Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 7. Dezember 2017 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/254 19. Wahlperiode 11.12.2017 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/111 – Neues einsatzbedingtes Selbstverständnis bei der Bundeswehr V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 der Bundesakademie für Sicherheitspolitik wird vor dem Hintergrund zunehmender Auslandseinsätze der Bundeswehr die Entstehung eines einsatzbedingten Selbstverständnisses eines „archaischen und apolitischen Kämpfertypus“ innerhalb der Truppe konstatiert. Dieses gehe „zulasten einer werte- und normenbasierten Politisierung des soldatischen Selbstverständnisses“ und sei „kaum mit der pluralistischen Gesellschaft Deutschlands oder den komplexen Anforderungen humanitärer Interventionen in Einklang zu bringen“. Als Ursache für dieses vorwiegend innerhalb der Teilstreitkraft Heer anzutreffenden Entwicklung macht der hier seine persönliche Meinung wiedergebende Verfasser des Papiers, Oberleutnant d. R. Philipp Fritz, das Ausbleiben der Herausbildung einer Traditionslinie aus, welche den neuen Einsatzrealitäten von Auslandseinsätzen einschließlich Gefechtserfahrungen Rechnung trägt. Damit seien Freiräume für individuelle Aushandlungsprozesse eines soldatischen Selbstverständnisses und Traditionsverständnisses entstanden, die sich „in einer Vielzahl von Symbolisierungen und subkulturellem Brauchtum“ äußerten, das von den Soldatinnen und Soldaten in Form einer Einsatzkultur gepflegt würde. Vornehmliches Mittel des Erhalts und der Verbreitung dieser Einsatzkultur seien Geschichten aus den Einsatzgebieten , die bereits die Bundeswehrangehörigen ohne eigene Einsatzerfahrungen prägten. Da sich der 1982 gültige Traditionserlass der Bundeswehr nicht explizit auf Kampfhandlungen beziehe, würden in der Truppe in Ermangelung eines solchen Traditionsangebotes immer wieder Bezüge zur Wehrmacht hergestellt. Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges, die in direkter Verbindung zur Wehrmacht stehen, würden dabei teilweise ausgeblendet. Dies geschehe – so der Autor Philipp Fritz – „zumeist ohne politische Motivation“. In derartigen Wehrmachtsbezügen würden „unter einem rein funktionalen Aspekt Orientierungspunkte für historische Kampferfahrungen gesucht“ (www.baks.bund.de/ sites/baks010/files/arbeitspapier_sicherheitspolitik_2017_26.pdf). Eine Einsatzteilnahme an Auslandseinsätzen stelle für Soldaten eine „Initiationsleistung “ innerhalb der Truppe da, die zu sozialem Aufstieg außerhalb der formalen Karrierelaufbahnen führt. Mit der Zunahme von Einsatz- und Gefechtserfahrungen würden zudem informelle Strukturen, die auch aus der Einsatzkultur hervorgehen, immer resistenter gegen institutionelle Einflüsse, so Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/254 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode dass formal gültige Hierarchien Gefahr laufen, relativiert zu werden. Entsprechend sieht der Autor die Führungskonzeption der „Inneren Führung“ sowie das Leitprinzip des „Staatsbürgers in Uniform“ der Gefahr ausgesetzt, unter den Militärangehörigen für das eigene berufliche Selbstverständnis und die Einsatzrealitäten an Bedeutung einzubüßen (www.baks.bund.de/sites/baks010/files/ arbeitspapier_sicherheitspolitik_2017_26.pdf). 1. Vor welchem Hintergrund, aufgrund welcher Problemstellung und in welchem Auftrag wurde nach Kenntnis der Bundesregierung das Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 „Einsatzkultur als Traditionsquelle“ erstellt? Das Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 „Einsatzkultur als Traditionsquelle “ wurde von Herrn Oberleutnant der Reserve Philipp Fritz, Promovend in Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt, eigeninitiativ zur Anregung der Diskussion im Vorfeld eines Workshops im Zuge der Novellierung des Traditionserlasses erstellt, der am 10. November 2017 an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) stattfand. Es stellt einen Meinungsbeitrag des Autors dar. Dies wurde auch mit der Versendung des Arbeitspapiers schriftlich mitgeteilt und entspricht dem an der BAKS üblichen Verfahren bei Arbeitspapieren. 2. Inwieweit und in welchem Rahmen findet nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Institutionen oder Gremien eine Diskussion über die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 genannten Themen und Problematiken statt? Die Arbeitspapiere der Bundesakademie für Sicherheitspolitik sollen die gesellschaftliche sicherheitspolitische Debatte anregen. Inwieweit diese Debatten angeregt durch dieses Arbeitspapier geführt werden, entzieht sich der Kenntnis der Bundesregierung. 3. Inwieweit befasst sich der Militärische Abschirmdienst (MAD) mit einzelnen der im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 genannten Phänomenen ? Der Militärische Abschirmdienst (MAD) prüft Verdachtsmomente, sobald diese auftreten. Überschreiten diese die Schwelle zu tatsächlichen Anhaltspunkten i. S. des § 1 (1) des Gesetzes über den militärischen Abschirmdienst (MADG), wird der MAD im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags tätig. 4. Inwieweit teilt die Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 geäußerten grundsätzlichen Einschätzen und Überlegungen? In welchen Punkten hat sie eine abweichende Einschätzung? Bei dem Arbeitspapier zur Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 handelt es sich um einen persönlichen Meinungsbeitrag des Verfassers, der sich auf dessen subjektiven Erfahrungen und Einschätzungen gründet. Daher sieht die Bundesregierung von einer Bewertung ab. 5. Welche weiteren Ausarbeitungen existieren innerhalb der Bundesregierung bzw. der Bundesbehörden einschließlich der Bundeswehr, die sich mit den im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 dargestellten Thematiken und Problemstellungen befassen (bitte einzeln ausführen)? Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw; vor Zusammenlegung mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/254 der Bundeswehr: Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr) begleitet bereits seit dem Ende der 1990er Jahre im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung die Auslandseinsätze der Bundeswehr mit sozialwissenschaftlichen Methoden. In verschiedenen Studien mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung wurden Erkenntnisse in verschiedenen Forschungsberichten zu Teilaspekten von Auslandseinsätzen und deren Auswirkungen auf die Bundeswehr und deren Angehörige vorgelegt. Veröffentlichte Forschungsberichte bzw. Studien mit einem Bezug zum Thema Einsatz und soldatisches Selbstverständnis sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen. Anja Seiffert und Julius Heß: Afghanistanrückkehrer. Der Einsatz, die Liebe, der Dienst und die Familie: Ausgewählte Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Langzeitbegleitung des 22. Kontingents ISAF. Forschungsbericht. Potsdam 2014; Loretana de Libero: Tod im Einsatz. Deutsche Soldaten in Afghanistan, hrsg. v. ZMSBw, Potsdam 2014; Francesco Antonelli, Giulia Aubry, Jörg Keller, Maren Tomforde: Italian- German Co-operation at MNB Southwest (KFOR). FORUM International 30, Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr, 2008; Heiko Biehl, Ulrich vom Hagen und Reinhard Mackewitsch zu Einsatzmotivation und Identifikation mit dem Auftrag im Einsatz: Motivation von Soldaten im Auslandseinsatz. SOWI-Arbeitspapier 125, 2000; Wilfried von Bredow und Gerhard Kümmel: Das Militär und die Herausforderung globaler Sicherheit. Der Spagat zwischen traditionalen und nicht-traditionalen Rollen. SOWI Arbeitspapier 119, 1999. 6. Welche Evaluationen zu den im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 dargestellten Thematiken und Problemstellungen, die wann und in wessen Auftrag von wem erstellt wurden, sind der Bundesregierung bekannt, und inwieweit sind solche Evaluationen für die Zukunft geplant? Das ZMSBw betreibt wissenschaftliche Grundlagenforschung im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung. Das schließt Befragungen im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Begleitung der Auslandseinsätze zur Einsatzrealität aus Sicht der Soldatinnen und Soldaten sowie zu den Folgen von Einsatzerfahrungen mit ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 getroffene Feststellung zu, dass sich innerhalb des Heeres die Entstehung eines einsatzbedingten Selbstverständnisses eines „archaischen und apolitischen Kämpfertypus“ herausbildet, das „zulasten einer werte- und normenbasierten Politisierung des soldatischen Selbstverständnisses “ geht und „kaum mit der pluralistischen Gesellschaft Deutschlands oder den komplexen Anforderungen humanitärer Interventionen in Einklang zu bringen“ ist? Die Bundesregierung verwendet die zitierte Bezeichnung nicht. Das Entstehen eines derartigen Selbstverständnisses ist nach Kenntnis der Bundesregierung auch auf der Basis der Studien des ZMSBw nicht zu beobachten. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/254 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode a) Worin im Einzelnen äußert sich dieses Selbstverständnis eines archaischen und apolitischen Kämpfertypus? b) Inwieweit sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass sich dieses Selbstverständnis eines archaischen Kämpfertypus eben nicht apolitisch sondern vielmehr rechtsextremistisch oder in einer anderen mit dem Grundgesetz nicht zu vereinenden Ideologie äußert? c) Welche konkreten Risiken und Gefahren sowohl für die Funktionsweise und Aufgabenerfüllung der Bundeswehr sieht die Bundesregierung aus einem derartigen Selbstverständnis als archaischer und apolitischer Kämpfertypus erwachsen? d) Welche möglichen und konkreten Risiken und Gefahren für die innere Sicherheit der Bundesrepublik sieht die Bundesregierung aus einem derartigen Selbstverständnis von einem Soldaten der Bundeswehr als archaischem Kämpfertypus erwachsen? e) Inwiefern sieht die Bundesregierung von Soldaten ein besonderes Risiko für die innere Sicherheit der Bundesregierung ausgehen, die ein derartiges Selbstverständnis als archaische Kämpfertypen verinnerlichen, in Auslandseinsätzen Kampferfahrungen gewonnen und dabei aufgrund des Erlebten gegebenenfalls Traumatisierungen erlitten haben oder verroht sind? f) Welche konkreten Risiken und Gefahren bei Auslandseinsätzen sieht die Bundesregierung aus einem derartigen Selbstverständnis von einem Soldaten der Bundeswehr als archaischem Kämpfertypus ausgehen? Für die Beantwortung der Fragen 7a bis 7f wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen . 8. Inwieweit hält die Bundesregierung die Herausbildung eines „archaischen Kämpfertypus“ für die Bundeswehr grundsätzlich für erstrebenswert, und inwiefern sollte sich dies folglich auch bei der Ausrüstungsbeschaffung niederschlagen ? Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 getroffene Beobachtung zu, wonach innerhalb der Bundeswehr Freiräume für individuelle Aushandlungsprozesse eines soldatischen Selbstverständnisses und Traditionsverständnisses entstanden sind, die sich „in einer Vielzahl von Symbolisierungen und subkulturellem Brauchtum“ etwa in Form der Abwandlung von Ausrüstungsgegenständen und Uniformteilen und dem Aufkommen informeller Verfahrensweisen bei unterschiedlichen Abläufen, die sich an den Notwendigkeiten der Auslandseinsätze ausrichten, äußern? Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Die Innere Führung als Organisations- und Führungsphilosophie der Bundeswehr mit ihrem Leitprinzip des Staatsbürgers in Uniform gilt uneingeschränkt. Die Prinzipien der Inneren Führung, das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform und der Traditionserlass setzen innerhalb der Streitkräfte Grenzen diskursiver Freiräume für identitätsrelevante Aushandlungsprozesse. Die Überwachung der Einhaltung von Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild der Soldaten obliegt dem jeweiligen Disziplinarvorgesetzten. Kommen Sachverhalte im Bereich von „Symbole und Brauchtum" im Auslandseinsatz der Bundeswehr auf, die auf Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/254 eines Landes hinweisen könnten, werden diese zur fachlichen Prüfung und Bewertung an die zuständige Fachabteilung des Bundesamts für den Militärischen Abschirmdienst im Inland weitergeleitet. Ergibt die Prüfung des Sachverhalts, dass die Schwelle zu tatsächlichen Anhaltspunkten i. S. des § 1 (1) MADG überschritten ist, nimmt der MAD im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags die Bearbeitung auf. a) Welche konkreten Formen von Symbolisierungen und subkulturellem Brauchtum innerhalb der Bundeswehr sind der Bundesregierung bekannt (bitte einzeln ausführen und benennen, bei welchen Einheiten, Standorten und im Zusammenhang mit welchen möglichen Auslandseinsätzen diese jeweils vorkommen)? b) Inwieweit vertragen sich diese Symbolisierungen und dieses Brauchtum einschließlich Abwandlungen von Ausrüstungsgegenständen und Uniformteilen und dem Aufkommen informeller Verfahrensweisen mit geltenden Gesetzen, Regeln und Erlassen für die Bundeswehr? Für die Beantwortung der Fragen 8a und 8b wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. 9. Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 getroffene Feststellung zu, wonach in der Truppe immer wieder Bezüge zur Wehrmacht hergestellt werden? Der gültige und auch der Entwurf des überarbeiteten Traditionserlasses stellen klar heraus, dass die Wehrmacht für die Bundeswehr nicht sinnstiftend ist. a) Inwieweit teilt die Bundesregierung die in diesem Arbeitspapier getroffene Einschätzung, wonach diese Bezugnahme auf die Wehrmacht in Ermangelung von Traditionsangeboten im Rahmen des gültigen Traditionserlasses der Bundeswehr, die sich auf Kampfhandlungen beziehen, geschieht ? Die bundeswehreigene Tradition – einschließlich der Auslandseinsätze der Bundeswehr – ist die wesentliche Bezugsgröße im Traditionsverständnis der Bundeswehr . Insofern ist die Aussage im Arbeitspapier nicht nachvollziehbar. b) Wie erklärt sich die Bundesregierung die im Arbeitspapier benannte Erscheinung , dass Soldaten der Bundeswehr sich anlässlich des Afghanistan -Einsatzes ausgerechnet die Wehrmacht als Bezugsrahmen suchten und nicht beispielsweise die britische oder sowjetische Armee, die im Unterschied zur Wehrmacht in der fraglichen Region über reale historische Kampferfahrungen verfügen? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. c) Inwieweit teilt die Bundesregierung die in diesem Arbeitspapier getroffene Einschätzung, wonach von den Soldaten dabei „zumeist ohne politische Motivation“ im Zusammenhang mit der Wehrmacht stehende Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges ausgeblendet werden? Auf die Antworten zu den Fragen 7 und 9 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/254 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen einer im Arbeitspapier konstatierten zumindest vorübergehend verstärkten Hinwendung von Bundeswehrsoldaten zur Wehrmacht als historischem Bezugsrahmen mit rund 200 in den Jahren von 2008 bis 2017 vom Militärischen Abschirmdienst innerhalb der Bundeswehr entlarvten Rechtsextremisten (www.dw.com/de/mehr-rechtsextreme-in-der-bundeswehr/a- 41095970) und generell mit rechtsextremen Verdachtsfällen in der Truppe? Die Bundesregierung sieht keinen derartigen Zusammenhang. 10. Inwieweit erkennt die Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 festgestellte Problematik, dass sich im Zuge von Einsatzund Gefechtserfahrungen informelle Strukturen innerhalb der Bundeswehr herausbilden, die resistenter gegen institutionelle Einflüsse sind und gültige Hierarchien relativieren, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus? Der Beauftragte für Erziehung und Ausbildung des Generalinspekteurs der Bundeswehr führt regelmäßig Beobachtungsbesuche in allen Einsatzgebieten durch. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass sich bei Einsätzen informelle Strukturen herausgebildet hätten, die negative Einflüsse auf die bestehenden Hierarchien haben. Vielmehr ist festzustellen, dass gemeinsame Einsatz- und Gefechtserfahrungen zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens geführt haben. Die Forschung des ZMSBw zeigt u. a. auch, dass für einsatz- und gefechtserfahrene Soldatinnen und Soldaten der informelle Austausch mit anderen betroffenen Soldatinnen und Soldaten zur Verarbeitung von Gewalterlebnissen bedeutend sein kann. Die Befunde zu den Folgewirkungen eines Einsatzes weisen zudem darauf hin, dass Gefechtserfahrungen in der langfristigen Perspektive nicht automatisch zu grundlegenden Einstellungsänderungen im Hinblick auf die Anwendung militärischer Gewaltanwendung dieser Soldatinnen und Soldaten beitragen. Eine angebliche Infragestellung der formellen Strukturen in der Bundeswehr lässt sich nicht feststellen. a) Wie und in welchen konkreten Truppenteilen oder Einheiten und im Zusammenhang mit welchen Einsätzen macht sich die genannten Problematik der Herausbildung informeller, gegen institutionelle Einflüsse resistenter und gültige Hierarchien umgehender Strukturen innerhalb der Bundeswehr konkret bemerkbar? b) Welche Risiken und Gefahren für die interne Funktionsweise der Bundeswehr ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus der genannten Problematik der Herausbildung informeller, gegen institutionelle Einflüsse resistenter und gültige Hierarchien umgehender Strukturen? c) Welche Risiken und Gefahren für die demokratische Kontrolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus der genannten Problematik der Herausbildung informeller, gegen institutionelle Einflüsse resistenter und gültige Hierarchien umgehender Strukturen? Für die Beantwortung der Fragen 10a bis 10c wird auf die Antwort auf die Frage 10 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/254 11. Inwieweit trifft nach Kenntnis der Bundesregierung die im Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 26/2017 festgestellte Problematik zu, dass die Führungskonzeption der „Inneren Führung“ sowie das Leitprinzip „Staatsbürger in Uniform“ unter den Angehörigen der Bundeswehr an Bedeutung für das eigene berufliche Selbstverständnis und die Einsatzrealitäten einbüßen, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung gegebenenfalls daraus ? Die Konzeption der Inneren Führung und das Leitprinzip des Staatsbürgers in Uniform sind für die Angehörigen der Bundeswehr handlungsbestimmend. So stellt bspw. die Streitkräftebefragung 2013 „Innere Führung in Zahlen“ des ZMSBw fest, dass die Teilnahme am Auslandseinsatz keine negativen Auswirkungen auf die persönliche Einstellung zur Inneren Führung hat. Im Zuge der Auswertung von bislang sechs durchgeführten Workshops im Rahmen des Programms „Innere Führung – heute“ bestätigt sich deutlich, dass die Prinzipien der Inneren Führung akzeptiert und gelebt werden. a) Wie und in welchen konkreten Truppenteilen oder Einheiten und im Zusammenhang mit welchen Einsätzen macht sich die genannte Problematik einer Bedeutungseinbuße der Führungskonzeption der „Inneren Führung“ sowie des Leitprinzips „Staatsbürger in Uniform“ bemerkbar? b) Welche Risiken und Gefahren für die interne Funktionsweise der Bundeswehr ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus der genannten Problematik einer Bedeutungseinbuße der Führungskonzeption der „Inneren Führung“ sowie des Leitprinzips „Staatsbürger in Uniform“? c) Welche Risiken und Gefahren für die demokratische Kontrolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee ergeben sich aus Sicht der Bundesregierung aus der genannten Problematik einer Bedeutungseinbuße der Führungskonzeption der „Inneren Führung“ sowie des Leitprinzips „Staatsbürger in Uniform“? Für die Beantwortung der Fragen 11a bis 11c wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 12. Inwieweit und unter welchen konkreten Gesichtspunkten soll nach Ansicht der Bundesregierung der Traditionserlass überarbeitet werden, um der Einsatzrealität verstärkt Rechnung zu tragen? Die bundeswehreigene Tradition stellt den zentralen Bezugspunkt im Entwurf des überarbeiten Traditionserlasses der Bundeswehr dar. Dazu gehören auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr. 13. Welcher Stellenwert soll nach Ansicht der Bundesregierung der Einsatzkultur von Auslandseinsätzen bei der Neuformulierung der Richtlinien zum Traditionsverständnis und der Traditionspflege in der Bundeswehr zukommen? Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. 14. Für wie wünschenswert und praktikabel hält es die Bundesregierung, die bisherige Einsatzkultur in eine bundeswehreigene Tradition zu überführen? Im Entwurf des neuen Traditionserlasses wird klar herausgestellt und differenziert , was Tradition der Bundeswehr, (Militär-)Geschichte, historische Bildung, Brauchtum, Zeremoniell und Symbolik ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/254 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 15. Hält die Bundesregierung es für wünschenswert, dass die Erinnerung an einen vom damaligen Bundeswehroberst Georg Klein am 4. September 2009 bei Kundus befohlenen Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklastwagen , bei dem über 100 Zivilisten getötet wurden, als dem bislang opferreichsten Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr in die Neuformulierung der Richtlinien zum Traditionsverständnis und der Traditionspflege in der Bundeswehr Eingang findet (www.spiegel.de/politik/ausland/luftangriff-auftanklaster -protokoll-der-alptraumnacht-von-kunduz-a-663681.html)? Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 14 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333