Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 29. Mai 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2549 19. Wahlperiode 06.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Andreae, Katharina Dröge, Ingrid Nestle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/2129 – Prüfung ausländischer Direktinvestitionen in Kritische Infrastruktur V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Ausländische Direktinvestitionen setzen in Deutschland willkommene Impulse für Innovationen, sie schaffen und sichern Arbeitsplätze und sind ein wichtiger Indikator für freie und offene Märkte. Dennoch gilt es, die Investitionen, insbesondere in sogenannte Kritische Infrastruktur, differenziert zu betrachten. Beispielhaft dafür stehen die kontrovers diskutierten Übernahme(-versuche) zahlreicher Firmen, unter anderem des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz Transmission GmbH (www.handelsblatt.com/my/unternehmen/energie/investor-steigt-bei- 50hertz-ein-china-kapert-das-deutsche-stromnetz/20941270.html?ticket=ST-431 5187-Xb6Ioqn0vKOixegAE9h9-ap4 ). Zudem verwies der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) Hans-Georg Maaßen kürzlich darauf, dass insbesondere Länder mit staatlich gelenkter Wirtschaft verstärkt die Möglichkeit der Direktinvestitionen nutzen würden, um gezielt Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien sowie Unternehmen im Bereich Kritischer Infrastrukturen anzukaufen, was zu einem innerstaatlichen Sicherheitsrisiko für Deutschland führen könne (https://de.reuters.com/ article/deutschland-china-verfassungsschutz-idDEKBN1HI1S4). Speziell chinesische Unternehmensaufkäufe beschäftigen laut BfV-Newsletter 1/2018 auch aktuell verstärkt den deutschen Verfassungsschutz. Danach seien laut BfV aufgrund der Gefahren eines ungewollten Know-how-Abflusses durch Aufkäufe und anderer Sicherheitsrisiken nachrichtendienstliche Antworten weiterhin erforderlich . Trotz dieses alarmierenden Befundes führt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN zu Umfang und Prüfung von ausländischen Direktinvestitionen auf Bundestagsdrucksache 19/1103 aus, keine Kenntnisse über veränderte Motivationen im Bereich des ausländischen Investitionsgeschehens zu haben. Allerdings hat die Bundesregierung Anfang Juli 2017 ihr Vetorecht gegen die Übernahme strategisch wichtiger Firmen durch ausländische Investoren ausgebaut . Mit der Konkretisierung der Außenwirtschaftsverordnung im Juli 2017 (9. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung), wurden u. a. die Kontrollmöglichkeiten im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland ausgeweitet, insbesondere auf Unternehmen, die Kritische Infrastruktur betreiben. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2549 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Aus Sicht der Bundesregierung zählen zu diesen strategisch wichtigen Branchen die Telekommunikation bzw. IT-Branche, die Rüstungsindustrie oder die Strom- und Wasserversorgung, in denen bei Übernahmen Sicherheits- und Landesinteressen oder die Versorgung bedroht sein könnten. Im Jahr 2017 hat die Bundesregierung 57 sektorübergreifende Prüfungen durchgeführt (Bundestagsdrucksache 19/1103). Deutliche Kritik an der Ausweitung und die breite Definition des Begriffs der Kritischen Infrastruktur kam aus der Wirtschaft, u. a. vom Bundesverband der deutschen Industrie (BDI). Die Neuregelung mache den Investitionsstandort Deutschland weniger attraktiv. Während die EU-Kommission einen neuen EU-weiten Rahmen für die Investitionsprüfung schaffen möchte, soll die Festlegung der Eingriffsschwellen weiterhin auf mitgliedstaatlicher Ebene erfolgen, die zu diesem Zeitpunkt in ihrer Ausgestaltung äußerst heterogen sind (Anlage zur Entschließung des Bundesrates zum Thema Ausländische Investitionen, Bundestagsdrucksache 78/18). 1. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, dass Länder mit staatlich gelenkter Wirtschaft verstärkt die Möglichkeit der Direktinvestitionen nutzen , um gezielt Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien sowie Unternehmen im Bereich Kritischer Infrastrukturen anzukaufen, insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Antwort, dass die Bundesregierung keine Kenntnisse zu einer veränderten Zielsetzung ausländischer Investoren hätte (Bundestagsdrucksache 19/1103), und welchen konkreten Handlungsbedarf leitet die Bundesregierung daraus ab? 2. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage Hans-Georg Maaßens, dass die Zunahme ausländischer Direktinvestitionen in Kritische Infrastruktur zu einem innerstaatlichen Sicherheitsrisiko für Deutschland führen könnte, und welchen konkreten Handlungsbedarf leitet die Bundesregierung daraus ab? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Über die Motivation einzelner ausländischer Investoren liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen , dass im Rahmen der strategischen Industriepolitik anderer Länder auch Direktinvestitionen in ausländische Unternehmen als mögliches Instrument zur Unterstützung industriepolitischer Ziele in bestimmten Technologiebereichen genutzt werden können. Direktinvestitionen in Kritische Infrastrukturen werden grundsätzlich wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland daraufhin geprüft, ob eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt. Vor diesem Hintergrund wurde die Außenwirtschaftsverordnung in 2017 um eine Meldepflicht für Kritische Infrastrukturen ergänzt. Der Verordnungsgeber hat damit von seiner Einschätzungsprärogative Gebrauch gemacht und misst dem Erwerb Kritischer Infrastrukturen ein abstrakt höheres Gefährdungspotential zu. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2549 3. Haben nach Erkenntnissen der Bundesregierung strategisch-politisch motivierte Übernahmeversuche dieser Art zugenommen, und wenn ja, wie hoch war der Anstieg (bitte nach einzelnen Herkunftsländern der Investoren aufschlüsseln ), und welchen konkreten Handlungsbedarf leitet die Bundesregierung daraus ab? Die Motivation des Investors für einen Unternehmenserwerb kann vielfältig sein und wird statistisch nicht erfasst. Messbare Erkenntnisse zu einer veränderten Motivation/Zielsetzung ausländischer Investoren liegen der Bundesregierung daher nicht vor. Generell beobachtet die Bundesregierung seit einiger Zeit eine Zunahme ausländischer Direktinvestitionen in inländische Schlüsseltechnologieunternehmen , auch durch Investoren aus Herkunftsländern, die durch staatlich gesteuerte bzw. staatlich unterstützte Direktinvestitionen ihrer Unternehmen gezielt strategische Interessen verfolgen, insbesondere durch den Transfer sicherheitsrelevanter Technologien. 4. Sieht die Bundesregierung die Einschätzungen des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen als Anlass für eine Anpassung der bestehenden Regelungen der 9. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung, bzw. führen die Aussagen zu einer Neubewertung dieser? a) Falls ja, welche konkreten Maßnahmen werden als notwendig erachtet? b) Falls nein, warum nicht? Mit der zum 18. Juli 2017 in Kraft getretenen Neunten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung hat die Bundesregierung das nationale Investitionsprüfungsrecht an die in den letzten Jahren gestiegene Anzahl und Komplexität von prüfungsrelevanten Erwerbsfällen angepasst. Ein Bezug der Änderungsverordnung zu aktuellen Einschätzungen des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz besteht nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 5 bis 7 verwiesen. 5. Ist es richtig, dass die Bundesregierung erwägt, die Eingriffsschwelle zur Prüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Außenwirtschaftsverordnung auf 10 Prozent zu senken, wie Medien berichten (www.managermagazin .de/politik/europa/handelsstreit-eu-kommission-fordert-haerteremassnahmen -gegen-china-a-1203701.html), und wann wird die Bundesregierung in dieser Frage voraussichtlich zu einer Entscheidung kommen? 6. Ausgehend von der Aussage, dass verschiedene niedrigere Eingriffsschwellenwerte geprüft werden (https://de.reuters.com/article/deutschland-bernahmenaltmaier -idDEKBN1HX2K5), welchen konkreten Kriterien unterliegt diese Prüfung, wovon wird die Umsetzbarkeit einer niedrigeren Eingriffsschwelle abhängig gemacht, und welche Ergebnisse zur Prüfung liegen bisher vor? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2549 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 7. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderungen des Entschließungsantrages , eingebracht durch den Freistaat Bayern im Bundesrat (Drucksache 78/18), in Bezug auf a) die geforderte Absenkung der grundsätzlichen Eingriffsschwelle auf 10 Prozent der Stimmrechte; b) die Abschaffung der Eingriffsschwelle für ausländische Investitionen in Kritische Infrastruktur? Die Fragen 5 bis 7 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung prüft regelmäßig die rechtlichen Grundlagen der Investitionsprüfung im Hinblick auf die Notwendigkeit von Anpassungen. In diese Prüfung wird neben der Entschließung des Bundesrates vom 27. April 2018 auch der Entschließungsantrag des Freistaats Bayern vom 13. März 2018 einfließen. 8. Wie würde sich einerseits eine Absenkung der Eingriffsschwelle auf 10 Prozent und andererseits die Abschaffung der Eingriffsschwelle im Bereich der Kritischen Infrastruktur (wie im Entschließungsantrag des Freistaates Bayern im Bundesrat auf Drucksache 78/18 vorgeschlagen) auf die Anzahl von möglichen Investitionsprüfverfahren auswirken und welche durchschnittliche Prüfdauer für einzelne Verfahren würde in der Folge erwartet? Unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung würde jede Absenkung der Prüfeintrittsschwelle die Anzahl der potenziell prüffähigen Erwerbsvorgänge tendenziell erhöhen. Erkenntnisse zu potenziellen Auswirkungen einer Absenkung der Prüfschwelle auf die durchschnittliche Prüfdauer einzelner Verfahren liegen der Bundesregierung nicht vor. 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Aussage, dass die chinesische Firma HUAWEI damit beauftragt sein wird, die 5G-Mobilfunk-Technologie in Deutschland zu installieren (www.merics.org/sites/default/ files/2018-04/180404_F.A.Z._Fremde%20Federn_SH-Gutram%20B% 20Wolff.pdf)? a) Wie würde sie dies, auch für den Fall, dass noch keine konkreten Erkenntnisse vorliegen, mit Blick auf die Aussagen des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen bewerten? b) Inwiefern sieht es die Bundesregierung hier als notwendig an, entsprechende Auftragsvergabeprozesse im Bereich Kritischer Infrastruktur auf die Beteiligung ausländischer Unternehmen hin zu beobachten? Die Bundesregierung äußert sich weder abstrakt noch im konkreten Einzelfall zur privatwirtschaftlichen Vergabepraxis von Betreibern Kritischer Infrastrukturen. 10. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU, und was tut die Bundesregierung konkret, um das Vorhaben voranzutreiben? Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 14. September 2017 wird aktuell in der Ratsarbeitsgruppe Handelsfragen sowie in verschiedenen Ausschüssen des Europäischen Parlaments beraten. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, das Rechtsetzungsverfahren möglichst noch vor Jahresende abzuschließen . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/2549 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Diversität von Eingriffsschwellenwerten unter den Mitgliedstaaten der EU insbesondere mit Hinblick auf die Auswirkungen, Rückwirkungen und Zusammenhänge in Bezug auf den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt, wird die Schaffung einheitlicher Eingriffsschwellenwerte bei der Investitionsprüfung in den Verhandlungen zum Vorschlag der EU-Kommission thematisiert, und würde die Bundesregierung einheitliche Schwellenwerte innerhalb der EU begrüßen, wenn nein, warum nicht? Die Prüfeintrittsschwelle reflektiert grundsätzlich den mit einer bestimmten Beteiligung einhergehenden Einfluss des Gesellschafters auf das Unternehmen. Dieser Einfluss resultiert aus den Maßgaben der jeweiligen nationalen Rechtsordnung , insbesondere dem jeweiligen nationalen Gesellschaftsrecht. Die konkrete Höhe der Prüfeintrittsschwelle muss diesen in allen Mitgliedstaaten unterschiedlichen Randbedingungen Rechnung tragen. Eine EU-weit einheitliche Prüfeintrittsschwelle wäre vor diesem Hintergrund aus Sicht der Bundesregierung keine sachgerechte Regelung. Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission enthält folgerichtig auch keine einschlägigen Vorgaben. Relevante Aus- oder Rückwirkungen der Diversität der Prüfeintrittsschwellen in den Mitgliedstaaten auf den gemeinsamen Binnenmarkt sind nicht erkennbar. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333