Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 6. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2646 19. Wahlperiode 07.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Achim Kessler, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/2066 – Beitragserhöhungen im Standardtarif der privaten Krankenversicherung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der privaten Krankenversicherung (PKV) ist es für Versicherte unter bestimmten Umständen möglich, in den Standardtarif zu wechseln. Zusammen mit dem Basistarif und dem Notlagentarif zählt der Standardtarif zu den ‚Sozialtarifen ‘. Er ist insbesondere für Ruheständlerinnen und Ruheständler vorgesehen, die die mit zunehmendem Alter ansteigenden Beiträge in der PKV von ihrem sinkenden Einkommen oft nicht mehr bezahlen können. Voraussetzungen für einen Wechsel in den Standardtarif sind eine mindestens zehnjährige Mitgliedschaft in der PKV, die zudem bereits vor dem 1. Januar 2009 bestanden haben muss, dass keine Beihilfeansprüche bestehen sowie ein Mindestalter von 65 Jahren. Bei einem Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze oder bei Jüngeren, die bereits eine Rente oder Pension beziehen, beträgt das Mindestalter 55 Jahre. Im Gegensatz zu den regulären Tarifen der privaten Krankenversicherung wird der Standardtarif branchenweit kalkuliert. Die Beitragshöhe des Standardtarifs ist auf den Höchstbeitrag der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrenzt . Er beträgt aktuell im Jahr 2018 646,06 Euro im Monat. Der durchschnittliche Beitrag im Standardtarif liegt aber deutlich darunter. Die privaten Krankenversicherungen sind gesetzlich verpflichtet, Alterungsrückstellungen aufzubauen, um künftige Kostensteigerungen durch die höhere Krankheitswahrscheinlichkeit im Alter abzufedern. Wenn sich getroffene Annahmen deutlich ändern, müssen die Versicherungsunternehmen eine Neuberechnung der Tarife vornehmen. Diese steht nun im branchenweit kalkulierten Männertarif im Standardtarif an. Bei der Neuberechnung der Tarife wird auch der zu erwartende Zinssatz branchenweit kalkuliert. Der Rechnungszins für den Männertarif im Standardtarif wird derzeit an den zu erwartenden Zinssatz angepasst . Wegen der seit Jahren niedrigen Zinsen auf dem Kapitalmarkt ist mit einer deutlichen Senkung des Rechnungszinses zu rechnen (www.aerztezeitung. de/praxis_wirtschaft/finanzen_steuern/article/958003/krankenversicherungrechnungszins -pkv-sinkt-weiter.html). Dies hätte – wie bei den konventionellen Tarifen – Beitragserhöhungen für alle im Standardtarif versicherten Personen zur Folge. Da diese Personen in den Standardtarif wechselten, um ihre Beiträge noch zahlen zu können, treffen sie Beitragserhöhungen besonders hart. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2646 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche sozialen Auswirkungen hätten die Beitragssteigerungen für die in den Sozialtarifen Versicherten nach Einschätzung der Bundesregierung? Die Bundesregierung geht nicht von sozialen Auswirkungen durch Beitragssteigerungen in den Tarifen Basistarif, Standardtarif und Notlagentarif aus. 2. Wie viele Versicherte befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit im Männertarif des Standardtarifs? Ende 2016 waren im Standardtarif rund 35 000 Männer versichert (Quelle: BaFin). 3. Inwiefern ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) aktuell in dieses Verfahren zur Neukalkulation des Standardtarifs eingebunden ? Die BaFin ist in das Verfahren zur Anpassung der Tarifbeiträge nicht eingebunden . Ihr werden nach Abschluss des Verfahrens die neuen Berechnungsgrundlagen vorgelegt. 4. Ist die Information der Fragesteller richtig, dass es bei der Neukalkulierung des Standardtarifs um eine Senkung des Rechnungszinses von 3,5 auf 2,2 Prozent geht? 5. Wird die beabsichtigte Absenkung seitens der Bundesregierung und der BaFin als sachgerecht beurteilt? 6. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass im Standardtarif Beitragserhöhungen drohen? 7. Ist es nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass die zu erwartenden Beitragssteigerungen im Standardtarif deutlich höher ausfallen werden als in anderen Tarifen? 8. Mit Beitragserhöhungen in welcher Höhe (absolut und relativ) rechnet die Bundesregierung im Standardtarif (bitte nach Geschlecht aufgeschlüsselt beantworten )? Zu den Fragen 4 bis 8 wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 9. Welche durchschnittliche Höhe nimmt die Bundesregierung für die Zukunft an, und wo sieht sie eine Grenze, die die Funktion als Sozialtarif in Frage stellt (bitte nach Geschlecht aufgeschlüsselt beantworten)? Die durchschnittliche Höhe des Beitrags eines Tarifs ist aus Sicht der Bundesregierung kein geeigneter Maßstab für die Funktion als „Sozialtarif“ in der privaten Krankenversicherung, denn die Beitragshöhe hängt ab von individuellen Faktoren wie z. B. der Höhe der Alterungsrückstellung, die beim Wechsel in den Standardtarif eingebracht wird. Dadurch kann es zu großen Beitragsunterschieden kommen. Der Standardtarif wurde 1994 eingeführt, um langjährig Versicherten die Möglichkeit der Beitragsreduzierung zu geben. 10. Was ist der Durchschnittsbeitrag, der im Standardtarif und im Basistarif zu zahlen ist (bitte jeweils für die vergangenen zehn Jahre angeben; bitte nach Geschlecht aufgeschlüsselt beantworten)? Diese Informationen liegen der Bundesregierung nicht vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/xxxx 11. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, entweder aufsichtsrechtlich oder gesetzgeberisch, auf diese Entwicklung Einfluss zu nehmen, um die soziale Funktion des Standardtarifs abzusichern? 12. Welche konkreten Maßnahmen erwägt oder plant die Bundesregierung, um die Beitragssteigerungen gering zu halten? Die Fragen 11 und 12 werden zusammen beantwortet. Das Ziel der Gesundheitspolitik der Bundesregierung bleibt, für die Bürgerinnen und Bürger eine verlässliche Gesundheitsversorgung auf hohem Qualitätsniveau sicherzustellen, unabhängig von Alter, Gesundheitszustand, Zahlungsfähigkeit und Versichertenstatus . Entgegen einer Strategie der Vereinheitlichung setzt der Systemwettbewerb Anreize, dass sich die Versicherer im Wettbewerb zueinander um eine effiziente und qualitativ hochwertige Versorgung ihrer Versicherten bemühen. 13. Welche Möglichkeiten haben die Versicherungsunternehmen aus Sicht der Bundesregierung, um die Beitragssteigerungen gering zu halten? 14. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, ob diese Möglichkeiten genutzt werden? Die Fragen 13 und 14 werden zusammen beantwortet. Wegen der allgemeinen Kostensteigerungen im Gesundheitsweisen kommt es zu Beitragserhöhungen. Die Möglichkeiten der Versicherungsunternehmen, um den Beitragsanstieg gering zu halten, sind begrenzt. Bekannt ist, dass Unternehmen ihren Versicherten Angebote zur Gesundheitsvorsorge machen, damit weniger Krankheitsfälle eintreten . Sie verwenden erzielte Überschüsse ggf. dazu, Beitragserhöhungen abzumildern . 15. Welche Auswirkungen auf die Beiträge hat eine Absenkung des Rechnungszinses um 0,1 Prozentpunkte (Faustformel), und hat diese Faustformel auch entsprechende Gültigkeit im Standardtarif? Eine Absenkung des Rechnungszinses um 0,1 Prozentpunkte führt überschlagsmäßig zu einer Erhöhung der Beiträge um ca. 1 Prozent. Dabei bestehen keine Unterschiede zwischen dem Standardtarif und anderen Tarifen der substitutiven Krankenversicherung. 16. Wie nachhaltig ist das Kapitaldeckungsverfahren in der privaten Krankenversicherung aus der Sicht der Bundesregierung, vor allem angesichts der großen Auswirkungen der Kapitalmarktschwankungen auf die Beiträge? Das Kapitaldeckungsverfahren ist nachhaltig, weil die höheren Gesundheitskosten im Alter mit dem Aufbau von Alterungsrückstellungen vorfinanziert werden. Beitragsanpassungen infolge gestiegener Gesundheitskosten oder rückläufiger Kapitalerträge tragen zur Nachhaltigkeit bei; denn die versicherten Leistungen bleiben auch künftig finanzierbar, und etwaige spätere Beitragserhöhungen fallen geringer aus. 17. Wird nach Einschätzung der Bundesregierung die soziale Funktion des Standardtarifs noch erfüllt, wenn die Zinssenkung, wie befürchtet, stattfindet? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2646 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Sind nach Einschätzung der Bundesregierung in Zukunft noch weitere Rechnungszinsabsenkungen und Beitragserhöhungen in den Sozialtarifen und Normaltarifen zu erwarten? Die allgemeinen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen können auch künftig zu Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung führen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333