden bestehen, sind im argumentativen Diskurs auszutragen , die Antwort auf ggf. einseitige Rede ist die Gegenrede. Auch dies ist Methode der Wissenschaft. Die Freiheit der Wissenschaft wird in Artikel 5 Grundgesetz (GG) unter besonderen Schutz gestellt. Wissenschaft ist nach einer Definition des Bundesverfassungsgerichts „jede Tätigkeit, die nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch der Wahrheitsermittlung anzusehen ist“ (BVerfGE 35, 79). In diesem Kontext sind daher nicht "Meinungen" zu allgemeinen gesellschaftlichen Themen geschützt, sondern wissenschaftliche Ergebnisse , Thesen und Argumente. Geschützt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ihre Tätigkeiten in Forschung und Lehre, sofern sie der Verknüpfung mit der Forschung des Lehrenden entspringt. 1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Deutschen Hochschulverbandes , wonach die Debatten- und Streitkultur an den Universitäten erodiert und dafür auch ein Meinungsklima verantwortlich sei, das im Streben nach Toleranz „Politische Korrektheit“ fordere? 2. Ist sich die Bundesregierung der Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit durch „Politische Korrektheit“ bewusst, und wenn ja, welchen Stellenwert nimmt dies in ihren Reflexionen zur Hochschulpolitik ein? Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/xxxx Die Wissenschaftsfreiheit ist in Deutschland durch Artikel 5 GG geschützt und nicht verhandelbar. Die Bundesregierung sieht keine Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit und setzt sich für eine offene und pluralistische Debatten- und Streitkultur an deutschen Hochschulen ein. 3. Wie erklärt sich die Bundesregierung die in letzter Zeit offenkundig vermehrten Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit durch Verlangen nach „Politischer Korrektheit“? Der Bundesregierung liegen keine Analysen vor, die eine Vermehrung von Angriffen auf die Freiheit der Durchführung von Forschung und Lehre belegen. 4. Hält die Bundesregierung Maßnahmen zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit aufgrund ihrer Bedrohung durch „Politische Korrektheit“ für angebracht , und wenn ja, welche? 5. Wie gedenkt die Bundesregierung ansonsten die durch „Politische Korrektheit “ gefährdete Wissenschaftsfreiheit zu schützen? Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Da nach Auffassung der Bundesregierung keine Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit vorliegt, sind auch keine Gegenmaßnahmen erforderlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333