Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 5. Juni 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/2652 19. Wahlperiode 07.06.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker, Carina Konrad, Nicole Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/2253 – Staatliches Tierwohllabel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der vergangenen Legislaturperiode hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein Logo und einen Rechtsetzungsentwurf für ein staatliches Tierwohllabel präsentiert. Die Unterfütterung der Pläne anhand gezielter Maßnahmen blieb aus. Im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird erneut von der Etablierung eines „staatlichen Tierwohllabels “ gesprochen. Konkrete Maßnahmen werden nicht benannt. Bis zur Mitte der Legislaturperiode sollen „die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen “ geschaffen werden. Parallel hat sich am Markt die privatwirtschaftliche Initiative Tierwohl (ITW) etabliert: Hand in Hand arbeiten Landwirte, Schlachthöfe, der Lebensmitteleinzelhandel , Tierschutzverbände und wissenschaftliche Organisationen entlang der Wertschöpfungskette konzeptionell und organisatorisch zusammen. Die Finanzierung erfolgt eigenständig über den Lebensmitteleinzelhandel. 26 Millionen Schweine sowie 492 Millionen Hähnchen und Puten sind der ITW zuzurechnen (www.schweine.net/news/initiative-tierwohl-geht-in-die-zweite-runde. html). Darüber hinaus hat die ITW jüngst ein eigenes Label für unverarbeitete Geflügelprodukte vorgestellt (www.agrarheute.com/tier/initiative-tierwohl-praesentiertneues -siegel-541906). Die Lebensmitteldiscounter LIDL und ALDI Nord bzw. Süd gingen ihrerseits mit eigenen Labels und Haltungskennzeichnungen an den Markt (www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/geld-ausgeben/lidl-fuehrtfleisch -ampel-ein-mehr-transparenz-beim-steak-15524690.html; https://lebensmittel praxis.de/handel-aktuell/20002-aldi-sued-nord-eigenes-tierwohl-label-2018-01- 15-12-56-04.html). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2652 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Erachtet die Bundesregierung angesichts der diversen privatwirtschaftlichen Initiativen ein staatliches Tierwohllabel für sinnvoll? Falls ja, worin liegt der konkrete Mehrwert gegenüber den bereits bestehenden privatwirtschaftlichen Initiativen? Laut Umfragen wünschen sich 79 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher ein staatliches Tierwohlkennzeichen. 90 Prozent sind bereit, dafür einen höheren Preis zu bezahlen. Mit einem staatlichen Tierwohlkennzeichen soll einfach, transparent und einheitlich dem Bedürfnis der Verbraucherinnen und Verbraucher nach Information über die Tierhaltung und den Grad an Tierwohl nachgekommen werden. Der Staat genießt dabei eine besondere Glaubwürdigkeit. Daneben kann der Staat ein staatliches Tierwohlkennzeichen auch durch staatliche Förderung der am Kennzeichen teilnehmenden Landwirte oder durch Informationsmaßnahmen für Verbraucherinnen und Verbraucher unterstützen. Hinzu kommen vorhandene behördliche Strukturen, die die Verwaltung des Kennzeichens übernehmen können. 2. Wie wird die Bundesregierung den Erfolg des staatlichen Tierwohllabels gegenüber den Labels bzw. Haltungskennzeichnungen der Lebensmitteldiscounter gewährleisten? Wird eine Kennzeichnung von Fleisch aus der staatlichen Initiative für die Discounter verpflichtend sein? Die Lebensmittelunternehmen waren von Anfang an in den Prozess der Erarbeitung eines staatlichen Tierwohlkennzeichens einbezogen und haben den Prozess konstruktiv unterstützt. Die Verwendung des staatlichen Tierwohlkennzeichens wird freiwillig sein. Die in der Antwort zu Frage 1 dargestellten Vorteile eines staatlichen Kennzeichens bedeuten auch Vorteile für den Lebensmitteleinzelhandel . Zudem ist davon auszugehen, dass ein einheitliches staatliches Kennzeichen beim Verbraucher einen höheren Bekanntheitsgrad erreichen wird als Label einzelner Unternehmen. Die Bundesregierung ist daher zuversichtlich, dass sich die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels am staatlichen Kennzeichen beteiligen werden. Gespräche mit den Unternehmen dazu haben bereits stattgefunden. 3. Wann ist mit der Verabschiedung eines verbindlichen Rechts- und Organisationsrahmens für das staatliche Tierwohllabel zu rechnen? Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen bis zur Mitte der Legislaturperiode geschaffen werden sollen. Dieses Ziel verfolgt die Bundesregierung mit Nachdruck. 4. Gemäß Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD wird von einem „mehrstufigen Aufbau“ einer staatlichen Kennzeichnung gesprochen; was ist darunter konkret zu verstehen? Das Kennzeichen wird voraussichtlich dreistufig und mit steigenden Ansprüchen an die Tierhaltung angelegt. Die Kriterien der Eingangsstufe sollen eindeutig über dem gesetzlichen Standard liegen und vor allem bestehenden Betrieben ermöglichen , nach Umsetzung entsprechender Tierwohlmaßnahmen innerhalb der vorhandenen Gebäude am Kennzeichen teilzunehmen. In der Mittelstufe werden den Tieren Außenklimareize angeboten und in der dritten Stufe werden deutlich mehr Platz und Einstreu sowie Auslauf vorausgesetzt. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/2652 5. Für welche Nutztierarten wird das staatliche Tierwohllabel gelten? Das Kennzeichen soll perspektivisch für alle Nutztierarten offen stehen. 6. Existiert bereits ein Maßnahmenkatalog, dessen Erfüllung obligatorisch für eine Teilnahme am Programm ist (falls ja, bitte entsprechend der einzelnen Nutztierarten tabellarisch auflisten)? Der auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) veröffentlichte bisherige Maßnahmenkatalog für ein zweistufiges Tierwohlkennzeichen wird derzeit mit den Beteiligten überarbeitet und unter anderem um eine mittlere Stufe erweitert. 7. Wie viel Kapital steht zur Förderung der Landwirte über das staatliche Tierwohllabel jährlich zur Verfügung? Gibt es eine zeitliche Begrenzung der finanziellen Förderung? Falls ja, wie lange werden teilnehmende Betriebe gefördert? Wie stellt die Bundesregierung die Finanzierung über den garantierten Förderzeitraum sicher? Das Tierwohl-Kennzeichen soll sich am Markt bewähren und grundsätzlich auch über den Markt finanzieren. Gleichwohl plant das BMEL gemeinsam mit den Ländern eine flankierende Förderung von teilnehmenden Landwirten im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ (GAK): 1. Einführung eines neuen Förderbereichs in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) „Besonders nachhaltige und tiergerechte Haltungsverfahren“ (darin wird der bereits existierende GAK-Fördergrundsatz „Besonders tiergerechte Haltungsverfahren“ aus dem Förderbereich MSUL integriert), „Markt- und standortangepasste sowie umweltgerechte Landbewirtschaftung einschließlich Vertragsnaturschutz und Landschaftspflege“ (MSUL) oder ggf. einen neuen Förderbereich in der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes zur Förderung des höheren Arbeitsaufwands in Verbindung mit der Tierwohl -Kennzeichnung. 2. Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) zur Förderung von Investitionen in entsprechende Stallbauten und -modernisierungen. Etwaige weitere Förderinstrumente werden derzeit geprüft. Die Fördermaßnahmen für Um-, Aus und Neubauten erfolgen weiterhin im Rahmen der GAK über AFP. Die Förderbedingungen für die verbesserten Haltungsbedingungen sollen mit den Anforderungen der geplanten Tierwohlkennzeichnung synchronisiert werden. 8. Wie hoch sind die Fördersätze pro Tier bzw. Stallplatz bei Erfüllung der (Mindest-) Kriterien? Ist über die Fördersätze pro Tier bzw. Stallplatz und Jahr in Kombination mit den garantierten Förderzeiträumen eine Amortisation der notwendigen einzelbetrieblichen Investitionsmaßnahmen zu erwarten? Die genaue Höhe der Fördersätze kann erst nach Festlegung der Ausgestaltung der drei Stufen des Tierwohlkennzeichens festgelegt werden und bedarf einer Genehmigung der Europäischen Kommission. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/2652 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Wie will die Bundesregierung eine Kannibalisierung der am Markt bereits etablierten Labels bzw. Haltungskennzeichnungen mit dem staatlichen Tierwohllabel verhindern? Mit der Einführung des staatlichen Kennzeichens geht keine Regulierung sonstiger Label einher. Solche Label können grundsätzlich weiter bestehen bleiben. Wenn die bestehende Labelvielfalt zugunsten des staatlichen Kennzeichens abnimmt , kann das jedoch auch als Erfolg für das staatliche Kennzeichen gewertet werden. Für das Zusammenspiel von staatlichem und privaten Kennzeichen ist das Bio-Siegel beispielhaft: mit seiner Einführung wurden nach den Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau produzierte und kontrollierte Produkte auf einen Blick erkennbar. Bestehende Label der Bioverbände informieren, dass bei der Produktion zusätzlich die jeweiligen Verbandsrichtlinien eingehalten wurden . 10. Teilt die Bundesregierung weiterhin die Auffassung, dass das staatliche Tierwohllabel nicht als Konkurrenz zur Brancheninitiative zu sehen sei, sondern die von der Brancheninitiative Tierwohl (ITW) geleistete Arbeit vielmehr eine gute Ausgangsbasis darstelle, von der ein staatliches Tierwohllabel profitieren könne (www.n-tv.de/politik/Gruene-fordern-staatliches- Tierwohl-Label-article20365543.html), angesichts der Aussage des BMEL im Mai 2017? Falls ja, wie wird die Bundesregierung gewährleisten, dass auch die Initiative Tierwohl von einem staatlichen Tierwohllabel profitiert bzw. beide Initiativen als Komplemente und nicht als Substitute auftreten? 11. Plant die Bundesregierung eine Zusammenarbeit mit der Initiative Tierwohl? Falls ja, wie wird eine Zusammenarbeit konkret aussehen? Wird das staatliche Tierwohllabel die Initiative Tierwohl (finanziell) ablösen bzw. deren Finanzierung übernehmen? Die Fragen 10 und 11 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung ist nach wie vor der Auffassung, dass zwischen staatlichem Kennzeichen und der Brancheninitiative Tierwohl (ITW) Synergien bestehen und genutzt werden können. Dazu ist das BMEL im intensiven Austausch mit der ITW. 12. Welche Akteure und Organisationen sind an der Entwicklung eines staatlichen Tierwohllabels beteiligt? Ist eine Beteiligung des Deutschen Tierschutzbundes vorgesehen? An dem bisherigen Prozess zur Entwicklung des staatlichen Tierwohlkennzeichens waren Akteure und Organisationen aus dem Bereich Tierschutz, Verbraucherschutz , dem Lebensmitteleinzelhandel, der verarbeitenden Industrie und Interessenverbände der Landwirtschaft beteiligt. Der Deutsche Tierschutzbund gehört zu den Organisationen, die seitens des BMEL einbezogen wurden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333